Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Mittwoch, 25. März 2009

Ablass

Ablass: Lehre der römisch-katholischen Kirche vom Nachlass in der Beichte auferlegter Bußen durch die Ableistung von Werken der Barmherzigkeit (>>gute Werke<<) oder Geldzahlung. Der Ablass beruhte auf der Lehre von der Sünde, das heißt den Übertretungen göttlicher und kirchlicher Gebote. Während die Sündenschuld durch das Bekenntnis in der Beichte und durch Absolution durch den Priester getilgt werden konnte, waren zur Abbüßung der Sündenstrafe Sühneleistungen im Leben und nach dem Tod (im Fegefeuer) erforderlich. An die Stelle von Bußleistungen (Gebete, Wallfahrten u.a.) traten bald Geldzahlungen. Der Ablass wurde zu einer wichtigen Einnahmequelle der römischen Kurie, deren wachsendes Geldbedürfnis zur Ausschreibung ständig neuer Ablasse führte, die seit 1477 auch für Verstorbene erworben werden konnten. Als 1506 (erneuert 1514) ein Ablass ausgeschrieben wurde, mit dessen Ertrag die neue Peterskirche in Rom errichtet werden sollte, ließ sich Albrecht von Brandenburg (seit 1513 Erzbischof von Magdeburg, seit 1514 auch von Mainz) 1515 den Vertrieb in seinem Kirchensprengel übertragen, um den Fuggern die Gelder zurückzahlen zu können, die er für den Erwerb der Stifter Magdeburg, Mainz und Halberstadt geborgt hatte. Der Dominikanermönch Johann Tetzel verkaufte im Auftrage Albrechts die Ablassbriefe. Durch dieses schmutzige Geschäft wurde Martin Luther zu seinen 95 Thesen gegen den Missbrauch des Ablass veranlasst. Die Kritik am Ablasshandel wurde zum Anlass der Reformation.

Totalitarismus

Totalitarismus: in den 20er Jahren entstandene, an Platons Staatslehre anknüpfende Kennzeichnung der faschistischen Staatsauffassung und später der faschistischen Diktaturen in Italien und Deutschland. Diese Diktaturen wurden als totalitäre Staaten bezeichnet, die mit Hilfe eines spezifischen Machtmechanismus die totale Gleichschaltung und Beherrschung des gesamten gesellschaftlichen und persönlichen Lebens ihrer Bürger herbeiführen. Die Schwäche dieser Anschauung bestand darin, dass sie auf eine exakte Wesensbestimmung des Faschismus an der Macht als offene Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen und aggressiven Teile des Finanzkapitals verzichtete.
Am Vorabend und im Verlauf des zweiten Weltkrieges übernahmen Anhänger eines militanten Antikommunismus die Lehre vom Totalitarismus zur Verleumdung der sozialistischen Staatsmacht in der Sowjetunion. Nach 1945 zu einem antikommunistisch orientierten pseudowissenschaftlichen System ausgebaut, wurde diese Lehre in zunehmendem Maße zu einer Hauptwaffe des Antikommunismus. Unter Entstellung aller historischen Tatsachen und Erfahrungen wurde eine Wesensgleichheit zwischen Faschismus einerseits sowie Sozialismus und Kommunismus andererseits konstruiert. Danach wird behauptet, dass Faschismus und Sozialismus bzw. Kommunismus gleichen gesellschaftlichen Ursachen entspringen, wesensgleiche Staats- und Gesellschaftsformen darstellen und in gleicher Weise mit ähnlichen brutalen Unterdrückungsmaßnahmen die Menschen ihrer persönlichen Freiheit und Würde berauben.
Zu den wichtigsten Grundlagen der Doktrin vom Totalitarismus zählen neben der Entstellung der Geschichte nach 1789 und vor allem nach 1917 die Auffassung der bürgerlichen Soziologie von der „modernen Industrie- und Massengesellschaft“ sowie der bürgerlichen Philosophie von der Freiheit. Die Lehre vom Totalitarismus ist gegenwärtig in den kapitalistischen Hauptländern die am weitesten verbreitete Form des Antikommunismus. In der BRD bildet sie eine regierungsamtliche Grundlage des gesamten Bildungs- und Erziehungswesen. 

Samstag, 7. März 2009

Produktivkräfte

Gesamtheit der subjektiven und gegenständlichen Faktoren des Produktionsprozesses sowie deren Zusammenwirken bei der Produktion materieller Güter. Zu den Produktivkräften gehören die Menschen, die über bestimmte Produktionserfahrungen, Arbeitsfertigkeiten und Bildung verfügen, als Hauptproduktivkraft und die Produktionsmittel, weiterhin die Leitung der Produktion, die Technologie, die Organisation der Produktion sowie die zur Produktivkraft gewordene Wissenschaft. Die Produktivkräfte bringen das Verhältnis der Gesellschaft zur Natur zum Ausdruck und die Entwicklung der Produktivkräfte die Veränderung dieses Verhältnisses. Die Produktivkräfte existieren in untrennbarer Einheit mit den jeweiligen Produktionsverhältnissen, mit denen sie die historisch bestimmte Produktionsweise bilden. Mit den Arbeitsmitteln wirkt der Mensch auf die Natur. „Das Arbeitsmittel ist ein Ding oder ein Komplex von Dingen, die der Arbeiter zwischen sich und den Arbeitsgegenstand schiebt und die ihm als Leiter seiner Tätigkeit auf diesen Gegenstand dienen. Er benutzt die mechanischen, physikalischen, chemischen Eigenschaften der Dinge, um sie als Machtmittel auf andere Dinge, seinem Zweck gemäß, wirken zu lassen.“ Marx, MEW, Bd. 23, S. 194) Die Produktionsinstrumente sind die Gradmesser für das Niveau der Produktivkräfte und somit der Herrschaft des Menschen über die Natur.
„Nicht was gemacht wird, sondern wie, mit welchen Arbeitsmitteln gemacht wird, unterscheidet die ökonomischen Epochen.“ (Marx, Bd. 23, S. 194/195) Die wichtigste, die erste Produktivkraft ist der Arbeiter, der Werktätige mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen (Lenin, Bd. 29, S. 352). Ohne ihn kann kein Produktionsprozess – auch kein automatischer – vor sich gehen. Das Funktionieren der Arbeitsmittel hängt vom Können des Menschen ab, davon, in welchem Maße er die Möglichkeiten der Technik auszunutzen versteht. Gleichzeitig aber hängen die Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten des Menschen von den vorhandenen Arbeitsmitteln, vom Stand der von den vorangegangenen Generationen vorgefundenen Produktivkräfte ab. Die Entwicklung der Produktivkräfte ist vor allem die Entwicklung der Arbeitsmittel und die entsprechende Entwicklung des Menschen selbst. Gradmesser für das Entwicklungsniveau der Produktivkräfte ist die Arbeitsproduktivität. Wichtigster Faktor für das Wachstum der Arbeitsproduktivität ist die Weiterentwicklung aller Elemente des Systems der Produktivkräfte, vor allem die Arbeitsmittel, oder, mit anderen Worten, der wissenschaftlich-technische Fortschritt.
Die Produktivkräfte sind das bestimmende, revolutionierende Element der Produktion. Da die Produktion nur als gesellschaftliche Produktion existiert, erfordern die Produktivkräfte Produktionsverhältnisse, die ihrem Charakter und ihren Entwicklungsbedürfnissen entsprechen (Gesetz der Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der der Produktivkräfte). Aus der Natur des Produktionsprozesses folgt die ständige Bewegung und Veränderung der Produktivkräfte, die zunächst innerhalb der bestehenden Produktionsverhältnisse vonstatten geht, schließlich jedoch mit diesen in Konflikt gerät. Dieser Konflikt zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen tritt in Klassenkämpfen und Krisen in Erscheinung und erreicht seinen Höhepunkt in der sozialen Revolution, in deren Verlauf die überlebten Produktionsverhältnisse beseitigt werden. In den kapitalistischen Ländern hat die Entwicklung der Produktivkräfte einen Stand erreicht, der den Übergang zum Sozialismus nicht nur ermöglicht, sondern zu einer historischen Notwendigkeit macht. Der Sozialismus ist die erste Gesellschaft in der Geschichte, die eine planmäßige und ungehemmte Entwicklung der Produktivkräfte garantierten kann und damit dem gesellschaftlichen Fortschritt sowie der Entfaltung der Persönlichkeit große Möglichkeiten eröffnet.
Bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft vollziehen sich tiefgreifende Wandlungen in Umfang und Qualität der Produktivkräfte. Im Zuge der weiteren Ausgestaltung der materiell-technischen Basis des Sozialismus, die auf dem Wege der Intensivierung als dem Hauptweg der erweiterten Reproduktion und der Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts erfolgt, nehmen die Produktivkräfte nicht nur an Umfang zu, sondern erreichen auch ein bedeutend höheres Niveau. Vor allem die Vereinigung der Vorzüge des Sozialismus mit den Errungenschaften der wissenschaftlich-technischen Revolution wird die Arbeitsproduktivität kontinuierlich wachsen und den noch vorhandenen Vorsprung der entwickelten Länder weiter verringern. Im Sozialismus werden die Produktionsverhältnisse ständig vervollkommnet und Widersprüche zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen durch die bewusste Tätigkeit der Werktätigen unter Führung ihrer marxistisch-leninistischen Partei gelöst. Die Menschen üben die entscheidende Funktion bei der Entwicklung der Produktivkräfte und der Produktion aus, weil nur durch ihre zweckmäßige und schöpferische Tätigkeit die materiellen Güter geschaffen, die kulturelle Entwicklung  und der gesellschaftliche Fortschritt gewährleistet werden. Die Rolle des Menschen im Produktionsprozess wächst. Er erhält dank der ständigen Vervollkommnung der Produktivkräfte und der sozialistischen Produktionsverhältnisse immer mehr die Möglichkeit, seine Hauptkräfte auf die Entwicklung der Wissenschaft, auf die wissenschaftlich fundierte Leitung des Produktionsprozesses und auf die wirksame Nutzung der Produktionsfonds zu richten. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt führt zu grundlegenden Weiterentwicklungen der Arbeitsmittel. Die Mechanisierung und Automatisierung der Produktionsprozesse stellen neue Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit der Arbeitsmittel.
Charakteristisch für die wissenschaftlich-technische Revolution ist, dass die Wissenschaft und ihre technologische und ökonomische Anwendbarkeit immer mehr zur unmittelbaren Produktivkraft werden. Auch die Rolle der Arbeitsgegenstände verändert sich. Sie spielen im Produktionsprozess keine passive Rolle. Die Entwicklung und der Einsatz neuer Arbeitsgegenstände beeinflusst die Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit stark. Die Erfolge z. B. der Chemie bei der Entwicklung neuer Arbeitsgegenstände führen zur Herausbildung neuer Industriezweige. Der Aufschwung der Elektronik und anderer Bereiche wäre ohne Anwendung neuer, synthetischer Stoffe undenkbar. Zu den Produktivkräften zählen folglich viele Faktoren, die zusammen und in gegenseitiger Abhängigkeit existieren und notwendige Bedingungen jedes Produktionsprozesses sind. Die Leitung der Produktion ist eine notwendige und selbstständige Funktion. Sie ist im Sozialismus sowohl Produktionsbedingung (Produktivkraft) als auch Produktionsverhältnis und Überbauelement.

Aus: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986, Seiten 762/64.
Anmerkung: Ich hatte überlegt den Text so zu übernehmen, oder ihn entsprechend abzuändern, im konkreten Fall hätte ich einiges weggelassen. Spezielle die Aussagen zur entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Andererseits sind die Aussagen nicht verkehrt, auch wenn es das sozialistische Lager nicht mehr gibt. So kann das nachlesen der betreffenden Stellen durchaus auch Aufschluss über verschiedene Ursachen des Unterganges des sozialistischen Lagers geben. Dabei sind Texte in Wörterbücher Theorie, wie es mit der Praxis in diesem Zusammenhang z. B. in der DDR aussah, verdient untersucht zu werden.   

Basis und Überbau

Kategorien des historischen Materialismus, welche den gesetzmäßigen Zusammenhang und die Wechselwirkung zwischen den ökonomischen Verhältnissen und allen anderen Verhältnissen einer ökonomischen Gesellschaftsformation widerspiegeln. Sie gestatten, in der Vielfalt der gesellschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen primäre und sekundäre zu unterscheiden. Die Gesellschaft stellt auf jeder Entwicklungsstufe eine Gesamtheit gesellschaftlicher Verhältnisse zwischen den Menschen dar, die in materielle und ideologische eingeteilt werden können. Die wichtigsten materiellen Verhältnisse sind die Produktionsverhältnisse, die die Grundlage, die reale Basis einer Gesellschaft, bilden; die ideologischen Verhältnisse stellen den Überbau über dieser Basis dar. „In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewusstseinsformen entsprechen.“ (Marx, MEW, Band 13, S. 8 )
Die Basis ist demnach die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die Gesamtheit der Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe der Produktivkräfte entspricht. Der Überbau ist die Gesamtheit der dieser Basis entsprechenden politischen, juristischen, moralischen, weltanschaulichen Anschauungen sowie der dieser Basis entsprechenden politischen, juristischen und sonstigen Institutionen (Staat, politische Parteien, gesellschaftliche Organisationen, kulturelle Einrichtungen, Bildungswesen usw.). In jeder Gesellschaftsformation bringt eine gegebene Basis den ihr entsprechenden Überbau hervor, der seinerseits auf die Basis zurückwirkt. F. Engels schrieb, dass „die jedesmalige ökonomische Struktur der Gesellschaft die reale Grundlage bildet, aus der der gesamte Überbau der rechtlichen und politischen Einrichtungen sowie der religiösen, philosophischen, und sonstigen Vorstellungsweise eines jeden geschichtlichen Zeitabschnittes in letzter Instanz zu erklären sind“. (MEW, Band 19, S. 208)
Der Überbau wird in seinem Inhalt durch die Basis bestimmt, hat in seiner Entwicklung jedoch eine relative Selbstständigkeit. Der institutionelle und ideelle Inhalt des Überbaus ist nicht ausschließlich eine Widerspiegelung der jeweiligen Basis, aber sein gesamter Inhalt ist in diesem oder jenem Grad durch die Basis geformt, auch wenn er Bereiche widerspiegelt, die über die ökonomischen Verhältnisse hinausgehen, oder wenn er Gedankengut vergangener Gesellschaftsformationen weiterführt. Da ein jeweiliges System materieller Produktionsverhältnisse der Menschen zugleich deren soziale Gliederung in antagonistische oder in miteinander verbündete Klassen darstellt, zeigen sich diese Klassenbeziehungen auch im Überbau. Der Überbau widerspiegelt den Charakter der jeweiligen Basis und bringt auch deren Widersprüche in entsprechender Weise zum Ausdruck. In der antagonistischen Gesellschaft ist das z. B. In den Widersprüchen zwischen Ausbeuterstaat und revolutionären Massenbewegungen, zwischen den verschiedenen politischen Parteien, im Kampf der Ideologien verschiedener Klassen usw. sichtbar. Die Begriffe Basis und Überbau bringen zum Ausdruck, dass die politischen und ideologischen Auseinandersetzungen, auf die man bei der Betrachtung des gesellschaftlichen Lebens stößt, letztlich der mehr oder weniger genaue Ausdruck der realen Interessen bestimmter Klassen und sozialer Gruppen sind. Die Entstehung von Widersprüchen zwischen Basis und Überbau, die in der Zuspitzung des Widerspruchs zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen ihre Ursache haben, sind eine entscheidende Quelle der Entwickelung und Ablösung ökonomischer Gesellschaftsformationen. Das war z. B. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert in Frankreich der Fall, wo sich scharfe Widersprüche zwischen den sich in der ökonomischen Basis herausgebildeten, zu jener Zeit fortschrittlichen kapitalistischen Produktionsverhältnissen und dem feudalem Überbau zeigten. In unserer Zeit entstehen in der kapitalistischen Gesellschaft die materiellen Voraussetzungen für den Übergang zum Sozialismus. „Die Vergesellschaftung der Arbeit, die in tausendfältiger Form mit ständig zunehmender Geschwindigkeit vorwärtsschreitet und in dem halben Jahrhundert seit dem Tode von Marx besonders sinnfällig in Erscheinung tritt im Wachstum des Großbetriebes, der kapitalistischen Kartelle, Syndikate und Trusts, ebenso aber im gigantischen Anwachsen des Umfanges und der Macht des Finanzkapitals – das ist die hauptsächliche materielle Grundlage für das unvermeidliche Kommen des Sozialismus.“ (Lenin, Band 21, S. 60)
Die sozialistischen Produktionsverhältnisse können sich jedoch nicht im Schoße der alten Gesellschaft entwickeln, da ihre Grundlage das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln ist, das zu seiner Konstituierung der proletarischen Revolution bedarf. Deshalb muss die Arbeiterklasse mit ihren Verbündeten erst die politische Macht ergreifen und mit der Errichtung der Diktatur des Proletariats die politischen Voraussetzungen für den sozialistischen Überbau schaffen. Diese Diktatur ist zugleich das Hauptinstrument für die Umgestaltung der ökonomischen Verhältnisse, für die Schaffung sozialistischer Produktionsverhältnisse, der sozialistischen Basis der Gesellschaft. Der Überbau der sozialistischen Gesellschaft besitzt eine weitaus größere Bedeutung als in allen vorangegangenen Gesellschaftsordnungen. Die Elemente des sozialistischen Überbaus gewinnen deshalb eine so überragende Bedeutung, weil der Aufbau des Sozialismus ein planmäßiger, bewusster Prozess ist. Die aktive Rolle des Überbaus bedeutet jedoch nicht, dass die ökonomische Basis eine sekundäre Rolle spielt. Sie ist und bleibt in der Wechselwirkung von Basis und Überbau letzten Endes bestimmend. Die wachsende Rolle des Überbaus hat ihre primäre Ursache gerade in der zunehmenden Reife der sozialistischen Basis. Zugleich hängt der Fortschritt in der Entwicklung der Basis von einer wissenschaftlich begründeten Politik des sozialistischen Staates ab.
Die Weiterentwicklung der ökonomischen Basis im Sozialismus, die Erfordernisse der bewussten Auseinandersetzung der gesellschaftlichen Gesetze führen zu einem größerem Gewicht der sozialistischen Ideologie und der Bewusstheit der Menschen.

Freitag, 6. März 2009

Demographie

Wissenschaft von der Bevölkerungsentwicklung. Sie untersucht die demographischen Verhältnisse und Prozesse der menschlichen Gesellschaft im Zusammenhang mit den ökonomischen und sozialen Verhältnissen der verschiedenen Gesellschaftsformationen: die Reproduktion, das Wachstum, die Dichte, die territoriale Verteilung, die Struktur, die Bewegung und alle weiteren wesentlichen Veränderungen in der Bevölkerung. Unter Bevölkerungsentwicklung versteht die Demographie die quantitativen und qualitativen Veränderungen in der Bevölkerung, die ihrerseits durch gesellschaftliche Veränderungen auf der Grundlage der Entwicklung der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse bedingt sind. Dazu gehören: zahlenmäßiges Wachstum der Bevölkerung, Veränderungen der Altersstruktur, der Klassenstruktur, des Verhältnisses von Stadt- und Landbevölkerung, der Berufsstruktur, des Qualifikationsniveaus usw. Die Bevölkerungsentwicklung ist ein sozialer Prozess, der durch die jeweiligen ökonomischen Gesellschaftsformation bestimmt ist, aber auch eine biologische Grundlage in der natürlichen Fruchtbarkeit, der Geburtenhäufigkeit und der Sterblichkeit der Menschen besitzt. Demographische Prozesse sind eine komplexe sozialhistorische Erscheinung, in der natürliche und gesellschaftliche Faktoren in Wechselwirkung miteinander stehen. In letzter Instanz bestimmend für die demographischen Verhältnisse und Prozesse einer Gesellschaft sind die Produktionsweise, die hieraus hervorgehende ökonomische Lage und die ökonomischen Interessen der Menschen.
Daher ist jede ökonomische Gesellschaftsformation durch spezifische demographische Verhältnisse und Prozesse charakterisiert, obwohl sich die biologischen Grundlagen dieser Prozesse im Prinzip nicht ändern. Aus diesem Grund kann es kein allgemeines, biologisch bestimmtes Bevölkerungsgesetz für alle ökonomischen Gesellschaftsformationen geben. Vielmehr gilt, dass „jede besondere historische Produktionsweise ihre besonderen, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift“. (Marx, MEW, Bd. 23, Seite 660) Der historische Materialismus klärt den spezifischen Stellenwert der demographischen Verhältnisse und Prozesse im Geschichtsprozess, indem er die Wechselwirkung der demographischen Faktoren mit der ökonomischen und der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung untersucht. Dabei weist er besonders auf den historischen und spezifischen Charakter des Bevölkerungsgesetzes jeder Gesellschaftsformation hin und wendet sich gegen eine ahistorische Biologisierung der demographischen Prozesse. Das Ziel der demographischen Forschung besteht darin, die gesetzmäßigen Zusammenhänge der Bevölkerungsbewegung und -entwicklung in der Gesellschaft detailliert zu erkennen und das spezifische Bevölkerungsgesetz der Gesellschaftsformation präzise zu formulieren.
Angelehnt an: Kleines Politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag, Berlin 1986, Seiten 164/65.