„Wir leben heute unter der Herrschaft der kapitalistischen Produktion,
wo eine große und stets wachsende Klasse der Bevölkerung nur leben kann, wenn
sie für die Besitzer der Produktionsmittel – der Werkzeuge, Maschinen,
Rohstoffe und Lebensmittel – gegen Arbeitslohn arbeitet.“ An dieser Aussage
hat sich seit 1891 nichts geändert, als Friedrich Engels dieses in der
Einleitung zur deutschen Ausgabe von „Lohnarbeit und Kapital“ niederschrieb.
Ich bin wieder einmal bestrebt
meine Arbeitskraft verkaufen zu müssen, ein jüngst abgeschlossener Lehrgang
soll eine Grundlage bilden. Der sporadische Verkauf der Arbeitskraft bringt
nicht viel, das Tagelöhnerdasein mit Stundenweiser Beschäftigung reicht nicht um
den Lebensunterhalt zu bestreiten, davon konnte ich mich in der Vergangenheit
schon überzeugen. Bevor ich das Arbeitsamt, welches sich neuzeitlich Agentur
nennt, aufsuchte, hatte ich ein freiwilliges soziales Jahr für Erwachsene (Bundesfreiwilligendienst) absolviert, was den
Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gerade mehrte, aber als
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung galt. Nach kurzer Unterbrechung
meines Daseins in den Herscharren der beim Arbeitsamt gemeldeten, erinnerte ich
mich, dass ich ja einen praktischen Beruf in der Industrie erlernt hatte und
darauf aufbauend weitere Qualifizierungen möglich wären. Nach Rücksprache im Amt
welches heute Agentur heißt wurde mein Profil entsprechend geändert und eine Qualifikationsmaßnahme
in Angriff genommen.
Diese habe ich zwischenzeitlich
mit Prüfung abgeschlossen und verfüge nun über einige Fähig- und Fertigkeiten
welche ich vordem nicht mein Eigen nennen konnte. Vom Amt, welches sich Agentur
nennt, erhielt ich einige Vermittlungsvorschläge, alles ausschließlich für eine
Beschäftigung bei Zeitarbeitsfirmen. Da diese Vermittlungsvorschläge auch an
die entsprechenden Unternehmen gehen, ist es schon vorgekommen, dass ich von
einigen angerufen wurde, bevor ich selbst Kontakt aufnehmen konnte. Andere
versuchte ich zu kontaktieren, landete unter Nutzung der angegebenen
Telefonnummer aber unter Umständen in einem anderen Unternehmen, welches sich
als die Mutter der Zeitarbeitsfirma herausstelle. Die Mutter gab mir die
Telefonnummer der Tochter, welche ich allerdings bis heute nicht erreichen
konnte. Bei letztgenanntem Unternehmen handelt es sich um eine Zeitarbeitsfirma
mit Sitz in Quedlinburg, wobei solche Firmen den Vermittlungsvorschlägen
entsprechend gehäuft in Wernigerode anzutreffen sind. So auch die von mir
jüngst besuchte.
Beachtenswert ist, dass die
meisten dieser Firmen für ein und dieselbe Firma Arbeitskräfte suchen. Scheint
ein hart umkämpfter Markt zu sein, der Handel mit fremder
Arbeitskraft!
Nach dem ich wieder mehrere
Vermittlungsvorschläge erhalten hatte, erhielt ich einen Anruf von einem in
Wernigerode ansässigen und mit fremder Arbeitskraft handelnden Unternehmen. Die
Frau am Telefon hörte sich nett an und ich konnte erfahren, dass mein Profil
ihr Interesse geweckt hatte und sie eine Tätigkeit für mich hätte. Sie schlug
auch gleich einen Termin vor, am ersten August um 10:30Uhr. Dieser Termin
passte mir allerdings nicht, so das wir uns auf demselben Tag, aber schon um
9:00Uhr, einigten. Und so machte ich mich am ersten August auf den Weg, war
pünktlich in Wernigerode, fand einen Parkplatz und das Büro des mit fremder
Arbeitskraft handelnden Unternehmens. Pünktlich war ich auch, was nicht daran
hinderte mich warten zu lassen. Auf dem Tisch im schmalen Flur, an welchem ich
zum Warten platz genommen hatte, lagen einige Prospekte und Visitekarten des
Unternehmens. Bequem konnte ich am Tisch nicht sitzen, ich musste meine Beine
einziehen, damit vorbeigehende Personen nicht stolperten.
Etwa eine symbolische
Bedeutung, Mensch muss sich kleiner machen als er ist, hat es doch etwas
erniedrigendes, sich einengen zu müssen, sich nicht entfalten zu können?! Aus
der Luft gegriffen ist diese Annahme allerdings nicht. So wurde ich mit
Verspätung empfangen und nach Begrüßung durch die junge Frau vom Telefon, nahm
ich an einem Tisch ihr gegenüber platz. Das erste was ich zu hören bekam, war
die Feststellung, dass meine Qualifikation nicht ausreichend sei. Dieses wurde
mir begründet und widersprach eigentlich dem am Telefon gehörten. Daraufhin
stellte ich die Frage, warum die Dame mich überhaupt angerufen hat und mit mir
einen Termin vereinbart? Zu diesem Termin musste ich auch noch nach Wernigerode
fahren, was durchaus mit Aufwand verbunden ist und das nur um zu erfahren, dass
meine Qualifikation schlecht ist. Darauf bemerkte ich, dass dieses Gespräch
somit keinen Sinn mehr hat und sie letztlich meine Zeit verschwendet. Ein
Lebenslauf könnte es eventuelle richten, wenn ich einen bei hätte, bemerkte sie
daraufhin, was aber anscheint nicht der Fall ist, orakelte Sie weiterführend.
Da hatte sie sich allerdings getäuscht, allein ich habe keinen Sinn in der Fortführung
des Gespräches gesehen. Wenn ein Mensch an Hand eines Pofils auf den Seiten des
Amtes, welches sich Agentur nennt, so gut über einen bescheit weiß, ohne einen
vorher gesehen zu haben, ohne Einblick in Unterlagen, ohne ein entsprechendes
Erkenntnisförderndes Gespräch, voller zweckdienlicher Vorurteile agiert, macht
es wenig Sinn weiter zu reden, es sei denn man neigt zu masochistischer
Selbsterniedrigung. Somit war das Gespräch für mich beendet, ich ging, nicht
ohne mich zu verabschieden.
Nun ist auf der Visitenkarte des
Unternehmens der Begriff Personalleasing zu lesen, Ziel ist es vom Handel
fremder Arbeitskraft zu profitieren und desto schlechter die zu handelnde
Arbeitskraft bezahlt wird, desto größer der eigene Gewinn. Da kann es schon mal
bestreben sein, Qualifikation abzusprechen, Hilfskräfte werden ohnehin
schlechter bezahlt! Wenn aber diese Hilfskraft über Qualifikation, verbunden
mit den entsprechenden Fähig- und Fertigkeiten, verfügt, kann sie durchaus als
Fachkraft verkauft werden. Als Hilfskraft angestellt, als Fachkraft verkauft,
auch so kann Gewinn optimiert und Lohn gedrückt werden.
Irrtümlicherweise wird ja gern
behauptet, dass Mensch arbeitslos sei und so Arbeit suchen müsste. Dem ist aber
nicht so, nur weil Mensch gezwungen ist seine Arbeitskraft zu verkaufen, um zu
leben! Letzteres ist vor allen dem gegenwärtigen, kapitalistischen
Wirtschaftssystem geschuldet, welches die frei verkäufliche Arbeitskraft am
Markt vorfinden muss und ohne diese nicht existieren könnte. „Lohnarbeit und
Kapital, Lohn, Preis und Profit“, es ist mir in die Hände gefallen und ich
werde es lesen, da es an Aktualität nicht verloren hat.
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