Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Mittwoch, 20. Februar 2013

Die Macht des Formfehlers ...

Gedanken zu zwei Beiträgen in der MZ, welche ich als Kommentare in der Internetausgabe der Zeitung hinterlassen habe. Der erste Beitrag ist mit: „Drei Gemeinden sind nach Gerichtsurteil wieder selbstständig“ überschrieben und hat die verschiedensten Kommentare erhalten. Die Meinungen gehen zum Teil erheblich auseinander, wobei jede Fraktion ihre Vertreter gefunden hat. Da es auch in diesem Zusammenhang angebracht ist, über manchen Begriff nachzudenken, manchen Vorgang zu veranschaulichen, aber auch die Rolle von Institutionen im demokratischem Gefüge zu beleuchten, schrieb ich folgende Bemerkung:

So ist es mit amtlichen Verordnungen, welche mittels Parlament einen demokratischen Anstrich bekommen, sie können auch schon mal in Frage gestellt werden. Dabei wäre es ein leichtes gewesen, der Gebietreform zumindest im Nachhinein einen demokratischen Anstrich zu verpassen, in dem man die Bürger an die Wahlurnen beordert. Kommunal und Bürgermeisterwahlen, den veränderten Verhältnissen entsprechend, hätten sicher gute Dienste geleistet, … nur wie wären diese ausgegangen?
Jetzt zu jammern, jetzt zu jubilieren, gibt es keinen Grund, letztlich müssen die Einwohner der Kommunen die Suppe auslöffeln, welche übergeordnete Politik ihnen eingebrockt hat. Allein ist das nichts neues, denn es ist immer so und aus diesem Grund, entgegen der verschiedensten Behauptungen, von untergeordneter Relevanz! 
In mehreren Beiträge wird die Eigenständigkeit der Kommunen angesprochen, welche aller Illusionen zum trotze, durch dieses Urteil nicht gestärkt wurde. Zum einen ist das Urteil wegen eines verwaltungstechnischen Formfehlers ergangen und zum anderen werden Kommunen mittels permanenter Unterfinanzierung in ganz andere Abhängigkeiten gezwungen. Nicht zu vergessen, es gibt die verschiedensten Aufsichtsbehörden, welche über die entsprechenden Instrumentarien verfügen und wissen wie Kommunen zu disziplinieren sind. Die Quedlinburger Verwaltung glänzt in solchen Fällen oft mit vorauseilendem Gehorsam und wenn ihr nicht mittels Bürgerwillen, wie zum Beispiel im Falle der geplanten Privatisierung der Stadtwerke vor Jahren, entgegengetreten wird, hat sie damit auch Erfolg, kommunale wirtschaftliche Substanz ohne jede Not, wie gegenwärtig im Falle des Krematorium angestrebt, zu privatisieren. Das damit der eigene Handlungsspielraum eingeschränkt wird, wird gern ignoriert und sich „freudig“ in weitere finanzielle Abhängigkeiten gegenüber Kreis, Land, Bund etc. begeben.

Ach ja und hatte Quedlinburg nicht sogar die Möglichkeit sich dieser Zwangszuordnung zu entziehen und gab es nicht im Rat durchaus Stimmen, welche gegen den Zusammenschluss unter den damaligen Bedingungen waren? Jetzt zu Jammern nutzt wenig, eher bieten sich neue Möglichkeiten, auch im Zusammengehen, welche nicht ungenutzt verstreichen sollten! Es bestehen neue Bedingungen aufeinander zuzugehen, sich anzunähern und auch gemeinsame Wege zugehen. Dabei kann schon erreichtes in der Zusammenarbeit durchaus hilfreich sein, in jedem Fall sollte es nicht verworfen werden.

 Pyrrhussieg“ ist ein Kommentar in der MZ zum Urteil zur Gebietsreform, im Zusammenhang mit der Eingemeindung von Bad Suderode, Gernrode und Rieder zu Quedlinburg, überschrieben und etwas anderes ist es auch nicht, wenn das Ergebnis betrachtet wird. Zwar ist es nicht unbedingt die Kostenkeule, welche nicht nur in diesem Zusammenhang gern geschwungen wird, sondern die Entwicklungen selbst, welche im Laufe der Zeit stattgefunden haben und dieses Ergebnis in Frage stellen. Einiges wird korrigiert werden müssen, andere Entwicklungen werden unter Umständen erst einmal auf Eis gelegt. Besonderes Thema wird das Kurzentrum bleiben und wie die drei Kommunen nun entscheiden werden, wird in erster Linie von ihren Möglichkeiten abhängen. Die beschlossene Schließung eventuell aufgehoben, was für die Privatisierung nicht unbedingt der Fall sein muss.
Eine Aufhebung der Schließung ist Vordergründig im Interesse der vom Kurzentrum abhängigen Gewerbetreibenden in Bad Suderode, ob dieses aber die notwendige Planungssicherheit für diese Unternehmen schafft, ist fraglich. Zu begrüßen wäre in diesem Zusammenhang, wenn die Kündigungen der Mitarbeiter zurück genommen werden und diese somit auch im Falle einer Privatisierung des Kurzentrums sich nicht verschlechtern würden.
Zum Kommentar habe ich folgenden Kommentar hinterlassen:

Ein interessanter Gedanke: „die Verletzung einer Formalie ist eben keine Marginalie, sondern kann ein Gesetz ungültig machen“! Nur was bedeutet dieses, etwa dass die Verletzung von Formalien, Gesetze zu Fall bringen können? Da dürfte es doch eigentlich keine Gesetze mehr geben, wenn dem so ist! Das in diesem Zusammenhang juristischen Gesetzen oft Eigenschaften natürlicher Gesetze angehaftet werden, sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, das erstere ein Rechtsakt höchster Staatsgewalt sind und im Gegensatz zu Naturgesetzen vom Menschen für Menschen gemacht.
Das hingegen die Steuerzahler die Zeche zu begleichen haben, ist nicht neu und alles andere als Ungewöhnlich, wobei dieser Fall sicher nicht den Trend allgemein üblichen Taschengrabschens begründet. Dabei hat dieser Vorgang in diesem Zusammenhang durchaus etwas „gutes“, der „Steuerzahler“ sieht warum ihm in die Tasche gegrabscht wird. Ansonsten sicher viel Wind um recht wenig, der Weg ist das Ziel, das Ziel ist egal, was rauskommt, … darüber kann im nachhinein nachgedacht werden. Letztlich sind solche Aktionen immer Interessen geschuldet, aus bestimmten Interesse heraus wurde die Gebietsreform den Kommunen aufgedrückt, aus einem bestimmten Interesse heraus sträuben sich Kommunen dagegen und aus einem bestimmten Interesse heraus wird es letztlich eine Einigung geben. Das hingegen Kommunen unterhalb einer bestimmten Einwohnerzahl nicht existieren können, ist allerdings ein Märchen, aber auch dieses ist Interessen geschuldet. Die Tatsache, dass Kommunen bis vor kurzem ohne Umstände auch mit weniger als 10.000 Einwohner leben konnten, widerlegt die Aussage und zeigt, dass auch hier Interessen mittels Politik durchgesetzt werden. Größere Strukturen haben für die Beherrschbarkeit der Bevölkerung einen entscheidenden Vorteil, welcher in der Anonymisierung der Verwaltung fußt und so unpersönlicherem, technokratischem Agieren Vorschub leistet. Gespart, wie oft vorgegeben, wird hingegen nicht, das ist gut zusehen, wenn die Folgen der etwas älteren Kreisgebietsreform betrachtet werden.   

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