Der Deutsche Freidenkerverband hat aus dringendem politischem Grund, folgenden offenen Brief „Aggression gegen Libyen beenden! Völkerrecht verteidigen!“ an die Fraktionen des Deutschen Bundestages gesendet. Der Brief wurde an die Fraktionsvorsitzenden einzeln versandt. Dem Brief beigefügt ist das Memorandum des Präsidenten der International Progress Organization über die Sicherheitsratsresolution 1973 (2011) und ihre Umsetzung durch eine „Koalition der Willigen“ unter Führung der Vereinigten Staaten und der Nordatlantischen Verteidigungsorganisation. Dieses Memorandum wurde dem Präsidenten des Sicherheitsrates und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen vom Präsidenten der International Progress Orfanitzation am 26. März 2011 übersandt.
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Offener Brief
an die Fraktionen des Deutschen Bundestags
Aggression gegen Libyen beenden! Völkerrecht verteidigen!
Sehr geehrte …,
seit dem 19. März 2011 führt eine Allianz unter Führung Frankreichs, Großbritanniens und der USA einen Interventionskrieg gegen die Libysch-Arabische Dschamahirija. Die Interventionsmächte sind dabei, eine Anschlussoperation unter Führung der NATO zu organisieren.
Die öffentliche Begründung der Militäroperation stützt sich auf die Behauptung, dass unter der Führung des Obersten Muammar al-Gaddafi, (der unsinnigerweise als „Machthaber bezeichnet wird, obwohl er kein Staatsamt bekleidet), eine Demokratiebewegung mit solch brutaler Gewalt niedergeschlagen werde, dass ein Eingreifen aus humanitären Gründen geboten sei. Die Angriffe dienten dem Schutz von Zivilisten. Die Diskrepanz zwischen dieser Darstellung und der objektiven Situation könnte nicht größer sein.
Tatsächlich dienen die Angriffe der Schwächung der regulären libyschen Streitkräfte, die sich in einem Bürgerkrieg mit bewaffneten, unter dem Banner der Monarchie kämpfenden Gegnern der demokratischen Staatsordnung befinden. Durch den Eingriff der Allianz wurde der Bürgerkrieg, der schon so gut wie entschieden war, künstlich verlängert und so das Leid des libyschen Volkes vergrößert. Zivile Opfer der ausländischen Angriffe sind in Anbetracht der Kriegsführung und der eingesetzten Waffen unvermeidlich.
Von den eigennützigen Interessen der Hauptinterventionsmächte ist in der breiten Öffentlichkeit keine Rede: Westliche Energiekonzerne haben Verträge zur Öl- und Erdgasförderung mit Libyen abgeschlossen, in denen sie sich verpflichten, den überwiegenden Teil der Förderungen an libysche Unternehmen abzugeben. Eine neue, von den Interventionsmächten auf Gedeih und Verderb abhängige Staatsmacht würde diese Verträge annullieren und eine ungehemmte Ausbeutung der libyschen Bodenschätze durch ausländische Investoren zulassen. Darüber hinaus scheinen seit langem existierende geopolitische Strategieziele ein maßgebliches Motiv hinter der Intervention zu sein.
Zwar berufen sich die Interventen auf die Resolution 1973 (2011) des UNO-Sicherheitsrats vom 17. März 2011, die militärische Maßnahmen gegen Libyen zum Schutz der Zivilbevölkerung zulässt, jedoch erlaubt diese Resolution keine Parteinahme zugunsten einer Partei in einem Bürgerkrieg, was auch durch die Grundsätze des allgemeinen Völkerrechts und die UN-Charta untersagt wird.
Der Deutsche Freidenkerverband hat auf diese Umstände bereits zu Beginn der Militäroperation hingewiesen.
Allerdings hält auch die UNO-Sicherheitsrats-Resolution 1973 selbst keiner juristischen Überprüfung stand. Das diesem Schreiben als Anlage beigefügte Memorandum des Völkerrechtlers Prof. Dr. Hans Köchler, des Präsidenten der International Progress Organisation mit Sitz in Wien, macht deutlich, dass der Sicherheitsrat mit der Verabschiedung der Resolution 1973 seine durch die UN-Charta definierten Kompetenzen überschritten und gegen Grundsätze des allgemeinen Völkerrechts verstoßen hat.
Prof. Dr. Köchler zeigt auf, dass der Sicherheitsrat allen Staaten der Welt einen Freibrief zur Intervention in Libyen ohne Vorgaben bezüglich der Dauer, der Art der Durchführung und der einzusetzenden Mittel ausgestellt hat. Ein Kontrollmechanismus, der darüber wacht, ob die Maßnahmen tatsächlich dem von der Resolution bestimmten Ziel des Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, wurde nicht eingerichtet.
Ich möchte Prof. Dr. Köchler ausdrücklich in seiner Feststellung zustimmen: “Es ist offensichtlich, dass die Übertragung praktisch unbeschränkter Vollmachten an interessierte Parteien und regionale Gruppen […] nicht nur mit der Charta der Vereinten Nationen sondern mit dem internationalen Recht an sich nicht vereinbar ist.“