Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Montag, 7. Februar 2011

Die Ware

Produkt menschlicher Arbeit, das gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt und für den Austausch produziert wird. Die Ware gelangt über den Austausch (Kauf und Verkauf) in die produktive oder die nichtproduktive Konsumtion. Der Warencharakter eines Arbeitsprodukts ist keine natürliche, sondern eine gesellschaftliche Eigenschaft, die es unter den Verhältnissen gesellschaftlicher Arbeitsteilung annimmt. Jede Ware stellt die dialektische Einheit zweier Grundeigenschaften dar, die ihr Wesen bilden: Gebrauchswert und Wert. Als Gebrauchswert befriedigt die Ware menschliche Bedürfnisse der verschiedensten Art. Als Wert verkörpert die Ware gesellschaftlich notwendige Arbeit der Warenproduzenten; der Wert liegt dem Austausch zugrunde und erscheint als Tauschwert. Dieser Doppelcharakter der Ware (Gebrauchswert und Wert) entspricht dem Doppelcharakter der Arbeit als konkrete und abstrakte Arbeit sowie aus dem Produktionsprozess in seiner Einheit als Arbeits- und Wertbildungsprozess. Als Gebrauchswerte, die das Ergebnis der konkreten Arbeit sind, können die qualitativ unterschiedlichen Waren quantitativ nicht verglichen werden. Ein quantitativer Vergleich verschiedener Waren ist nur über den Wert möglich.
Sie tauschen sich aus im Verhältnis ihrer Wertgröße, also entsprechend der in ihnen enthaltenen gesellschaftlich notwendigen (abstrakten) Arbeit (Wertgesetz). Der in der Ware enthaltene innere Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Wert tritt im Warenaustausch als äußerer Widerspruch von Ware und Geld in Erscheinung. Der Widerspruch der warenproduzierenden Arbeit tritt in dem Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Wert zutage und wird unter den Bedingungen des Privateigentums an Produktionsmitteln äußerlich sichtbar im Auseinanderfallen der Produktions- und Realisierungsbedingungen, in dem damit verbundenen Kampf um den Absatz und im Konkurrenzkampf der Warenproduzenten. Im Kapitalismus nehmen praktisch alle Arbeitsprodukte Warenform an; auch die Arbeitskraft wird zur Ware. Dadurch verschärfen sich die Widersprüche der kapitalistischen Warenproduktion ständig.
Im Sozialismus ist der Doppelcharakter der Ware nicht mehr Ausdruck unlösbarer Widersprüche. Die Ware erfüllt auch im Sozialismus die drei Bedingungen ihrer Existenz: Sie ist Produkt menschlicher Arbeit, das ein bestimmtes gesellschaftliches Bedürfnis befriedigt, und wird für den Austausch produziert. Die qualitative Besonderheit sozialistischer Produktionsverhältnisse besteht darin, dass die Arbeitskraft keine Ware mehr ist, dass Grund und Boden aufhören, Spekulationsobjekt zu sein, und Produktionsmittel nicht entgegen den gesellschaftlichen Bedürfnissen erworben und genutzt werden dürfen.
Die in den sozialistischen Kombinaten, Betrieben und Genossenschaften usw. planmäßig verausgabte warenproduzierende Arbeit, ihr Ziel und sozialer Inhalt, die sie ausdrückenden qualitativ neuen gesellschaftlichen Beziehungen finden im sozialistischen Produktionsprozess und seinen Resultaten ihren Niederschlag. Die von den sozialistischen Warenproduzenten hergestellten materiellen Güter verkörpern den durch die konkrete Arbeit hervorgebrachten Gebrauchswert und den durch die abstrakte Arbeit geschaffenen Wert. Die in der sozialistische Produktionsweise produzierte Ware ist das Produkt der von Ausbeutung befreiten Arbeit der Werktätigen, das in den Betrieben zur Befriedigung der gesellschaftlichen und persönlichen Bedürfnisse planmäßig erzeugt wurde und durch den Austausch in die Produktive oder die individuelle Konsumtion gelangt.



Voluntarismus:

Anschauung, die den Willen als Wesen und letzte Grund des Weltganzen betrachtet. Im marxistisch-leninistischen Sprachgebrauch wird unter Voluntarismus auch die falsche Auffassung und die daraus resultierende praktische Haltung verstanden, als könnten sich die Menschen in ihrer Tätigkeit, insbesondere im politischen Handeln, über die objektiven Gesetze von Natur und Gesellschaft hinwegsetzen, weil mit dem menschlichen Willen alles zu erreichen sei.
Kleines Politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag, Berlin 1986, Seiten 1032/33.

Tradition

relative stabile, modifikationsfähige, durch eine bestimmte Klasse, Schicht, Gruppe für relativ lange Zeit aus der Vergangenheit übernommene oder wieder belebte Ideen, Symbole und Institutionen, die mittel- oder unmittelbar der Durchsetzung bestimmter Klassen-, Schichten-, Gruppeninteressen dienen. Sie wirken im individuellen wie im Klassenbewusstsein, sind Bestandteil des gesellschaftlichen Bewusstseins überhaupt. Objektive Grundlage für die Schaffung bestimmter Traditionen ist letztlich die gesellschaftliche Praxis. Jede Tradition hat in der Klassengesellschaft im Gefüge der Beziehungen des gesellschaftlichen Bewusstseins einen objektiv bestimmten Platz, dient – bewusst oder unbewusst – der Durchsetzung und Festigung des jeweiligen Klassen-, Schichten-, Gruppenwillens. In diesem Prozess wirkt eine gnoseologische wie eine soziale Komponente.
Es gibt verschiedene Ebenen und Strukturen von Tradition: kulturelle, kulturgeschichtliche, volkskundliche, regionale, nationale und internationalistische Tradition usw. Nationale und Internationale Traditionen bilden eine untrennbare dialektische Einheit, wobei die internationalistischen das übergreifende Element darstellen. Traditionen können spontan entstehen oder bewusst geschaffen werden.
Es gibt Traditionen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, in jeder Wissenschaft. Keine Erscheinung, Institution, kein Gedanke der Vergangenheit kann der Gegenwart und Zukunft als Tradition dienen, wenn sie nicht, von Zeitschranken befreit, im Gesamtzusammenhang historischen Seins gesehen werden. Widersprüche der Vergangenheit sind nicht durchschaubar, Traditionen nicht als solche erkennbar, wenn sie nicht vom Standpunkt der sie untersuchenden, höheren Gesellschaftsformation betrachtet werden.
Es ist also kein Subjektivismus, wenn sich marxistische Traditionsbenutzung dem „Bedürfnis“ der sozialistischen Gesellschaft anpasst. Traditionen besitzen eine gewisse Eigengesetzlichkeit, kommen aber erst ganz zur Entfaltung, wenn bestimmte Institutionen einer Klasse, Schicht, Gruppe sich ihrer bemächtigen. Sie bilden gemeinsam mit Sitten, Bräuchen u. a. die gesellschaftliche Psychologie und gehen weitgehend in die Ideologie und die Wissenschaft ein. Andererseits wirken Ideologie und Wissenschaften auf die Entwicklung von Traditionen ein. Während Traditionen primär Klassencharakter tragen, sind Sitten und Bräuche klassenindifferent, werden aber von bestimmten Klassen und Schichten in ihrem (progressiven oder reaktionären) Interesse genutzt. Das Erbe dient der Förderung, Pflege, Festigung der jeweils im Interesse einer bestimmten Klasse genutzten Tradition bzw. Traditionslinie. Geschichtsbild und Geschichtsbewusstsein stehen in enger Beziehung zur Tradition, sind aber nicht identisch. Traditionen sind zählebig, nicht durch Verbot zu beseitigen und wirken oft bedeutend länger als ihre ursprüngliche Basis. Bei Traditionen ist die Dialektik von Form und Inhalt zu beachten.
K. Marx verweist darauf, dass fest tradierte Beziehungen ein unerlässliches Moment für „gesellschaftliche Festigkeit“, ein Element von „Regel und Ordnung“, zwingend notwendig sind, um gesellschaftliche Entwicklungen von Zufälligkeit und Willkür zu befreien. Reaktionäre Traditionen können in progressive Formen gekleidet werden. Andererseits können progressive Traditionen durchaus in alte Formen gekleidet sein, wobei „alt“ nicht mit „reaktionär“ identisch ist. Tradition und Anerkennung von Leistungen der Vergangenheit sind zu unterscheiden.
Reaktionäre Traditionen wirken hemmend auf die Bewusstseinsbildung und damit auf die gesellschaftliche Entwicklung. Progressive Traditionen dagegen sind eine Triebkraft für das gesellschaftliche Handeln. Dabei ist die Herausbildung neuer Traditionen ein langwieriger und komplizierter Prozess. Auch der ideologische Kampf  um die Bewahrung und schöpferische Verarbeitung der humanistischen Traditionen der Vergangenheit (und entsprechende Ansätze im Spätkapitalismus) ist ein wichtiges Element der geistigen Auseinandersetzung. Der Marxismus-Leninismus wendet sich ebenso gegen jedes anarchistische Verhältnis zu überkommenen Traditionen wie gegen deren Heiligsprechung oder undialektische, totale, nicht über die Negation der Negation vollzogene Übernahme. Das Verhältnis zur Tradition ist dort schöpferisch, wo das Überlieferte in gewandelter Form selbst eine Wandelung erfährt. Das Fortführen großer Traditionen ermöglicht die Schaffung neuer Traditionen. Die heutige imperialistische Literatur und Kunst ist durch eine Absage an die humanistischen Traditionen ihrer eigenen Vergangenheit bzw. deren Verfälschung gekennzeichnet. Generell hängt es vom historischen Niveau der erreichten gesellschaftlichen und künstlerischen Entwicklungen ab, was aus dem großen Schatz an Traditionen in welcher Weise aufgearbeitet wird und wo für die jeweilige Gesellschaftsordnung  die Hauptlinien der Traditionsbeziehungen verlaufen.

Subjektivismus

theoretische Auffassung und praktische Haltung, die das Subjekt und seine Erkenntnistätigkeit oder soziale Aktivität verabsolutiert. Da Subjektivismus die objektive Realität und das System ihrer Gesetzmäßigkeiten nicht beachtet oder ignoriert, ist Subjektivismus oftmals mit Idealismus verbunden.
  1. Vom Standpunkt des erkenntnistheoretischen Subjektivismus ist menschliche Erkenntnis ausschließlich auf das menschliche Subjekt zurückzuführen. Die letzte Konsequenz daraus ist der Solipsismus, der jegliche Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten leugnet.
  2. Als Orientierung ethischer und anderer Werttheorien geht der Subjektivismus davon aus, dass das abstrakt aufgefasste menschliche Subjekt Ausgangspunkt und Ziel des sozialen Handelns und Kriterium aller Werte ist. Damit gibt er der Lage des Individuums in der bürgerlichen Gesellschaft Ausdruck.
  3.  Als Bestandteil von Gesellschaftstheorien überhöht der Subjektivismus die Rolle des subjektiven Faktors voluntaristisch, indem er davon ausgeht, dass einzelne Menschen oder Gruppen gesellschaftliche Ereignisse und Geschichtsprozesse subjektiv-willkürlich gestallten können. Dieser Haltung entsprechen die meisten idealistischen Gesellschaftstheorien.
In den Naturwissenschaften und technischen Wissenschaften ist der Subjektivismus in seiner erkenntnistheoretischen Form kaum praktikabel, wohl aber wirkt er sich auf Betrachtungs- und Handlungsweisen bürgerlicher Wissenschaftler in Gestalt von Werttheorien und Soziallehren aus. Von daher beeinträchtigt er die gesellschaftliche Wirksamkeit wissenschaftlichen Forschens und Erkennens und hemmt die wissenschaftliche Erkenntnis selbst.
In der Politik erscheint der Subjektivismus als willkürliches Entscheiden und Handeln ohne Berücksichtigung der gesellschaftlichen Realität und ohne exakte Analyse der Lage. Er wirkt damit hemmend auf die gesellschaftliche Entwicklung, führt zu Fehlentscheidungen und hindert die Triebkräfte der gesellschaftlichen Entwicklung an ihrer Entfaltung.

Entnommen: Wörterbuch Philosophie und Naturwissenschaften, Dietz Verlag, Berlin 1983, Seite 876.

Objekt-Subjekt-Dialektik

die Beziehungen, die in der praktischen und erkennenden Tätigkeit des Menschen zwischen der Natur und den gesellschaftlichen Verhältnissen einerseits und dem Menschen anderseits existieren. Objekt und Subjekt sind korrelative Begriffe, die die zwei entgegengesetzten Seiten jeder menschlichen Tätigkeit widerspiegeln. Das Objekt ist der in seiner materiellen Existenz vom Subjekt unabhängige Gegenstand, auf den die aktive Tätigkeit des Subjekts, die Praxis und die Erkenntnis, gerichtet ist. Die ganze materielle Welt kann der Möglichkeit nach zum Objekt der Erkenntnis und der Praxis werden; diese Möglichkeit verwandelt sich aber nur im geschichtlichen Prozess der praktisch-gegenständlichen und geistigen Aneignung der materiellen Welt in konkret-historische Wirklichkeit, indem die Menschen auf der Grundlage ihrer Produktivkräfte und ihres bereits erworbenen Wissens immer weitere Bereiche in ihren materiellen Lebensprozess einbeziehen und damit tatsächlich zum Objekt machen. Das Subjekt ist der praktisch tätige und erkennende Mensch, dessen praktische und geistige Aktivität auf konkrete Objekte gerichtet ist.
Im gesellschaftlichen Gesamtprozess ebenso wie im gesellschaftlichen Erkenntnisprozess ist die menschliche Gesellschaft einer bestimmten Entwicklungsstufe das Subjekt; in den geschichtlichen Aktionen verschiedener Art und in den Erkenntnisprozessen treten Völker, Klassen, Gruppen, Parteien, Kollektive als Subjekt auf und in den verschiedenen Formen der individuellen Tätigkeit der einzelnen Mensch. Auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln, der politischen Macht der Arbeiterklasse und der politisch moralischen Einheit des Volkes entsteht erstmalig in der Geschichte des Sozialismus ein gesellschaftliches Gesamtsubjekt unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei. In der Objekt-Subjekt-Dialektik werden die Erfordernisse und Möglichkeiten des praktischen Handelns und der Inhalt der erkennenden Tätigkeit vom Objekt bestimmt, ebenso die historisch-konkrete Existenzweise des Subjekts mit seinen Bedürfnissen und Interessen; das Subjekt ist die aktive, das Objekt die zu verändernde Seite innerhalb der Objekt-Subjekt-Dialektik.
   
Angelehnt an: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986, Seite 683/84.  

Steuer:

Pflichtabgebe natürlicher und juristischer Personen an den Staat, die nicht mit einem Anspruch auf direkte Gegenleistung verbunden sind und endgültig im Staatshaushalt zentralisiert werden. … In der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sind die Steuern die unabdingbare ökonomische Existenzgrundlage des Staates. Da infolge des im Kapitalismus herrschenden Privateigentums an Produktionsmitteln dem kapitalistischen Staat kein oder nur ein geringer Teil des Nationaleinkommens als direkte Einkommen zufließt, setzt er sich hauptsächlich und in zunehmendem Maße dadurch in den Besitz der von ihm benötigten Mittel, dass er Teile des Nationaleinkommens mit staatlichem Zwang als Steuer vereinnahmt und dadurch umverteilt. So stellen die Steuern in den entwickelten Ländern des Kapitals die Haupteinnahmequelle des Staates dar und betragen dort gegenwärtig mehr als 90% der Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes. Der kapitalistische Staat benutzt die Steuern zur Durchsetzung seiner Funktionen nach innen und außen im Interesse des Kapitals, insbesondere zur Finanzierung des Staatsapparates, der Rüstung, der staatsmonopolistischen Regulierung usw. In Verbindung mit der Verwendung der Mittel des Staatshaushaltes im Interesse der Erhaltung, Stabilisierung und Entwicklung des auf der Ausbeutung der Werktätigen beruhenden kapitalistischen Gesellschaftssystems zeigt sich, dass auch und gerade die Steuerpolitik ein wichtiges Feld der Klassenauseinandersetzung zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie ist. In Form von direkten und indirekten Steuern, Sozialabgaben usw. eigenen sich imperialistische Staaten oft annähernd die Hälfte des Bruttoeinkommen von Arbeitern und Angestellten an. Durch Steuerprogression und Steigerung der Steuersätze für indirekte Steuern (Umsatzsteuer bzw. Mehrwertsteuer) nimmt die Belastung für die Arbeiterklasse, aber auch für andere nichtmonopolistische Kräfte zu. Zwar unterliegen auch Konzerne der Besteuerung, aber zum einen sind Einkommens- und Körperschaftssteuer relativ niedrig, zum anderen ist es den Monopolen kraft ihrer Machtpositionen möglich, ihre steuerliche Belastung ganz oder größtenteils über die Preise letztlich auch auf die werktätige Bevölkerung abzuwälzen.

Auszug: Kleines Politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag, Berlin 1986, Seiten 934/35.

Stagflation:

von bürgerlichen Ideologen stammender Begriff, mit dem die für die gegenwärtige Wirtschaftsentwicklung in den entwickelten kapitalistischen Ländern typische Verbindung von wirtschaftlicher Stagnation mit inflationistischer Preisentwicklung (Inflation) umschrieben wird. Während in früheren Perioden bei wirtschaftlicher Stagnation die Preise ebenfalls stagnierten oder gar sanken und, umgekehrt, inflationistische Preissteigerungen vor allem in der Periode des wirtschaftlichen Aufschwungs in Erscheinung traten, fallen heute Stagnation oder Rückgang der Produktion mehr und mehr mit zum Teil erheblichen Preissteigerungen zusammen.

Praxis

philosophische Kategorie, die den gesellschaftlichen Prozess der Veränderung, der Umgestaltung der objektiven Realität, der Natur und Gesellschaft durch die Tätigkeit der Menschen widerspiegelt; denn um die materielle Welt zu verändern, „bedarf es der Menschen, welche eine praktische Gewalt aufbieten“. MEW, Bd. 2, S. 129) Der Mensch, wirkt mir allen seinen Mitteln, mit seinen natürlichen Organen und künstlichen Werkzeugen (Maschinen, automatischen Systemen), auf die Dinge und Erscheinungen der Natur ein, bildet sie um und verändert dadurch sich selbst. Die praktische Tätigkeit der Menschen ist zugleich aber immer bewusste, zweckgerichtete Tätigkeit, gegenständlicher Veränderung der objektiven Realität zu bewusst gewollten Zwecken. Folglich ist die Praxis Grundlage und Ziel der Erkenntnis.
In der marxistisch-leninistischen Philosophie wird der Praxisbegriff materialistisch erklärt und nachgewiesen, dass die Praxis ein objektiver Prozess ist, der in seiner konkret-historischen Form durch die objektiven gesellschaftlichen Verhältnisse, vor allem die Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte, determiniert wird. „Die Gesetze der Außenwelt … sind die Grundlagen der zweckmäßigen Tätigkeit des Menschen. Der Mensch hat in seiner praktischen Tätigkeit die objektive Welt vor sich, ist von ihr abhängig, lässt durch sie seine Tätigkeit bestimmen.“ Lenin, Bd. 38, S. 177/178) Die Praxis umfasst die gesamte materielle Lebenstätigkeit der Menschheit, die unmittelbar auf die Umgestaltung der objektiven Realität gerichtet ist. Daher entwickelt sie sich in Abhängigkeit von den gesellschaftlichen Verhältnissen in verschiedenen Formen, wie der Produktionstätigkeit, die im Verlauf der ganzen Menschheitsgeschichte die grundlegende Form der Praxis bleibt (Arbeit); der politischen Tätigkeit, die an die Existenz von Klassen und Staaten gebunden ist (Politik); der experimentellen, kulturellen, pädagogischen u. a. gesellschaftlichen Tätigkeit. In der Klassengesellschaft hat die Praxis Klassencharakter und wird von Klasseninteressen geleitet. Der Begriff der Praxis widerspiegelt das Wesentliche der spezifisch menschlichen Existenzweise des sozialen Lebensprozesses; er ist daher für die gesamte marxistisch-leninistische Philosophie und besonders für die Erkenntnistheorie ein fundamentaler Begriff.
Vor allem die Praxis bedingt die Widerspiegelung der Wirklichkeit im Bewusstsein der Menschen; sie ist die wesentlichste Grundlage der Erkenntnis, da sie dem Menschen überhaupt erst den Zugang zur materiellen Welt eröffnet. Die Praxis ist die entscheidende Triebkraft des Erkenntnisprozesses, denn die praktischen Bedürfnisse der Menschen lenken die Erkenntnisse auf bestimmte Objekte und Aufgaben und stimulieren den Fortschritt des Erkennens. Da die Erkenntnis schließlich dazu führt, neue Möglichkeiten der Naturbeherrschung und der Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu schließen, ist die Praxis das letzte Ziel aller Erkenntnis.
Weiter dient die Praxis in der Erkenntnis als Kriterium der Wahrheit, und zwar ist sie das höchste Kriterium der Wahrheit, weil sie zum Unterschied von anderen möglichen Kriterien die Erkenntnis mit der objektiven Realität so verhindert, dass die Wahrheit oder Falschheit einer Aussage feststellbar wird.

 Angelehnt an: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986, Seite 753/54.  





Revolution Teil I.

grundlegende qualitative Umgestaltung der Gesellschaft als Ganzes oder einzelner, wesentlicher gesellschaftlicher Bereiche (z.B. die wissenschaftlich-technische Revolution, die Revolution auf dem Gebiet der Ideologie und Kultur usw.), eine der wichtigsten Phasen und Formen der gesellschaftlichen Entwicklung. Unter einer sozialen Revolution versteht man eine qualitative Umwälzung in der Gesellschaft, in deren Ergebnis eine historisch überlebte ökonomische Gesellschaftsformation durch eine andere, progressive abgelöst wird. Soziale Revolutionen sind in der antagonistischen Klassengesellschaft eine gesetzmäßige Erscheinung. Ihre eigentliche, tiefere Ursache besteht im Konflikt zwischen entwickelten Produktivkräften und den überlebten Produktionsverhältnissen. Dieser Konflikt ist die soziale Grundlage des Klassenkampfes zwischen den aufstrebenden und den reaktionären Klassen, welche die überlebten Produktionsverhältnisse und die darauf beruhende soziale und politische Ordnung mit allen Mitteln, insbesondere der Staatsgewalt, verteidigen. Die soziale Revolution ist der Höhepunkt des Klassenkampfes. Das politische Hauptmerkmal der sozialen Revolution ist der Übergang der Staatsmacht aus den Händen der herrschenden reaktionären Klasse in die Hände der revolutionären Klasse. Deshalb ist jede soziale Revolution zugleich eine politische Revolution.
Mit der Eroberung der Staatsmacht kann die revolutionäre Klasse ihre Interessen auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens durchsetzen. In der proletarischen Revolution können die neuen Produktionsverhältnisse überhaupt erst nach der politischen Entmachtung der Bourgeoisie geschaffen werden. Wenn Klassen einander ablösten, so änderten sie stets das Verhältnis zum Eigentum. Darin besteht das ökonomische Hauptmerkmal sozialer Revolutionen. Soziale Revolutionen sind die „Lokomotiven der Geschichte“ (Marx, MEW, 7, S. 85); in revolutionären Epochen erfolgt eine gewaltige Beschleunigung der gesellschaftlichen Entwicklung; in den Revolutionen tritt die geschichtsbildende Kraft der Volksmassen in besonders hohem Maße hervor. Nicht jeder Übergang der Macht einer Klasse in die Hände einer anderen Klasse ist eine Revolution. Wenn es einer überlebten, bereits entmachteten Klasse gelingt, ihre Herrschaft zeitweilig wiederherzustellen, oder wen sie diesen Versuch unternimmt, so spricht man von einer Konterrevolution. Der Begriff der Revolution ist auch nicht mit dem Begriff „bewaffneter Aufstand“ oder „Bürgerkrieg“ identisch. Obwohl die Mehrzahl der Revolutionen gewöhnlich mit bewaffneten Zusammenstößen der Klassen verbunden ist, gab es in der Geschichte dennoch zahlreiche bewaffnete Aufstände und Bürgerkriege, die nicht den Charakter einer Revolution hatten, weil die nicht darauf zielten, eine neue sozialökonomische Ordnung zu errichten. Andererseits sind Revolutionen auch ohne bewaffneten Aufstand, ohne Bürgerkrieg möglich. Die inneren Widersprüche einer Gesellschaft sind die Hauptursachen einer Revolution. Das bedeutet aber nicht, dass äußere Widersprüche unbedeutend wären. Äußere Widersprüche wirken auf diese oder jene Weise auf die inneren ein, können sie verschärfen, eine revolutionäre Entwicklung beschleunigen oder auch verlangsamen. Es gibt Revolutionen, die sowohl die Lösung der äußeren als auch der inneren Widersprüche zum Ziel haben (nationale Befreiungsrevolutionen). Generell gewinnen internationale Faktoren für das Heranreifen und die Durchführung sozialer Revolutionen gegenwärtig an Bedeutung. Der Charakter einer Revolution wird durch ihre historische Aufgabe und ihre Triebkräfte, durch die Klassen, die sie tragen, und deren politischen Reifegrad bestimmt. Träger der Revolution sind in der Regel die Volksmassen, an deren Spitze revolutionäre Klassen stehen. Eine aktive revolutionäre Minderheit vermag allerdings als Motor der Revolution zu wirken. Beispielsweise sind nicht alle bürgerlichen Revolutionen wirklich Volksrevolutionen. Proletarische Revolutionen sind in jedem Falle Volksrevolutionen; ihr Sieg beruht auf der Unterstützung durch die Mehrheit der Werktätigen.
Die bürgerliche Revolution hat in der Regel die Aufgabe, den rückständigen feudalistischen Überbau zu beseitigen, um der kapitalistischen Basis, die sich im Schoß des Feudalismus entwickelt hatte, freie Entfaltungsmöglichkeiten zu schaffen. Mit der Übernahme der Macht durch die Bourgeoisie endeten diese Revolutionen gewöhnlich. Jedoch unterscheiden sich die Revolutionen im 17., 18. und 19. Jahrhundert wesentlich von den bürgerlich-demokratischen Revolutionen in der Epoche des Imperialismus und in der gegenwärtigen Epoche. Der Kapitalismus ist in das Stadium seines Niedergangs und Verfalls eingetreten. Die Monopolbourgeoisie hat ihre Fähigkeit verloren, Führer des gesellschaftlichen Fortschritts zu sein, sie hat sich in eine reaktionäre Klasse verwandelt.

Revisionismus

Strömung des Opportunismus in der Arbeiterbewegung, deren Besonderheit darin  besteht, dass sie ein ganzes System der Revision des Marxismus (später des Marxismus-Leninismus) zur theoretischen Begründung der opportunistischen Politik entwickelt sowie die Errungenschaften des Sozialismus entstellt und negiert. Der Revisionismus fordert die Korrektur der theoretischen und politischen Grundlagen des Marxismus-Leninismus mit dem Ziel, den revolutionären Inhalt der wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse zu beseitigen und durch bürgerliche Theorien zu ersetzen. Der Revisionismus ist eine internationale Erscheinung, die sich beim Übergang des Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Monopolkapitalismus in der Arbeiterbewegung herausbildet. Er ist die opportunistische Reaktion bestimmter kleinbürgerlich beeinflusster Schichten in der Arbeiterbewegung, insbesondere der vom Imperialismus korrumpierten, privilegierten Teile der Arbeiterklasse – der Arbeiteraristokratie und -bürokratie -, auf die Verschärfung des Klassenkampfes und die neuen Bedingungen des Kampfes um den Sozialismus in der Epoche des Imperialismus.
Seinem Klassencharakter nach ist er das Produkt des Einflusses der bürgerlichen Ideologie auf die Arbeiterklasse und die Arbeiterbewegung. Der Siegeszug des Marxismus in der internationalen Arbeiterbewegung zwang seine Gegner in der Arbeiterbewegung, sich marxistisch zu maskieren, um die Ideen des Marxismus zu bekämpfen. Zum „Stammvater“ des Revisionismus wurde der deutsche Sozialdemokrat E. Bernstein, der alle grundlegenden Prinzipien und Thesen des Marxismus unter dem Vorwand seiner Ergänzung und Weiterentwicklung revidieren.
Die marxistische Weltanschauung wurde durch den Neukantianismus und den Empiriokritizismus, die revolutionäre Dialektik durch einen flachen Evolutionismus ersetzt. Der Revisionismus leugnet die von K. Marx und F. Engels nachgewiesenen Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Entwicklung. Die Entstehung von Monopolen schwäche den Grundwiederspruch zwischen Kapital und Arbeit ab und führe zu einer Milderung der Klassengegensätze. An die Stelle der revolutionären Beseitigung der kapitalistischen Ausbeuterordnung müsse die evolutionäre Durchdringung des Kapitalismus durch den Sozialismus, das friedliche Hineinwachsen in den Sozialismus, treten.
Der Revisionismus verneint die Lehre vom Klassenkampf und von der Diktatur des Proletariats: Der bürgerliche Staat sei kein Organ der Klassenherrschaft der Bourgeoisie, sondern klassenindifferent; der Ausbau der bürgerlichen Demokratie wurde zur vorrangigen Aufgabe der Arbeiterbewegung erklärt. Das Wesentliche des Revisionismus ist also, dass er den Marxismus durch bürgerliche Anschauungen verwässert und ihn teils völlig durch sie ersetzt und damit der revolutionären Arbeiterbewegung das theoretischen Fundament ihres Kampfes für die Beseitigung der kapitalistischen Gesellschaft und den Aufbau des Sozialismus nimmt. Die Revisionistischen Thesen wurden und werden jedoch durch die Geschichte selbst widerlegt: durch die kapitalistischen Wirtschaftskrisen, durch die allgemeine Krise des Kapitalismus, durch die demokratischen und nationalen Revolutionen, durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution und das Entstehen des sozialistischen Weltsystems nach dem zweiten Weltkrieg. Der Revisionismus war daher gezwungen, sich der veränderten Lage anzupassen. Nach dem Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution richtete er seine Angriffe verstärkt gegen die marxistisch-leninistische Revolutionstheorie und Staatslehre. Der sozialistischen Demokratie stellt er die Forderung nach einer fiktiven „reinen“ Demokratie gegenüber. Der sozialistischen Planwirtschaft begegnete er mit der Theorie von der „Wirtschaftsdemokratie“. Er schloss sich dem Antisowjetismus und Antikommunismus zunächst in der Weise an, dass er die Lehren W. I. Lenins, den Marxismus entgegenstellte und verunglimpfte und versuchte, den Leninismus und den Sozialismus als „rein russische Angelegenheit“ abzutun. Als sich nach dem zweiten Weltkrieg das sozialistische Weltsystem herausbildete und der Kapitalismus in die dritte Etappe seiner allgemeinen Krise eintrat, war auch über diese Version des Revanchismus das Urteil gesprochen.
Dem zunehmenden Einfluss der sozialistischen Länder und der kommunistischen Parteien trat der Revisionismus mit einer politischen Taktik der Differenzierung und Aufweichung entgegen. Er nahm immer mehr offene konterrevolutionäre Positionen gegenüber dem Sozialismus ein. Eine Hauptthese des Revisionismus war die von der gegenseitigen Annäherung (Konvergenz) von Kapitalismus und Sozialismus. Mit Hilfe der Konvergenztheorie versuchte der Revisionismus, die Einheit der internationalen kommunistischen Bewegung zu untergraben, und wendet sich gegen die historischen Notwendigkeit der proletarischen Revolution und der Diktatur des Proletariats beim Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus, gegen die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei im Kampf gegen den Imperialismus und Kolonialismus, gegen die Leninschen Normen des Parteiaufbaus, vor allem gegen den demokratischen Zentralismus, wie auch gegen den proletarischen Internationalismus und öffnete damit der Konterrevolution Tür und Tor. Dieser Politik entsprechen solche Thesen im Arsenal des „modernen“ Revisionismus wie die von der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution als einem nationale begrenzten Ergebnis in einem rückständigen Land, das keine Allgemeingültigkeit besäße; vom Vorhandensein objektiver unüberwindlicher Widersprüche zwischen den sozialistischen Staaten als beständig und gesetzmäßig wirkende Faktoren; von einem objektiven Widerspruch zwischen der sich entwickelnden Basis und einem sich angeblich nicht entwickelnden Überbau als dem Grundwiederspruch der sozialistischen Gesellschaft. Durch eine „Erneuerung“ soll ein „echter“, „demokratischer“, „humaner Sozialismus“ entstehen, der dem wissenschaftlichen Kommunismus von Marx, Engels und Lenin entgegengesetzt wird. Dazu wird – ausgehend von der illusionären Vorstellung von der Möglichkeit einer Demokratie „an sich“ – nach dem Muster der bürgerlichen Demokratie und unter Ignorierung des Inhalts der sozialistischen Demokratie eine qualitative „Erweiterung“ bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten gefordert und einem Pluralismus in Partei, Staat, Wirtschaft und Ideologie das Wort geredet, der unter sozialistischen Verhältnissen einzig und allein dazu dienen soll, die Macht der Arbeiterklasse und die führenden Rolle ihrer Partei zugunsten konterrevolutionärer Interessen und Ideologien zurückzudrängen. Gelingt es ihm, in den sozialistischen Ländern Einfluss zu gewinnen, untergräbt er die sozialistische Staatsmacht, das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln und die führende Rolle der marxistisch-leninistischen Partei. Hier wird sein offen konterrevolutionärer Charakter besonders deutlich. Der „moderne“ Revisionismus verfälscht das Verhältnis zwischen Arbeiterklasse und Intelligenz unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution. An Stelle des Bündnisses von Arbeiterklasse und Intelligenz solle ein neuer historischer Block treten, in dem die Intelligenz und andere „Eliten“ die führende Rolle haben sollen.
Diese Definition ist entnommen aus: „KLEINES POLITISCHES WÖRTERBUCH“ Dietz Verlag Berlin 1986, sechste Auflage.
Eine Anmerkung: Nun habe ich den Text abgeschrieben und die Zeitform an der einen oder anderen Stelle geändert. Dabei habe ich auch darüber nachgedacht, den Text komplett umzuschreiben und der Gegenwart anzupassen. Davon habe ich erst einmal Abstand genommen, da dieser Text an seiner Gültigkeit nichts verloren hat und in der praktischen Auseinandersetzung zu beobachten ist, dass gerade, unter dem Gesichtspunkt der sich gegenwärtig permanent verschärfenden Krisen im Kapitalismus, der Revisionismus neu wappnet und in den verschiedensten Formen daherkommt.
Nach dem die sozialistischen Staatengemeinschaft aufgehört hatte zu existieren, war dieses ein Sieg für das kapitalistische Gesellschaftssystem, welcher ohne der kräftigen Unterstützung des Revisionismus so nicht möglich gewesen wäre. Dabei wurden die Wirkung revisionistischer Ideen sicher durch die Entwicklungen in den sozialistischen Ländern selbst befördert. Letzteres wiederum ist ein Thema, welches durchaus der Auseinandersetzung bedarf, gerade auch um die entsprechenden Schlüsse für zukünftige, gesellschaftlich Entwicklungen ziehen zu können. Gegenwärtig ist zu beobachten, dass gerade die Geschichtsaufarbeitung vom revanchistischen Standpunkt aus forciert betrieben wird, dieses vor allen auch in Form des Kampfes um die Deutunghoheit geschichtlicher Ereignisse und Entwicklungen. Dabei ist zu beobachten, dass so etwas wie eine kommunistische Bewegung, nicht nur in der Bundesrepublik, wiedereinmal in den Kinderschuhen steckt.
Aus historischer Erfahrung heraus, kann aber abgeleitet werden, dass gerade sich verschärfenden Krisen, besonders auch die Zuspitzung des Grundwiderspruchs des Kapitalismus, bestimmte Entwicklungen beschleunigen. Dabei handelt es sich sicher nicht um automatische und zwangsläufige Entwicklungen, selbst wenn diese gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten geschuldet sind, sondern um sich in der Auseinandersetzung formierende Alternativen.
Schaue ich nun in die Mailingliste der Freidenker, kann gerade dieses beobachtet werden. Da geht es nicht nur um die verschiedensten Ideen gesellschaftlicher Erneuerungen, sondern auch um die Wertung historischer Entwicklungen. Dabei scheiden sich gerade die Geister an der Einschätzung des Sozialismus in der DDR. In diesem Zusammenhang hatte ich an anderer Stelle einmal darauf hingewiesen, dass die Stellung zur DDR, eigentlich die Gretchenfrage der sich links nennenden ist.
 

 

Reform

Maßnahme zur evolutionären Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse, Lebensbereiche und Einrichtungen, durch die deren Qualität, Klasseninhalt und Klassenfunktion nicht grundsätzlich geändert wird. Reform in der kapitalistischen Gesellschaft können die Existenzbedingungen und die Rechte der Werktätigen in gewissen Grenzen verbessern, aber sie führen nicht zur Veränderung der sozialen Qualität des Kapitalismus, d. h. zur Beseitigung der Ausbeutung und Klassenunterdrückung. Dies kann nur durch die sozialistische Revolution erreicht werden. Die Beschränkung des Kampfes der Arbeiterklasse auf Reform ist Reformismus und bedeutet den Verzicht auf die Verwirklichung der historischen Mission der Arbeiterklasse, die Ausbeutung und Klassenherrschaft zu überwinden und den Sozialismus und Kommunismus zu errichten.
Die marxistisch-leninistische Partei führt deshalb einen entscheidenden Kampf gegen den Reformismus. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie den Kampf um Reformen grundsätzlich ablehnt. Sie betrachtet Reform als nützlich und kämpft um Reformen, wenn diese die Existenz- und Kampfbedingungen der Arbeiterklasse verbessern und zugleich dazu beitragen, das revolutionäre Klassenbewusstsein zu entwickeln und die werktätigen Massen zum revolutionären Kampf zu mobilisieren. Reformen können der Festigung und dem weiteren Ausbau von Errungenschaften dienen, die in einer Revolution erkämpft worden sind. So war z. B. die Bodenreform auf dem Gebiet der DDR Bestandteil der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung.
Aus: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986, Seite 805.

Religion

Form des gesellschaftlichen Bewusstseins mit Weltanschauungscharakter. Gesamtheit von Anschauungen, Emotionen und Kulthandlungen, deren Wesen in einer phantastisch verzerrten, illusionären Widerspiegelung der Natur und der Gesellschaft im Bewusstsein der Menschen besteht. Dieses Wesensmerkmal ist allen Religionen, von den frühesten in der Urgesellschaft (Magie, Zauber, Totemismus) über die polytheistischen Stammes- und Volks-Religionen bis zu den entwickelten Formen des Monotheismus (Christentum, Islam, Buddhismus), gemeinsam.Da die religiösen Anschauungen den Ursprung und das Wesen der Welt letztlich in einer übernatürlichen, geistigen Macht sehen, sind sie ihrem Inhalt nach eng verwandt mit dem objektiven Idealismus. Die Entstehung, Veränderung und auch das allmähliche Absterben der Religion gehen notwendig aus dem materiellen Lebensprozess der Menschen hervor.
In ihren frühesten Formen widerspiegelte die Religion zunächst die Abhängigkeit der Menschen von den elementaren Naturgewalten, die sie infolge der geringen Entwicklung der Produktivkräfte noch nicht beherrschen konnten. Die nicht erkannten, daher noch geheimnisvollen Naturkräfte widerspiegelten sich in den religiösen Anschauungen als übernatürliche Mächte, und die Menschen suchten ihre Ohnmacht gegenüber den natürlichen Mächten zu überwinden, indem sie die Geister (später Götter) durch Opfer, Beschwörung, Gebete usw. günstig zu stimmen suchten und um Hilfe baten. Nach dem Aufkommen der Klassengesellschaft entstand für die Volksmassen eine neue Form der Abhängigkeit und Ohnmacht, die in der weiteren Entwicklung zur wichtigsten Grundlage der Religion wurde: „Aber bald treten neben den Naturmächten auch gesellschaftliche Mächte in Wirksamkeit, Mächte, die den Menschen ebenso fremd und im Anfang ebenso unerklärlich gegenüberstehen, sie mit derselben scheinbaren Naturnotwendigkeit beherrschen wie die Naturmächte selbst. Die Phantasiegestalten, in denen sich anfangs nur die geheimnisvollen Kräfte der Natur widerspiegelten, erhalten damit gesellschaftliche Attribute, werden Repräsentanten geschichtlicher Mächte.“ (Engels, MEW, Band 20, S. 294)
Die monotheistischen Weltreligionen, insbesondere das Christentum, sind ein Ergebnis der antagonistischen Klassengesellschaft mit ihren Verhältnissen der Ausbeutung und Unterdrückung. Entstanden als Ausdruck der Unzufriedenheit und zugleich der Ohnmacht der ausgebeuteten Volksmassen, wurde z.B. das Christentum sehr bald zur Staatsreligion und in den Dienst der ausbeutenden Klasse gestellt.. „Denjenigen, der sein Leben lang arbeitet und Not leidet, lehrt die Religion Demut und Langmut hienieden und vertröstet ihn mit der Hoffnung auf himmlischen Lohn. Diejenigen aber, die von fremder Arbeit leben, lehrt die Religion Wohltätigkeit hienieden, wobei sie ihnen eine recht billige Rechtfertigung ihres ganzen Ausbeuterdaseins anbietet und Eintrittskarten für die himmlische Seligkeit zu erschwinglichen Preisen verkauft.“ (Lenin, Band 10, S. 70/71) Deshalb bezeichnet K. Marx die Religion auch als „das Opium des Volkes“ (Marx, MEW, Bd. 1, S. 378) und charakterisiert damit ihr Wesen. Die in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung spontan wirkenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, die zu sozialer Unsicherheit, Krisen und verheerenden Kriege führen, sind auch in der Gegenwart die soziale Basis für das Fortbestehen religiöser Auffassungen. Solange die Menschen den Gesetzen der kapitalistischen Gesellschaft ausgeliefert sind, erscheinen die kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse als unwandelbare überirdische Mächte. Zu allen Zeiten versuchten die Ausbeuterklassen mit Hilfe der Religion die unterdrückten Massen nieder zuhalten. Auch in der Gegenwart wird versucht religiöse Gefühle dazu zu missbrauchen, die Werktätigen der kapitalistischen Länder von der Erkenntnis und der Verfechtung ihrer wahren Interessen abzuhalten und sie mit der kapitalistischen Gesellschaft zu „versöhnen“ (politischer Klerikalismus).
— Wird fortgesetzt —

Widerspruch

Beziehung zwischen Erscheinungen der objektiven Realität bzw. des Denkens, die sich ausschließen und – im Falle des dialektischen Widerspruchs – zugleich bedingen. Man unterscheidet den logischen und den dialektischen Widerspruch. Der logische Widerspruch tritt nur im Denken auf; er ist eine Kontradiktion, d. h. eine Konjunktion, die aus einer Aussage und deren Negat besteht. Dialektische Widersprüche existieren in der objektiven Realität; sie können in dialektischen Widerspruch des Denkens widergespiegelt werden. Der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch – bereits von Aristoteles formuliert – fordert die Vermeidung logischer Widersprüche im Denken; er ist ein wichtiges Hilfsmittel des wissenschaftlichen Erkennens. Eine Theorie, die logische Widersprüche enthält, gewährleistet keine zutreffende Erfassung des von ihr abgebildeten Gegenstandes. Daher ist an wissenschaftliche Theorien die Forderung der (logischen) Widerspruchsfreiheit zu stellen.
Wörterbuch „Philosophie und Naturwissenschaften“ Dietz Verlag Berlin 1982, Seite 1004

Pazifismus

bürgerliche bzw. kleinbürgerliche Strömung und Ideologie u. a. in kapitalistischen Ländern, die unter der Losung des Friedens um jeden Preis gegen alle Arten von Kriege auftreten. Der Pazifismus lässt den Klassencharakter des Krieges unberücksichtigt und lehnt auch den gerechten Krieg – den revolutionären Krieg der fortschrittlichen Klassen wie auch den nationalen Befreiungskrieg – ab. Er führt den Kampf um Frieden nicht als Kampf gegen die sozialen und politischen Ursachen der Kriege in der antagonistischen Klassengesellschaft, namentlich im Imperialismus.
In der Forderung nach Sicherung des Friedens und Verhinderung eines in der Gegenwart die Existenz der Menschheit bedrohenden Krieges berührten sich der Pazifismus und die Politik der sozialistischen Staaten sowie der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung und der anderen um den Frieden kämpfenden Bewegungen und sozialen Kräfte der Gegenwart. Die reaktionärsten Kreise des internationalen Monopolkapitals sehen in den pazifistischen Losungen eine wachsende Gefahr für die Verwirklichung ihrer aggressiven Politik. Deshalb versucht die imperialistische Ideologie und Politik, den Pazifismus mit Hilfe des Antikommunismus zurückzudrängen. Im Sozialismus war die Sicherung des Friedens das oberste Gebot; wobei der sichere militärische Schutz der sozialistischen Gesellschaft der beste Garant gegen die imperialistische Politik der Hochrüstung und Kriegsgefahr war.

Angelehnt an: Kleines politische Wörterbuch, Dietz Verlag, Berlin 1986, Seite 729

Freitag, 4. Februar 2011

Objektive Realität

die materielle Welt, die unabhängig und außerhalb vom menschlichen Bewusstsein existiert und von diesem widergespiegelt wird. Der Begriff der objektiven Realität ist gleichbedeutend mit dem Begriff Materie, materielle Welt und objektive Wirklichkeit.

Aus: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986, Seite 683.