Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Mittwoch, 30. Juli 2014

Gedanken zu einem anonymen Brief ans Bürgerforum Quedlinburg


Ein anonymer Schreiberling hat einen Brief geschrieben, an das Bürgerforum in Quedlinburg, in welchen er die gängigsten Kleesches bedient, welche im allgemeinem als Alternativlos für Privatisierung kommunalen oder anderem gemeinschaftlichen Eigentums genutzt werden. Der Brief ist auf der Seite des Bürgerforums im Rahmen einer Antwort hinterlegt. Warum der Brief allerdings nur an die „Herren vom Bürgerforum“ gerichtet ist, … wird wohl der Anonymität und der Zustellform geschuldet sein. Anlas für den Brief werden die jüngsten Bestrebungen des Bürgerforum im Zusammenhang mit der Privatisierung des Kurzentrums Bad Suderode sein, von welchen auch in der MZ zu lesen war. Gegen die Bestrebungen des Bürgerforums formierte sich im Rat der Stadt eine "ganz große Koalition" aus „SPD, CDU, Die Linke und Grüne/QfW.“
Aber zurück zum Brief, der anonyme Schreiberling scheint seine Bildung aus der Bild (oder ähnlich gearteter Publikationen) zu haben, so dass er nachplappert, was in den meisten Medien vorgeplappert wird. Die Kosten, welche die Privatisierung des Kurzentrums bis jetzt schon verursacht hat, von weitreichenden Folgen nicht nur für die kleinteilige Wirtschaft in Bad Suderode ganz zu schweigen, spielen keine Rolle. Das dabei das Ende der Fahnenstange lange noch nicht erreicht ist, sollte zumindest jedem frei denkenden und politisch engagierten Menschen bewusst sein. Leider sind diese im Rat der Stadt eine Ausnahmeerscheinung, die Ratsmehrheit betet in der Regel die neoliberalen Wirtschaftsdogmen nach, welche permanent gepredigt werden und in der Gesellschaft eine weite Verbreitung gefunden haben. Allgemeine ökonomische Zusammenhänge werden so mancher vorgeblichen Alternativlosigkeit geopfert, ohne ernsthaft über diese Zusammenhänge und Alternativen nachzudenken. Glaube an wirtschaftliche Zusammenhänge wird gepflegt und ersetzt das Wissen darüber. Wissen über solche Zusammenhänge wird zweckentsprechend ignoriert und sogar bekämpft.
Dabei wäre es unter Umständen ausreichend den gesunden Menschenverstand zu bemühen, wobei die Praxis ökonomischen Seins die besten Beweise für die Folgen derartiger Privatisierungen liefert. Das offensichtlichste Beispiel sind die Folgen der weitestgehenden Deindustrialisierung, mittels Privatisierung der wirtschaftlichen Substanz, des Ostens dieses Landes nach 1989. Der allgemeine Bevölkerungsrückgang spricht Bände und führt bei den Verantwortlichen zu anhaltendem Klagen, meist wird allerdings der demographische Wandel als Ursache und nicht als Folge wirtschaftlicher Veränderungen gesehen. Aber auch andere Beispiele sind zu finden, so im Reich des Thalenser Bürgermeisters, wo vor Jahren eine Therme errichtet wurde, welche der Stadt 30 Jahre lang ca. ½ Millionen pro Jahr kostet und das garantiert. Die so genannte öffentliche Hand, (Land, Bund, EU, Kommune etc.) förderte das Vorhaben mit 50% Zuschuss zu den Erstellungskosten. Eigentlich gehört dieses Objekt in öffentliches Eigentum, aber hier wurde a priori privatisiert! Und was haben die Bürger davon? Sie können planschen gehen, der zu entrichtende Obolus ist allerdings nicht gerade als Preiswert anzusehen. In diesem Zusammenhang sei aber auch daran erinnert, dass der jetzige Ministerpräsident im Zuge damaliger Diskussionen schon verkündet hat, dass das Land eine Privatisierung des Kurzentrums in Bad Suderode unterstützen wird. In jedem Fall hat das Land im Zuge der Gebietreform die Voraussetzungen für eine Privatisierung des Kurzentrums geschaffen, in dem die Verantwortung der Stadt Quedlinburg übertragen wurde. Dabei waren die mit dem Kurzentrum verbundenen Kosten nicht die einzige Last, welche von der Stadt Quedlinburg im Zuge der Gebietsreform übernommen werden musste. Dafür hatte die Stadt in Folge aber wieder einen Oberbürgermeister!  
Und ist es nicht letztendlich Naiv anzunehmen, dass die Privatisierung die Stadt entlasten würde? Im Moment ist ohnehin Gegenteiliges der Fall, wobei die Vernichtung wirtschaftlicher Substanz weiter geht. Wirtschaftliche Substanz welche so einfach nicht zu ersetzen ist, wenn sie erst einmal verloren! Es ist auch kaum zu erwarten, dass ein Investor ein Bettenhaus und ein Gesundheitszentrum errichtet und die Gewinne aus diesen Investitionen nutzt um den Kurbetrieb zu subventionieren. Privatwirtschaftlich investiert wird in der Regel um auf der ganzen Linie Gewinn zu erwirtschaften und wenn dieses nicht möglich ist, ist es durchaus üblich, dass sich Investoren ihren Gewinn garantieren lassen. Wer dieses zu Garantieren hat liegt auf der Hand, was übrigens auch am genannten Beispiel in Thale gut zu sehen ist.
Abschließend sei angemerkt, dass das Kurzentrum von Beginn an ein Instrument zur Subventionierung der Wirtschaft gewesen ist. Es wurde bewusst ohne Gewinn generierende Wirtschaftseinrichtungen errichtet, um so Folgeinvestitionen im Ort anzuregen. Das hat auch funktioniert, es ist eine Infrastruktur entstanden, welche eigentlich beispielhaft für den ländlichen Raum ist, aber grundsätzlich auf dem Betrieb des Kurzentrums basiert. Dieses wiederum hat als Grundlage mit der Kalziumquelle eine natürliche Ressource, von welcher man andern Ortes nur träumen kann. Somit bedeutet eine Privatisierung des Kurzentrums nur das Umlenken von öffentlichen Mitteln zu ungunsten der regionalen Wirtschaft und zu Gunsten eines Investors. Noch sind die Folgen in Bad Suderode nicht sichtbar, für das eine und andere Unternehmen aber sicher schon spürbar, wobei die Region noch einiges mehr zu bieten hat, als ein Kurzentrum und so können zumindest die Beherbergungsunternehmen von der Landschaft und dem reichen kulturhistorischen Erbe partizipieren.
Wie dem auch ist, wie dem auch sein wird, Privatisierungen öffentlichen Eigentums entwickeln sich in der Regel zu einer teuren Angelegenheit für Kommunen. Dabei sei auch bedacht, dass letztlich alle nur mit Wasser kochen und warum und wieso sollte einem Investor gelingen, was im Gemeineigentum nicht möglich ist und warum sollte einer Kommune nicht gelingen, was einem Investor gelingt? Handelt es sich bei den Ausführenden doch immer um Menschen! Die Befürworter derlei Privatisierungen sollten sich der Frage nicht verschließen, warum die meisten Kommunen immer und immer wieder Verluste machen, Schuldenberge anhäufen und Investoren in der Regel satte Gewinne einfahren? Vielleicht wäre es hilfreich und dem Überblick dienlich, sich auf den Schuldenberg zu begeben und sich nicht immer hinter diesen zu verstecken!     

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