Ein älteres Heftchen
fiel mir in die Hand, Lesematerial zum Unterricht und wie ich
feststellen konnte, ist der Inhalt nach wie vor aktuell, wenn auch
nicht gerade Populär. Im folgenden der erste Text mit Quellenangabe:
Zur
Auseinandersetzung mit der imperialistischen Freiheitsdemagogie
Großmann, H.: Falsche
Reden über Freiheit.
Aus: Frieden, Freiheit
und Verteidigung.
Berlin 1985, S. 152 –
157
Die von der NATO
vertretene These von der Verteidigung des Friedens in Freiheit geht
davon aus, dass Frieden und Freiheit verteidigungswürdige Werte
allein der westlichen Welt sind. Schon die Wortwahl soll deutlich
machen, dass dabei die Freiheit der übergeordnete Wert ist, dass es
nicht um den Frieden schlechthin, sondern um einen ganz bestimmten
Frieden geht – eben um „Frieden in Freiheit“. Da drängt sich
natürlich die klassische Frage auf, die von der Arbeiterklasse immer
dann gestellt wurde, wenn es galt, die Reden der herrschenden Klasse
über Freiheit zu entlarven: Freiheit für wen? Freiheit für welche
Klasse und zu welchem konkreten Gebrauch?
Franz Josef Strauß zum
Beispiel versteht Freiheit als „primären Wert der Menschenwürde“
im „Wertesystem der Grundrechte“. Er überrascht seinen Leser mit
der erstaunlichen These, dass „nur in freien Staaten freie Völker
und freie Bürger leben können“. (Franz Josef Strauß: Gebote der
Freiheit, Seite 21, 16.) Daraus leitet er ab: „Die Verteidigung der
Freiheit nach außen und eine in friedlicher Ordnung gesicherte
Freiheit im Innern ist die große politische Aufgabe schlechthin.“
Ebenda, S. 16)
Was ist das nun aber für
eine Freiheit?
Bei der Suche nach einer
Antwort darauf findet man nun sehr Allgemeines, Abstraktes und
Unverbindliches. Da ist die Rede davon, dass „Freiheit … immer
auch Bindung an sittliche Normen ist, deren stärkste Quelle die
Religion“ sei, (Ebenda, Seite 13.) da wird vom Anspruch auf einen
„gesicherten Freiraum“ zur „Entfaltung und Behauptung“ der
Persönlichkeit gegenüber dem Staat (Ebenda, S. 13/14) gesprochen,
da spielt er ein philosophisches Verwirrspiel mit der „Gleichheit
der Freien“ und der „Freiheit der Gleichen“ (Ebenda, S. 23.)
und postuliert ein „Spannungsverhältnis“ der Freiheit des
Menschen zum „geordneten Gemeinwesen“. (Ebenda.)
Diese Argumentation
charakterisiert die imperialistische Freiheitsdemagogie, die immer
dann, wenn es um die positive Darstellung ihrer Freiheitsauffassung
geht, abstrakt und allgemein bleibt, mit Wortfassaden operiert, wie
„freie Welt“, Freiheit des Westens“, „Freiheit der Person“
und dergleichen mehr, und aus Mangel an Substanz ins Moralisieren und
schlechte Philosophieren verfällt. Freiheit entpuppt sich hier als
Leerformel, als zur Manipulierung gedachte Phrase. (Siehe: Denken
gegen die Zeit, S. 231/232.) Sie wird derart vom realen
gesellschaftlichen Leben abgehoben, wird also sozial so unscharf,
dass sie das Wesen der ökonomischen und politischen Voraussetzungen
vertuscht, die der Freiheit im Kapitalismus tatsächlich zugrunde
liegen und die sie als die begrenzte Freiheit einer Klasse ausweisen.
Und noch etwas wird sichtbar, das für gegenwärtiges bürgerliches
Freiheitsverständnis typisch ist. Imperialistisches
Freiheitsverständnis lebt vom „Anti“, von der Schilderung der
Gefahren, die der bürgerlichen Freiheit drohen. Vielfach wird das
überhaupt an die Stelle der inhaltlich-konkreten Darstellung des
eigenen Freiheitsbegriffes gesetzt.
Gefahren sah Strauß vor
allem im „Verlangen nach Änderung der bestehenden freiheitlichen
Werte bis zu ihrem Umsturz“ im „Streben, an die Stelle der
Freiheit oder über sie Gleichheit zu setzen“, im „rigorosen
Eifern nach endzeitlichen Glückszuständen“. (Franz Josef Strauß:
Gebote der Freiheit, S. 16.) Hier haben wir es wieder, das elitäre
Freiheitsverständnis, wie wir es schon bei Nietzsche und Spengler
antreffen konnten. Die „Schlacht für das Überleben des Menschen
ist Freiheit, Würde und Recht“ würde, so Strauß, „in der
Alternative zwischen einer Politik der Freiheit oder des Kollektivs
geschlagen und entschieden“. (Ebenda, S. 18.) Die radikale
Gleichheit sei „der Natur des Menschen zuwider“. (Ebenda, S. 22.)
Und in bezug auf den Sozialismus lesen wir: „Eine alles
nivellierende Gleichheit, wie sie der Sozialismus will …, würde
die Freiheit des Menschen sinnlos machen. Sie vernichtet jedes
individuelle Streben nach Fortkommen, Aufstieg und Besitz. Sie
zerstört aber auch den stärksten Motor gesellschaftlicher
Leistungsfähigkeit, das so viel geschmähte Leistungsprinzip.“
(Ebenda.)
Es geht bei der Losung
„Verteidigung von Frieden in Freiheit“ um etwas ganz anderes als
um die Verteidigung des kapitalistischen Systems. Unter der
demagogischen Losung, die Freiheit zu verteidigen, soll in der
Bevölkerung eine bedingungslose Kriegsbereitschaft erzeugt werden.
Da diese Bereitschaft schwerlich mit einem direkten Aufruf zum Krieg
vordergründig gegen den Sozialismus einst, heute
hauptsächlich gegen andere Völker und Nationen, erreicht werden
kann, bedient man sich des Umwegs über die Verteidigungsdemagogie,
mit der der grundsätzliche Konsens, für das kapitalistische System
mit der Waffe einzutreten, durchgesetzt werden soll. Die Berufung auf
die bürgerliche Freiheit kann das allein nicht absichern, sie wird
deshalb durch eine hemmungslose eine hemmungslose Verleumdung des
realen Sozialismus, der zu diesem Zweck als Hort der Unfreiheit und
alles Bösen, als Bedrohung für Frieden, Freiheit und Leben
schlechthin dargestellt wird, ergänzt. So Mitte der 1980iger
Jahre, heute ist der reale Sozialismus in Europa nicht mehr präsent,
allerdings wird der vergangene Sozialismus nach wie vor mit den
genannten Attributen belegt, was allerdings auch ein Beleg dafür
ist, für die Angst der Herrschenden vor einer sozialistischen
Alternative zum Imperialismus. Nach dem das sozialistische Lager
zusammengebrochen war, entstand ein Vakuum, dem Imperialismus war der
Feind abhanden gekommen und so wurde ein neuer Feind geschaffen und
aufgebaut, der weltweit agierende Terrorismus. Dazu wurde eingene
Schöpfungen, aufgebaut im Kampf gegen den Sozialismus, um
Funktioniert und als neuer Feind präsentiert! Die
imperialistische Freiheitsdemagogie lebt von dieser Verteuflung des
Sozialismus und vom Mythos der Bedrohungslüge. Ohne sie kann die
imperialistische Freiheitsdemagogie nicht auskommen, denn im Stadium
des Imperialismus kann der Begriff bürgerliche Freiheit für sich
genommen die Kriegsbereitschaft nicht mehr ausreichend motivieren,
eben weil die Aussagen zur bürgerlichen Freiheit immer mehr mit der
gesellschaftlichen Realität kollidieren. Die offen ausgesprochene
Bedingung bürgerlicher Freiheit an das Privateigentum an
Produktionsmittel wird nur den ansprechen, der welches besitzt, viel
weniger aber jenen, der besitzlos ist.
Der bürgerliche
Freiheitsbegriff ist insgesamt sehr widersprüchlich. Historisch ist
er ja zunächst als Anspruch des Bürgertums auf ökonomische und
politische Freiheit im Kampf gegen den Feudalismus entstanden. Dieser
Anspruch musste als allgemeinmenschlicher formuliert werden. „Die
revolutionierende Klasse tritt von vornherein, schon weil sie einer
Klasse gegenübersteht, nicht als Klasse, sondern als Vertreterin der
ganzen Gesellschaft auf, sie erscheint als die ganze Masse der
Gesellschaft gegenüber der einzigen, herrschenden Klasse.“ (Karl
Marx/Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie. In: MEW, Bd. 3, S.
47/48.) Nach der Machtübernahme steht die Bourgeoisie jedoch vor dem
Dilemma, dass sie einerseits die bürgerliche Freiheit weiterhin als
allgemeinmenschliche Freiheit deklarieren muss, zum anderen aber
deutlich machen muss, wo die Grenzen des Freiheitsanspruchs in der
bürgerlichen Gesellschaft liegen. „Jede neue Klasse bringt … nur
auf einer breiteren Basis als die der bisher herrschenden ihre
Herrschaft zustande, wogegen sich dann später auch der Gegensatz der
nichtherrschenden gegen die nun herrschende Klasse um so schärfer
und tiefer entwickelt. Durch Beides ist bedingt, dass der gegen diese
neue herrschende Klasse zu führende Kampf wiederum auf eine
entschiedenere, radikalere Negation der bisherigen
Gesellschaftszustände hinarbeitet, als alle bisherigen die
Herrschaft anstrebenden Klassen dies tun konnten.“ (Ebenda, S. 48.)
Die Bourgeoisie ist
gezwungen, ihren Freiheitsbegriff einerseits untrennbar an das
Privateigentum an den Produktionsmitteln zu binden und jeden Angriff
darauf als Angriff auf die Freiheit schlechthin auszugeben. Der
bürgerliche Freiheitsanspruch hat die herrschende Klasse vor dem
Freiheitsanspruch der Besitzlosen und Habenichtse zu sichern. Dabei
kann dann zum Beispiel von einem philosophierenden Polizeipräsidenten
die Freiheit als ein System von Regeln zur Sicherung der bestehenden
Ordnung aufgefasst werden. „Ein Verstoß gegen diese Regeln bringt
Unterschiede mit sich, die Gewährleistung dieser Regeln Sicherheit
und damit die Verwirklichung der bedingten Freiheit. Sicherheit wird
damit zumindest im abgeleiteten Sinne Bestandteil der Ursehnsucht,
sie ist Geborgenheit in Freiheit.“ (Manfred Schreiber/Rudolf Birkl:
Zwischen Sicherheit und Freiheit, München/Wien 1977, S. 9.) Wie
hatte doch Karl Marx über die Sùretè bereits 1843 geschrieben?
„Die Sicherheit ist der höchste soziale Begriff der bürgerlichen
Gesellschaft, der Begriff der Polizei, dass die ganze Gesellschaft
nur da ist, um jedem ihrer Glieder die Erhaltung seiner Person,
seiner Rechte und seines Eigentums zu garantieren. … Durch den
Begriff der Sicherheit erhebt sich die bürgerliche Gesellschaft
nicht über ihren Egoismus. Die Sicherheit ist vielmehr die
Versicherung ihres Egoismus.“ (Karl Marx: Zur Judenfrage. In MEW,
Bd. 1, S. 365/366.)
Andererseits muss der
bürgerliche Freiheitsbegriff, soll er die Wehrbereitschaft aller
Bürger motivieren, hinreichend verschwommen und unscharf gelassen
werden. Bildhafte Ausmalen der Gefahr einer allgemeinen Bedrohung
nicht des Privateigentums an den Produktionsmitteln, sondern des
Lebens oder, wie Jaspers schrieb, des „lebenswerten Lebens“, der
allgemeinen Sicherheit und des Glaubens ergänzt ihn.
Was allerdings von dieser
Freiheit im Imperialismus wirklich zu halten ist, das lassen
gelegentlich Verlautbarungen führender Monopolvertreter erkennen:
„Der Mensch als solcher ist für den Betrieb nichts, die
Produktion, die er ausüben kann, alles. Ganze Berufe fallen weg, und
die Menschen, die sie ausüben, werden überflüssig, wenn sie nicht
anders nutzbar sind: umgeschult oder umgelernt … Da sie innerer
Teil des Ganzen, des Betriebes sind, sind sie ersetzbare Teile und –
von der Kehrseite gesehen – Ersatzteile: Ersatzteile müssen
griffbereit, daher geordnet, gekennzeichnet, katalogisiert sein, eine
Nummer tragen. Das Wesentliche und Wichtige an ihnen ist die Nummer,
die angibt, wie sie als Ersatzteil verwendet werden können. Ein
Mensch aber, dessen Wichtigstes, dessen Wesensmerkmal für den
Betrieb die Nummer ist, die er trägt, ist selber Nummer.“ (Unsere
Zeit – Düsseldorf -, 30. Juni 1972.)
Die Methode, den
Sozialismus zu verteufeln, funktioniert deshalb, weil den Adressaten
der imperialistischen Freiheitsdemagogie in der Mehrzahl die Lehre
des Marxismus-Leninismus und das Leben im realen Sozialismus
unbekannt sind und im Bewusstsein der Massen das illusionäre
bürgerliche Freiheitsverständnis aus der Zeit der kleinen
Warenproduktion und des Kapitalismus der freien Konkurrenz fortlebt.
Dieses illusionäre bürgerliche Freiheitsverständnis wurde nicht
gänzlich verschüttet, es konnte aber auch noch nicht von der
Freiheitsauffassung der Arbeiterklasse verdrängt werden und
begünstigt deshalb die imperialistische Freiheitsdemagogie noch bei
großen Teilen der Bevölkerung in den kapitalistischen Ländern. Das
machen sich auch die Auffassungen, die mit der Bedrohungslüge
operieren, zu nutze. Sie stellen ein ganzes Gestrüpp von Lügen und
Behauptungen dar, mit denen die Friedens- und Freiheitsdemagogie
gestützt werden soll. Ende!
Kursiv geschriebenes
wurde von mir im Nachhinein eingefügt. Den Text selbst habe ich aus
einem Lesematerial zur Auseinandersetzung mit der bürgerlichen
Philosophie entnommen, zusammengestellt 1987. An Aktualität hat der
Text nicht eingebüßt, auch wenn sich die gesellschaftliche
Situation in Europa geändert hat. Das sozialistische Lager gibt es
nicht mehr und der Imperialismus hat seine Alleinherrschaft in weiten
Teilen der Welt wieder errichtet. Die sogenannte soziale
Marktwirtschaft gehört der Vergangenheit an, sie hat mit dem
Untergang der DDR ihre Notwendigkeit in der BRD eingebüßt und wurde
nach und nach zu den Akten gelegt. Und nicht zuletzt mit den
Hartz-Gesetzen gibt es eine Bestätigung für die zitierte Aussage
von 1972. Der Mensch eine Nummer, was zählt ist seine Verwertbarkeit
im Rahmen der Kapitalkumulation. Wenn im letzten Abschnitt zu lesen
ist, dass ein Grund für den Bestand des „illusionären
Freiheitsverständnis“ und den Erfolg der imperialistischen
Freiheitsdemagogie, die Unkenntnis der Freiheitsauffassung der
Arbeiterklasse ist, so hat sich daran nichts geändert.
Und auch wenn der
Sozialismus heute in Europa nicht mehr staatlich existent ist, wird
er nach wie vor verteufelt, allerdings wurden neue Teufel kreiert,
gegen welche nun zu Felde gezogen wird. Das dazu die Menschen auf
Kriege vorbereitet werden, ist seit dem Untergang der DDR gut zu
beobachten, nicht nur das die Bundesrepublik heute wieder Kriege
führt, sich an Kriegen beteiligt, es werden weiter Kriege
vorbereitet und die Grundlagen für einen neuen großen Krieg
geschaffen. Feindbilder werden propagiert, gepflegt und erweitert,
der sogenannte internationale Terrorismus ist das Sprungbrett Staaten
mit Krieg zu überziehen und neue Krisenherde zu schaffen. Die
Rüstungsausgaben werden erhöht, Truppen in Bewegung gesetzt und
jüngst vor allen an der russischen Grenze konzentriert und
stationiert. …. Und das alles unter dem Vorwand Freiheit zu
schützen, zu sichern, zu erringen und Sicherheit herzustellen. … An
Aktualität hat obiges Lesematerial nicht verloren …, es ist
interessant zu sehen, dass sich am Wesen des Imperialismus nichts
geändert hat, er sich zwar verschiedene Masken aufgesetzt hatte,
Kreide gefressen und so die imperialistische Freiheitsdemagogie mit
Nachdruck vermittelte, aber die Stimme ist lang schon wieder rau
geworden und die meisten Masken sind am fallen, es gelingt nur noch
mühsam diese mit den verschiedensten Klammern aus Illusionen zu halten.
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