Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Freitag, 17. März 2017

… zur Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Philosophie

Ein älteres Heftchen fiel mir in die Hand, Lesematerial zum Unterricht und wie ich feststellen konnte, ist der Inhalt nach wie vor aktuell, wenn auch nicht gerade Populär. Im folgenden der erste Text mit Quellenangabe:
  1. Zur Auseinandersetzung mit der imperialistischen Freiheitsdemagogie
Großmann, H.: Falsche Reden über Freiheit.
Aus: Frieden, Freiheit und Verteidigung.
Berlin 1985, S. 152 – 157

Die von der NATO vertretene These von der Verteidigung des Friedens in Freiheit geht davon aus, dass Frieden und Freiheit verteidigungswürdige Werte allein der westlichen Welt sind. Schon die Wortwahl soll deutlich machen, dass dabei die Freiheit der übergeordnete Wert ist, dass es nicht um den Frieden schlechthin, sondern um einen ganz bestimmten Frieden geht – eben um „Frieden in Freiheit“. Da drängt sich natürlich die klassische Frage auf, die von der Arbeiterklasse immer dann gestellt wurde, wenn es galt, die Reden der herrschenden Klasse über Freiheit zu entlarven: Freiheit für wen? Freiheit für welche Klasse und zu welchem konkreten Gebrauch?
Franz Josef Strauß zum Beispiel versteht Freiheit als „primären Wert der Menschenwürde“ im „Wertesystem der Grundrechte“. Er überrascht seinen Leser mit der erstaunlichen These, dass „nur in freien Staaten freie Völker und freie Bürger leben können“. (Franz Josef Strauß: Gebote der Freiheit, Seite 21, 16.) Daraus leitet er ab: „Die Verteidigung der Freiheit nach außen und eine in friedlicher Ordnung gesicherte Freiheit im Innern ist die große politische Aufgabe schlechthin.“ Ebenda, S. 16)
Was ist das nun aber für eine Freiheit?
Bei der Suche nach einer Antwort darauf findet man nun sehr Allgemeines, Abstraktes und Unverbindliches. Da ist die Rede davon, dass „Freiheit … immer auch Bindung an sittliche Normen ist, deren stärkste Quelle die Religion“ sei, (Ebenda, Seite 13.) da wird vom Anspruch auf einen „gesicherten Freiraum“ zur „Entfaltung und Behauptung“ der Persönlichkeit gegenüber dem Staat (Ebenda, S. 13/14) gesprochen, da spielt er ein philosophisches Verwirrspiel mit der „Gleichheit der Freien“ und der „Freiheit der Gleichen“ (Ebenda, S. 23.) und postuliert ein „Spannungsverhältnis“ der Freiheit des Menschen zum „geordneten Gemeinwesen“. (Ebenda.)
Diese Argumentation charakterisiert die imperialistische Freiheitsdemagogie, die immer dann, wenn es um die positive Darstellung ihrer Freiheitsauffassung geht, abstrakt und allgemein bleibt, mit Wortfassaden operiert, wie „freie Welt“, Freiheit des Westens“, „Freiheit der Person“ und dergleichen mehr, und aus Mangel an Substanz ins Moralisieren und schlechte Philosophieren verfällt. Freiheit entpuppt sich hier als Leerformel, als zur Manipulierung gedachte Phrase. (Siehe: Denken gegen die Zeit, S. 231/232.) Sie wird derart vom realen gesellschaftlichen Leben abgehoben, wird also sozial so unscharf, dass sie das Wesen der ökonomischen und politischen Voraussetzungen vertuscht, die der Freiheit im Kapitalismus tatsächlich zugrunde liegen und die sie als die begrenzte Freiheit einer Klasse ausweisen. Und noch etwas wird sichtbar, das für gegenwärtiges bürgerliches Freiheitsverständnis typisch ist. Imperialistisches Freiheitsverständnis lebt vom „Anti“, von der Schilderung der Gefahren, die der bürgerlichen Freiheit drohen. Vielfach wird das überhaupt an die Stelle der inhaltlich-konkreten Darstellung des eigenen Freiheitsbegriffes gesetzt.
Gefahren sah Strauß vor allem im „Verlangen nach Änderung der bestehenden freiheitlichen Werte bis zu ihrem Umsturz“ im „Streben, an die Stelle der Freiheit oder über sie Gleichheit zu setzen“, im „rigorosen Eifern nach endzeitlichen Glückszuständen“. (Franz Josef Strauß: Gebote der Freiheit, S. 16.) Hier haben wir es wieder, das elitäre Freiheitsverständnis, wie wir es schon bei Nietzsche und Spengler antreffen konnten. Die „Schlacht für das Überleben des Menschen ist Freiheit, Würde und Recht“ würde, so Strauß, „in der Alternative zwischen einer Politik der Freiheit oder des Kollektivs geschlagen und entschieden“. (Ebenda, S. 18.) Die radikale Gleichheit sei „der Natur des Menschen zuwider“. (Ebenda, S. 22.) Und in bezug auf den Sozialismus lesen wir: „Eine alles nivellierende Gleichheit, wie sie der Sozialismus will …, würde die Freiheit des Menschen sinnlos machen. Sie vernichtet jedes individuelle Streben nach Fortkommen, Aufstieg und Besitz. Sie zerstört aber auch den stärksten Motor gesellschaftlicher Leistungsfähigkeit, das so viel geschmähte Leistungsprinzip.“ (Ebenda.)
Es geht bei der Losung „Verteidigung von Frieden in Freiheit“ um etwas ganz anderes als um die Verteidigung des kapitalistischen Systems. Unter der demagogischen Losung, die Freiheit zu verteidigen, soll in der Bevölkerung eine bedingungslose Kriegsbereitschaft erzeugt werden. Da diese Bereitschaft schwerlich mit einem direkten Aufruf zum Krieg vordergründig gegen den Sozialismus einst, heute hauptsächlich gegen andere Völker und Nationen, erreicht werden kann, bedient man sich des Umwegs über die Verteidigungsdemagogie, mit der der grundsätzliche Konsens, für das kapitalistische System mit der Waffe einzutreten, durchgesetzt werden soll. Die Berufung auf die bürgerliche Freiheit kann das allein nicht absichern, sie wird deshalb durch eine hemmungslose eine hemmungslose Verleumdung des realen Sozialismus, der zu diesem Zweck als Hort der Unfreiheit und alles Bösen, als Bedrohung für Frieden, Freiheit und Leben schlechthin dargestellt wird, ergänzt. So Mitte der 1980iger Jahre, heute ist der reale Sozialismus in Europa nicht mehr präsent, allerdings wird der vergangene Sozialismus nach wie vor mit den genannten Attributen belegt, was allerdings auch ein Beleg dafür ist, für die Angst der Herrschenden vor einer sozialistischen Alternative zum Imperialismus. Nach dem das sozialistische Lager zusammengebrochen war, entstand ein Vakuum, dem Imperialismus war der Feind abhanden gekommen und so wurde ein neuer Feind geschaffen und aufgebaut, der weltweit agierende Terrorismus. Dazu wurde eingene Schöpfungen, aufgebaut im Kampf gegen den Sozialismus, um Funktioniert und als neuer Feind präsentiert! Die imperialistische Freiheitsdemagogie lebt von dieser Verteuflung des Sozialismus und vom Mythos der Bedrohungslüge. Ohne sie kann die imperialistische Freiheitsdemagogie nicht auskommen, denn im Stadium des Imperialismus kann der Begriff bürgerliche Freiheit für sich genommen die Kriegsbereitschaft nicht mehr ausreichend motivieren, eben weil die Aussagen zur bürgerlichen Freiheit immer mehr mit der gesellschaftlichen Realität kollidieren. Die offen ausgesprochene Bedingung bürgerlicher Freiheit an das Privateigentum an Produktionsmittel wird nur den ansprechen, der welches besitzt, viel weniger aber jenen, der besitzlos ist.
Der bürgerliche Freiheitsbegriff ist insgesamt sehr widersprüchlich. Historisch ist er ja zunächst als Anspruch des Bürgertums auf ökonomische und politische Freiheit im Kampf gegen den Feudalismus entstanden. Dieser Anspruch musste als allgemeinmenschlicher formuliert werden. „Die revolutionierende Klasse tritt von vornherein, schon weil sie einer Klasse gegenübersteht, nicht als Klasse, sondern als Vertreterin der ganzen Gesellschaft auf, sie erscheint als die ganze Masse der Gesellschaft gegenüber der einzigen, herrschenden Klasse.“ (Karl Marx/Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie. In: MEW, Bd. 3, S. 47/48.) Nach der Machtübernahme steht die Bourgeoisie jedoch vor dem Dilemma, dass sie einerseits die bürgerliche Freiheit weiterhin als allgemeinmenschliche Freiheit deklarieren muss, zum anderen aber deutlich machen muss, wo die Grenzen des Freiheitsanspruchs in der bürgerlichen Gesellschaft liegen. „Jede neue Klasse bringt … nur auf einer breiteren Basis als die der bisher herrschenden ihre Herrschaft zustande, wogegen sich dann später auch der Gegensatz der nichtherrschenden gegen die nun herrschende Klasse um so schärfer und tiefer entwickelt. Durch Beides ist bedingt, dass der gegen diese neue herrschende Klasse zu führende Kampf wiederum auf eine entschiedenere, radikalere Negation der bisherigen Gesellschaftszustände hinarbeitet, als alle bisherigen die Herrschaft anstrebenden Klassen dies tun konnten.“ (Ebenda, S. 48.)
Die Bourgeoisie ist gezwungen, ihren Freiheitsbegriff einerseits untrennbar an das Privateigentum an den Produktionsmitteln zu binden und jeden Angriff darauf als Angriff auf die Freiheit schlechthin auszugeben. Der bürgerliche Freiheitsanspruch hat die herrschende Klasse vor dem Freiheitsanspruch der Besitzlosen und Habenichtse zu sichern. Dabei kann dann zum Beispiel von einem philosophierenden Polizeipräsidenten die Freiheit als ein System von Regeln zur Sicherung der bestehenden Ordnung aufgefasst werden. „Ein Verstoß gegen diese Regeln bringt Unterschiede mit sich, die Gewährleistung dieser Regeln Sicherheit und damit die Verwirklichung der bedingten Freiheit. Sicherheit wird damit zumindest im abgeleiteten Sinne Bestandteil der Ursehnsucht, sie ist Geborgenheit in Freiheit.“ (Manfred Schreiber/Rudolf Birkl: Zwischen Sicherheit und Freiheit, München/Wien 1977, S. 9.) Wie hatte doch Karl Marx über die Sùretè bereits 1843 geschrieben? „Die Sicherheit ist der höchste soziale Begriff der bürgerlichen Gesellschaft, der Begriff der Polizei, dass die ganze Gesellschaft nur da ist, um jedem ihrer Glieder die Erhaltung seiner Person, seiner Rechte und seines Eigentums zu garantieren. … Durch den Begriff der Sicherheit erhebt sich die bürgerliche Gesellschaft nicht über ihren Egoismus. Die Sicherheit ist vielmehr die Versicherung ihres Egoismus.“ (Karl Marx: Zur Judenfrage. In MEW, Bd. 1, S. 365/366.)
Andererseits muss der bürgerliche Freiheitsbegriff, soll er die Wehrbereitschaft aller Bürger motivieren, hinreichend verschwommen und unscharf gelassen werden. Bildhafte Ausmalen der Gefahr einer allgemeinen Bedrohung nicht des Privateigentums an den Produktionsmitteln, sondern des Lebens oder, wie Jaspers schrieb, des „lebenswerten Lebens“, der allgemeinen Sicherheit und des Glaubens ergänzt ihn.
Was allerdings von dieser Freiheit im Imperialismus wirklich zu halten ist, das lassen gelegentlich Verlautbarungen führender Monopolvertreter erkennen: „Der Mensch als solcher ist für den Betrieb nichts, die Produktion, die er ausüben kann, alles. Ganze Berufe fallen weg, und die Menschen, die sie ausüben, werden überflüssig, wenn sie nicht anders nutzbar sind: umgeschult oder umgelernt … Da sie innerer Teil des Ganzen, des Betriebes sind, sind sie ersetzbare Teile und – von der Kehrseite gesehen – Ersatzteile: Ersatzteile müssen griffbereit, daher geordnet, gekennzeichnet, katalogisiert sein, eine Nummer tragen. Das Wesentliche und Wichtige an ihnen ist die Nummer, die angibt, wie sie als Ersatzteil verwendet werden können. Ein Mensch aber, dessen Wichtigstes, dessen Wesensmerkmal für den Betrieb die Nummer ist, die er trägt, ist selber Nummer.“ (Unsere Zeit – Düsseldorf -, 30. Juni 1972.)
Die Methode, den Sozialismus zu verteufeln, funktioniert deshalb, weil den Adressaten der imperialistischen Freiheitsdemagogie in der Mehrzahl die Lehre des Marxismus-Leninismus und das Leben im realen Sozialismus unbekannt sind und im Bewusstsein der Massen das illusionäre bürgerliche Freiheitsverständnis aus der Zeit der kleinen Warenproduktion und des Kapitalismus der freien Konkurrenz fortlebt. Dieses illusionäre bürgerliche Freiheitsverständnis wurde nicht gänzlich verschüttet, es konnte aber auch noch nicht von der Freiheitsauffassung der Arbeiterklasse verdrängt werden und begünstigt deshalb die imperialistische Freiheitsdemagogie noch bei großen Teilen der Bevölkerung in den kapitalistischen Ländern. Das machen sich auch die Auffassungen, die mit der Bedrohungslüge operieren, zu nutze. Sie stellen ein ganzes Gestrüpp von Lügen und Behauptungen dar, mit denen die Friedens- und Freiheitsdemagogie gestützt werden soll.       Ende!

Kursiv geschriebenes wurde von mir im Nachhinein eingefügt. Den Text selbst habe ich aus einem Lesematerial zur Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Philosophie entnommen, zusammengestellt 1987. An Aktualität hat der Text nicht eingebüßt, auch wenn sich die gesellschaftliche Situation in Europa geändert hat. Das sozialistische Lager gibt es nicht mehr und der Imperialismus hat seine Alleinherrschaft in weiten Teilen der Welt wieder errichtet. Die sogenannte soziale Marktwirtschaft gehört der Vergangenheit an, sie hat mit dem Untergang der DDR ihre Notwendigkeit in der BRD eingebüßt und wurde nach und nach zu den Akten gelegt. Und nicht zuletzt mit den Hartz-Gesetzen gibt es eine Bestätigung für die zitierte Aussage von 1972. Der Mensch eine Nummer, was zählt ist seine Verwertbarkeit im Rahmen der Kapitalkumulation. Wenn im letzten Abschnitt zu lesen ist, dass ein Grund für den Bestand des „illusionären Freiheitsverständnis“ und den Erfolg der imperialistischen Freiheitsdemagogie, die Unkenntnis der Freiheitsauffassung der Arbeiterklasse ist, so hat sich daran nichts geändert.
Und auch wenn der Sozialismus heute in Europa nicht mehr staatlich existent ist, wird er nach wie vor verteufelt, allerdings wurden neue Teufel kreiert, gegen welche nun zu Felde gezogen wird. Das dazu die Menschen auf Kriege vorbereitet werden, ist seit dem Untergang der DDR gut zu beobachten, nicht nur das die Bundesrepublik heute wieder Kriege führt, sich an Kriegen beteiligt, es werden weiter Kriege vorbereitet und die Grundlagen für einen neuen großen Krieg geschaffen. Feindbilder werden propagiert, gepflegt und erweitert, der sogenannte internationale Terrorismus ist das Sprungbrett Staaten mit Krieg zu überziehen und neue Krisenherde zu schaffen. Die Rüstungsausgaben werden erhöht, Truppen in Bewegung gesetzt und jüngst vor allen an der russischen Grenze konzentriert und stationiert. …. Und das alles unter dem Vorwand Freiheit zu schützen, zu sichern, zu erringen und Sicherheit herzustellen. … An Aktualität hat obiges Lesematerial nicht verloren …, es ist interessant zu sehen, dass sich am Wesen des Imperialismus nichts geändert hat, er sich zwar verschiedene Masken aufgesetzt hatte, Kreide gefressen und so die imperialistische Freiheitsdemagogie mit Nachdruck vermittelte, aber die Stimme ist lang schon wieder rau geworden und die meisten Masken sind am fallen, es gelingt nur noch mühsam diese mit den verschiedensten Klammern aus Illusionen zu halten.

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