Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Mittwoch, 7. März 2012

Gedanken zu politischen Einteilungen, Ständen, Schichten und Klassen!

Gelegentlich verlässt eine Diskussion den ursprünglichen Gegenstand der Betrachtung und befördert Nachdenken in scheinbar andere Richtungen. So auch im Falle eines Beitrages, welcher sich ursprünglich mit der Kandidatin der Partei die Linke fürs Bundespräsidentinnenamt befasste. In diesem Zusammenhang macht es durchaus Sinn über die verschiedenen ideologischen Kategorien politischer Richtungen nachzudenken. Heute werden politische Richtungen vordergründig in ein Rechts/Linksschema gepresst, dabei sind die Grenzen fließend und eigentliche spezifische Interessenlagen geraten in den Hintergrund, was für manchen politischen Akteur durchaus von Nutzen sein kann. Das dabei Politik allgemein verklärt wird und als etwas unabhängiges, selbstständiges, oft über den gesellschaftlichen Verhältnissen stehendes, diese gar bedingend, dargestellt wird, entspricht durchaus dem Geist der Zeit, also der herrschenden Ideologie. Wobei Bekanterweise die herrschende Ideologie in einer Gesellschaft, die Ideologie der Herrschenden ist!
Und so habe ich mir die folgenden Gedanken zu politischen Einteilungen, Ständen, Schichten und Klassen gemacht!
Dabei benutze ich die Ausdrücke rechts und links für politische Richtungen ebenfalls, da ältere und treffendere Bezeichnungen aus der Mode gekommen sind und der Mode gelegentlich auch Tribut gezollt werden muss, allein schon um verstanden zu werden! Dem Tribut gezollt, sollte aber nicht vergessen werden, die eigentlichen Hintergründe politischen Treibens aufzuzeigen, also die eigentlichen Interessen offen zulegen, welche hinter diesem Treiben stehen. Dazu gehören vor allen auch die gesellschaftlichen Beziehungen aufzudecken, welche letztlich als politisches Treiben bezeichnet werden. Und seinen wir doch ehrlich, Links – Rechts, das ist doch ideologisch nichts anderes als Synonyme für Schwarz und Weiß, für Gut und Böse, wobei die Bösen immer die anderen sind!
Im Politischen System dieses Landes ist die Partei Die Linke z. B. von  Grunde her eine sozialdemokratische und nicht sozialistische Partei, im schwer zu definierenden linken Spektrum! Sie ist eine Partei, welche vorgibt Vertreterin des linken Spektrums zu sein. Klassengegensätze sind eine alte Masche, gerade weil die verschiedensten Modelle diese in der Vergangenheit marginalisiert haben, auch in dem sie mittels Rechts/Linksschema aufgeweicht und verklärt wurden. In diesem Zusammenhang wird sogar der Neigung nachgegeben, ehemalige Klassen, oder Gruppierungen innerhalb dieser neu zu definieren. Dabei muss selbst Bürgertum, speziell Kleinbürgertum sich neu definieren und geht als „lohnabhängiges Kleinbürgertum“ in der Mittelschicht auf. Da im Falle von Lohnabhängigkeit für die Zugehörigkeit zum Bürgertum eine entscheidende Grundlage fehlt, nämlich das Eigentum an Produktionsmitteln, spielt keine Rolle. Im Zuge gezeugter gesellschaftlicher Nebelbänke, wird der Vergessenheit anheim gestellt, das Bürgertum ursprünglich an den Besitz von Produktionsmitteln gekoppelt ist! Dass angeblich jeder auf Grund vormaller Chancengleichheit heute in diese Verlegenheit kommen kann, Besitzer von Produktionsmitteln zu werden, führte dazu diesen Begriff auf alle Menschen zu übertragen. Voraussetzung dafür war das die Klasse des Bürgertums die politische Macht übernommen hatte. (Mit dem Kleinbürgertum verhält es sich wie mit einem Butler, ursprünglich verarmter Adel, welcher seine Dienste anderen Adligen gegen entsprechende Bezahlung anbot, es wird vom Bürgertum künstlich erhalten, um ihm weiterhin zu dienen.)
Da dieses am Konsequentesten im Zuge der Franzosischen Revolution erfolgte, wurde der Begriff „Bürger“ seiner ursprünglichen Verankerung beraubt und allen Menschen zugedacht, welche nicht dem Adel angehörten. Dabei wurde die relativ starre Theorie der Ständeordnung (gesellschaftliches Ordnungsmodel) des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit, entsprechend der sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse zur Gesellschaftslehre von verschieden sozialen Schichten weiter entwickelt. Marx erteilte den verschiedensten gesellschaftlichen Ordnungsmodellen eine Abfuhr und leitete aus den objektiven gesellschaftlichen Verhältnissen die Lehre vom Klassenkampf ab.
Die enorme Endwicklung der Produktivkräfte hob die klassischen Standesgrenzen auf, welche hauptsächlich durch unterschiedliche Herkunft bestimmt waren und brachte größere soziale Mobilität mit sich. Wo in der Ständeordnung, welche als von Gott gegeben und unabänderlich galt, Geld und Reichtum eine Veränderung des Standes nicht zwangsläufig bewirken konnte (wobei die Ausnahmen die Regel bestätigt), wurde dieses in späteren Ordnungsmodellen zu einer entscheidenden Grundlage. (Im Zusammenhang mit den verschiedensten Ordnungsmodellen, sei an die 11. Feuerbachthese erinnert.)
Was aber allen Ordnungsmodellen gemein ist, ist indirekt die Grundlage der Zugehörigkeit, welche sich durch den Besitz oder nicht Besitz an den verschiedensten Produktionsmitteln ergibt, welche mittels dieser Modelle verschleiert werden sollen. Dabei werden Menschen auch heute noch in Besitzstände hineingeboren, aber unter Umständen wesentlich schneller aus diesen Verdrängt, wie es gerade für das Kleinbürgertum typisch ist und welches eigentlich schon längst durch eine Mittelschicht ersetzt wurde. Die Mittelschicht, welcher die verbliebenen Kleinbürger zugerechnet werden, aber auch Beamte und Arbeiteraristokratie, wird über das Einkommen definiert und nicht über den Besitz an Produktionsmitteln, sie ist heute der Träger ehemals kleinbürgerlicher Ideale, gehört ihrer Stellung gegenüber den Produktionsmitteln aber zum Proletariat (sie ist wie dieses gezwungen ihre Ware Arbeitskraft zu verkaufen). Die weitere Entwicklung der Produktivkräfte führt gegenwärtig jedoch dazu, dass diese Mittelschicht nach und nach ihrer Privilegien beraubt wird und ihr proletarisches Sein offen zutage tritt. Wobei auch hier die Ausnahme die Regel bestätigt, wenn gelegentlich der Aufstieg in die Reihen der Produktionsmittelbesitzenden gelingt!
Letztlich lösen sich alle Ordnungsmodelle in der Praxis auf und es bleiben zwei entscheidende und sich bedingende Klassen übrig, die Bourgeoisie und das Proletariat. Das bedeutet nicht, dass es keine Schichten mehr geben wird, wie die Schicht der Intelligenz, welche sich aus den bestehenden Klassen rekrutiert, oder auch weitere Klassen, wie Adel und Bauernschaft.
In der Mittelschicht werden Kleinbürger, Beamte, sehr gut bezahle Arbeiter, die Bauernschaft und die Intelligenz zusammengefasst und das über bestehende Klassengrenzen hinaus. Sie ist keine homogene Masse. Im Gegenzug wird der Antipode des Kapitals, die Arbeiterklasse, in verschiedene soziale Schichten geteilt, auch hier spielt das Einkommen die entscheidende Rolle und nicht die Stellung zu den Produktionsmitteln. Jüngst wurde gar eine Schicht Prekariat einzuführen und als Maßstab wurden staatliche Transferleistungen angesetzt, welche letztlich den Erhalt der Arbeitskraft garantieren und Unternehmen ermöglicht diese unter ihrem Wert in Anspruch zu nehmen. Bei allen Verschleierungen wie sie heute gang und gäbe sind, genügt es eigentlich die Stellung des Einzelnen zu den Produktionsmitteln zu betrachten, um eine entsprechende Zuordnung zu erkennen. Auch wenn das Proletariat gern in seiner Bedeutung geleugnet wird, so ist es objektiv nach wie vor Vorhanden und die einzige Kraft, welche dem Kapital in seinem Streben nach Profit und Profitmaximierung, mit all den sich daraus ergebenden Folgen für die Menschheit, erfolgreich entgegentreten kann. Ohne Proletariat gibt es keine Entfaltung des Kapitals, das Kapital ist auf das Proletariat angewiesen, genauso wie das Proletariat ein Produkt des Kapitals ist!

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