Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Sonntag, 21. März 2010

Die Schattenseiten des Grundeinkommens

Die Schattenseiten des Grundeinkommens und so hatte ich eine Antwort erhalten, Gegenstand war dieser Beitrag.

Hallo Willi,
so ist es gelegentlich, oder kommt vor, kann jedenfalls und ist hier vorgekommen, weil der Text am Vormittag begonnen wurde und nach Mitternacht beendet. Aber ich arbeite dran. Andererseits fällt mir auf, dass Du in Diskussionen beim Positiven beginnst, also etwas Lob verstreust, eine positive Grundstimmung zeugst, um die Fliegen-klatsche zum Einsatz zu bringen.
Nun gibt es die verschiedensten Gründe, warum sich an Diskussionen beteiligt wird, ein Ergebnis sollte in jeden Fall Erkenntnisgewinn sein. Wenn ich über Deine Aussage nachdenke, so stellst Du fest, dass ein BGE falsch ist, „weil es der Entfremdung (des) Menschen von der Arbeit Vorschub leistet und damit diesen Menschen das wesentliche ihres Menschsein beraubt.“ Aber nicht nur das wir wieder beim Thema Arbeit sind, sondern auch erstaunlich das Du nun feststellst, dass Arbeit eine wesentliche Voraussetzung des Menschsein ist. Schlussfolgernd offenbaren sich leider wieder Deine beschränkten Ansichten von Arbeit, genauso wie Deine Realitäts- abgewandte Herangehensweise. Denn Arbeit ist nicht wichtig „um sich als Mensch wahrzunehmen“, sondern um Mensch zu sein. Da Du nun die Problem der Gesellschaft ursächlich mit Arbeit begründest, ist natürlich auch dort die Lösung zu suchen. Du schreibst: „damit wird unterstellt, Dass die Arbeit in kapitalistischen Systemen notwendig ist, um sich als Mensch wahrzunehmen, was ich grundsätzlich in frage stelle.“ Ob Kapitalismus oder nicht, Arbeit ist in allen Gesellschaftsformation unerlässliche Existenzbedingung des Menschen. „Sie ist die erste Grundbedingung alles menschlichen Lebens, und zwar in einem solchen Grade, dass wir in gewissem Sinn sagen müssen: Sie hat den Menschen selbst geschaffen.“ (Engels, MEW, Bd. 20, S. 444)
Prinzipiell geht Arbeit auch nicht aus, was am schwinden ist, ist Wert-schöpfende Arbeit im Bereich der Produktion. Der technologische Fortschritt macht es möglich, dass immer weniger lebendige Arbeit im Produktionsprozess benötigt wird, welches letztlich irgendwann zur Aufhebung der Arbeitsteilung von geistiger und körperlicher Arbeit führen wird. Aber Du vermeinst weiter zu gehen und schreibst: „Im Gegenteil gehe ich weiter und behaupte, dass diese Befreiung von der Zwangsarbeit ein wesentlicher Beitrag für die Befreiung der Menschen wäre und den Raum zu wirklich wichtigen Tätigkeiten eröffnen kann.“ Nun sei hier einmal dahingestellt, was Du unter wirklich wichtige Tätigkeiten verstehst, nur müsste Dir selbst auffallen, das Du von Zwangsarbeit schreibst, also einer speziellen Erscheinungsform von Arbeit. Da hilft Dir auch nur wenig, der praktizierte Kunstgriff auf den Begriff Tätigkeit. Wobei Du immer noch nicht den Unterschied zwischen Tätigkeit und Arbeit, welchen Du so gern benutzt, dargelegt hast. Somit hast Du Recht, wenn Du schreibst: „wie wir sehen, sind wir kein Stück weiter, weil es sonst wieder um den begriff Arbeit geht und wir die 2. runde eröffnen könnten.“ Ja, und es wird solange um den Begriff Arbeit gehen, bis wir diesen Begriff geklärt haben. Das dieses durchaus Notwendig ist, zeigt folgende Aussage: „versuch einfach dir vorzustellen, du arbeitest seit Jahren, deine Arbeit wird nicht gebraucht, und du hast freien, unbürokratischen Zugang zum Grundeinkommen. was würdest du tun, was würde dir fehlen, welche Möglichkeiten eröffnen sich, welche werden verschlossen.“
Am Anfang dieser Diskussion hatte ich einen Beitrag geschrieben, welcher meine Antworten auf diese Fragen vorwegnahm und folgend endete: „Geben wir dem Menschen Wohnung, Essen, Kleidung, sperren ihn in eine Käfig, golden kann er sei, und was unterscheidet ihn dann noch von jedem anderem Tier im Zoo?
Letztlich entpuppt sich ein solches Einkommen als der untaugliche Versuch das System des Kapitalismus zu retten, da es aber selbst den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus widerspricht, ist es maximal eine vage Alternative zum gegenwärtigen Hartz IV System. Einen Grund dafür, dass dieses Thema in letzter Zeit wieder etwas aufgewärmt wird, sehe ich in Ermangelung anderer, populärer, praktikabler Alternativen und als einen Versuch sich mit diesem System doch noch zu arrangieren. Die Menschen sollen ruhig gehalten werden, selbst wenn dieses mittels Illusionen geschieht, denn sie werden noch gebraucht, man hat „großes“ vor, auch wenn sie nur in gegenwärtigen und zukünftigen Kriegen verheizt werden sollen. Wenn sie da schon etwas ihrer Menschlichkeit verloren haben, um so besser fürs System und die Vorhaben. Aber wie schon geschrieben, auch das Wirtschaftssystem selbst spricht dagegen, wenn Menschen, welche Träger der Ware Arbeitskraft sind, sich ihm entziehen können.“
Da Du in Deiner Betrachtung immer nur an der Oberfläche herum-ruderst, gehen leider elementare Zusammenhänge verloren. So kannst du sicher die verschiedensten Fragen stellen, allein die Praxis gibt die Antworten.
Sicher, „wir können es auch ganz praktisch angehen. was würden die Leute tun, wenn sie unter Sicherung ihrer Existenz nun frei sich betätigen können? an jedem beliebigen Ort innerhalb des Geltungsbereichs.“ Ja, was könnten sie tun und was können sie tun? Vieles könnte man tun, sicher, nur lassen es die Verhältnisse zu, ja, könnten die kapitalistischen Verhältnisse so etwas überhaupt zu lassen?
Aber entsprechend Deiner Reflexionen, lässt Du Deiner Fantasie freien Raum und: „1) es entstehen massiv alternative formen der Arbeitsassoziationen. Sie übernehmen einen Großteil der handwerklichen und klein industriellen Tätigkeiten. ebenso ein teil in dem, was wir heute dienstleistungssektoren nennen.“ Also zurück an die Anfänge, wenn wir schon die Potenzen nicht nutzen können, welche menschliche Entwicklung hervorgebracht hat und weiter hervorbringt, dann lasst uns zurück rudern, in eine Zeit, von der wir annehmen, dass da die Welt noch in Ordnung war! Nur wessen Welt war da noch in Ordnung und besteht eine Lösung darin, Produktivkräfte zurück zu entwickeln, wenn deren Beherrschung nicht mehr möglich scheint, ja, deren Beherrschung innerhalb der bestehenden kapitalistischen Verhältnisse nicht mehr möglich ist?
Bedingungsloses Grundeinkommen ist keine Frage des Willens, sondern eine Frage der objektiven Verhältnisse! Eines ist sicher, ein bedingungsloses Grundeinkommen unter kapitalistischen Verhältnissen, im Interesse der betroffenen Menschen, wird es nicht geben, kann es nicht geben. Die Illusion eines solchen basiert auf der prinzipiellen Vernachlässigung ökonomischer Zusammenhänge im Kapitalismus.
Nun, auch Dein zweiter Punkt ist schön und gut, wenn Du schreibst: „2) der Bereich der beruflichen Weiterbildung bis zu erweiterten Studiengängen angewandter Natur- und technischer Wissenschaften nimmt zu.“ Dagegen ist auch nichts zu sagen, breiten wirksam unter kapitalistischen Bedingungen eine Illusion, da nicht allgemein menschliche Bedürfnisse im Mittelpunkt gesellschaftlichen Treibens stehen, sondern die Optimierung der Kapitalverwertungsbedingungen, und in deren Rahmen, den technologischen Entwicklungen und Erfordernissen entsprechend. Letztendlich ist sogar zu beobachten, dass allgemeines Bildungsniveau sinkt. Ein Blick in die gesellschaftliche Praxis kann da durchaus aufschlussreich sein, dieses trifft auch für Deinen Punkt drei zu. Du schreibst: „3) das Gleichgewicht von Produktion und Konsumtion wird hierdurch nicht betroffen. die Menschen stellen Tätigkeiten zur Verfügung und konsumieren entsprechend ihrem individuellen bedarf.“ Nicht nur das Du damit den übergangslosen Kommunismus im Kapitalismus einfügst, (Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinem Bedürfnissen!) Du negiert völlig, dass es im Kapitalismus kein Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumtion gibt! Als Idealbild ist Punkt drei nicht zu verachten, unter Bedingung des Kapitalismus aber nicht realisierbar. Und unter gesellschaftlichen Verhältnissen, welche eine Realisierbarkeit zulassen würden, wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht von Nöten. Wobei selbst die Bedingungslosigkeit einen Haken hat, welcher einem Ausschluss aus der Gesellschaft gleichkommt.
Ja, warum ist Kapitalismus, Kapitalismus, egal auf welcher Stufenleiter er daher kommt? Punkt vier hebelt das System gänzlich aus denn Angeln: „4) lediglich die Steuereinnahmen brechen ein, weil der hierzu notwendige Geldtransfer nicht mehr stattfindet. für die innere ökonomische Bilanz hat dies keine Bedeutung. im Gegenteil, durch Schaffung regionaler Komplementärwährungen bleibt das Gleichgewicht im regionalen erhalten.“ Nun bin ich durchaus für regionale Stoffkreisläufe, nur sind gegenwärtige Probleme so nicht zu lösen, gedacht sei nur an die Anarchie kapitalistischer Wirtschaft und deren Folgen.
Ja, „wir sehen sehr wohl, dass es beim BGE um ganz andere Dinge geht, als um die Erhaltung Mensch-prägender und gestaltender Spielräume.“ Damit hast Du natürlich Recht, „beim BGE geht es um ganz andere Dinge, als um die Erhaltung Mensch-prägender und gestaltender Spielräume,“ es geht um den Erhalt des Kapitalistischen Systems selbst. Trotzdem, lasst uns für ein bedingungsloses Grundeinkommen streiten, schaffen wir die Voraussetzungen für ein solches, in dem wir den Kapitalismus abschaffen und durch eine Gesellschaftsordnung ersetzen, welche ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht nötig hat!
Gruß
Thomas




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