Per
E-Mail wurde ich auf mehrere Artikel in Zeitschriften aufmerksam
gemacht, welche sich mit der „verblödenden Wirkung moderner
Technologien“ als Thema einer Diskussionsrunde im Fernsehen
auseinandersetzen. Die Sendung selbst habe ich nicht gesehen,
derartiges habe ich einfach aufgegeben, wobei die Beiträge
bezeichnend sind und die eigentlichen Quellen breitenwirksamen
Verblöden zumindest erahnen lassen. Das in diesem Zusammenhang die
verschiedensten Ursachen herhalten müssen ist nicht neu, genauso
wenig wie frühzeitige Selektion im Bildungssystem der
Bundesrepublik. Gesellschaftliche Ursachen werden ausgeblendet oder
nur am Rande erwähnt, der Zeitgeist bemüht, selbst wenn er sich als
Ungeist entpuppt.
Der
Unterüberschrift:
„"Klicken
wir uns das Gehirn weg?" Bei Günther Jauch durfte Psychiater
Manfred Spitzer seinen Feldzug gegen das angeblich so gefährliche
Internet fortsetzen. Immerhin hielten andere Gäste mit Gelassenheit
und Kompetenz dagegen,“
ist zu entnehmen worum es geht.
Ergänzend
ist dieser Beitrag wie folgt überschrieben: „Wenn
Hirnforscher uns vor Dummheit schützen wollen: Haltet die
Nervenbahnen sauber. Oder was meinen die Öffentlich-Rechtlichen,
wenn sie uns vor den mentalen Katastrophen warnen?“
Hier
wiederum geht es nicht direkt um die Sendung, sonder um
„Bestsellerautoren“ der jüngeren Vergangenheit, wobei folgende
abschließende Frage durchaus zum Nachdenken anregen kann: „Wo
ist eigentlich jener Teil des Bildungs-Bürgertums abgeblieben, der
mit dem Fortschritt, mit der Globalisierung, mit komplexen
gesellschaftlichen Verhältnissen und Entscheidungsstrukturen, mit
Technik und Internet, mit Bildungs- und Vernetzungsmöglichkeiten –
also mit der heutigen
Welt – etwas anzufangen weiß?“
Meines
Erachtens ist das Bildungs-Bürgertums längst in den Weiten
potenzierter Belanglosigkeit angekommen und ist in dem Maße
Vergangenheit, wie es in der Vergangenheit verhaftet ist. Es hat sein
progressives Sein lang schon verloren, spätestens seit dem sich das
System des Kapitals auf den absteigenden Ast befindet und
schöpferisches Denken durch bewahrenden abgelöst wurde. Solche
Diskussionsrunde, wie auch die erwähnten Autoren und ihre Bücher
sind Zeugnis dafür.
In
Zusammenhang mit technologischen Entwicklungen sei daran erinnert,
als die erste Eisenbahnlinie in diesem Land in Dienst genommen wurde,
gab es nicht wenige Stimmen, welche vor einer Fahrt warnten, da der
Mensch solche Geschwindigkeiten nicht vertragen würde. Sie wurden
vertragen und wenn daran gedacht wird, wie schnell die ersten
Eisenbahnen durch die Landschaft zuckelten und mit welchen
Geschwindigkeiten Menschen gelernt haben umzugehen, ohne das sich ihr
Hirn am Hinterkopf staut und komprimiert, ist zu erkennen das
Menschen durchaus in der Lage sind, mit den technologischen
Errungenschaften umzugehen, welche sie selbst hervorgebracht haben.
Das technologische Errungenschaften auch Konsequenzen für die
Menschen, ja die Menschheit haben, ist nicht von der Hand zu weisen,
aber nicht die oft beschworenen, sondern andere, welche von diesem
System nicht beherrscht werden und auch nicht beherrscht werden
können. Nicht das Internet mit seinen Möglichkeiten ist das
Problem, sondern das die modernen Produktivkräfte, welche die dritte
industrielle Revolution hervorgebracht, letztlich den Menschen immer
weiter aus dem Produktionsprozess verdrängt. Die Lösung für dieses
Problem kann aber nicht in der Vergangenheit gefunden werden, sondern
nur in der Zukunft, in dem den neu entstandenen Produktivkräften die
notwendigen Entfaltungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Die
ganze Diskussion ist letztlich nur Werbung für das Buch des
Hirnforschers, egal wie die Kritik ausfällt. Übrigens war der
Freidenker 1/11 mit „Illusion Willensfreiheit?“ überschrieben,
ein interessantes Heft, welches sicher noch zu bestellen ist.
Hier
findet sich eine Übersicht zu den einzelnen Heften, wobei einige
Beiträge als Link hinterlegt sind. So ist in diesem Beitrag zu lesen: „Zwar
ist das Thema (Hirnforschung)
zurzeit nicht mehr so häufig in den Schlagzeilen wie zu Beginn des
Jahrzehnts, aber dass es sowas ‚Spezielles' überhaupt bis in
Fernsehdiskussionen und die Boulevardpresse schaffte, muss Gründe
haben, die außerhalb des Gegenstandes der Wissenschaft liegen. Es
liegt zumindest der Verdacht nahe, dass hier eine bestimmte Ideologie
‚mitverkauft' wird, die das Thema erst reizvoll für einige
Interessenten macht.“
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