Nun füllen die Vorkommnisse in
Insel,
einen kleinen Ort in Sachsen-Anhalt, in der Altmark, nicht zum ersten
Mal Zeitungsseiten. Nachdem etwas Ruhe eingekehrt war, eskaliert die
Situation gegenwärtig wieder und zeigt wie weit faschistisches
Gedankengut heute wieder in der Mitte der Gesellschaft verankert ist.
Das dieses von faschistischen Organisationen genutzt wird, um in diesem
Fall Präsenz zu zeigen, wundert eigentlich nicht, haben doch
„
anständige“ Bürger gute Vorarbeit geleistet. Heute ist in der MZ zu
erfahren, „
Insel wird zur Festung“ nach dem gestern zu lesen war, „
Bewohner von Insel greifen an“,
auf weitere begleitende Kommentare und Texte sei hier nur verwiesen,
ein Teil kann in der Internetausgabe der Zeitung ebenfalls nachgelesen
werden.
An diesem Beispiel ist
sehr gut zu erkennen, wie weit faschistisches Gedankengut in der
Gesellschaft heute schon wieder verwurzelt ist und wie wenig Widerstand
diesem entgegengesetzt wird. Da ist es über längere Zeit möglich
Menschen zu terrorisieren, zu stigmatisieren und die Situation sich
eskalieren zu lassen, bis hin zur versuchten Selbstjustiz. Der
Sprachgebrauch der Presse tut ihr übriges, wenn nicht gar gehetzt wird,
wie im Fall des
weggezogenen Opfers,
über dessen Wegzug die Bildzeitung nicht nur berichtete, sondern sogar
dessen neuen Wohnort preisgab und die Stoßrichtung faschistischen
Treibens gleich vorgab. Das Bild was sich ergibt ist erschreckend, nicht
Integration in die Gesellschaft, sondern Ausschluss aus der
Gesellschaft. Dazu wird eine regelrechte Hetzjagd veranstaltet, erst
wird über eine längeren Zeitraum Psychoterror ausgeübt, welcher nun in
physischen Terror übergeleitet wird, in dem das Anwesen überfallen
werden soll, um die anwesenden Opfer zu vertreiben. Dieses kann zwar
mittels entsprechender Polizeipräsenz verhindert werden, wobei die Tat
für die Täter keine Konsequenzen zu haben scheint.
Im Sprachgebrauch der
Medien wird das Bild zum Teil auf dem Kopf gestellt, da beständig die
Rede von den in der Altmark-Gemeinde Insel lebenden „Sexualstraftätern“
ist. Als ob diese dorthin gezogen wären, um ihre Strafe abzusitzen und
die Bürger sich nun gegen diesen „offenen Vollzug“ verwahren. Dabei
haben die Männer ihre Strafen abgesessen und waren bestrebt einen
Neuanfang zu wagen, sich in der Gesellschaft zu integrieren!
So
zogen sie in das Dorf in der Altmark und die Umstände ließen es zu,
dass sie Opfer faschistischen Treibens werden. Denn um etwas anderes
handelt es sich nicht, egal ob das Vorgehen gegen die zwei Männer von
ganz „normalen“ Bürgern oder von organisierten Faschisten ausgeht. Hier
wird nicht nur versucht Menschen auszugrenzen, anstatt sie zu
integrieren, hier wird einer allgemeinen Stigmatisierung durch die
Medien entsprochen. Jede Verhältnismäßigkeit vergessend, wird
menschliches Sein im politischen Interesse instrumentalisiert, auch wenn
es „nur“ der Ablenkung von eigentlichen gesellschaftlichen Problemen
dient.
Es sei in diesem
Zusammenhang an den medialen Umgang mit verschiedenen Straftaten,
insbesondere mit Sexualdelikten, welche im Allgemeinen in einem Maße
ausgebeutet und instrumentalisiert werden, welches weit über ihre
eigentliche Bedeutung im gesellschaftlichen Leben hinausgeht. So wurde
in solchen Fällen ein Klima befördert, welches den Nährboden für
faschistisches Gedankengut, Denunziation und Lynchjustiz bereitet. Zum
Schluss bleibt dann nur die Lösung des Wegsperrens auf immer und ewig
übrig. Und haben die deutschen Faschisten nicht nach ihrer
Machtübernahme 1933 gerade auf dieses Mittel zurückgegriffen? Als erstes
haben sie Andersdenkende (Kommunisten, Sozialdemokraten, etc.) und
später auch Andersseiende (Homosexuelle, Behindert, Sinti, Roma, Juden
etc.) weggesperrt! Die Andersdenkenden um ihre Macht zu sichern und die
Andersseienden um ihrer rassistischen Ideologie praktischen Nachdruck zu
verleihen und gesellschaftliche Widersprüche zu verschleiern. Und wie
viele dieser Menschen haben ihr Gefängnis nie wieder lebend verlassen?
Sollte unsere Gesellschaft nicht hinzugelernt haben, oder sind wir schon
wieder soweit gesunken, dass vermeint wird, gesellschaftliche Probleme
und das Problem der zwei Männer in Insel ist ein solches, nur mittels
Wegsperren lösen zu können?
Ja, der alltägliche
Faschismus, er erhält Tag für Tag Nahrung und nicht nur durch die
Medien, auch durch des Menschen praktische Tat. Er ist nicht
gekennzeichnet durch faschistische Aufmärsche, welchen durchaus
erfolgreich Widerstand entgegengesetzt wird, sondern durch
Verhaltensweisen im täglichen Leben, besonders anderen Menschen
gegenüber. Allgemein faschistisches Gedankengut findet sich in vielen
Köpfen, vielen ist dieses oft nicht einmal bewusst, es hat die Mitte der
Gesellschaft lange schon erreicht. Gegenstand von öffentlichen
Auseinandersetzungen hingegen ist es selten, auch wenn dieses
Gedankengut sich durchaus in den Medien spiegelt, wie im Fall von Insel
und Insel ist nicht nur in der Altmark!