In Quedlinburg soll es eine neue Gedenkstätte geben, darüber wird schon länger berichtet, nun geht es an die Umsetzung. Ein Quedlinburger Künstler hatte einst einen Entwurf gefertigt, dann wurde Geld gesammelt, Fördermittel beantragt und der Oberbürgermeister „ist froh, dass das Bürgerprojekt nun umgesetzt wird.“. Der MZ vom 06.08.2025, Seit 13. ist zu entnehmen, dass das Vorhaben „einen finanziellen Gesamtumfang von 968.345,71 Euro“ hat.
Das die Stadt einen weiteren Brunnen gebrauchen kann, ist nachzuvollziehen, sorgen diese doch gerade in warmen Sommern für etwas Abkühlung, sind Orte des sammeln, treffen und laden zum verweilen ein. Wenn, ja wenn das Wasser fließt und das ist für Brunnen in Quedlinburg nicht unbedingt selbstverständlich, insbesondere wenn an die Kosten der Unterhaltung gedacht. So ist der Brunnen am Kornmarkt zum Beispiel nicht wirklich in Betrieb und der Kornmarkt ist ein Ort, welchen die meisten Besucher der Stadt zumindest überqueren. Auch ist der Brunnen auf dem Kornmarkt gut geeignet Einblicke in die Geschichte der Stadt und des Stiftes zu gewinnen und aus diesem Grund oft ein Anlaufpunkt im Rahmen von Stadtführungen. Was er allerdings auch ohne Wasser sein kann, da es in diesem Zusammenhang in erster Linie auf die Plastiken ankommt.
Die Plastik für den neu zu errichtenden Brunnen vor den Mauern der Altstadt ist ebenfalls interessant, bietet zwar nicht solch ein historisches Spektrum wie der Brunnen am Kornmarkt, ist eher ein beschränkter Blick auf eine nicht unbedeutende Episode in der ostdeutschen Geschichte, jedoch mit viel Raum zur Interpretation. Auch ist die Möglichkeit der Verschiedenheit von Interpretation ein Aspekt welcher eine Schöpfung zum Kunstwerk werden lässt und über einen Gebrauchsgegensand hinaus erhebt. Das bedeutet nicht, dass ein Kunstwerk nicht Gebrauchsgegenstand sein kann, allerdings ist nicht jeder Gebrauchsgegenstand ein Kunstwerk, selbst wenn er von einem Künstler geschaffen. Und würde das Kunstwerk nicht gebraucht, würde es nicht entstehen, also hat es einen Gebrauchswert, allein weil es gebraucht wird. Zweckdienlich soll er sein, der Brunnen, nur welchem Zweck hat er zu dienen und welchen Zweck dient er?
Es geht um Erinnerung und Erinnerungen bei Menschen sind sehr verschieden, gerade dieses Ereignis betreffend, führte es doch in den gesellschaftlichen Niedergang, aus dem, wenn es nach der aktuell herrschenden Politik in diesem Lande geht, ein großer Krieg herausführen soll und so wird das Land in einen Krieg geführt. Dem hat die Kunst zu dienen, wenn diese denn Kunst ist und nicht längst im Kunstbetrieb untergegangen, den Vorgaben der Herrschenden folgt. "Kunst ist eine gefährliche Waffe, gefährlich auch für den, der sie einsetzt." schreibt Peter Hacks und führt fort: „Die Kunst ist das Bewusstsein einer Gesellschaft, an ihr hat sie ihr Für-Sich und ihren Willen. Vermöge der Kunst ist die Gesellschaft fähig, mit sich ins Reine zu kommen, wodurch sie an Rüstigkeit gewinnt. Einbegriffen freilich ist die Fähigkeit, sich in Frage zu stellen. Eine Nation, die Kunst hat, hat in den Apfel gebissen: sie kann zu sich selbst ja und nein sagen.
Ehe eine Regierung die Freiheit zu einem Nein zulässt, verzichtet sie doch lieber auf das Ja, es geht, denkt sie, ohne das. Regierungen wollen nicht unbedingt Freude an ihren Völkern haben. Hinreicht, wenn sie keinen Ärger mit ihnen haben.“* …
Kunst als Mittel zum Zweck, welchen Zweck hat sie zu dienen? Sie dient dem Auftrage entsprechend, auch wenn er einst selbst ersonnen, ist in der Gegenwart längst angekommen. Am Anfang war die Rede vom Wende-Brunnen und das ist eine treffende Bezeichnung, allerdings die Herrschenden sprechen nicht gern davon, ihnen ist die Verklärung der damaligen Ereignisse als friedliche Revolution lieber, obwohl entscheidende Merkmale einer Revolution fehlen, vor allem eins, nämlich der Gang Richtung gesellschaftlichen Fortschritt. So gesehen ist Wende am Ende treffend, hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch auch durchgesetzt, da es nicht in Richtung gesellschaftlichen Fortschritts ging, sondern genau in die andere Richtung und wenn überwunden geglaubte Verhältnisse wieder etabliert werden, wird im allgemeinen von einer Konterrevolution gesprochen. So gesehen ein konter-revolutionärer Brunnen, zur Erinnerung an die Lakaien der Restauration des Imperialismus auf dem Gebiet der DDR, dem gesellschaftlichen Rückschritt dienend.
Letztlich waren die Ereignisse 1989/90 keine friedliche Revolution, auch wenn diese friedlich verlaufen, sondern eine der ersten Farbrevolutionen in Europa, nur ohne Farbe, dafür mit viel Gerede über gern gepriesene westliche Werte und so wurde mit dem Ruf nach Freiheit, die Freiheit für viele Menschen beschnitten, eingeschränkt, aufgehoben, mit dem Ruf nach Demokratie, wurden wirkliche demokratische Strukturen nach und nach vernichtet und ein sehr einseitiges und beschränktes demokratisches System installiert. Der Akt demokratischen Seins wurde weitestgehend auf die Abgabe von Stimmen zur Wahl beschränkt und in der Wirtschaft völlig negiert. Der Frieden, welcher in Europa seit dem Ende des zweiten Weltkriegs herrschte, wurde zerstört, das Kriegsbündnis NATO ausgebaut und erweitert, um es für Kriege besser zu rüsten und vorzubereiten. Der erste Kriegszug der NATO in Europa erfolgte Ende der 1990ziger Jahre gegen Jugoslawien, welches sich nicht wie gewünscht den westlichen Vorgaben beugen wollte.
In der MZ ist im Beitrag zu lesen: „in Zeiten wie diesen mit Kriegen und gewaltigen Konflikten sei es besonders wichtig, an die friedliche Revolution zu erinnern und ein Projekt zu entwickeln, wo Jugendliche und künftige Generationen sich mit der Thematik auseinandersetzen können …“. Dabei ist die gegenwärtige Zeit gut beschrieben und Auseinandersetzungen mit dieser Thematik sind wichtig, denn es gilt zu erkennen, welchen Anteil die Ereignisse der so genannten friedlichen Revolution an diesen Entwicklungen hat. Den die Akteure, welche sich letztlich gegen ihr eigenes Interesse vereinnahmen ließen, betteten zwar für den Frieden, hatten aber nur den Krieg im Sinn.
Und wenn das Bild vom Modell des Brunnen betrachtet wird, so stellt es ein berstendes Fass da, ein Gurkenfass und es wäre nicht verwunderlich, wenn der Brunnen im Verlauf der Zeit einen solchen Namen erhält, Gurkenfass als Bezeichnung für diese Anlage ist wesentlich pragmatischer als die angedachte und sperrige Bezeichnung, „Brunnen Friedliche Revolution 1989 – 1990 Deutsche Einheit“.
Anmerkungen – Gedanken:
Gern werden Kunstwerke, wenn sie es den sind, mittels ideellen Wert belegt, da ein ideeller Wert einen Zweck zu erfüllen hat, handelt es sich letztlich auch nur um einen Gebrauchswert. Der Gebrauchswert eines Brunnen der Erinnerung ist neben der Erinnerung auch die Kühle im Sommer, der Ort der Aufstellung markiert etwas Besonderes und dient so gut als Treffpunkt. Allerdings Besonderes gibt es in Quedlinburg einiges, da besteht kein Mangel und es ist ja nicht der einzige Brunnen in der Stadt und nicht das einzige Objekt, welches Geschichte atmet, oder zumindest atmen soll. Letztlich eine Spur unter vielen, aber eine Spur welche nicht ohne Grund gelegt und zur Spurensuche anregt.
So ist es eine Frage wie sich erinnert, an die Ereignisse, an welche sich erinnert werden soll und warum soll sich an dieses Ereignis erinnert werden?
Der Beitrag in der MZ verrät einiges und der Brunnen sieht aus wie ein berstendes Gurkenfass, die Gurken mit Freiheit beglückt und so freiheitlich dem Fass entsprungen, sind die Apologeten der „friedlichen Revolution“ längst im Krieg angekommen.
* Peter Hacks, Marxistische Hinsichten, Politische Schriften 1955-2003 – Eulenspiegel Verlag 2018, Seite 220 - 221
Von offizieller Seite wird diese Episode verklärt, der damalige gesellschaftliche Umbruch gar als friedliche Revolution bezeichnet, ohne zu berücksichtigen, dass die DDR ein Staat des Friedens war und aus diesem Grund die Ereignisse friedlich verlaufen sind. Allerdings fehlen für eine soziale Revolution entscheidende Merkmale und so ist der Begriff der Wende durchaus treffender, besser wäre noch von einer Konterrevolution zu sprechen, da mit dem Umbruch viele progressive gesellschaftliche Errungenschaften zunichte gemacht wurden.
Es ist nicht zu verneinen, dass es durchaus revolutionäre Ansätze zur weiteren Entwicklung der Gesellschaft in der DDR gegeben hat, diese wurden allerdings sehr schnell zu den Akten gelegt und waren gänzlich verschwunden, als von Seiten der BRD begonnen wurde die DDR zu besetzen.
Aktuell braucht es allerdings positive Erinnerungen, auch als Zeichen dafür, dass die Ostdeutschen selbst Schuld an ihrer derzeitigen Miesere und den aktuellen Marsch in einen neuen großen Krieg sind. Oder Gloria Halleluja, wird vielen Menschen ihre missliche Lage als gesellschaftlicher Fortschritt verkauft, werden sie in ihrem Elend doch nicht allein gelassen, es gibt Tafel für die Armenspeisung und Medien für das potenzieren und kultivieren der geistigen Armut.
Nun sind die Folgen der gern als friedliche Revolution bezeichneten Ereignisse 1989 allgegenwärtig und diejenigen, welche dabei gewesen, zurück in die Zukunft wollten und bis heute nicht erkannt haben, dass es in die Vergangenheit gegangen, sind eigentlich nicht einmal zu bedauern, da diese letztlich im Arsch des alt-bundesdeutschen Kapitalismus gelandet sind, welcher mehr und mehr zusammengekniffen und von der westlichen Hegemonialmacht dominiert wird.
Sie
haben erfolgreich für den wirtschaftlichen Niedergang gekämpft, die
Deindustrialisierung befördert und sich auf den Kriegspfad begeben.
Letzteres betrifft die einst wendende Generation weniger, es werden
eher ihre Kinder und Enkel sein, welchen in die zukünftigen Kriege
marschieren dürfen. Das sie dazu beigetragen haben, das
Bildungsniveau auf ein Kriegs-tüchtiges Niveau abzusenken, braucht
nicht sonderlich erwähnt werden, da Quedlinburg in dieser Beziehung
durchaus als Schrittmacher betrachtet werden kann. Von den drei
Fachschulen, welche es einst in dieser Stadt gegeben hat, ist nicht
eine übrig geblieben und das allgemeine Bildungsniveau ist längst
auf bundesdeutschen Niveau angekommen. ...
An die Akteure:
Sei ein guter Untertan,
Und folge stets und redlich,
Streng Dein Hirn nicht zu viel an,
Dein Leben ist erträglich,
Auch wenn Du es nicht tragen kannst,
Bleib bescheiden und auch redlich.
Schlägt man Dich auf die eine Wange,
So halte auch die andere hin,
Lebst Du von Almosen recht lange,
Ist dies im herrschaftlichen Sinn,
Sei folgsam und bescheiden,
So lässt es sich besser leiden,
Damit die Verhältnisse wie sie sind,
Noch lang erhalten bleiben
Freue Dich über Dein Leiden,
... bescheiden.
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