Nun hatte ich vor
einigen Tagen die Kurzfassung des Masterplans zur Nutzung … des
Stiftsberges unter den Titel, „was
wird auf dem Schlossberg geschehen“, veröffentlicht und nun
findet sich auf der Seite des Bürgerforums
Quedlinburg ein Brief des Abgeordneten Christian Amling mit der
Überschrift „Neues aus Kirche und Stadt“, welcher sich mit dem
Thema auseinandersetzt und an die Bürger der Stadt gerichtet ist. Im
Brief wird sich aber nicht nur mit Vorgängen den Stiftsberg
betreffend, sondern auch mit der Vorgehensweise im „vertraulichen
Rahmen“ beschäftigt. Interessantes ist über die Umstände des
Zustandekommens des Masterplans
zu erfahren. Grundsätzlich sollten die Quedlinburger über solche
Vorhaben informiert werden, da sie letztendlich entscheidende
Auswirkungen für die Stadt haben werden. Den Brief habe ich vom Blog
des Bürgerforums kopiert, werde ihn hier im folgenden wiedergeben
und zusätzlich als Datei hinterlegen.
Neues aus Kirche und Stadt
Für den Stadtrat am 19.07.2012 hatte die Verwaltung
eine Vorlage erarbeitet, die im nichtöffentlichen Teil behandelt
werden sollte. Sie erschien unter dem Namen:
Richtungsentscheidung zur Umsetzung des
neuen Nutzungs- und Präsentationskonzeptes für den Stiftsberg in
Quedlinburg
Der Beschlussvorschlag lautete:
Der Stadtrat beauftragt den
Oberbürgermeister, auf der Basis des von der ARGE culture
concepts/KK architekten erarbeiteten Nutzungs- und
Präsentationskonzeptes (Kurzfassung als Anlage), mit der Fortführung
der Gespräche zwischen den Vertretern des Gemeindekirchenrates des
evangelischen Kirchspiels Quedlinburg und der Domschatzverwaltung
Quedlinburg/Halberstadt sowie der Stadt Quedlinburg mit der
Zielstellung der Umsetzung eines gemeinsamen Betreibermodells.
Schon seit einigen Monaten erscheint es mir sehr
wichtig, diesen wesentlichen Sachverhalt öffentlich zu diskutieren,
denn er betrifft die im wahrsten Sinne des Wortes „Heiligste Kuh”
der Quedlinburger, das Schloss mit der Stiftskirche, unter Umständen
sehr tiefgreifend. Einigen Mitgliedern des Rates und der
Verwaltungsspitze ist diese Vorstellung wohl nicht sehr angenehm,
denn Volkes Stimme ist unberechenbar. Aber damit muss man in einer
Demokratie leben!
Aus diesem Grund stellte das
Bürgerforum den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt im Öffentlichen
Teil der Sitzung abzuhandeln. Erstaunlicherweise erhielten wir dafür
nur ganz wenige Ja-Stimmen.
Was sind die Ursachen für diese Geheimniskrämerei?
Vordergründig wurde ich auf einen kleinen
Stempelabdruck verwiesen, der auf der oben erwähnten
Anlage
prangte und den irgendjemand dort vorsorglich hingesetzt hatte:
vertraulich.
Ich sage hier ganz bewusst vorsorglich, denn ich
kann in dieser Anlage nichts Vertrauliches finden. Es handelt sich
dabei um eine Konzeption, die ich gleich noch genauer erläutern
werde, in der zwei vom Kirchspiel „preisgegebene” Zahlen stehen:
Die jährliche Besucherzahl des Domschatzes und der damit von der
Kirche erwirtschaftete Gewinn.
„Soll die Kirche diese Zahlen aus der Presse
erfahren?”, fragte OB Brecht in der nichtöffentlichen Diskussion.
Warum nicht? Wir legen in jedem Stadtrat z.T. Dutzende von
Betriebsdaten aller möglichen Firmen öffentlich, im letzten gerade
der Wowi, QTM und Stadtwerke, aber auch vieler privater Firmen. Ist
die Kirche da etwas Besonderes? Sie ist nicht privat und sie ist auch
nicht geheim! Wer diesen Gedanken aufkommen lässt, schadet der
Kirche vielleicht mehr als er ihr nützt.
Zur Vorgeschichte:
Nachdem der Stadt Quedlinburg im Jahr 2010
umfangreiche Fördermittel für nationale Welterbestätten bewilligt
worden waren, die insbesondere Stiftskirche und Altstadt betrafen,
musste für den Schlossberg ein Zielkonzept erarbeitet werden, das
langfristig und nachhaltig den Bestand des Schlossberges absichern
und die Verbesserung der musealen Vermarktung des Ensembles
untersuchen sollte.
Für diese Planung wurde im Herbst 2010 eine
Lenkungsgruppe gegründet, in der sich Vertreter des
Landesverwaltungsamtes, des Landesamtes für Denkmalpflege und
Archäologie sowie Mitarbeiter der Verwaltung (OB Dr. Brecht und
Fachbereichsleiterin 3 Birgit Voigt) mit dem Thema beschäftigten.
Kurz darauf arbeiteten in dieser Gruppe auch Vertreter der
Domschatzverwaltung mit (Dr. Steinhäuser und Dr. Labusiak) und noch
etwas später ließ sich der Stadtrat Wolfgang Docke vom Kultur- und
Sozialausschuss in dieses Gremium wählen.
Im Juni 2011 vergab der Wirtschaftsausschuss den
Auftrag für die Erstellung eines Masterplans für den Stiftsberg an
die ARGE culture concept. Die Lenkungsgruppe tagte ein
knappes Jahr lang hinter sehr fest verschlossenen Türen und
dann war es endlich soweit: Am 8. 5. 2012 war der Masterplan erstellt
und am 15. 6. 2012 präsentierten Frau Dr. Dümcke und Herr Karau ihr
Werk „Nutzungs und Präsentationskonzept Stiftsberg”,
erarbeitet im Auftrag der Stadt Quedlinburg, vor einem illustren
Personenkreis im Rathaus. Geladen waren Vertreter des
Gemeindekirchenrates des Kirchspiels Quedlinburg, die beiden oben
genannten Vertreter der Verwaltung, die Fraktionsvorsitzenden und die
Ausschussvorsitzenden.
Der Masterplan ist sehr umfassend. Ich kann mich
hier nur auf Aussagen aus der „vertraulichen” Kurzfassung
beziehen. (Allerdings ist das Gesamtwerk jedem Stadtrat zur
Einsichtnahme zugänglich!)
Von Anfang an stützte ich mich in der Diskussion
auf den Passus (4): Kommunikation des Projekts „Der exponierten
Bedeutung des Stiftsbergensembles für die Stadt Quedlinburg sowie
das Land SA entsprechend, ist der öffentlichen Kommunikation des
Projekts eine hohe Bedeutung beizumessen. Neben der Präsentation der
Ergebnisse der Studie vor relevanten Entscheidungsträgern ist auf
eine Verankerung des Projekts bei den Bürgern der Stadt Quedlinburg
hinzuwirken. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bereits der
Begriff „Stiftsberg” für die Quedlinburger unvertraut ist. Die
Berater empfehlen, für das Projekt eine Kommunikationsstrategie zu
entwickeln.”
Dieser neue Masterplan, der übrigens (im Zeitalter
der Berater) nicht billig war, umfasst trotz seiner Fulminanz
eigentlich nur drei ganz einfache Fragen:
Wer soll es machen?
Wie soll es aussehen?
Wie teuer wird es?
Die ersten beiden Fragen werden in der Studie als
„Betreibermodell” und als „Präsentationskonzepte” bezeichnet
und bedingen die Antwort auf die dritte Frage.
Es gibt drei mögliche Betreibermodelle.
Die Stadt Quedlinburg ist Besitzer des Stiftsberges,
damit des Museums und der Stiftskirche. (Um den Domschatz wird noch
gestritten.) Damit läge es nahe, dass die Stadt eine eigene moderne,
alles umfassende Museumslandschaft betreibt. In Zeiten notorisch
leerer Kassen sieht sich die Stadt nicht einmal in der Lage, einen
neuen Museumsdirektor einzustellen, obwohl das dringend nötig wäre.
Bei einem durch die Kommunalaufsicht abgelehnten Haushalt 2012 ist
das Betreibermodell Stadt fast undenkbar. Schade!!!
Das zweite Betreibermodell beinhaltet eine
Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kirche, die über den bisherigen
Status quo ziemlich weit hinausgeht. In einer gemeinsamen
Museumslandschaft teilen sich Stadt und Kirche (Kirchspiel und
Domschatzverwaltung Quedlinburg/Halberstadt) die Aufgaben bei der
Vermarktung. Diese Situation muss in einem relativ komplizierten
Vertragswerk verankert werden. Die Last würde auf mehrere Schultern
verteilt werden.
Im dritten Betreibermodell übernimmt die Kirche die
Vermarktung des Stiftsberges allein. Diese Variante sieht manch einer
(ich gehöre dazu) mit großer Skepsis. Hier würden sich völlig
neue Fragestellungen eröffnen, unter anderem über die Zeitdauer
eines solchen Betriebes! Es scheint allerdings ernsthafte
Überlegungen seitens der Kirche in diese Richtung zu geben. Dr.
Ekkehard Steinhäuser spricht in diesem Zusammenhang von einem
„Sakralen Ort” und dass es im Sinne der neuen Zeit wäre, auf dem
Stiftsberg eine „Spirituelle Begegnungsstätte”
einzurichten!
Dieses Szenario sollte laut Absprache am besagten
15. 6. 2012 sowohl in der Stadt, als auch im Kirchspiel diskutiert
und eine Beschlussfassung herbeigeführt werden. Danach wollte sich
besagter Personenkreis Ende Juli zur Präzisierung wieder treffen.
Am 19. Juli beschloss der Stadtrat einstimmig die
Weiterverfolgung des zweiten Betreibermodells.
Im ersten Stadtrat
nach der Sommerpause sollte der Stadtrat zügig mit der
Weiterbehandlung dieses Themas fortfahren. Denn Eile ist geboten!!!
Das Land Sachsen-Anhalt und die EU haben im Rahmen
des UNESCO Welterbe Managements Fördermittel in Millionenhöhe für
die Einrichtung dieser neuen Museumslandschaft in Aussicht gestellt.
Sie könnten bis zum Jahre 2019 zum Einsatz kommen. Bedingung für
eine Bearbeitung ist die Einigung auf ein Betreibermodell!!
Der Termin für den
Fördermittel-Antrag durch die Stadt liegt auch fest: Der 30.
September 2012 !!
Der erste Stadtrat nach der Sommerpause war am 31.
August. Da sollten Nägel mit Köpfen gemacht werden! Doch eine
entsprechende Vorlage gab es nicht. Auf meine Anfrage hin erfolgte
keine weiterführende Antwort. Die Kirche hatte ihre Schularbeiten
nicht gemacht. Ohh!! Da muss die Frage gestattet sein:
Wer mauert hier ??
Die Stadt wird nun ihre Fördermittel ohne eine
Abstimmung beantragen. Auf die Frage, was denn passiert, wenn es zu
keiner Einigung zwischen Stadt und Kirche kommt, antwortete OB
Brecht:
„Dann muss zwangsläufig alles so weitergehen wie
bisher.”
Und was sagt die Kommunalaufsicht dazu?
In einem Schreiben der Kommunalaufsicht Landkreis
Harz, das am 6. Juni bei der Stadt einging und mit einiger Verspätung
an einige Stadträte weitergereicht wurde, äußert sich Frau Fabian
insbesondere zum Problem Städtische Museen. Ich befürchte, dass
kaum ein Stadtrat dieses Schreiben zur Kenntnis genommen hat.
Von allen freiwilligen Aufgaben der Stadt benötigen
die Städtischen Museen das meiste Geld. Diese Ausgaben sind für
eine Welterbe-Stadt unerlässlich, aber das ist ein anderes Thema.
Frau Fabian weist die Stadt daraufhin, das neben
angestiegenen Ausgaben für Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit
besonders eine Erstattung von Eintrittsgeldern an das Evangelische
Kirchspiel zu Buche schlägt. „Die Erstattung erfolgt wohl für
die Besichtigung des sog. Domschatzes im Rahmen eines Kombitickets.
Eine Erstattung seitens des Ev. Kirchspiels an die Stadt Quedlinburg
ist hingegen augenscheinlich nicht veranschlagt.” Frau Fabian
fährt fort: .“Auch beteiligt sich das Ev. Kirchspiel
Quedlinburg weder an der Unterhaltung der Stiftskirche noch des
Schlossberges, obgleich die Liegenschaften auch zur Einwerbung von -
wohl nicht unerheblichen – Einnahmen genutzt werden.”
Man erwartet von der Stadtverwaltung Überlegungen
hinsichtlich Kostensenkung im Kulturbereich und betont explizit:
„Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit das Ev. Kirchspiel
Quedlinburg angemessen an der Unterhaltung der zum Zwecke der
Entgelterzielung genutzten städtischen Liegenschaften beteiligt
werden kann. Es ist nicht nachvollziehbar, dass allein die Stadt
Quedlinburg die Lasten der Unterhaltung der o. g. Liegenschaften
trägt.”
Das sind ziemlich klare Worte von der
Kommunalaufsicht. Doch wie werden Stadt und Kirche darauf reagieren?
Die Kirche versucht, sich bei derartigen
Diskussionen stets in Schweigen zu hüllen. Mein eindeutiger Eindruck
ist, dass Dr. Steinhäuser all diese Probleme „aussitzen” möchte.
Auch momentan halte ich das Schweigen des Kirchspiels bei den
Entscheidungen zum Masterplan nicht für „eine bedauerliche
Unterschätzung des Zeitdrucks, in dem wir uns befinden”, sondern
als gut eingesetztes Kalkül. Die Zeit arbeitet für die Kirche. Und
die Stadt, in diesem Falle vertreten durch OB, Verwaltung und Rat,
traut sich nicht, dieses „Heiße Eisen” anzufassen.
Aber ist dieses Eisen wirklich so heiß? Ich finde
nicht! Es handelt sich hier um einen ganz normalen Akt der
Entscheidung für wesentliche Entwicklungen in unserer Stadt. Wer
davor zurückschreckt, führt in meinen Augen entweder Hinterhältiges
im Schilde, ist befangen oder einfach nur gleichgültig!
Auch das Argument des „versöhnlichen Dialoges”
kann ich nicht mehr hören. Spätestens bei dem schon Jahre lang
schwelenden Streit um die Eigentumsfrage des Domschatzes müsste doch
allen Beteiligten, (wieder: sofern sie sich überhaupt dafür
interessierten!) klar geworden sein, dass die Kirche mit knallharten
Bandagen um ihre Interessen kämpft. Ich nahm an einigen dieser
Gespräche teil. Während OB Brecht immer noch um Diplomatie bemüht
war. setzten sich Dr. Steinhäuser und Dr. Labusiak kompromisslos,
(um nicht zu sagen aggressiv), für ihre eigenen Interessen ein.
Leider stand ich bei derartigen Konfrontationen zumeist auf
verlorenem Posten, denn praktisch jeder an diesen Gesprächen
Beteiligte war Kirchenmitglied oder gar -angestellter.
Einige Worte sollen hier noch kurz zum Thema „Wie
soll es aussehen?” gesagt werden.
Hierfür bietet der Masterplan gleich vier Varianten
zur Auswahl an. Die Museumslandschaft soll modern und endlich UNESCO
welterbegerecht werden, so ist das schließlich sonst auch überall
auf der Welt! Nur dadurch können weltweit Unmengen von Touristen
nach Quedlinburg gelockt werden und dann wird der ganze Spaß auch
kostentragend. Oder? Eigentlich nicht …
Über diese Veränderungen am „Stiftsberg”
möchten OB, Verwaltung und die meisten Ratsmitglieder mit der
Bürgerschaft auf keinen Fall reden, jedenfalls nicht jetzt schon.
Dann würde alles neu Erdachte zerredet werden von „Leuten, die
nicht im Prozess involviert sind”. Na gut, dann eben nicht!
Eins muss ich aber doch einfach schon verraten: Zur
Krönung alles Neuen schlägt Frau Dr. Dümcke einen Neubau im
barocken Schlossgarten vor, der nicht gerade klein sein wird. OB
Brecht meint dazu, dass doch früher dort auch eine zweite Basilika
und die Probstei gestanden hätten. Wo er Recht hat, hat er Recht!
Aber ob das die Quedlinburger und bestimmte Genehmigungsbehörden
auch so sehen, wage ich zu bezweifeln.
In diesem Sinne: Mischen Sie sich ein!
Christian Amling
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