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Bildschirmfoto 30.01.2017 - 22:16Uhr |
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Ein „Offener Brief der
Berliner FreidenkerInnen an alle, die sich für die Demo „Wir haben
es satt“ engagiert haben ...“, wurde geschrieben und
veröffentlicht.
Verschiedene Reaktionen hat es gegeben, ein interessanter und
weiterführender Beitrag findet sich z. B. auf der
Seite
von Barth-Engelbart, aber auch an
anderer Stelle kann der Brief mit Vorwort nachgelesen werden. Der offene
Brief, wie auch die Reaktionen und Verweise veranschaulichen sehr
gut, wie sich grundlegende Widersprüche in unserer Gesellschaft
verschärfen und die damit verbundenen Auseinandersetzungen an Härte
gewinnen. Gut zu erkennen ist allerdings auch, dass es Sinnvoll ist
verschiedenste Organisationen wie z. B. Compact zu hinterfragen und
die eigentlichen Zielsetzungen zu erkennen. Von Compact erhalte ich
übrigens auch regelmäßig E-Mail, hatte mich vor Jahren einmal für
diese Organisation interessiert, bin aber zu dem Schluss gekommen,
dass bestimmte Ansichten doch sehr verschieden zu den meinen sind.
Besonders ist mir diese Organisation durch ihre Petitionen
aufgefallen, also die moderne Form des Bettelbriefes, wobei auch da
die Zielstellungen zumindest hinterfragt werden sollten. Meines
Erachtens haben diese Petitionen in erster Linie die Aufgabe Menschen
von effizienter Auseinandersetzung mit den verschiedensten
behandelten Problemen abzuhalten und aufs Hoffen im Glauben an die
seligmachende bürgerliche Demokratie auszurichten, zudem kann mit
Petitionen auch getestet werden, wie die Stimmung zu den einzelnen
Themen in der Bevölkerung ist. Das bei so mancher Forderung
Objektivität verloren geht und durch populistischen Anstrich ersetzt, ist oft gewollt, genauso wie Ängste von Menschen gegen ihr
eigenes Interesse zu manipulieren.
Im offenen Brief
angesprochene Demo wendete sich gegen die Agrarindustrie und deren
Folgen, allerdings sehr oberflächlich wie es den Anschein hat.
Dabei ist es angebracht, wenn gegen etwas demonstriert wird, auch
Alternativen aufzuzeigen, der Einzelbauernhof aus längst vergangenen
Zeiten ist keine. So ist die Agrarindustrie nicht
von ungefähr, oder willkürlich, sie ist ein Produkt
kapitalistischen Seins, sie ist eine zwingende Folge der
Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Wie für jede andere
Form der Industrie in dieser Gesellschaftsformation wird auch mit ihr
Raubbau an der Natur und dem Menschen betrieben.
Wie schon geschrieben,
auf der Demonstration gab es Probleme und mit diesen Problemen wird
sich im oben erwähnten offenen Brief auseinandergesetzt. Im letzten
Punkt des Briefes wird das Thema
Transparenz aufgegriffen, welchem
ein
weiterer Beitrag auf der Seite der Berliner Freidenker gewidmet
wird. Zu diesem Beitrag habe ich folgenden Kommentar geschrieben und hinterlassen:
Transparenz hin und
Transparenz her, so wichtig sie auch ist, muss wirklich auf jeden
Haken gesprungen werden, nur weil er schön glänzt? Dem offenen
Brief ist zuzustimmen, treffend formuliert, interessante und aktuelle
Auseinandersetzung, bis auf den letzten Punkt, die diskussionswürdige
Organisation betreffend.
Erinnert sei auch
daran, dass das Bemühen von Autoritäten zwar zweckmäßig ist und
Aussagen so untermauert werden können, allerdings sollten die Bezüge
auch epochal inhaltlich stimmen. Wann und in welchem Zusammenhang
wurde zitierte Aussage gemacht, welcher Bezug wird hergestellt und
was ist eigentlich Klassenkampf?
Eines der
gebräuchlichsten und am häufigsten missbrauchten Zitate ist: „die
Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden“, von Rosa
Luxemburg, dabei wird der Kontext in der Zeit nicht berücksichtigt.
Ähnlich mit den Zitaten von Lenin im Text, entnommen dem
„Schlusswort zur Rede über den Frieden 26. Oktober (8. November)“,
also während der Oktoberrevolution und vor Einsetzung einer
Regierung durch den zweiten gesamtrussischen Kongress der Sowjets der
Arbeiter- und Soldatendeputierten. Und so ist auf Seite 237 zu lesen:
„Der Kongress beschließt: Die ganze Macht geht allerorts an die
Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten über, die
eine wirkliche revolutionäre Ordnung zu gewährleisten haben.“ Was
letztlich nichts anderes bedeutet, dass zu diesem Zwecke ein neuer
Staat aufzubauen ist! Die Revolution galt es zu sichern und dazu
gehörte nicht nur die Verteidigung gegenüber den Truppen, welche
auf Petrograd marschierten, sondern auch die materiellen
Voraussetzungen dafür zu schaffen. Es ging also darum eine neue
Regierung aufzubauen, eine neue Staatsform zu schaffen und den Krieg
zu beenden und gerade im Schlusswort geht es um das „Dekret über
den Frieden“ und dessen Umsetzung.
In diesem Zusammenhang
wird aber auch ein entscheidender Unterschied zwischen den neu zu
errichtenden Staat und dem bürgerlichen Staatswesen aufgezeigt, wenn
zu lesen ist: „Nach bürgerlichen Begriffen kann dann von Stärke
gesprochen werden, wenn die Massen den Befehlen der imperialistischen
Regierungen gehorchen und blindlings zur Schlachtbank gehen. Die
Bourgeoisie hält nur dann einen Staat für stark, wenn er mit der
ganzen Macht des Regierungsapparates die Massen dorthin zu dirigieren
vermag, wohin es die bürgerlichen Machthaber wollen. Unser Begriff
von Stärke ist ein anderer. Nach unseren Begriffen ist es die
Bewusstheit der Massen, die den Staat stark macht. Er ist dann stark,
wenn die Massen alles wissen, über alles urteilen können und alles
bewusst tun.“
Lenin zu nehmen, ein
Zitat zu nehmen, den Zusammenhang negieren, ist sicher möglich, im
Gesamtzusammenhang, unter Berücksichtigung der konkret historischen
Situation allerdings, wird sichtbar um was es eigentlich geht,
nämlich um Offenheit des Staates gegenüber der Masse, nicht um die
Offenlegung und Transparenz von Vereinen und Organisationen dem Staat
gegenüber, wie im Text assoziiert und von der diskussionswürdigen
Organisation angestrebt. In diesem Zusammenhang zu klären was der
Staat eigentlich ist, macht Sinn!
Meinen Dank für die
Zitate und den Verweis, welches mich veranlasste diese interessante
Schrift nachzulesen.
Eine Anmerkung noch,
welcher Sinn steckt hinter dem Anliegen das Vereine und andere
Organisationen sich pauschal und ohne Notwendigkeit offenbaren? Wenn
Menschen an bestimmter Organisiertheit interessiert sind, so werden
sie Wege und Möglichkeiten finden sich entsprechend zu informieren.
Und denken wir daran, wessen Brot ich esse, dessen Lied ich sing!
Soweit meine Standpunkt
zum Thema, welcher nicht ohne
Reaktion
geblieben, allein eine Antwort bin ich bis jetzt schuldig,
sie wird allerdings nicht ausbleiben.
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