Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Montag, 22. Oktober 2012

Sie müssen einer Partei angehören und „verlässliche und willige Leute seien“!

Mit was sich so Politiker im Landtag von Sachsen-Anhalt beschäftigen, kann gelegentlich schon überraschen und so fand sich letzte Woche ein entsprechender Beitrag in der MZ. Auf diesen wurde ich übrigens auf einer Facebookseite aufmerksam. Ein „Kollege“ des betreffenden Abgeordneten hat auf den Beitrag aufmerksam gemacht. Einige Kommentare hat es gegeben, wobei eher wohl politisches „Schattenboxen“ im Vordergrund gestanden haben wird. Sowohl der Artikel-verursachende, wie auch der darauf Aufmerksam-machende gehören der Regierungskoalition an, sitzen für zwei verschiedene Parteien im Landtag und haben ihre (Wahlkampf- oder Wahlbezirks-)Büros nicht weit voneinander entfernt in Quedlinburg. Offensichtlich gilt, des einen politischen Platzhirsch sein Leid, des anderen politischen Platzhirsch sein Freud! Um Präsenz in den regionalen Medien buhlen hingegen beide, auch wenn dieses in den Kommentaren bei Facebook nur dem einen zugeschrieben wird.
Treffender hingegen folgender Kommentar: „Durchaus bezeichnend für das intellektuelle Niveau von Abgeordneten, welches gelegentlich nicht nur im Landtag offenbart wird! Halleluja, der Glaube am Parlamentarismus ist unantastbar … oder war das was anderes? Egal, wie auch immer, Hauptsache es sorgt für Ablenkung, von was auch immer! …
Gibt es eigentlich keine anderen Probleme, z. B. … ernste, welche über dieses Kasperletheater hinausgehen und sich mit den Problemen der Menschen in diesem Land beschäftigen?“

Andere Probleme werden im Kommentar zwar nicht angesprochen, bezeichnend ist dieser Vorgang hingegen für politisches Ränkespiel durchaus, wie es so unüblich nicht ist. Der Vorgang selbst spricht für sich und für Politik in diesem Lande, deren Ergebnisse für die Menschen oft als Erfolge verkauft werden, sich bei genauerer Betrachtung meistens aber als das Gegenteil entpuppen. So wird die Bevölkerung älter, was aber weniger mit dem oft bemühten demographischen Faktor zu tun hat, sondern eher mit der weiter fortschreitenden Abwanderung junger Leute aus dem Land, was entsprechende Abnahme der Bevölkerung, aber auch ein schwindendes Fachkräftepotenzial zur Folge hat. So wird heute in der MZ wieder über letzteres gejammert, wobei wie üblich nur konstatiert wird und Ursachen an den verschiedensten Problemen, weit gestreut, festgemacht werden. Dabei ist folgende Aussage im Beitrag durchaus bezeichnend: „Junge, intelligente, verlässliche und willige Leute seien zu einer wahren Rarität geworden. Dabei brauche das Werk dringend Nachwuchs. Das Aluwerk bildet zwar gerade drei junge Meister auf eigene Kosten aus. Das reiche jedoch nicht aus, um das altersbedingte Ausscheiden von Fachpersonal abzufedern.“
Dabei muss sich doch eigentlich niemand wundern, dass intelligente junge Leute nicht unbedingt verlässlich und willig sind, in einem System, in welchen sie solches unter Umständen nie erfahren konnten. Eher sind es doch Existenzängste, welche im Raum Hettstedt viele Menschen treibt und das nicht nur aus dem Land heraus. Und wo fanden viele der gut qualifizierten Hettstedter nach weitestgehender Deindustrialisierung der Region Arbeit? Viele wurden zu Pendlern ins Altbundesgebiet, nach Jahren des Pendels und ohne Aussicht auf die Möglichkeit ihre Arbeitskraft erfolgreich in Sachsen-Anhalt zu verkaufen, zogen sie oft ganz weg, holten ihre Familien nach und wurden woanders heimisch. Flexibilität wurde den Menschen nach der Wende gepredigt und die Menschen wurden Flexibel, gingen dorthin wo sie ihre Arbeitskraft verkaufen konnten. Nicht nur eine Folge der Politik in Sachsen-Anhalt! Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie oft das Aluwerk nach der Wende privatisiert wurde, wie viele Mittel den Investoren hinterher geworfen wurden und wie viel davon in dunkle Kanäle verschwunden ist, ich erinnere mich nur, dass des öfteren in den Medien davon zu lesen war. Heute wird heroisch bemerkt, dass „das Aluwerk ... zwar gerade drei junge Meister auf eigene Kosten aus“-bildet, was letztlich aber nur bezeichnend für eine Ursache der Misere ist. Der Fachkräftemangel ist eben auch dem Umstand geschuldet, dass Betriebe nicht oder nur unzureichend ausgebildet haben. Wobei das einmal anders war, in einer anderen Zeit, unter anderen Bedingungen, dort wurde entsprechend des Bedarfes von Betrieben ausgebildet, wie folgender Aussage zu entnehmen ist: „70 Stammkräfte arbeiten auf dem Lichtlöcher Berg. "Zehn von ihnen haben in den nächsten zwei bis drei Jahren die Möglichkeit, in Rente zu gehen", betont Isensee. Das seien gute Fachkräfte. Eckpfeiler des Werkes nennt er sie. "Sie haben ihre Ausbildung noch zu DDR-Zeiten erhalten. Das war eine Ausbildung, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Metallurgie ausgerichtet war." In der Art gebe es die gar nicht mehr. "Einen gut qualifizierten Gießer beispielsweise kriegen sie heutzutage nirgendwo", fügt er hinzu.“ Wobei, wenn man „einen gut qualifizierten Gießer … heutzutage nirgendwo“ mehr kriegt, dann ist das nicht nur ein Problem welches regional begrenzt ist. Aber es schwingt noch eine andere Konsequenz in der Aussage mit, die Fachkräfte können somit nicht in Rente gehen, werden ja noch gebraucht, also nichts mit Rente mit 67, eher mit 70+, oder Fachkräfte importieren, vielleicht aus China, da sollen die Anforderungen des Bildungssystems ohnehin höher sein als in der Bundesrepublik, oder aus einem anderem EU-Staat, welcher mittels EU-Politik in deutschem Interesse wirtschaftliche an die Wand gefahren wurde. Wenn dort deutsche Waren den Markt beherrschen und die eigne Industrie überflüssig werden lässt, kann ja die qualifizierte Arbeitskraft noch verkauft werden! Ein Hoffnungsschimmer am Horizont kapitalistischer Egozentrik, oder der Anarchie in der Wirtschaft? Und am Ende darf der Schrei des bedrohten mittelständischen Unternehmens nach Subventionen nicht fehlen, denn: „vielmehr müssten die Älteren die Jungen anlernen, damit sie in deren Fußstapfen treten könnten. Und das sei keine Sache von Wochen oder Monaten, sondern von Jahren. Keine mittelständische Firma könne sich das noch leisten.“
Aber das hat wiederum weniger mit der Politik und den Politikern in Sachsen-Anhalt zu tun, diese sind ohnehin mehr mit sich selbst und irgendwelchen Ränkespielchen und Kindereien beschäftigt. Im Gegensatz zum Hettstedter Betrieb, welcher qualifizierte Arbeitskräfte benötigt, müssen Politiker für ihre Tätigkeit im parlamentarischen Kasperletheater keine besonderen Qualifikationen nachweisen. Sie müssen nur einer Partei angehören und dort die Karriereleiter nach oben wollen, also „verlässliche und willige Leute seien“!

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