Staat: das
entscheidende politische Machtinstrument in den Händen bestimmter
Klassen zur Durchsetzung ihrer Interessen. Mittels des Staats wird in
der Regel die ökonomisch herrschende zur politisch herrschenden Klasse.
Das Wesen des Staats wird jeweils durch das Wesen der in ihm
herrschenden Klasse bestimmt. Mittels des Staats übt diese Klasse ihre
Macht, ihre Diktatur aus. Sie bedient sich dazu bestimmter Mittel und
Einrichtungen der Machtausübung, so vor allem der Armee, der Polizei,
des Apparates staatlicher Beamter oder Angestellter, der Gesetzgebung
und Rechtsprechung, der Steuer- und Finanzpolitik. Der Staat als
wichtiges Element der politischen Organisation einer jeweiligen
Gesellschaft bringt die ökonomische Struktur und insbesondere die darauf
fußenden Klassenverhältnisse dieser Gesellschaft zum Ausdruck.
Der
Staat ist ein historisches Produkt. Er entstand, als die Urgesellschaft
in eine Gesellschaft einander unversöhnlicher gegenüberstehender
Klassen zerfiel. An die Stelle der für die Urgesellschaft
charakteristischen, mit den Menschen unmittelbar verbundenen, durch die
Gemeinschaft ausgeübten und ihre gemeinsamen Interessen wahrnehmenden
gesellschaftlichen Gewalt trat der Staat als Machtinstrument der
Sklavenhalter, als Instrument zur Unterdrückung der übrigen
Gesellschaftsmitglieder, der von ihnen getrennt war und ihnen feindlich
gegenüberstand. Der Staat entwickelte sich mit der menschlichen
Gesellschaft. Entsprechend den drei Typen von
Ausbeutergesellschaftsformationen gibt es drei große geschichtliche
Typen von Ausbeuterstaaten: den Sklavenhalter-Staat, als Diktatur der
Sklavenhalter, den Feudal-Staat, als Diktatur der Feudalherren, den
bürgerlichen Staat, als Diktatur der Bourgeoisie. Obwohl die
entsprechend den jeweiligen Entwicklungsbedingungen notwendige Ablösung
des einen durch einen anderen Staatstyp jedesmal einen historischen
Fortschritt bedeutete, bleibt doch allen drei Ausbeuterstaatstypen
gemeinsam, dass sie Diktaturen von Ausbeutern über Ausgebeutete zur
Aufrechterhaltung der jeweiligen Ausbeutungsordnung sind. Sie sind
Diktaturen von kleinen Minderheiten über die Mehrheit des Volkes. Der
Staatsapparat ist vom Volk getrennt, steht ihm fremd und
feindlich gegenüber. Ihre wichtigste Aufgabe und Funktion besteht in der
Unterdrückung des Volkes, in der Niederhaltung jeder demokratischen
Bewegung sowie in der militärischen Aggression gegen andere Staaten und
Völker. Innerhalb der Typen von Ausbeuterstaaten gibt es geschichtlich
bedingte Modifikationen. Sie finden vor allem in unterschiedlichen
Staatsformen (Monarchie, Despotie, Oligarchie, Ständestaat,
parlamentarische Republik, faschistischer Staat u. a.) ihren Ausdruck.
Die Staatsform ist die jeweilige konkrete Organisationsform der
staatlichen Macht (der Diktatur), mit deren Hilfe die herrschende Klasse
dem jeweiligen Klassenkräfteverhältnis u. a. konkreten historischen
Entwicklungsbedingungen Rechnung trägt. Der Zusammenhang von Staatstyp
und Staatsform ist von großer ideologischer und praktischer Bedeutung.
Bürgerliche Ideologen versuchen z. B. mit dem Hinweis auf Veränderungen
in den Formen und Methoden des bürgerlichen Staats dessen
Klassencharakter zu verschleiern. So mannigfaltig jedoch die Formen des
bürgerlichen Staats sind, ihr Wesen ist immer dasselbe: Sie sind
Diktaturen der Bourgeoisie. Die Geschichte hat nach den drei
Ausbeuterstaatstypen einen völlig neuartigen Staatstyp hervorgebracht,
den sozialistischen Staat. Er ist seinem Klassenwesen nach die Diktatur
des Proletariats. Der sozialistische Staat ist insofern noch Staat im
Sinne des allgemeinen Staatsbegriffs, als er das entscheidende
Machtinstrument in den Händen der ökonomisch herrschenden Arbeiterklasse
zur Durchsetzung ihrer Klasseninteressen ist. So wie die Arbeiterklasse
jedoch von allen bisher geschichtlich herrschenden Klassen
grundsätzlich unterscheidet, ebenso grundsätzlich unterscheidet sich der
sozialistische Staat von allen Ausbeuterstaatstypen. Er ist Herrschaft
der Mehrheit über die Minderheit. Der sozialistische Staatsapparat
befindet sich nicht mehr im Gegensatz zum Volk, sondern dient dem im
Interesse des Volkes liegenden gesellschaftlichen Fortschritt. Der
sozialistische Staat entfaltet im Verlauf der sozialistischen Revolution
und im Prozess der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft
zunehmend sein Wesen als organisierte politische Macht der Werktätigen
in Stadt und Land, die von der Arbeiterklasse und ihrer
marxistisch-leninistischen Partei geführt werden.
In der gegenwärtigen
Epoche gewinnen wieder immer mehr Staaten an Bedeutung, die
revolutionär-demokratischen Charakters sind. Sie sind keine
Ausbeuterstaaten mehr, aber auch noch keine sozialistischen Staaten. Es
sind Staaten mit sozialistischer Orientierung, „Keimformen“ der Diktatur
des Proletariats. Der Staat als historisches Produkt wird nicht immer
existieren. In einer klassenlosen Gesellschaft verliert – wie erstmals
im Kommunistischen Manifest festgestellt wurde – die öffentliche Gewallt
ihren politischen Charakter. Das ist jedoch an bestimmte
Voraussetzungen gebunden und darf nicht undialektisch aufgefasst werden.
Neben den imperialistischen Staatensystem, und dem Untergang des
sozialistischen Staatensystems, existieren gegenwärtig sozialistische
Staaten, spätfeudale Staaten, frühkapitalistische und Staaten mir
sozialistische Orientierung. Dabei versuchen die imperialistischen
Staaten ihrem Wesen entsprechend, anders orientierte Staaten mit allen
Mitteln zu untergraben und zu beseitigen. Solange der Kommunismus nicht
im Weltmaßstab gesiegt hat, kann die öffentliche Gewalt niemals ihren
politischen Charter verlieren. Das setzt, wie K. Marx, F. Engels und W.
I. Lenin stets betont haben, weitere objektive und subjektive
Bedingungen voraus: die Entwicklung der Produktivkräfte in einem solchen
Maße, dass die Springquellen des gesellschaftlichen Reichtums
ungehindert fließen; die Überwindung der Klassenunterschiede,
einschließlich der wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land,
zwischen geistiger und körperlicher Arbeit; die völlige Überwindung der
Überreste bürgerlicher und kleinbürgerlicher Ideologie u. a. Alle diese
Bedingungen können nur mit Hilfe des sozialistischen Staats, seiner
ständigen Stärkung geschaffen werden. Schließlich darf das
Hinüberwachsen der staatlichen Organisation in die kommunistische
Selbstverwaltung niemals mit dem Abbau der gesellschaftlichen
Organisiertheit und Leitung gleichgesetzt werden. Vielmehr wird an die
Stelle staatlicher Organisation und Leitung eine qualitativ höhere
gesellschaftliche Organisation und Leitung treten, die nur über eine
ständige Qualifizierung der sozialistischen staatlichen Leitung, über
eine maximale Entfaltung der sozialistischen Staatsorganisation
erreichbar ist.
Angelehnt an: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986 Seite: 900 – 902
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