Form des gesellschaftlichen Bewusstseins mit
Weltanschauungscharakter. Gesamtheit von Anschauungen, Emotionen und
Kulthandlungen, deren Wesen in einer phantastisch verzerrten,
illusionären Widerspiegelung der Natur und der Gesellschaft im
Bewusstsein der Menschen besteht. Dieses Wesensmerkmal ist allen
Religionen, von den frühesten in der Urgesellschaft (Magie, Zauber,
Totemismus) über die polytheistischen Stammes- und Volks-Religionen bis
zu den entwickelten Formen des Monotheismus (Christentum, Islam,
Buddhismus), gemeinsam.Da die religiösen Anschauungen den Ursprung und
das Wesen der Welt letztlich in einer übernatürlichen, geistigen Macht
sehen, sind sie ihrem Inhalt nach eng verwandt mit dem objektiven
Idealismus. Die Entstehung, Veränderung und auch das allmähliche
Absterben der Religion gehen notwendig aus dem materiellen Lebensprozess
der Menschen hervor.
In ihren frühesten Formen widerspiegelte die Religion
zunächst die Abhängigkeit der Menschen von den elementaren
Naturgewalten, die sie infolge der geringen Entwicklung der
Produktivkräfte noch nicht beherrschen konnten. Die nicht erkannten,
daher noch geheimnisvollen Naturkräfte widerspiegelten sich in den
religiösen Anschauungen als übernatürliche Mächte, und die Menschen
suchten ihre Ohnmacht gegenüber den natürlichen Mächten zu überwinden,
indem sie die Geister (später Götter) durch Opfer, Beschwörung, Gebete
usw. günstig zu stimmen suchten und um Hilfe baten. Nach dem Aufkommen
der Klassengesellschaft entstand für die Volksmassen eine neue Form der
Abhängigkeit und Ohnmacht, die in der weiteren Entwicklung zur
wichtigsten Grundlage der Religion wurde: „Aber bald treten neben den
Naturmächten auch gesellschaftliche Mächte in Wirksamkeit, Mächte, die
den Menschen ebenso fremd und im Anfang ebenso unerklärlich
gegenüberstehen, sie mit derselben scheinbaren Naturnotwendigkeit
beherrschen wie die Naturmächte selbst. Die Phantasiegestalten, in
denen sich anfangs nur die geheimnisvollen Kräfte der Natur
widerspiegelten, erhalten damit gesellschaftliche Attribute, werden
Repräsentanten geschichtlicher Mächte.“ (Engels, MEW, Band 20, S. 294)
Die monotheistischen
Weltreligionen, insbesondere das Christentum, sind ein Ergebnis der
antagonistischen Klassengesellschaft mit ihren Verhältnissen der
Ausbeutung und Unterdrückung. Entstanden als Ausdruck der
Unzufriedenheit und zugleich der Ohnmacht der ausgebeuteten Volksmassen,
wurde z.B. das Christentum sehr bald zur Staatsreligion und in den
Dienst der ausbeutenden Klasse gestellt.. „Denjenigen, der sein Leben
lang arbeitet und Not leidet, lehrt die Religion Demut und Langmut
hienieden und vertröstet ihn mit der Hoffnung auf himmlischen Lohn.
Diejenigen aber, die von fremder Arbeit leben, lehrt die Religion
Wohltätigkeit hienieden, wobei sie ihnen eine recht billige
Rechtfertigung ihres ganzen Ausbeuterdaseins anbietet und
Eintrittskarten für die himmlische Seligkeit zu erschwinglichen Preisen
verkauft.“ (Lenin, Band 10, S. 70/71) Deshalb bezeichnet K. Marx die
Religion auch als „das Opium des Volkes“ (Marx, MEW, Bd. 1, S. 378) und
charakterisiert damit ihr Wesen. Die in der kapitalistischen
Gesellschaftsordnung spontan wirkenden Gesetze der kapitalistischen
Produktionsweise, die zu sozialer Unsicherheit, Krisen und verheerenden
Kriege führen, sind auch in der Gegenwart die soziale Basis für das
Fortbestehen religiöser Auffassungen. Solange die Menschen den Gesetzen
der kapitalistischen Gesellschaft ausgeliefert sind, erscheinen die
kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse als unwandelbare überirdische
Mächte. Zu allen Zeiten versuchten die Ausbeuterklassen mit Hilfe der
Religion die unterdrückten Massen nieder zuhalten. Auch in der Gegenwart
wird versucht religiöse Gefühle dazu zu missbrauchen, die Werktätigen
der kapitalistischen Länder von der Erkenntnis und der Verfechtung ihrer
wahren Interessen abzuhalten und sie mit der kapitalistischen
Gesellschaft zu „versöhnen“ (politischer Klerikalismus).
— Wird fortgesetzt —
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