Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

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Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Montag, 19. September 2011

Privates Kapital heißt letztlich Privatisierung!

Heute findet sich in der MZ, Quedlinburger Harz Bote, auf Seite 9 ein Beitrag mit der Überschrift „Europaweite Ausschreibung für privates Kapital“, welcher sich mit dem Kurzentrum in Bad Suderode beschäftigt. Leider ist dieser Beitrag bis jetzt nicht in der Internetausgabe der Zeitung zu finden.
Im Beitrag geht es darum eine Lösung für das defizitäre Kurzentrum zu finden, welche darin bestehen soll Investoren zu werben, was letztlich nichts anderes als Privatisierung bedeutet. Dass die in diesem Zusammenhang erwähnte Zusammenkunft die Form einer nichtöffentlichen Sitzung hatte, ist eigentlich normal wenn es um das Verscherbeln von Gemeineigentum geht.
Nun gehört Bad Suderode zu Quedlinburg, das Land hatte seine Zuwendungen an das Kurzentrum im Vorfeld der Gebietsreform schon eingestellt und somit die Stadt nicht unerheblich unter Druck gesetzt, denn in der neuen Verantwortlichkeit musste diese für die Verluste erst einmal aufkommen. So wird händeringend nach einer Lösung gesucht und diese wird, wie an anderer Stelle und zu früherer Zeit schon in einer Privatisierung gesehen. Dabei ist es egal in welcher Form diese erfolgen wird, ob teilweise, Abschnittsweise, in dem zum Beispiel ein Bettenhaus errichtet wird, ganz oder in Form einer privat-öffentlichen Partnerschaft, in jedem Fall wird die Kosten zu einem großen Teil die Stadt Quedlinburg tragen müssen. Zwar wurde vom Land signalisiert, dass es eine Privatisierung finanziell begleiten würde, wobei Bedingungen zu berücksichtigen sind.
Es wurde zusammen gesessen, beraten und vom Kurdirektor verkündet: es „soll … eine europaweite Ausschreibung geben, um privates Kapital nach Bad Suderode zu holen. Dieses könne aber nur vorgenommen werden, wenn der Quedlinburger Stadtrat für diese Ausschreibung votiert.“ Und dann wird dem Stadtrat die gewünschte Richtung vorgegeben, denn: „sollte es dazu kommen, dann sei vom Ministerium (Wirtschaft) zugesagt worden, die finanzielle Unterstützung fortzuführen, bis ein Investor gefunden ist.“ Was folglich bedeutet, sollte sich der Stadtrat gegen diese Ausschreibung entscheiden, wird es keine Unterstützung vom Land geben. Ja, auch so kann ein Stadtrat, kann eine Stadt finanzielle unter Druck gesetzt werden.
So erkennt zwar das Land „damit die Verantwortung fürs Kurzentrum“ an, wie der Kurdirektor betont, möchte dieser aber nur gerecht werden, wenn der Stadtrat sich für eine Privatisierung ausspricht. Dabei ist unterm Strich das Kurzentrum für das Land nicht einmal ein Verlustgeschäft, da die Steuereinnahmen, welche im Zusammenhang mit dem Kurzentrum erzielt werden, für welche es gar Voraussetzung ist, die Zuschüsse durchaus übersteigen. Als Beispiel werden im Beitrag 1,7 Millionen Euro an Umsatzsteuer genannt. Für Quedlinburg hingegen stellt sich die Situation etwas anders da, da diese Einnahmen nicht der Stadt, sondern dem Land zufließen.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass zu verschiedenen Gelegenheiten in jüngster Vergangenheit eine Privatisierung des Kurzentrums immer mal wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wurde, meistens mit dem Verweiß auf den „dauerhaft defizitären Betrieb des Kurzentrums“, welcher eben auch Hintergrund der jüngsten Beratung war. An anderer Stelle, zu anderer Zeit, in anderem Zusammenhang hatte ich meine Gedanken zum Thema niedergeschrieben. Grundsätzlich sei hier noch einmal auf die Gefahren einer Privatisierung des Kurzentrums verwiesen und gerade das Beispiel der Therme in Thale zeigt sehr gut, welche dauerhaften Kosten auf eine Kommune zukommen, wenn privatisiert wird. Im Gegensatz zu den Stadtwerken Quedlinburg, deren Privatisierung vor Jahren verhindert werden konnte, erwirtschaftet das Kurzentrum keine Gewinne, ganz im Gegensteil, unter den gegenwärtigen Bedingungen wird es dauerhaft defizitär bleiben. Letzteres ist für Objekte dieser Art auch nicht unüblich, wenn das Objekt für sich gesehen. Wird es hingegen im regionalen Wirtschaftskreislauf betrachtet, mit allen Wechselwirkungen zur regionalen Wirtschaft, so ergibt sich durchaus ein positives Bild. Ist doch das Kurzentrum Grundlage so mancher wirtschaftlichen Existenz nicht nur in Bad Suderode. Besonders sei in diesem Zusammenhang an die auf Grund des Kurzentrums ohne Bettenhaus entstandenen Übernachtungsmöglichkeiten. Ohne das Zentrum wäre im Bereich des Beherbergungswesens in Bad Suderode nicht in einem solchen Umfang investiert worden, wie es bis jetzt der Fall gewesen ist. Somit hat das Kurzentrum erhebliche Investitionen in der Vergangenheit ausgelöst, welche durch eine Privatisierung, die eventuelle Errichtung eines eigenen Bettenhauses, in Frage gestellt werden.
Anzumerken sei auch, dass Investoren (nichts anderes steht hinter der Umschreibung privates Kapital) nur investieren wenn letztlich diese Investition Rendite abwirft. Gern investieren sie dabei in den öffentlichen Bereich, wie in Thale zu sehen, mit der Maßgabe das ihr eigenes Kapital eigentlich unberührt bleibt und die öffentliche Hand den Gewinn garantiert. Schauen wir nach Thale, 50% der Investition wurde vom Land, Bund etc. getragen und die Stadt Thale hat sich verpflichtet jedes Jahr fast eine halbe Millionen Euro an Zuschüssen zu überweisen. Was nicht unerheblich für Zinns und Tilgung der restlichen 50% der Investitionssumme sein könnte. In diesem Zusammenhang kann mit einem durchschnittlichen Zinns und einer 1%igen Tilgungsrate auf dreißig Jahre gerechnet werden. Letztlich mussten die Investoren kaum eigenes Kapital einsetzen, Land und Stadt haben es ermöglicht, so dass sie sich auf die Abschöpfung von Gewinnen konzentrieren können!
Wie oben schon geschrieben und an anderer Stelle erwähnt, bekundet das Land seine Bereitschaft eine Privatisierung des Kurzentrums zu fördern, wenn der Stadtrat diese beschließen sollte. Dabei ist es eine Illusion, dass die Stadt Quedlinburg ungeschoren davon kommt und nicht auf die Kosten einer entsprechenden Privatisierung sitzen bleibt. Ganz im Gegenteil, geheim werden die Verträge ausgehandelt, in solchen Fällen durchaus üblich und den Bürgern werden die daraus entstehenden Lasten, welche keiner genau voraussagen kann, als das kleinere Übel verkauft. Grundsätzlich wird aber aus einem defizitären Unternehmen über Nacht nicht ein sprudelnder Quell des Reichtums wenn es privatisiert wird. Aber nur wenn es zu einem solchen Quell generiert, lässt es sich überhaupt erst privatisieren! Die Folgen für die Kommune, aber auch für die Unternehmen in Bad Suderode, welche ihre wirtschaftliche Existenz auf das Kurzentrum gründen und mittels dieses in den letzten Jahren auch subventioniert wurden, sollten in jedem Fall bedacht werden.
Die Verluste welche das Kurzentrum gegenwärtig und in bestehender Form dauerhaft erwirtschaftet, sollten zumindest in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung den verursachten positiven Folgen, wie Steuereinnahmen, wirtschaftliche Grundlage weiterer Unternehmen, Bedeutung der Kalziumquelle, Kurbad, keine Spaßbad etc. Berücksichtigung finden. Nur mittels ganzheitlicher Betrachtungsweise macht es Sinn über die rechtliche Form des Betriebes des Kurzentrums nachzudenken. Die Verluste allein als Maßstab zu nehmen, verwischt nicht nur die eigentlichen Zusammenhänge und Ursachen für diese, sondern bereite einseitig den Weg zur Privatisierung, ohne deren Folgen für die Gemeinschaft, die Kommune, den ortsansässigen Unternehmen, aber auch für die Arbeitskräften im Kurzentrum zu berücksichtigen. Das Kurzentrum gilt es weiter zu betreiben, es ist wirtschaftliche Grundlage vieler Unternehmen in Bad Suderode und sichert somit nicht wenige Arbeitsplätze. Dabei kann das Land Sachsen-Anhalt nicht aus der Verantwortung genommen werden und auch die Stadt Quedlinburg ist in diesem Zusammenhang zu entlasten. Weiter stehen aber auch jene Unternehmen in der Verantwortung, welche ihre Existenz dem Kurzentrum zu verdanken haben.
Prinzipiell ist eine Privatisierung abzulehnen, da sie auch mit erheblichen Folgekosten für die Kommune verbunden sein wird, kein Investor investiert wenn nicht entsprechende Gewinne zu erwarten sind! Diese muss in solchen Fällen die Kommune, das Land, kurz die so genannte öffentliche Hand, also der Steuerzahler garantieren, wobei die Folgen für die vor Ort befindlichen Wirtschaftsunternehmen nicht absehbar sind.

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