Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Samstag, 14. September 2013

Demographie:


Heute wird oft der demographische Wandel, der demographische Faktor und ähnlich demographisches bemüht um eine Begründung für bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen zu haben. So soll zum Beispiel der Fachkräftemangel dem demographischen Wandel geschuldet sein, auch das die Bevölkerung schwindet und überaltert, liegt daran … oder auch nicht? Und wird nicht mit solchen Behauptungen versucht die eigentlichen Ursachen beklagter Entwicklungen zu verschleiern, da allgemein und wenig konkret? Wird nicht mit dieser all zu gefälligen Lösung die Frage nach dem warum, wieso und weshalb in eine völlig falsche Richtung gelenkt, um sie dann mit Schlagworten wie dem demographischen Wandeln zu beantworten? Die Ursachen für Bevölkerungsentwicklung bleiben dabei oft im Dunkel oder werden irgendwo verortet, nur nicht dort wo sie hingehören, bei den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen selbst.  
Aber was ist eigentlich Demographie und was ist ihr Gegenstand?
Demographie:

Wissenschaft von der Bevölkerungsentwicklung. Sie untersucht die demographischen Verhältnisse und Prozesse der menschlichen Gesellschaft im Zusammenhang mit den ökonomischen und sozialen Verhältnissen der verschiedenen Gesellschaftsformationen: die Reproduktion, das Wachstum, die Dichte, die territoriale Verteilung, die Struktur, die Bewegung und alle weiteren wesentlichen Veränderungen in der Bevölkerung. Unter Bevölkerungsentwicklung versteht die Demographie die quantitativen und qualitativen Veränderungen in der Bevölkerung, die ihrerseits durch gesellschaftliche Veränderungen auf der Grundlage der Entwicklung der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse bedingt sind. Dazu gehören: zahlenmäßiges Wachstum der Bevölkerung, Veränderungen der Altersstruktur, der Klassenstruktur, des Verhältnisses von Stadt- und Landbevölkerung, der Berufsstruktur, des Qualifikationsniveaus usw. Die Bevölkerungsentwicklung ist ein sozialer Prozess, der durch die jeweilige ökonomische Gesellschaftsformation bestimmt ist, aber auch eine biologische Grundlage in der natürlichen Fruchtbarkeit, der Geburtenhäufigkeit und der Sterblichkeit der Menschen besitzt. Demographische Prozesse sind eine komplexe sozialhistorische Erscheinung, in der natürliche und gesellschaftliche Faktoren in Wechselwirkung miteinander stehen. In letzter Instanz bestimmend für die demographischen Verhältnisse und Prozesse einer Gesellschaft sind die Produktionsweise, die hieraus hervorgehende ökonomische Lage und die ökonomischen Interessen der Menschen.
Daher ist jede ökonomische Gesellschaftsformation durch spezifische demographische Verhältnisse und Prozesse charakterisiert, obwohl sich die biologischen Grundlagen dieser Prozesse im Prinzip nicht ändern. Aus diesem Grund kann es kein allgemeines, biologisch bestimmtes Bevölkerungsgesetz für alle ökonomischen Gesellschaftsformationen geben. Vielmehr gilt, dass „jede besondere historische Produktionsweise ihre besonderen, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift“. (Marx, MEW, Bd. 23, Seite 660) Der historische Materialismus klärt den spezifischen Stellenwert der demographischen Verhältnisse und Prozesse im Geschichtsprozess, indem er die Wechselwirkung der demographischen Faktoren mit der ökonomischen und der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung untersucht. Dabei weist er besonders auf den historischen und spezifischen Charakter des Bevölkerungsgesetzes jeder Gesellschaftsformation hin und wendet sich gegen eine ahistorische Biologisierung der demographischen Prozesse. Das Ziel der demographischen Forschung besteht darin, die gesetzmäßigen Zusammenhänge der Bevölkerungsbewegung und -entwicklung in der Gesellschaft detailliert zu erkennen und das spezifische Bevölkerungsgesetz der Gesellschaftsformation präzise zu formulieren.
Angelehnt an: Kleines Politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag, Berlin 1986, Seiten 164/65.

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