Nun gab es im Mittelalter eine Ständeordnung
und ein Stand waren die Bürger. Bürger wiederum waren Menschen, welche über
Handels- oder Produktionskapital verfügten, also anfänglich Handwerker (Meister) und
Kaufleute. Diese bildeten in den Städten zwar eine Minderheit, hatten aber das
Sagen, wobei verschiedene Abhängigkeiten zum Adelsstand gegeben waren. Mittels
bürgerlicher Revolutionen emanzipierte sich das Bürgertum nach und nach, bis es
letztlich seine ökonomische Macht durch die Übernahme der politischen Macht
ergänzte.
Die größte, erfolgreichste und
konsequenteste bürgerliche Revolution war die französische, welche nicht mit
einem Kompromiss endete, sondern mit der radikalen Machtübernahme des
Bürgertums. Mit der französischen Revolution wurde zwar die alte Ständeordnung aufgehoben,
aber die eigentlichen Machtverhältnisse verklärt und verschleiert. Dieses
geschah vor allem dadurch, dass die meisten Menschen auf Grund formaler Bürgerrechte nun als Bürger bezeichnet
wurden.
In Folge weiterer
gesellschaftlicher Umbrüche, traten die eigentlichen Gegensätze in der
Gesellschaft klarer hervor und entpuppten sich als Klassengegensätze. Zum Ende
des neunzehnten, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts standen sich in den
Metropolen der Welt eigentlich nur noch zwei, sich gegenseitig bedingende
Klassen gegenüber, die Bourgeoisie (Bürgertum) und das Proletariat (die
Landlosen, Freien und damit Lohnabhängigen). Und wenn dieses heute oft anders
dargestellt wird, das Proletariat negiert und die Bevölkerung das bürgerliche
Attribut angeheftet bekommt, hat sich daran nichts geändert. Die Herrschenden
herrschen weiter und die Beherrschten lassen sich all zu bereitwillig einreden,
dass sie ebenfalls herrschen, sei es nur mittels eines ausgeklügelten und die
eigentlichen Herrschaftsverhältnisse nicht bedrohenden, Wahlzirkus. Damit das
alles funktioniert, die herrschende Klasse
weiter herrschen kann und das möglichst ungestört, braucht es den anständigen
Bürger, selbst wenn dieser eigentlich Prolet ist. Gebraucht wird der
funktionierende Mensch, nicht der opponierende, infrage stellende.
Der anständige Bürger – eine Sichtweise –
Der Bürger,
anständig er ist,
wenn Folgsamkeit wird nicht vermisst,
wenn er marschiert,
wie es gewünscht,
und kapiert,
das wie es ist,
es ist,
weil es nicht anders ist,
und nicht sein kann!
hält sich dafür,
er eckt nicht an,
er fügt sich stets,
und Widerstand heißt meckern!
Er kleckert nicht,
klotzt kräftig ran,
steht für seine Herren,
steht’s den Mann,
er fügt sich in sein Schicksal ein,
und freut sich dessen obendrein!
Er gibt sich zufrieden,
mit dem was man ihm gibt,
er gibt sich zufrieden,
mit dem was er hat,
er versteht es zu leiden,
und freut sich darüber,
solang mit Liebe,
dies seine Herren erwidern!
Und schlägt man ihn,
auf die eine Wange,
so hält er gern die andere hin,
von Almosen,
lebt er recht lange,
und Keuschheit,
steckt ihm im Geiste drin!
Er fügt sich treu,
in seine Herde,
er gibt sich ganz dem Teamgeist hin,
das Kollektiv hat er verloren,
der Ellebogen simuliert den Gewinn!
Und so kämpft er,
gegen seines Gleichen,
und nicht nur weil’s sich reimt,
geht oft er über Leichen,
er ist der Untertan schlechthin,
der alles tut,
doch ist es nur gut,
für seine Herren,
nicht für seines Gleichen!
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