Begriffe
wie Internationalismus, Menschenrechte, Völkerrecht, Demokratie,
Zivilgesellschaft und sozialistisches Erbe beinhalten hohe
zivilisatorische Standards. Sie reflektieren kulturelle
Errungenschaften und Ziele der Menschheitsentwicklung.
Aber
was bedeuten sie noch für Gesellschaften, die den Interessen der
internationalen Unternehmen unterworfen sind? Wie verändert sich die
Bedeutung der Begriffe unter dem Einfluss des Strebens der
herrschenden Mächte nach maximaler Absenkung von Löhnen, Renten und
Sozialleistungen, nach privater Aneignung großer Teile der
Mehrwertschöpfung ganzer
Volkswirtschaften, nach unbegrenzter länderübergreifender Expansion
und Kriegen zur Neuaufteilung der Welt? Unterminiert nicht die
Diktatur des Monopolkapitals das Programm der demokratischen
Aufklärung, das auf Selbstorganisation der Gesellschaft und auf
freie Entscheidungen der Bürger zielt?
Die
herrschenden Ideen sind zu allen Zeiten die Ideen der Herrschenden.
Aber wie
gelingt es den Machthabern heute noch, ihre ideologische
Vorherrschaft zu behaupten? Wie lange sind sie noch in der Lage, die
Menschen dazu zu bringen, ihrer eigenen Disziplinierung, Ausbeutung
und Unterdrückung freiwillig zuzustimmen? Wie lange können die
Mächtigen noch den Schein aufrecht erhalten, dass es zu den
gegenwärtigen Verhältnissen keine Alternative gibt, was laut
Umfragen heute noch von den meisten Menschen geglaubt wird?
Die
Bedeutungsfelder der politischen Grundbegriffe sind das Terrain, auf
dem der Kampf um die geistige Vorherrschaft in der Gesellschaft
ausgetragen wird. Hier findet der eigentliche Kampf der Kulturen
statt, der Kampf zwischen der Kultur der Herrschenden und der Kultur
der Beherrschten.
Eine
wenig beachtete, aber besonders wirksame Methode ist es, Ideen, die
aus der Aufklärung und der revolutionären Arbeiterbewegung
hervorgegangen sind, zu vereinnahmen, umzudeuten und mit verzerrtem
Inhalt als Waffen einzusetzen. Gemäß Heiner Geißlers Erkenntnis
"Wer die Begriffe besetzt, besetzt die Köpfe", sind heute
Politiker, Medien und Denkfabriken damit beschäftigt, Begriffe zu
entwenden und mit gegenteiligen Inhalten zu füllen, um sie für den
Zweck eines jeden Begriffes – das Begreifen – unbrauchbar zu
machen. Zum Zwecke der Gehirnwäsche kommt ein Orwell’scher
Neusprech nach dem Motto „Krieg ist Frieden, Sklaverei ist Freiheit
und Unwissenheit ist Stärke“ zum Einsatz.
Im
Kampf für Aufklärung und Freiheit des Denkens stellt sich heute die
Aufgabe, das geistige Erbe der bürgerlichen und sozialistischen
Revolutionen dem spätbürgerlichen Verfallsprozess zu entreißen,
zurückzuerobern und zur weltanschaulichen Orientierung in den
aktuellen Auseinandersetzungen der Kulturen wieder ins Bewusstsein zu
heben.
Deshalb
bedeutet Aufklärung für Freidenkerinnen und Freidenker auch, gemäß der
berühmten Lehre des chinesische Weisheitslehrers Konfuzius zu
verfahren „Dsï Lu sprach: ‚Der Fürst von We wartet auf den
Meister, um die Regierung auszuüben. Was würde der Meister zuerst
in Angriff nehmen?‘ Der Meister sprach: ‚Sicherlich die
Richtigstellung der Begriffe.‘“ (Lun-yǔXIII-3).
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