Strömung des Opportunismus in der Arbeiterbewegung,
deren Besonderheit darin besteht, dass sie ein ganzes System der
Revision des Marxismus (später des Marxismus-Leninismus) zur
theoretischen Begründung der opportunistischen Politik entwickelt sowie
die Errungenschaften des Sozialismus entstellt und negiert. Der
Revisionismus fordert die Korrektur der theoretischen und politischen
Grundlagen des Marxismus-Leninismus mit dem Ziel, den revolutionären
Inhalt der wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse zu
beseitigen und durch bürgerliche Theorien zu ersetzen. Der Revisionismus
ist eine internationale Erscheinung, die sich beim Übergang des
Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Monopolkapitalismus in der
Arbeiterbewegung herausbildet. Er ist die opportunistische Reaktion
bestimmter kleinbürgerlich beeinflusster Schichten in der
Arbeiterbewegung, insbesondere der vom Imperialismus korrumpierten,
privilegierten Teile der Arbeiterklasse – der Arbeiteraristokratie und
-bürokratie -, auf die Verschärfung des Klassenkampfes und die neuen
Bedingungen des Kampfes um den Sozialismus in der Epoche des
Imperialismus.
Seinem Klassencharakter nach ist er das Produkt des Einflusses der bürgerlichen
Ideologie auf
die Arbeiterklasse und die Arbeiterbewegung. Der Siegeszug des
Marxismus in der internationalen Arbeiterbewegung zwang seine Gegner in
der Arbeiterbewegung, sich marxistisch zu maskieren, um die Ideen des
Marxismus zu bekämpfen. Zum „Stammvater“ des Revisionismus wurde der
deutsche Sozialdemokrat E. Bernstein, der alle grundlegenden Prinzipien
und Thesen des Marxismus unter dem Vorwand seiner Ergänzung und
Weiterentwicklung revidieren.
Die marxistische
Weltanschauung
wurde durch den Neukantianismus und den Empiriokritizismus, die
revolutionäre Dialektik durch einen flachen Evolutionismus ersetzt. Der
Revisionismus leugnet die von K. Marx und F. Engels nachgewiesenen
Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Entwicklung. Die Entstehung von
Monopolen schwäche den Grundwiederspruch zwischen Kapital und Arbeit ab
und führe zu einer Milderung der Klassengegensätze. An die Stelle der
revolutionären Beseitigung der kapitalistischen Ausbeuterordnung müsse
die evolutionäre Durchdringung des Kapitalismus durch den Sozialismus,
das friedliche Hineinwachsen in den Sozialismus, treten.
Der Revisionismus verneint
die Lehre vom Klassenkampf und von der Diktatur des Proletariats: Der
bürgerliche Staat sei kein Organ der Klassenherrschaft der Bourgeoisie,
sondern klassenindifferent; der Ausbau der bürgerlichen Demokratie wurde
zur vorrangigen Aufgabe der Arbeiterbewegung erklärt. Das Wesentliche
des Revisionismus ist also, dass er den Marxismus durch bürgerliche
Anschauungen verwässert und ihn teils völlig durch sie ersetzt und damit
der revolutionären Arbeiterbewegung das theoretischen Fundament ihres
Kampfes für die Beseitigung der kapitalistischen Gesellschaft und den
Aufbau des Sozialismus nimmt. Die Revisionistischen Thesen wurden und
werden jedoch durch die Geschichte selbst widerlegt: durch die
kapitalistischen Wirtschaftskrisen, durch die
allgemeine Krise des Kapitalismus,
durch die demokratischen und nationalen Revolutionen, durch die Große
Sozialistische Oktoberrevolution und das Entstehen des sozialistischen
Weltsystems nach dem zweiten Weltkrieg. Der Revisionismus war daher
gezwungen, sich der veränderten Lage anzupassen. Nach dem Sieg der
Großen Sozialistischen Oktoberrevolution richtete er seine Angriffe
verstärkt gegen die marxistisch-leninistische Revolutionstheorie und
Staatslehre. Der sozialistischen
Demokratie
stellt er die Forderung nach einer fiktiven „reinen“ Demokratie
gegenüber. Der sozialistischen Planwirtschaft begegnete er mit der
Theorie von der „Wirtschaftsdemokratie“. Er schloss sich dem
Antisowjetismus und Antikommunismus zunächst in der Weise an, dass er
die Lehren W. I. Lenins, den Marxismus entgegenstellte und verunglimpfte
und versuchte, den Leninismus und den Sozialismus als „rein russische
Angelegenheit“ abzutun. Als sich nach dem zweiten Weltkrieg das
sozialistische Weltsystem herausbildete und der Kapitalismus in die
dritte Etappe seiner allgemeinen Krise eintrat, war auch über diese
Version des Revanchismus das Urteil gesprochen.
Dem zunehmenden Einfluss der sozialistischen Länder
und der kommunistischen Parteien trat der Revisionismus mit einer
politischen Taktik der Differenzierung und Aufweichung entgegen. Er nahm
immer mehr offene konterrevolutionäre Positionen gegenüber dem
Sozialismus ein. Eine Hauptthese des Revisionismus war die von der
gegenseitigen Annäherung (Konvergenz) von Kapitalismus und Sozialismus.
Mit Hilfe der Konvergenztheorie versuchte der Revisionismus, die Einheit
der internationalen kommunistischen Bewegung zu untergraben, und wendet
sich gegen die historischen Notwendigkeit der proletarischen Revolution
und der Diktatur des Proletariats beim Übergang vom Kapitalismus zum
Sozialismus, gegen die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer
marxistisch-leninistischen Partei im Kampf gegen den Imperialismus und
Kolonialismus, gegen die Leninschen Normen des Parteiaufbaus, vor allem
gegen den demokratischen Zentralismus, wie auch gegen den proletarischen
Internationalismus und öffnete damit der Konterrevolution Tür und Tor.
Dieser Politik entsprechen solche Thesen im Arsenal des „modernen“
Revisionismus wie die von der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution
als einem nationale begrenzten Ergebnis in einem rückständigen Land, das
keine Allgemeingültigkeit besäße; vom Vorhandensein objektiver
unüberwindlicher Widersprüche zwischen den sozialistischen Staaten als
beständig und gesetzmäßig wirkende Faktoren; von einem objektiven
Widerspruch zwischen der sich entwickelnden Basis und einem sich
angeblich nicht entwickelnden Überbau als dem Grundwiederspruch der
sozialistischen Gesellschaft. Durch eine „Erneuerung“ soll ein „echter“,
„demokratischer“, „humaner Sozialismus“ entstehen, der dem
wissenschaftlichen Kommunismus von Marx, Engels und Lenin
entgegengesetzt wird. Dazu wird – ausgehend von der illusionären
Vorstellung von der Möglichkeit einer Demokratie „an sich“ – nach dem
Muster der bürgerlichen Demokratie und unter Ignorierung des Inhalts der
sozialistischen Demokratie eine qualitative „Erweiterung“
bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten gefordert und einem
Pluralismus in Partei, Staat, Wirtschaft und Ideologie das Wort geredet,
der unter sozialistischen Verhältnissen einzig und allein dazu dienen
soll, die Macht der Arbeiterklasse und die führenden Rolle ihrer Partei
zugunsten konterrevolutionärer Interessen und Ideologien
zurückzudrängen. Gelingt es ihm, in den sozialistischen Ländern Einfluss
zu gewinnen, untergräbt er die sozialistische Staatsmacht, das
gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln und die führende
Rolle der marxistisch-leninistischen Partei. Hier wird sein offen
konterrevolutionärer Charakter besonders deutlich. Der „moderne“
Revisionismus verfälscht das Verhältnis zwischen Arbeiterklasse und
Intelligenz unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen
Revolution. An Stelle des Bündnisses von Arbeiterklasse und Intelligenz
solle ein neuer historischer Block treten, in dem die Intelligenz und
andere „Eliten“ die führende Rolle haben sollen.
Diese Definition ist entnommen aus: „KLEINES POLITISCHES WÖRTERBUCH“ Dietz Verlag Berlin 1986, sechste Auflage.
Eine Anmerkung: Nun habe ich den
Text abgeschrieben und die Zeitform an der einen oder anderen Stelle
geändert. Dabei habe ich auch darüber nachgedacht, den Text komplett
umzuschreiben und der Gegenwart anzupassen. Davon habe ich erst einmal
Abstand genommen, da dieser Text an seiner Gültigkeit nichts verloren
hat und in der praktischen Auseinandersetzung zu beobachten ist, dass
gerade, unter dem Gesichtspunkt der sich gegenwärtig permanent
verschärfenden Krisen im Kapitalismus, der Revisionismus neu wappnet und
in den verschiedensten Formen daherkommt.
Nach dem die sozialistischen Staatengemeinschaft
aufgehört hatte zu existieren, war dieses ein Sieg für das
kapitalistische Gesellschaftssystem, welcher ohne der kräftigen
Unterstützung des Revisionismus so nicht möglich gewesen wäre. Dabei
wurden die Wirkung revisionistischer Ideen sicher durch die
Entwicklungen in den sozialistischen Ländern selbst befördert. Letzteres
wiederum ist ein Thema, welches durchaus der Auseinandersetzung bedarf,
gerade auch um die entsprechenden Schlüsse für zukünftige,
gesellschaftlich Entwicklungen ziehen zu können. Gegenwärtig ist zu
beobachten, dass gerade die Geschichtsaufarbeitung vom revanchistischen
Standpunkt aus forciert betrieben wird, dieses vor allen auch in Form
des Kampfes um die Deutunghoheit geschichtlicher Ereignisse und
Entwicklungen. Dabei ist zu beobachten, dass so etwas wie eine
kommunistische Bewegung, nicht nur in der Bundesrepublik, wiedereinmal
in den Kinderschuhen steckt.
Aus historischer Erfahrung heraus, kann aber
abgeleitet werden, dass gerade sich verschärfenden Krisen, besonders
auch die Zuspitzung des Grundwiderspruchs des Kapitalismus,
bestimmte Entwicklungen beschleunigen. Dabei handelt es sich sicher
nicht um automatische und zwangsläufige Entwicklungen, selbst wenn diese
gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten geschuldet sind, sondern um sich
in der Auseinandersetzung formierende Alternativen.
Schaue ich nun in die Mailingliste der
Freidenker, kann gerade dieses beobachtet werden. Da geht es nicht nur
um die verschiedensten Ideen gesellschaftlicher Erneuerungen, sondern
auch um die Wertung historischer Entwicklungen. Dabei scheiden sich
gerade die Geister an der Einschätzung des Sozialismus in der DDR. In
diesem Zusammenhang hatte ich an anderer Stelle einmal darauf
hingewiesen, dass die Stellung zur DDR, eigentlich die Gretchenfrage der
sich links nennenden ist.
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