07.07.14 – Am Wochenende
war es warm, nachts ein kühles Lüftchen, welches allerdings nur mäßig für
Abkühlung sorgte. Heute ist es etwas kühler, sieht nach Regen aus, auf
jeden Fall nicht so schweißtreibend wie in den letzten Tagen. Samstag hatte ich
in der MZ gelesen, dass der dm Markt nun in der Steinbrücke einziehen kann, da
kein Widerspruch gegen ein entsprechendes Urteil eingelegt wurde. Nun kann
erweitert werden und die Verkaufsfläche vergrößert. Nicht das es sonderlich
interessant wäre, oder allgemein berührend, wenn in den Hofraum reingebaut
wird, selbst wenn es der Gestaltungssatzung der Stadt nicht entspricht. Den
meisten Quedlinburgern wird dieser Vorgang sonst wo vorbei gehen, ohnehin
werden diese es nur mittels Zeitung erfahren, wenn sie diese den lesen.
Bezeichnend ist dieser Vorgang in einem ganz anderen Sinne, denn hier wird
gezeigt, wie es um oben genannte Satzungen und andren Regeln in diesem Land
bestellt ist.
Gravierender allerdings die
Folgen fürs
demokratische Sein und dessen Beschränktheit in diesem Lande. (Eigentlich nicht die
Folgen fürs demokratische Sein, sondern es handelt sich eher um eine
Offenbarung, demokratischem Seins betreffend.) Schon Kindern in der Schule wird
die praktizierte Demokratie als das Nonplusultra gepredigt. Als die Form, in
welcher Menschen ihre Interessen artikulieren sollen, als das Werkzeug um ihre
Interessen durchzusetzen. Ein System hohen politischen Seins, mit welchem die
westliche Welt am liebsten den gesamten Rest der Welt beglücken will. Dafür
werden sogar Kriege geführt und Menschen getötet. Nur was ist das für eine
Demokratie?
Erst einmal eine sehr
realistische und alle die behaupten, dass wir in diesem Land keine
Demokratie
haben, sollten sich lieber von ihren Illusionen trennen, welche sie von
derselben haben. Illusionen kommen aber nicht sonst woher, sondern sie werden
geschaffen, vermittelt und verbreitet. Kindern in der Schule werden die
vermeidlichen Segnungen der parlamentarischen Vertreterdemokratie gepredigt, in
Dogmen manifestiert wird Widerspruch nicht geduldet, allgemein und absolut soll
sie sein, ein Instrument des Interessenausgleiches, die Herrschaft der Mehrheit
über die Minderheit, wobei Minderheitenrechte zu wahren sind. Genau betrachtet
hat sich an Demokratie seit ihrer Entstehung nicht viel geändert, Demos, das
Volk, Kratie, die Herrschaft, kurz Volksherrschaft. Und wo geherrscht wird,
wird auch beherrscht, ansonsten würde der ganze Zirkus keinen Sinn machen. Die
alten Griechen waren so ehrlich das Volk zu definieren, es waren in der Regel
die besitzenden Männer, welche frei waren und in der betreffenden Region
verwurzelt, z. B. in Athen. Zum Volk gehörten nicht die Sklaven, die
Besitzlosen, Kinder und Frauen. So gesehen klar erkennbar, wer über wem
herrschte und wer beherrscht wurde. Heute hingegen wird ein jeder zum Volk
gerechnet, welcher der gleichen Nationalität angehört. Da so zum Beispiel jeder
Bewohner der Bundesrepublik, welcher über die entsprechende Staatsbürgerschaft
verfügt, dem Volke zugerechnet wird, wird der Irrglaube verbreitet, dass diese
auch zum Volk, zu den Herrschenden gehören und mittels ihrer demokratischen
Rechte diese Herrschaft ausüben. Das sich diese Rechte in der Regel auf das Recht
zur Wahl beschränken, scheint den Meisten dabei nicht einmal sauer aufzustoßen.
Oder? Nein so ist es nicht, rückläufige Wahlbeteiligung lässt auf anderes
schließen.
Nun steht dem Volk ein aktives
und ein passives Wahlrecht zu und damit nichts aus dem Ruder läuft, also die
grundsätzlichen Machtverhältnisse erhalten bleiben, wurden entsprechende
Sicherungsmechanismen eingeführt. Diese sind nicht unbedingt neu, werden aber
sich ändernden Verhältnissen angepasst.
08.07.14 – Gestern nach
dem ich Thale verlassen hatte, begab ich mich nach Gernrode, die dortige
Stiftskirche war mein Ziel. Dort angekommen parkte ich das Auto unterhalb der
Stiftsmauer und betrat den Stiftsbereich. Als erstes betrachtete ich diesen
romanischen Kirchenbau von außen, soweit dieses möglich war. Dann entschloss
ich mich die Kirche zu betreten, hinter dem nördlichem Seitenportal findet sich
eine Loge, in welcher eine Aussichtsperson sitz und verschiedene Mitbringsel
angeboten werden. Neben Postkarten gibt es unterschiedliche Publikationen zur
Kirche selbst, so auch einen Kirchenführer, welchen ich beim Verlassen der
Kirche erwarb. Vorher allerdings durchstreifte ich die Kirche soweit es ging.
Beim Verlassen der Kirche stellte ich fest, dass das Aufsichtspersonal
gewechselt hatte. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte, dass es 14:45Uhr war und
da täglich um 15:00Uhr eine öffentliche Führung angeboten wird, entschloss ich
mich zu warten und an dieser teilzunehmen.
Die Führung war gut und ich konnte viel Interessantes erfahren. Am meisten
beeindruckte mich die Beschreibung der bildlichen Darstellungen an der Westwand
des Heiligen Grabes. Nach Abschluss der Führung gab es die Möglichkeit weitere
Frage zu stellen und zu diskutieren. Diese Möglichkeit wurde von den meisten
Teilnehmern genutzt, nach dem sich in den Kreuzgang begeben wurde. Vom
Kreuzgang aus war ein Blick ins Heilige Grab, welches im Rahmen von
Sonderführungen besichtigt werden kann, möglich.
Wie schon erwähnt, erwarb ich
beim Verlassen der Kirche ein Heft mit Informationen zur Kirche, welches wären
der Führung empfohlen wurde. In diesem Heft wird zu Beginn auf die Bedeutung
der Ottonen für die Entwicklung der Kulturlandschaft am Rand des Harzes
verwiesen, wobei fälschlicherweise von „deutsche Könige und Kaiser“ die Rede ist.
Und auch wenn mit Heinrich I., durch den Erhalt des Ostfrankenreiches in seinem
territorialen Bestand, die Grundlagen für ein späteres deutsches Reich gelegt
wurden, kann zur Zeit der Ottonen eigentlich von einem solchen noch nicht
gesprochen werden. Heinrich I, wie seine Nachfolger, waren Könige des
Ostfrankenreiches und sein Sohn Otto I. später Kaiser. Aber nicht Kaiser der
Deutschen, welches zitierte Aussage unterstellt, sondern Kaiser Romanum.
Der Gründer des Stiftes Gernrode
war ein treuer Gefolgsmann Otto I. und wurde von diesem entsprechend entlohnt
und gefördert. Er hat nicht nur dazu beigetragen die Macht Ottos I. zu sichern,
sondern diese auch erheblich auszubauen, so dass es diesem gelang sich 962 in
Rom zum Kaiser salben zu lassen. Entscheidend hatte Gero zur Eroberung
slawischer Gebiete östlich der Elbe beigetragen, zu deren Verwalter er bestimmt
wurde. Als Markgraf der Ostmark konnte er seine Stellung ausbauen und eine
Reihe von Privilegien erwerben. Die im Heft erwähnte Christianisierung der Slawen
hielt sich allerdings in Grenzen, da die eroberten Gebiete während der
Regentschaft Otto II. wieder verloren gingen. Erst der im Heft ebenfalls
erwähnte Albrecht der Bär eroberte slawische Gebiete bis an die Oder dauerhaft.
Überhaupt war das Christentum zu Zeiten der Ottonen eine Religion in der
Region, da der Kampf mit den hergebrachten Stammesreligionen lange noch nicht
abgeschlossen war. Zur Zeit der Entstehung des Stiftes in Gernrode war das
Christentum die Religion der Herrschenden, was letztlich seinen Niederschlag in
den Strukturen der Kirchen fand. Dieses herrschaftliche Stift diente der
Erziehung, Ausbildung und Versorgung von Damen aus hochadligen Kreisen.
Überhaupt fanden sich in solchen Stiftungen, aber auch in Klöstern, in erster
Linie Angehörige aus Adelsgeschlechtern, welche dort eine Ausbildung erhielten,
aber auch ihrer Stellung entsprechend versorgt wurden. Die durch das
Christentum beförderten gesellschaftlichen Verhältnisse
und die damit verbundene Rollenverteilung in der Gesellschaft, führten dazu,
dass die meisten Klöster der damaligen Zeit Frauen
beherbergten.
Das es nun in der zweiten Hälfte des 10 Jahrhunderts mit dem freiweltlichen
Stiften in Quedlinburg und Gernrode zwei benachbarte Stiftungen für Damen aus
hochadligem Hause in unmittelbarer Nähe gab, verweist in erster Linie auf die
Bedeutung dieser Region für das Reich zur damaligen Zeit. Hier fand sich das
Kernland ottonischer Herrschaft, in welchen die Machtverhältnisse eindeutig für
das Herrschergeschlecht geklärt waren. Die Stiftungen wurden mit weitreichenden
Privilegien ausgestattet und nicht umsonst gehört das Privileg der Immunität
dazu. Zur Sicherung der Macht wurde sich den Möglichkeiten, aber auch den
Vorstellungen der damaligen Zeit entsprechend abgesichert.
Der Kampf der Religionen dauerte
ca. 500 Jahre. Wenn von der Christianisierung der Sachsen durch die Franken
Karls des Großen um 800 ausgegangen wird, so hatte sich das Christentum als
führende Religion im 12/13 Jahrhundert im heute mitteldeutschen Raum
durchgesetzt. Bis zur Reformation waren die alten Religionen weitgehend
verdrängt, wobei sich mit den Überbleibseln dieser Religionen auf brutalste Art
und Weise auseinandergesetzt wurde. Ein Beispiel solcher Auseinandersetzungen
gipfelte in den Hexenverbrennungen der beginnenden Neuzeit. Allerdings hatte
das Christentum zu dieser Zeit seinen Zenit schon überschritten und befand sich
selbst in einem Abwärtstrend, welchen auch die Reformation nicht mehr stoppen
konnte. Die hochherrschaftlichen Stiftungen in Quedlinburg und Gernrode hatten
zu dieser Zeit allerdings ihre ursprüngliche Bedeutung lange verloren.
Die Reformation sollte nicht ohne
Folgen für diese Einrichtungen bleiben, wobei die Stiftsdamen in Gernrode sich
wesentlich früher zur Reformation bekannten, als in Quedlinburg.
Im Heft zur Stiftkirche Gernrode
finden sich Zeittafeln, welche einen interessanten Überblick bieten,
insbesondere durch die Nebenanstellung von „Ortskirchengeschichte“ und
„Weltgeschehen“. Wie heute allerdings üblich, steht im Mittelpunkt des Heftes,
das geistige Leben im Stift und nicht dessen konkret historische Ursachen. Das
dieses Leben im Verlauf der Zeit Wandlungen unterlag, steht außer Frage, nur
waren auch diese äußeren Umständen geschuldet. Die sozial-ökonomische Grundlage
der Gesellschaft hatte sich geändert und beständig weiterentwickelt, neue
Akteure erschienen auf der Bildfläche und entfalteten Wirkung, veränderten die
Gesellschaft, veränderten die Herrschaftsverhältnisse. Stiftungen wie in
Gernrode und Quedlinburg gehörten der Vergangenheit
an und hatten bald ihre ursprüngliche
Notwendigkeit verloren. Sie existierten lange darüber hinaus weiter, als
Relikte aus einer längst vergangenen Zeit.
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