Auf den Weg in die Barbarei?
Am 14.08. war in der MZ ein Artikel mit der bezeichnenden Überschrift: „Minister gegen Mindestlohn“ zu finden. Von und zu Guttenberg, welcher den Neoliberalismus schon mit der Muttermilch verabreicht bekommen haben muss, „ordert in Papier Entlastungen der Unternehmen“.
Die Heiligkeit des Wettbewerbes scheint nur „mit einer weitgehenden Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und kräftigen Steuersenkungen für Unternehmen“ zu retten zu sein. Die neoliberale Rückradlosigkeit des Wirtschaftsministers zeigt Wirkung und läutet nicht nur eine weitere Privatisierungswelle herbei, welche bis in die Politik selbst reicht, sondern ist darüber hinaus dabei sich selbst jeglicher Substanz zu berauben.
Nun mögen Gleichnisse hinken, aber was würde passiert wenn man einen Menschen seiner Knochen beraubt? Sicher wird er ungeahnte Flexibilität erhalten, nur fortbewegen, aus eigener Kraft, wird er sich nicht mehr können. Ähnlich ist es in der Wirtschaft, wenn der Arbeitsmarkt weitgehend Flexibilisiert wird, wird auch dieser letztendlich seine Bewegungsfreiheit einbüßen, diese Tendenz ist heute schon gut an den prekären Beschäftigungsverhältnissen und einem steigenden Mangel an Fachleuten zu sehen. Und das umso mehr, umso weniger Geld dem Staat zur Verfügung steht, um die entstehenden Disproportionen auszugleichen. Es ist doch heute schon eine Situation entstanden, welche durch eine wachsende Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse gekennzeichnet ist und nur funktioniert weil der Staat auf Hartz IV Niveau aufstockt.
Einmal davon abgesehen, dass die deutsche Wirtschaft durchaus Wettbewerbsfähig ist, ja in vielen Bereichen sogar Tonangebend, geht es gerade auch in Zeiten einer Krise um die Maximierung des Gewinns. Das die deutsche Wirtschaft erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen musste/muss, liegt nicht an mangelnder Wettbewerbsfähigkeit, sondern daran, dass im Moment die produzierten Waren nicht gebraucht werden. Daran ändern auch Steuer- und Kostensenkungen für die Industrie nichts. Diese Taugen maximal dazu die aus den Umsatzrückgängen resultierenden Mindereinnahmen, auf Kosten der Allgemeinheit, in Gewinne zu verwandeln.
Aber was soll es, Minister von und zu folgt seinem neoliberalem Kredo und verschreibt der Gesellschaft eine Medizin, welche sich schon lange als Gift erwiesen hat und die gegenwärtigen Probleme zwar nicht hervorgebracht, diese aber erheblich beschleunigt und verschärft hat.
Dass dieses „Industriepolitische Gesamtkonzept“ nicht unkommentiert bleibt und in Zeiten des Wahlkampfes auch für politische Scheingefechte taugt, zeigt sein SPD Ministerkollege.
Nun möge Guttenberg „die Katze aus dem Sack gelassen“ haben und Minister des Koalitionspartners mögen frohlocken, nur Blind ist jener, welcher nicht wusste welche Katze da schon lange im Sack steckte! Übrigens wird diese Katze schon längst gestreichelt, gehätschelt, etc. und das nicht nur von schwarzen Politikern. Davon zeugen die Steuersenkungen, welche es in den letzten Jahren schon für Unternehmen und Besserverdienende gegeben hat, aber auch die wachsende Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Es grenzt schon an Heuchelei, dem Minister von und zu vorzuwerfen, dass er den Neoliberalen offen raushängen lässt, welchen man selbst versucht zu verbergen und das auch noch schlecht. Wir haben eben auch Wahlkampf und so wird schon mal gern von der sonstigen politischen Ausrichtung abgelenkt, in dem der eine den „guten“ Politiker für die Unternehmen mimt und der andere den „guten“ Politiker fürs Volk. Wenn es in der Realpolitik schon keinen Unterschied gibt, so muss dieser wenigstens in Wahlkampfzeiten simuliert werden, immerhin möchte man sich ja als Alternative profilieren. Da wird nicht einmal davor zurückgeschreckt, sich als Alternative zur eigenen Politik zu verkaufen.
Dass mit diesem „Gesamtkonzept für eine Nachhaltige Industriepolitik“ eigentlich nur umverteilt wird um Gewinne zu maximieren und nur gegeben werden kann, was an anderer Stelle genommen wird, wird in der Kritik nur selten und nur am Rande berücksichtigt.
Auch verdient es zu hinterfragen, in welchem und wessen Sinne Nachhaltigkeit verstanden wird. Denn alles was aufgeführt ist, wie die Industrie von „Sonderlasten zu befreien“, „Doppelbelastungen durch energiepolitische Instrumente wie die Ökosteuer oder den Emissionshandel“ aufzuheben, „das Naturschutzrecht“ zu „flexibilisieren“ und die „Laufzeit der Atomkraftwerke“ zu verlängern, sind Maßnahmen welche letztendlich alles andere als Nachhaltig für die Bevölkerung sind. Die einzige Nachhaltigkeit welche durch solche Maßnahmen, zu denen auch das Negieren von Mindestlöhnen und eine Aushebelung des Arbeitsrechtes gehören, erzielt wird, ist die Sicherung, Garantierung und Steigerung der Gewinne für die Industrie. Den Ursachen der gegenwärtigen Krise ist mit solchen Mitteln nicht beizukommen, ganz im Gegenteil, solche Maßnahmen führen nur zu einer Verschärfung der Krise und zur Umverteilung der Lasten zu Ungunsten der breiten Masse der Bevölkerung. Innerhalb dieses Systems ist die gegenwärtige Krise nicht zu lösen, egal in welcher Form sie gerade in Erscheinung tritt. Als eine Folge dieser Krise werden Produktivkräfte in Größenordnungen vernichtet und/oder an ihrer Entfaltung gehindert. Gesellschaftlicher Fortschritt gehört hier der Vergangenheit an, es ist ein verharren auf niederen Niveau, wenn nicht sogar ein Rückgang. Das gesamte Gefüge wird eigentlich nur noch durch Angst, Glauben an den Götzen Mammon und die Jagt nach Illusionen, auch mangels populärer Alternativen, zusammen gehalten. Der Preis ist hoch, welcher für dieses „Industriepolitische Gesamtkonzept“ gefordert wird, und es wird vorausgesetzt, dass die Menschen sehenden Auges in den Abgrund marschieren. Es ist nicht nur die Umverteilung des Volksvermögens zu Gunsten einiger Weniger, sondern vor allem ist es >das weiter so<, der fortzusetzende Raubbau an der Natur und an der Kultur. Es ist eigentlich ein weiterer Schritt auf den Weg in die Barbarei!
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