Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Dienstag, 5. August 2014

Der Zwang seine Arbeitskraft verkaufen zu müssen.


„Wir leben heute unter der Herrschaft der kapitalistischen Produktion, wo eine große und stets wachsende Klasse der Bevölkerung nur leben kann, wenn sie für die Besitzer der Produktionsmittel – der Werkzeuge, Maschinen, Rohstoffe und Lebensmittel – gegen Arbeitslohn arbeitet.“ An dieser Aussage hat sich seit 1891 nichts geändert, als Friedrich Engels dieses in der Einleitung zur deutschen Ausgabe von „Lohnarbeit und Kapital“ niederschrieb.
Ich bin wieder einmal bestrebt meine Arbeitskraft verkaufen zu müssen, ein jüngst abgeschlossener Lehrgang soll eine Grundlage bilden. Der sporadische Verkauf der Arbeitskraft bringt nicht viel, das Tagelöhnerdasein mit Stundenweiser Beschäftigung reicht nicht um den Lebensunterhalt zu bestreiten, davon konnte ich mich in der Vergangenheit schon überzeugen. Bevor ich das Arbeitsamt, welches sich neuzeitlich Agentur nennt, aufsuchte, hatte ich ein freiwilliges soziales Jahr für Erwachsene (Bundesfreiwilligendienst) absolviert, was den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gerade mehrte, aber als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung galt. Nach kurzer Unterbrechung meines Daseins in den Herscharren der beim Arbeitsamt gemeldeten, erinnerte ich mich, dass ich ja einen praktischen Beruf in der Industrie erlernt hatte und darauf aufbauend weitere Qualifizierungen möglich wären. Nach Rücksprache im Amt welches heute Agentur heißt wurde mein Profil entsprechend geändert und eine Qualifikationsmaßnahme in Angriff genommen.
Diese habe ich zwischenzeitlich mit Prüfung abgeschlossen und verfüge nun über einige Fähig- und Fertigkeiten welche ich vordem nicht mein Eigen nennen konnte. Vom Amt, welches sich Agentur nennt, erhielt ich einige Vermittlungsvorschläge, alles ausschließlich für eine Beschäftigung bei Zeitarbeitsfirmen. Da diese Vermittlungsvorschläge auch an die entsprechenden Unternehmen gehen, ist es schon vorgekommen, dass ich von einigen angerufen wurde, bevor ich selbst Kontakt aufnehmen konnte. Andere versuchte ich zu kontaktieren, landete unter Nutzung der angegebenen Telefonnummer aber unter Umständen in einem anderen Unternehmen, welches sich als die Mutter der Zeitarbeitsfirma herausstelle. Die Mutter gab mir die Telefonnummer der Tochter, welche ich allerdings bis heute nicht erreichen konnte. Bei letztgenanntem Unternehmen handelt es sich um eine Zeitarbeitsfirma mit Sitz in Quedlinburg, wobei solche Firmen den Vermittlungsvorschlägen entsprechend gehäuft in Wernigerode anzutreffen sind. So auch die von mir jüngst besuchte.
Beachtenswert ist, dass die meisten dieser Firmen für ein und dieselbe Firma Arbeitskräfte suchen. Scheint ein hart umkämpfter Markt zu sein, der Handel mit fremder Arbeitskraft!
Nach dem ich wieder mehrere Vermittlungsvorschläge erhalten hatte, erhielt ich einen Anruf von einem in Wernigerode ansässigen und mit fremder Arbeitskraft handelnden Unternehmen. Die Frau am Telefon hörte sich nett an und ich konnte erfahren, dass mein Profil ihr Interesse geweckt hatte und sie eine Tätigkeit für mich hätte. Sie schlug auch gleich einen Termin vor, am ersten August um 10:30Uhr. Dieser Termin passte mir allerdings nicht, so das wir uns auf demselben Tag, aber schon um 9:00Uhr, einigten. Und so machte ich mich am ersten August auf den Weg, war pünktlich in Wernigerode, fand einen Parkplatz und das Büro des mit fremder Arbeitskraft handelnden Unternehmens. Pünktlich war ich auch, was nicht daran hinderte mich warten zu lassen. Auf dem Tisch im schmalen Flur, an welchem ich zum Warten platz genommen hatte, lagen einige Prospekte und Visitekarten des Unternehmens. Bequem konnte ich am Tisch nicht sitzen, ich musste meine Beine einziehen, damit vorbeigehende Personen nicht stolperten.
Etwa eine symbolische Bedeutung, Mensch muss sich kleiner machen als er ist, hat es doch etwas erniedrigendes, sich einengen zu müssen, sich nicht entfalten zu können?! Aus der Luft gegriffen ist diese Annahme allerdings nicht. So wurde ich mit Verspätung empfangen und nach Begrüßung durch die junge Frau vom Telefon, nahm ich an einem Tisch ihr gegenüber platz. Das erste was ich zu hören bekam, war die Feststellung, dass meine Qualifikation nicht ausreichend sei. Dieses wurde mir begründet und widersprach eigentlich dem am Telefon gehörten. Daraufhin stellte ich die Frage, warum die Dame mich überhaupt angerufen hat und mit mir einen Termin vereinbart? Zu diesem Termin musste ich auch noch nach Wernigerode fahren, was durchaus mit Aufwand verbunden ist und das nur um zu erfahren, dass meine Qualifikation schlecht ist. Darauf bemerkte ich, dass dieses Gespräch somit keinen Sinn mehr hat und sie letztlich meine Zeit verschwendet. Ein Lebenslauf könnte es eventuelle richten, wenn ich einen bei hätte, bemerkte sie daraufhin, was aber anscheint nicht der Fall ist, orakelte Sie weiterführend. Da hatte sie sich allerdings getäuscht, allein ich habe keinen Sinn in der Fortführung des Gespräches gesehen. Wenn ein Mensch an Hand eines Pofils auf den Seiten des Amtes, welches sich Agentur nennt, so gut über einen bescheit weiß, ohne einen vorher gesehen zu haben, ohne Einblick in Unterlagen, ohne ein entsprechendes Erkenntnisförderndes Gespräch, voller zweckdienlicher Vorurteile agiert, macht es wenig Sinn weiter zu reden, es sei denn man neigt zu masochistischer Selbsterniedrigung. Somit war das Gespräch für mich beendet, ich ging, nicht ohne mich zu verabschieden.
Nun ist auf der Visitenkarte des Unternehmens der Begriff Personalleasing zu lesen, Ziel ist es vom Handel fremder Arbeitskraft zu profitieren und desto schlechter die zu handelnde Arbeitskraft bezahlt wird, desto größer der eigene Gewinn. Da kann es schon mal bestreben sein, Qualifikation abzusprechen, Hilfskräfte werden ohnehin schlechter bezahlt! Wenn aber diese Hilfskraft über Qualifikation, verbunden mit den entsprechenden Fähig- und Fertigkeiten, verfügt, kann sie durchaus als Fachkraft verkauft werden. Als Hilfskraft angestellt, als Fachkraft verkauft, auch so kann Gewinn optimiert und Lohn gedrückt werden.        
Irrtümlicherweise wird ja gern behauptet, dass Mensch arbeitslos sei und so Arbeit suchen müsste. Dem ist aber nicht so, nur weil Mensch gezwungen ist seine Arbeitskraft zu verkaufen, um zu leben! Letzteres ist vor allen dem gegenwärtigen, kapitalistischen Wirtschaftssystem geschuldet, welches die frei verkäufliche Arbeitskraft am Markt vorfinden muss und ohne diese nicht existieren könnte. „Lohnarbeit und Kapital, Lohn, Preis und Profit“, es ist mir in die Hände gefallen und ich werde es lesen, da es an Aktualität nicht verloren hat.

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