Das
Menschenrecht, programmatischer Leitbegriff bürgerlicher
Revolutionen, ist zum wohlfeilen Propagandaslogan heruntergekommen.
Während die Menschenrechte in Deutschland und anderen westlichen
Ländern unhinterfragbar als verwirklicht gelten sollen, werden sie
von den Herrschenden
zu Kampagnen gegen andere Länder instrumentalisiert.
Der
Begriff des Menschenrechts darf nicht als ein abstraktes Recht missverstanden werden, unbehelligt von staatlicher Gewalt tun und lassen
zu können, was man will – ein solches Recht gibt es in keinem
Staat. Der von der herrschenden Kultur gepredigte Individualismus
zielt auf die Zersetzung des sozialen Organismus, und soll die
Individuen der Möglichkeit berauben, ihre Interessen kollektiv
durchzusetzen. Der Staat erfüllt trotz seines Klassencharakters
essentielle Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit, und die
Funktionalität des sozialen Organismus ist Voraussetzung für die
betreffende Bevölkerung, ihr fundamentales Menschenrecht auf soziale
und politische Selbstbestimmung wahrzunehmen. Ein Angriff auf das
Staatswesen im Namen individualistischer Freiheit ist deshalb selbst
ein Angriff auf das Menschenrecht.
Wenn
seitens der Herrschenden von Menschenrechten die Rede ist, geht es
vor allem darum, die Gesetze der kapitalistischen Marktwirtschaft als
einen Himmel ewiger Werte in den Köpfen der Menschen zu verankern.
Aus dem idealen Jenseits bürgerlicher Klasseninteressen kommt wie
auf Geheiß eines zürnenden Gottes ein Strafgericht über jene
herab, die dem Wunderglauben an den Wohlfahrt stiftenden Bourgeois -
Individualismus nicht huldigen wollen.
In
Namen verhimmelter Menschenrechte, die in der freiheitlich -
demokratischen Grundordnung der herrschenden Kultur irdische Gestalt
angenommen haben, werden Feinderklärungen verkündet, politische
Gegner verunglimpft und verfolgt sowie
fremde Länder überfallen und unterworfen. Alle Versuche sind
entschieden zurückzuweisen, eine westlich geprägte
Menschenrechtsideologie begleitend zur neokolonialen Unterdrückung
den unterentwickelt gehaltenen Ländern oktroyieren zu wollen. Alle
Menschenrechte für alle Menschen durchzusetzen, diese Aufgabe stellt
sich zunächst und insbesondere im eigenen Land.
Dem
herrschaftlichen Konzept der Menschenrechte als Legitimierungsmittel
für Zwang steht in der Kultur der Werktätigen das Bewusstsein
gegenüber, dass Menschenrechte in Wahrheit konkrete Freiheitsrechte
sind, die nur entsprechend dem Entwicklungsstand der jeweiligen
Sozialordnung und aufgrund des jeweiligen Kräfteverhältnisses im
nationalen und internationalen Klassenkampf errungen werden konnten.
Im
Bewusstsein der Kultur der Beherrschten wiegt die Erfahrung schwer,
dass in der Verteidigung der Menschenrechte keinen Augenblick
nachgelassen werden darf, wenn sie nicht wieder verloren gehen
sollen. Hier gilt auch die Einsicht, dass viele politische und
soziale Grundrechte noch erkämpft werden müssen.
Dazu
gehören die sozialen Menschenrechte, zu denen sich in den 1966
geschlossenen Internationalen Menschenrechtsübereinkommen auch die
Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat: "Das Recht auf
Arbeit, welches das Recht jedes einzelnen auf die Möglichkeit,
seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte und angenommene Arbeit zu
verdienen, umfasst", "Das Recht eines jeden auf soziale
Sicherheit", "Das Recht eines jeden auf angemessenen
Lebensstandard für sich und seine Familie, einschließlich
ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung, sowie auf
eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen", "Das
Recht eines jeden auf das ihm erreichbare Höchstmaß an körperlicher
und geistiger Gesundheit", nicht zuletzt das Recht eines jeden
auf eine Bildung, die "auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit
und das Bewusstsein ihrer Würde gerichtet sein und die Achtung vor
den Menschenrechten und Grundfreiheiten stärken muss".
Dazu
gehört auch die Durchsetzung des vollen Arbeits- und Tarifrechts für
kirchliche Beschäftigte ebenso wie die Verteidigung des
uneingeschränkten Streikrechts auch für Beamte sowie des
politischen Streiks. Ihre Verweigerung stellt einen eklatanten
Verstoß gegen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO) sowie die Europäischen Menschenrechts – und Sozialcharta
dar.
Im
Kampf um die Durchsetzung der Menschenrechte gilt es, stets die
Perspektive, bewusst zu machen: dass die Menschenrechte erst dann
vollkommen verwirklicht sein werden, wenn die arbeitenden Menschen
über die Organisation der gesellschaftlichen Arbeit und die
Verwertung ihrer Ergebnisse in freier Assoziation selbst entscheiden
können.
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