Nun
ist meine Antwort zu einem Kommentar zu diesem Beitrag
etwas lang ausgefallen und so werde ich diese im folgenden als
eigenständigen Beitrag veröffentlichen.
Nun
Stefan W.,
ich
bin kein Anhänger von Gesell, ich bin nicht einmal ein Anhänger des
Systems des Kapitals, egal welche Spielart in der politischen
Ökonomie
gerade das Sagen hat. Gegenwärtig ist es der Neoliberalismus, vorher
waren es die Ansichten Gesell`s, welche eine entscheidende Rolle
spielten. Neuerdings wird letzterer wieder in den Vordergrund
gerückt, weil die neoliberale Politik wiedereinmal gescheitert ist,
wie vordem schon die Apologeten von Gesell. Egal welche dieser
Theorien, sie haben eines gemeinsam, sie sind zum Scheitern
verurteilt, weil sie über die Interpretation wirtschaftlichen Seins
zum Erhalt des Systems des Kapitals nicht hinausreichen. Den
praktischen Beweis dafür haben sie eigentlich im Zuge ihrer
Anwendung zur Genüge erbracht. Somit taugt die zitierte Erklärung
von Gesell nicht im geringsten um die wirklichen Ursachen der Krisen
zu erkenne. Eher wird abgelenkt, dem „Sparer“ und dem Zinssystem
die Schuld gegeben. Doch ist der Sparer schuld, wenn die Wirtschaft
ins stocken gerät? Und das weil er für sein gespartes Zinsen haben
möchte?
Der
Neoliberalismus hat seit Übernahme des Geschäfts die Probleme
kapitalistischen Seins nicht gelöst, sie wurden nur etwas verschoben
und erheblich verschärft, wobei diese Verschiebungen genutzt werden
konnten etwas Zeit zu gewinnen, die Verteilung (mittels Hartz IV, Ausbau des
Niedriglohnsektor, Zunahme von Leiharbeit und prekärer
Beschäftigung) wie auch Umverteilung (mittels Steuerentlastungen für Reiche
und z. B. Energiekostenentlastung für große Unternehmen und
Belastung weiter Bevölkerungsschichten mit diesen Kosten)
gesellschaftlichen Reichtums zu Gunsten der Besitzenden an den
Produktionsmitteln zu verschieben. Nur ist aufgeschoben, nicht
aufgehoben und so entfaltete die allgemeine Krise des Kapitals um so
härter ihre Potenziale. Den Schalter nun wieder umzulegen, könnte
ebenfalls etwas Zeit verschaffen, mehr aber nicht und das ohne
potenzierende Auswirkungen vermeiden zu können. Es ist nämlich
nicht so, dass regionales Wirtschaften, regionale Geldkreisläufe
ohne Zinsen, vermehrte Investitionen des Staates,
volkswirtschaftliche Probleme welche sich aus dem System des Kapitals
ergeben, lösen könnten und das ohne Berücksichtigung der
allgemeinen Produktivkraftentwicklung.
Sie
haben somit recht, dass entsprechende Maßnahmen dienlich sind, der
vollen Entfaltung von Krisen bremsend entgegen zu wirken, wobei die
Wirkung beschränkt bleibt, die Auswirkungen der Krisen dafür um so
heftiger sein werden. Das Kernproblem Ihrer Argumentation liegt im
Zinssystem begründet und zwar in der Bedeutung welchen Sie diesem
beimessen, als Hauptursache gesellschaftlicher Verwerfungen.
Letztlich ist das Zinssystem nicht mehr, aber auch nicht weniger, als
ein Instrument zur Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums, also
jenes Teils des gesellschaftlichen Reichtums, welcher im
Verteilungsprozess den Kräften des Kapitals abgerungen wurde.
Letztlich
geht es nicht um Geldkreisläufe, so wichtig sie auch für das
funktionieren des Systems des Kapitals sind, sondern um
Kapitalakkumulation zum Zwecke der Generierung von Profit. Das Ganze
hat mit Wertschöpfung zu tun und diese erfolgt eben nur in der
materiellen Produktion, unter Ausnutzung des Umstandes, das der
Mensch in der Lage ist, mehr Wert zu schaffen, als seine eigene
Arbeitskraft Wert ist! Was aber, wenn auf Grund der
Produktivkraftentwicklung immer weniger Menschen in der Produktion
gebraucht werden, somit auch immer weniger Wertschöpfung
stattfindet, aber immer mehr Kapital zur Akkumulation zur Verfügung
steht?
Wie
schon geschrieben, Kapital muss akkumulieren, wenn dieses in der
realen Wirtschaft mittels Wertschöpfung immer weniger möglich ist,
akkumuliert es fiktiv! Damit aber das Ergebnis dieser Akkumulation
letztlich in realen Profit umgewandelt werden kann, wird der Staat
gebraucht und genutzt. Dieser wird verpflichtet sich zu verschulden,
um die Ergebnisse zukünftiger Wertschöpfung heute schon
abzuschöpfen. Fraglich nur wie weit in die Zukunft vorgegriffen
werden kann? Fest steht, dass heute schon in einem Maße vorgegriffen
wurde, welches bei weiterer Entwicklung weit über die realistischen
Möglichkeiten der Zukunft hinausreicht. Zu sehen ist das gegenwärtig
sehr gut an den verschiedensten Bankenrettungsprogrammen, wobei
diverse Rettungsschirme für „notleidende“ europäische Staaten
sich bei genauer Betrachtung auch als solche entpuppen. Letztlich
dient diese Bankenrettung nur der sicheren Umwandlung von fiktiven in
reales Kapital und somit in reale Gewinne! Auch in diesem Fall ist
Geld,
wie auch eventuelle Zinsen nur Mittel zum Zweck, nicht der Zweck! Ebenfalls wäre zu Fragen, welchem Zweck
die aufgenommen Kredite dienten, welche heute etliche Staaten an den
Rande des Ruins treiben? Wie im privaten Bereich, handelte es
sich in erster Linie um „Konsumentenkredite“, mit welchen in den
meisten Fällen Waren und Dienstleistungen bezahlt wurden, oft aus
den Ländern, aus denen die Kredit gebenden Banken stammen. Zurecht
wird die dahinter steckende Verschmelzung von Bank- und
Industriekapital, Finanzkapital genannt. Eine erfolgreiche Symbiose
seit über 100 Jahren! Der Staat wiederum ist ein Instrument dieser
Symbiose, welcher die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen
und die Interessen zu waren und durchzusetzen hat. Diesen Interessen
folgend könnte von einem Zwang zur Verschuldung gesprochen werden,
ansonsten nicht! Letztlich zeigt staatliche Praxis in wessen
Interesse sich verschuldet wird und in wessen Interesse nicht, im
letzteren Fall wird dann das Lied von diversen Sparzwängen gesungen.
Was
in diesem Zusammenhang nun die „hohe“ Politik betrifft, so wäre
zum einen zu klären, was unter Politik
verstanden wird und in diesem Zusammenhang die Rolle der Selben. Aber
selbst im Falle der Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, geht
es nicht um irgendeinen Zinsfuß, sondern um Kapitalverwertung, um
den Reproduktionsprozess und dessen Beschleunigung. Übrigens wird in
einem Krieg jegliche Form von Waren vernichtet, welches deren
Reproduktion erforderlich macht. Das in diesem Fall insbesondere die
Ware Arbeitskraft der Vernichtung anheim fällt, muss nicht gesondert
erwähnt werden. So waren im Ergebnis des zweiten Weltkrieges nicht
nur die Grundlage des bundesdeutschen „Wirtschaftswunders“
geschaffen worden, sondern auch ca. 6 Millionen arbeitslose Deutsche
(1932) in ca. 6 Millionen tote Deutsche (1945) verwandelt. Im
Ergebnis des zweiten Weltkrieges lagen nicht nur Europa, Nordafrika,
weite Teile Asiens in Schutt und Asche, sondern es waren auch über
50 Millionen Menschen umgekommen.
Dabei
war in diesem Zusammenhang der Krieg nicht der „Vater aller Dinge“,
sondern ein Instrument die Kapitalakkumulation am Laufen zu halten.
Krieg steht für Zerstörung und auch wenn Schöpferkraft eine
zerstörende Seite hat, ist Zerstörung nicht gleicht Schöpferkraft.
Imperiale Kriege haben die Menschheit in ihrer Entwicklung immer
zurückgeworfen, selbst wenn es Profiteure gegeben hat, das
allein schon auf Grund der immensen Produktivkraftvernichtung,
mit welchen sie verbunden sind. Ganz kann Kriegen allerdings
Schöpferkraft nicht abgesprochen werden, aber nur wenn sie im
Ergebnis die Ursachen ihres Seins beseitigen, also das System,
welches sie hervorgebracht hat, wie es am Ende des zweiten
Weltkrieges in einigen Ländern durchaus der Fall gewesen ist, in dem
versucht wurde ein sozialistisches, ein von Ausbeutung freies System
aufzubauen. Doch auch ohne Krieg werden heute immer mehr Produktivkräfte
in Destruktivkräfte verwandelt und das nicht folgenlos, die
gegenwärtigen Auseinandersetzungen in den verschiedensten
europäischen Staaten (z. B. Griechenland, Portugal, Spanien) zeugen
davon.
Auch
handelt es sich nun nicht um eine „Liquiditätsfalle“ in welche
getapst wurde und selbst wenn der Geldfluss ins stocken geraten
würde, wären die Folgen nicht so verheerend, wie im Falle eines
stockenden, oder gar unterbrochen Warenflusses. Die Umsetzung einer
„freiwirtschaftlichen Geld- und Bodenreform“ nach Gesell stellen
hingegen keine Lösung für die gegenwärtigen, dem kapitalistischen
Wirtschaften entspringenden und entsprechenden Problemen dar, da
diese nicht das kapitalistische System, mit seiner Grundlage des
Privateigentums an den entscheidenden Produktionsmitteln in Frage
stellen. Gedacht sei in diesem Zusammenhang auch daran, dass die
deutschen Faschisten durchaus ihre Freude an den Theorien von Gesell,
aber auch an der Philosophie eines Nietzsche hatten und das nicht
ohne Grund!
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