Eine bezeichnende Entwicklung, vom Kopf auf die Füße.
Folgenden Text habe ich mit Genehmigung des Autors aus dem ach so sozialem Netz übernommen, er ist interessant, vor allem weil der Gegenstand interessant und einiges vom Kopf auf die Füße gestellt wird. Oft werden historische Vergleiche bemüht, allerdings selten im konkret historischen Sinn und im Vergleich nicht korrekt. Im folgenden Text ist es anders und so werden Vergleiche aufgearbeitet und die eigentliche Kette aktueller gesellschaftlicher Entwicklung aufgezeigt, gelegentlich ist die Geschichte eben schon etwas weiter, als oft unterstellt.
Im Zuge des Compact-Verbotes ist nun vermehrt, unter denen zumindest, die nicht völlig vernagelt sind, wieder die "Niemöller-Formel" zur Anwendung gekommen. Die ist im Kern so gebaut:
"Zuerst holten sie die Kommunisten. Ich sagte nichts, ich war ja kein Kommunist. Dann holten sie die..., dann die ... . Als sie mich holten, war niemand mehr da, der etwas hätte sagen können."
Der tragende Gedanke ist sehr richtig: Unter Faschisierung und Faschismus nützt weniges dem Gegner so sehr wie die "selektive Solidarisierung", die sich nur regt, wenn die "eigenen Leute drankommen".
Trotzdem ist die Niemöller-Formel falsch, wenn sie so auf die Vorgänge um Compact und vorhergehende Medienverbote, die in etwa das "national-liberale" Spektrum betrafen, angewandt wird, als müsse es etwa lauten: "ZUERST holten sie Compact. Ich sagte nichts, ich war ja kein Neurechter...". Dies stellt den Prozeß, den geschichtlichen Verlauf der Faschisierung auf den Kopf. "Compact" ist nicht der Anfang, nach welchem nun auch andere, etwa "Linke", sich warm anziehen müßten, weil sie als nächste drankommen können. Sondern "Compact" ist der Endpunkt dessen, was in der BRD, vor und erst recht nach der "Wiedervereinigung" genau so begann, wie es bei Niemöller gesagt wird: Zuerst und lange Zeit fast ausschließlich gegen die Kommunisten. Mit einem Kriegszug der Verbote, der Existenzvernichtung, des Cancel Culture, der Illegalisierung gegen alles, was auch nur riecht nach KPD, nach Thälmann, nach marxistisch-leninistischer Massenorganisation, nach Stalin, nach SED, nach sozialistischem Staatsdiener, nach sozialistischem Bürger, nach sozialistischer Kultur und Wissenschaft, nach sozialistischer Erziehung, nach sozialistischem Familiensinn, nach sozialistischem Antifaschismus und Internationalismus, nach sozialistischen Eigentumsverhältnissen, nach sozialistischer Verfassung.
Typischerweise kam kaum jemand nach dem in der BRD bis heute geltenden KPD-Verbot auf den Gedanken, Niemöller zu zitieren. Aber DA ging es los, "Compact" ist Endphase, nicht umgekehrt.
Gegen Ende der 1980er Jahre studierte ich nach Musik noch Slawistik (Hauptfach Russisch) aufgrund einer Leidenschaft für russische Musik. Als ich begann, existierte die Sowjetunion noch, einige Semester später nicht mehr. Als recht bescheuklappter Musiker und Schöngeist verstand ich nicht wirklich was vor sich ging. Aber später, mit den Jahren und Jahrzehnten rückblickend sehr wohl. Alles was in dieser West-Slawistik (-Russistik) gelehrt wurde, war ein gigantisches Cancel Cultur, zur Vernichtung materialistischer Wissenschaft, angefangen bei den Lehrplänen und natürlich fortgesetzt in der existentiellen Ausschaltung unzähliger Wissenschaftler, die nicht auf der neuen CIA-BRD-Linie waren. Sogar das Wort "Slawistik" mußte jetzt mit V geschrieben werden. Das Ergebnis war nicht nur antisowjetisch, "antistalinistisch", antikommunistisch, sondern antirussisch. Im Ergebnis war jedes vernünftige Verhältnis zur russischen und sowjetischen Geschichte, Kultur Wissenschaft, Literatur untergraben. Die Doktoranden waren Homunkuli, die DAAD und andere Tarnorganisationen zur akademisch camouflierten Wühlarbeit hinter die Ostfronten schicken konnten.
Ich stelle klar: Mit konsequenter Illegalisierung und Cancel Culture gegen den Leninismus meine ich nicht alberne Leninbildchen auf belanglosen Leserbriefseiten, die jährlich in ebenso albernen "Verfassungsschutzberichten" erwähnt werden.
Dies klargestellt, wäre MEIN Niemöller-Zitat etwa so:
"Als sie die Stalin-Denkmäler niederrissen, sagte ich nichts, ich war ja kein "Stalinist". Als "Bürgerrechtler" die "Stasizentrale" stürmten, die DDR liquidiert und "angeschlossen" wurde, die SED zerstört, die Verhaftungen begannen, das DDR-Volk materiell und politisch enteignet wurde, die Lenin-Statuen niedergerissen, die Straßen und Plätze umbenannt wurden, sagte ich nichts, ich war ja sowieso BRD-Bürger. Als abermillionen DDR-Bürger berufsverboten erhielten, sonst wie entlassen, ihre Qualifikationen und Altersvorsorge aberkannt, sie "umgeschult" wurden, sagte ich nichts, als freischaffender Musiker war mein Leben sowieso schon prekär. Als das Thälmann Denkmal entwürdigt wurde, sagte ich nichts, das kam ja von der Linkspartei. Als meine eigene KP nach dem Kiewer Maidan rabiat unter dem "Querfront"-Vorwand "gesäubert" wurde, sagte ich nichts, denn es waren ja "Marxisten", die das taten. Bis ich plötzlich selber rausgesäubert war."
So ginge es weiter über Jebsen, Coronamaßnahmenkritiker, "Klimaleugner", "Putinversteher", antifaschistische Unterstützer der SMO ... bis irgendwann, vorläufiger Endpunkt, zu "Compact". Aber: Wenn schon Niemöller, dann bitte in der RICHTIGEN REIHENFOLGE!
Ich lese heute einen Freien Sachsen, der gegen Faeser betont: Er sei als "Bürgerrechtler" der ersten Stunde schon 1989 im "Widerstand" gegen die DDR gewesen.
Der gute Mann sollte sich klarmachen, daß er durch seine damalige (gesteuerte) Aktivität selber als Miturheber am Anfang jenes "Cancel Culture" unvorstellbaren Ausmaßes steht, dessen Opfer er JETZT, in der Endphase der Faschisierung, ebenfalls wird: Die Konterrevolution frißt ihre Kinder. Wenn er glaubt, sein "Compact" sei ein Auftakt, dann hat er das sozialökonomische und politische Wesen des NATO-Faschismus immer noch nicht verstanden.
Wir andern wissen nicht erst seit heute, daß die Wörter "Kommunist" und "Legalität" in der BRD seit langem unvereinbar sind.
Klaus Linder
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