Begriff für alle philosophischen Systeme und Anschauungen, die das
Bewusstsein (gesellschaftliche Bewusstsein) – gleichgültig welcher Form –
für das Primäre, das Grundlegende, das Bestimmende gegenüber der
Materie erklären. Der Idealismus ist die dem Materialismus
entgegengesetzte Grundrichtung der Philosophie, die sich in zahlreichen
Varianten herausbildete. Für alle Arten des Idealismus ist die
Beantwortung der Grundfrage der Philosophie im Sinne des Primats des
Bewusstseins, des Ideellen, der gemeinsame Ausgangspunkt, wobei die
unterschiedliche Auffassung über Existenzweise und Beschaffenheit des
Ideellen den Idealismus in verschiedene Richtungen unterteilt. Die
mannigfaltigen idealistischen Systeme und Anschauungen zerfallen im
wesentlichen in zwei Hauptrichtungen, in den objektiven und den
subjektiven Idealismus.
Der
objektive Idealismus trennt das Bewusstsein, das Denken, den Geist, von
seiner materiellen Grundlage, der Tätigkeit des menschlichen Gehirns
sowie den den konkreten historischen Verhältnissen, und verwandelt es in
eine selbstständige, objektiv existierende Wesenheit (Gott, absolute
Idee, Reich der Ideen), die er zum Schöpfer der materiellen Welt oder
für die eigentliche Welt erklärt.
Der
subjektive Idealismus dagegen verabsolutiert das individuelle
Bewusstsein des Subjekts und erklärt die materielle Welt für bloße
Bewusstseinsinhalte (Empfindungskomplexe, Wille, Vorstellung usw.).
Der
Begründer des objektiven Idealismus ist Platon. Bedeutende Systeme des
objektiven Idealismus wirdem weiter von Th. v. Aquin, von G. W. Leibnitz
und G. W. F. Hegel geschaffen. Die in der gegenwärtigen bürgerlichen
Philosophie existierenden objektiv-idealistischen Richtungen knüpfen an
diese Systeme an (Neuthomismus, neue Ontologie, Neuhegelianismus).Für
alle Varianten des objektiven Idealismus ist charakteristisch, dass die
Existenz der objektiven Realität unabhängig und außerhalb des
menschlichen Bewusstsein anerkannt wird, jedoch nur als Schöpfer oder
Verkörperung oder Entäußerung eines übersubjektiven Geistes. Der
subjektive Idealismus in seiner modernen Gestalt wurde von G. Berkeley
und D. Hume begründet. Berkeley ging davon aus, dass der Mensch von
allen Gegenständen der objektiven Realität nur durch Wahrnehmungen
seines Bewusstseins etwas erfährt, und er zog daraus den Schluss, dass
die materielle Welt nur als Wahrnehmung existiert. Eine spezifische Form
des subjektiven Idealismus wurde von I. Kant entwickelt. Kant nahm zwar
an, dass den Wahrnehmungen objektiv-reale Dinge an sich zugrunde
liegen, dass diese jedoch mit Hilfe der apriorischen Anschauungsformen
wahrgenommen und die Wahrnehmungen mit Hilfe der ebenso apriorischen
Kategorien des Denkens verarbeitet würden, so dass die uns allein
erkennbare Welt der Erscheinungen völlig von der Beschaffenheit des
menschlichen Erkenntnisvermögens abhinge. Die meisten Formen des
subjektiven Idealismus in der bürgerlichen Gegenwartsphilosophie gehen
überwiegend entweder auf G. Berkeley und D. Hume oder von I. Kant aus.
Solche
Strömungen sind vor allem der Positivismus in seinen verschiedenen
Richtungen, die Lebensphilosophie, der Pragmatismus und der
Existentialismus. Für alle Varianten des subjektiven Idealismus ist
charakteristisch, dass die Existenz der vom menschlichen Bewusstsein
unabhängigen objektiven Realität geleugnet wird. Obwohl wichtige
Unterschiede zwischen subjektivem und objektivem Idealismus bestehen,
sind ihre Gemeinsamkeiten im Hinblick auf den Gegensatz zum
Materialismus wesentlicher. Der Idealismus besitzt soziale und
erkenntnistheoretische Wurzeln, die seine Existenz bis in die Gegenwart
hinein verständlich machen. Die Möglichkeit des Idealismus liegt in der
Kompliziertheit des Erkenntnisprozesses begründet, dessen einzelne
Elemente, aus dem Zusammenhang gelöst und verselbstständigt, zur
Grundlage einer einseitigen Auffassung gemacht werden können. So
verabsolutiert der subjektive Idealismus überwiegend Elemente der
Sinneserkenntnis, wie Empfindung und Wahrnehmung, während der objektive
Idealismus Elemente der rationalen Erkenntnis, wie Begriffe und Ideen
oder das Denken insgesamt, verabsolutiert und in selbstständige ideelle
Wesenheiten verwandelt. Da der Idealismus auf diese Weise aus dem
komplizierten und widersprüchlichen Erkenntnisprozess hervorgehen kann,
wäre es falsch, ihn in der Geschichte der Philosophie einfach für eine
unsinnige Auffassung zu halten. Die sozialen Wurzeln des Idealismus sind
bestimmend dafür, dass die im Erkenntnisprozess liegenden Möglichkeiten
in Gestalt idealistischer Systeme und Weltanschauungen realisiert
werden, Die wichtigsten sozialen Wurzeln des Idealismus sind die mit der
Klassenspaltung verbundene Trennung der geistigen von der körperlichen
Arbeit, die Monopolisierung der geistigen Arbeit durch die herrschenden
und besitzenden Klassen, die Interessen der Ausbeuterklassen an der
Verschleierung der realen sozialen Verhältnisse und an ihrer
ideologischen Rechtfertigung wie auch die historisch bedingte
Abhängigkeit von nicht durchschauten, unerkannten gesellschaftlichen
Mächten und Verhältnissen in der antagonistischen Klassengesellschaft.
Daraus ergibt sich, dass der philosophische Idealismus seiner sozialen
Funktion nach meist die Interessen herrschender Ausbeuterklassen in
abstrakt-theoretischer Form ausdrückt und überwiegend eine reaktionäre
Rolle spielt. Doch darf nicht übersehen werden, dass unter bestimmten
historischen Bedingungen auch progressive Kräfte ihre Interessen in
Gestalt idealistischer und religiöser Anschauungen zum Ausdruck
brachten. In der Gegenwart spielt die bürgerliche idealistische
Philosophie objektiv insgesamt eine reaktionäre, den gesellschaftlichen
und wissenschaftlichen Fortschritt hemmende Rolle. In bewusstem
Gegensatz und erbittertem Kampf gegen die Ideen des dialektischen und
historischen Materialismus versucht sie heute, den politischen und
geistigen Verfall des Imperialismus zu verschleiern und die Werktätigen
sowie die Intelligenz ideologisch an die untergehende kapitalistische
Gesellschaftsordnung zu binden. Der philosophische Idealismus ist eng
verwandt mit der Religion, er besitzt sowohl seinen
erkenntnistheoretischen und sozialen Wurzeln als auch seiner sozialen
Funktion nach viele Gemeinsamkeiten mit ihr.
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