Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Montag, 15. Februar 2016

... was soll das Philosophenzeug?

In der Mailingliste der Freidenker findet sich eine Diskussion, überschrieben ist sie zwar anders, allerdings spielte in den letzten Beiträge der Begriff der Wahrheit eine Rolle, objektiv, relativ, absolut waren dabei anzutreffende Attribute. Ein interessantes Thema, bedenkenswert und es macht Sinn nachzulesen, Wissen wieder aufzufrischen und sich seines weltanschaulich materialistischen Standpunktes zu erinnern. Als Antwort formulierte ich folgenden Text, wobei zugegebenermaßen das Meiste abgeschrieben ist:
Ja ..., der Klapperstorch bringt die Kinder … nicht und was soll das Philosophenzeug?
Philosophie, die Liebe zur Weisheit, ich hatte auch mal gelernt, das Philosophie das Nachdenken über das Leben ist und diesem Nachdenken die Wissenschaften geschuldet sind. Heute wird weiter nachgedacht über das Leben und wir wären keine Menschen, wenn wir dieses nicht tun würden. Woher kommen wir, wohin gehen wir, was sind wir, wer sind wir, was ist Wahrheit, was Irrtum, was Lüge und viele andere Fragen werden immer wieder gestellt und beantwortet. Das der jeweilige Erkenntnisstand dabei ein Rolle spielt, wird heute wohl kaum jemand bestreiten und so wird auch die Frage nach der Wahrheit gestellt. Ja die Wahrheit, ein Recht auf Meinungsfreiheit ist im Grundgesetz festgeschrieben, ein Recht auf Wahrheit gibt es nicht! Allerdings gilt es in jedem Zusammenhang, die Zusammenhänge zu klären und um Verständnis zu erlangen, um zu verstehen, macht es Sinn sich über Begriffsinhalte zu verständigen.
Die Frage, was Wahrheit sei und wie man sie überprüfen könne, bewegt die Philosophen seit mehr als 2500 Jahren. Nur warum beschäftigen sich Menschen mit dieser Frage und welche Bedeutung hat sie? Und so würde es Sinn machen diese Bedeutung zu klären, sich mit den Begriff der Wahrheit auseinanderzusetzen, Objektivität der Wahrheit zu klären, allerdings spielt in diesem Zusammenhang auch verschiedene Prädikate ein Rolle, der folgende, abgeschriebene Text setzt sich mit drei Arten von Wahrheit auseinander:

Das dialektische Verhältnis von relativer und absoluter Wahrheit1
Mitunter wird gefragt, ob es richtig sei, dass die marxistische Erkenntnistheorie drei Arten von Wahrheiten unterscheidet, die objektive, die relative und die absolute Wahrheit. Diese Frage muss kategorisch verneint werden. Wenn wir es mit einer Erkenntnis zu tun haben, die mit dem von ihr abgebildeten Gegenstand wirklich übereinstimmt, dann ist diese Erkenntnis zugleich objektiv, relativ und absolut wahr. Es kann tatsächlich immer nur eine Wahrheit geben. Die Prädikate >>objektiv<<, >>relativ<< und >>absolut<< beziehen sich auf eine kategoriale Unterscheidung, das heißt auf eine Differenzierung im Denken, die aber notwendig ist, um den Erkenntnisprozess – vor allem in den Wissenschaften – richtig erklären zu können. Wir haben es also mit zwei Fragestellungen zu tun.
Erstens: Sind wir zu einer wahren Abbildung der objektiven Realität mittels des rationalen Denkens fähig, das heißt, gibt es eine objektive Wahrheit?
Wird diese Frage bejaht, dann ergibt sich eine zweite, davon abgeleitete Frage: Können wir die materielle Welt >>auf einmal, vollständig, unbedingt, absolut oder nur annähernd, relativ<< erkennen? Das ist, wie Lenin schreibt, „die Frage nach dem Verhältnis zwischen absoluter und relativer Wahrheit“.* In der vormarxistischen Philosophie konnte diese Frage nicht befriedigend beantwortet werden. Das gilt auch für die nichtmarxistische Philosophie der Gegenwart. Wir können hier zwei Auffassungen unterscheiden, die beide unrichtig sind, weil sie auf einem metaphysischen Herangehen an dieses Problem beruhen.
Der einen Auffassung zufolge können wir die objektive Realität sowohl in ihrer Gesamtheit als auch in der Vielfalt ihrer Erscheinung umfassend, vollständig erkennen. Alle richtigen Erkenntnisse entsprechen ihrem Gegenstand nicht nur völlig, sie sind auch unveränderlich und damit ewig. In der Kritik dieser Auffassung weist Engels nach, dass das Erkennen ein gesellschaftlicher und geschichtlicher Prozess ist, der das Moment der Relativität in sich einschließt. Es sei folglich ein sinnloses und für die Wissenschaft unfruchtbares Unterfangen, auf ewige Wahrheiten Jagd zu machen.
Wir kennzeichnen ein solches Festhalten an Erkenntnissen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. in einem bestimmten objektiven Zusammenhang einmal wahr gewesen sind, als Dogmatismus. „Mehr als einmal haben Marx, Engels und Lenin betont, dass der von ihnen begründete wissenschaftliche Sozialismus keine Sammlung von Dogmen, kein Katechismus starrer Regeln, sondern die Anleitung zum Handeln ist. … Die Größte, Lebenskraft und immerwährende Wirksamkeit des Marxismus-Leninismus besteht darin, dass er die Fähigkeit besitzt und die Forderung an eine wissenschaftliche Theorie erfüllt, auf die neuen Probleme der gesellschaftlichen Entwicklung, auf die Fragen, die das Leben stellt, Antworten zu geben“.
Innerhalb der anderen metaphysischen Auffassung zur Wahrheit wird gerade jenes Moment der Relativität unseres Wissens, dessen Ignorierung Engels bei Dühring kritisiert hatte, verabsolutiert. Diese Auffassung trägt deshalb den Namen Relativismus. Nach dieser Auffassung enthält unsere Erkenntnis nichts Absolutes; alles Wissen sei nur relativ. Der Relativismus wird seit der Jahrhundertwende in wachsendem Maße für die bürgerliche Philosophie charakteristisch.
Bei aller Gegensätzlichkeit ist beiden Auffassungen eines gemeinsam: das völlige Unvermögen der Dialektik des Erkenntnisprozesses, die auch im Verhältnis von Relativem und Absolutem in Erscheinung tritt. „Der Unterschied zwischen Subjektivismus (Skeptizismus und Sophistik etc.) und Dialektik besteht unter anderem darin, dass in der (objektiven) Dialektik auch der Unterschied zwischen Relativem und Absolutem relativ ist. Für die objektive Dialektik ist im Relativen Absolutes enthalten. Für den Subjektivismus und die Sophisten ist das Relative nur relativ und schließt das Absolute aus.“** Der Relativismus führt in der Konsequenz zur Leugnung objektiver Wahrheit. Wenn in der Erkenntnis alles relativ wäre, dann könnte sie auch keinen objektiven Inhalt haben. Relativismus in der Wahrheitsfrage bedeutet immer, in den Subjektivismus abzugleiten und damit die Möglichkeit wahrer Erkenntnis überhaupt zu leugnen.
Das Erkennen der objektiven Realität ist ein dialektischer Prozess, der sowohl das Moment der Relativität wie auch das Moment der Absolutheit in sich enthält. Unter relativer Wahrheit ist eine Erkenntnis zu verstehen, die ein nicht endgültig abgeschlossenes, nicht vollständiges, sondern ein historisch bedingtes, annähernd richtiges Abbild ihres Gegenstandes darstellt. Eine relative Wahrheit gilt also immer nur in bestimmten Grenzen; sie zeichnet sich durch einen bestimmten Grad von Adäquatheit aus und unterliegt der Veränderung. Zugleich enthält sie ein Moment absoluter Wahrheit, insofern sie den Erkenntnisstand in einer Hinsicht bzw. unter einem Aspekt objektiv richtig abbildet. Die Relativität unserer Erkenntnisse schließt also keinesfalls ein zuverlässiges Wissen von den abgebildeten Objekten aus.
Was bildet nun der Begriff „absolute Wahrheit“ ab? Hier sind zwei verschiedene Aspekte zu unterscheiden. So bezeichnen wir als absolute Wahrheit einmal das Moment, das in jeder relativen Wahrheit enthalten ist und die Übereinstimmung der jeweiligen Erkenntnis mit ihrem Gegenstand zum Ausdruck bringt, also jenes Wissen, das im Prozess der Erkenntnisentwicklung sozusagen unverändert bleibt. Zum anderen verstehen wir unter der absoluten Wahrheit das vollständige, totale Wissen von der Wirklichkeit insgesamt, das heißt von der ganzen Welt. Unter diesem Aspekt bildet der Begriff „absolute Wahrheit“ nicht primär die Übereinstimmung einer bestimmten konkreten Erkenntnis mit ihrem Objekt ab, sondern vielmehr die Richtung, der das Erkennen in seiner historischen Entwicklung folgt. Die absolute Wahrheit wird auf diese Weise im Prozess der Erkenntnisentwicklung schrittweise realisiert; sie wird aber auf der anderen Seite niemals erreicht werden, insofern der menschliche Erkenntnisprozess keinen Abschluss findet. Wir haben es hier mit einem dialektischen Widerspruch zu tun, den Lenin folgendermaßen bestimmt: „Das menschliche Denken ist also seiner Natur nach fähig, uns die absolute Wahrheit, die sich aus der Summe der relativen Wahrheiten zusammensetzt, zu vermitteln, und es tut dies auch. Jede Stufe in der Entwicklung der Wissenschaft fügt dieser Summe der absoluten Wahrheit neue Körnchen hinzu; aber die Grenzen der Wahrheit jedes wissenschaftlichen Satzes sind relativ und können durch die weitere Entwicklung des Wissens entweder weiter oder enger gezogen werden.“***
Was ist die Ursache dafür, dass wir uns der vollständigen, umfassenden und abgeschlossenen Erkenntnis der objektiven Realität nur ständig annähern, diese aber niemals erreichen können? Hier müssen wir vor allem zwei Gesichtspunkte berücksichtigen: einmal die Unendlichkeit, Unerschöpflichkeit und Ewigkeit der Materie als objektiven Gegenstand des Erkennens und zum anderen den historisch bedingten Entwicklungsstand der gesellschaftlichen Praxis als der Grundlage des Erkennens.
Das relative Wahrsein einer Erkenntnis darf keinesfalls mit dem Irrtum gleichgesetzt werden. Eine solche Identifizierung hieße, ein Moment des Subjektivismus in die marxistisch-leninistische Erkenntnistheorie hineinzutragen. Ein Irrtum liegt dann vor, wenn ein Urteil, das nicht wahr, sondern falsch ist, für wahr gehalten wird. Das gilt auch umgekehrt, wenn ein wahres Urteil für falsch gehalten wird. Irrtümer können immer auftreten. Sie haben verschiedene Ursachen. Sie können das Ergebnis von Sinnestäuschung, von logischen Fehlern, aber auch von Vorurteilen, die häufig klassenbedingt sind, sein. Das bedeutet aber nicht, dass Irrtümer bewussten Charakter tragen. Wird bewusst, also wieder besseren Wissen, ein bestimmter Sachverhalt in einem falschen Urteil abgebildet, dann handelt es sich nicht um einen Irrtum, sondern um eine Lüge.
*Lenin: Materialismus und Empiriokritizismus. Werke, Bd. 14, S. 121.
**Lenin: Zur Frage der Dialektik. Werke, Bd. 38, S. 339.
***Lenin: Materialismus und Empiriokritizismus. Werke, Bd. 14, S. 129.
1Der Text wurde entnommen aus: Dialektischer und historischer Materialismus, Lehrbuch für das marxistisch-leninistische Grundlagenstudium, Dietz Verlag Berlin 1988, Seiten 194 -198

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen