Glaube gegen Alternative!
In der MZ von heute (18.08.2009) findet sich auf Seite 3. ein Beitrag mit dem bezeichnenden Titel „Schönbohm will Kirche im Osten wieder beleben“. Leider findet sich dieser Beitrag nicht auf der Internetseite der Zeitung.
Es ist schon interessant wenn ein Politiker, welcher durchaus ernst genommen werden möchte, für den Osten Deutschlands eine Zwangs-Christianisierung fordert, zurück zu den Ursprüngen, zumindest bis zu Karl dem Großen, welcher ja nicht nur die Sachsen zum christlichen Glauben bekehrt hat.
Nun fordert Schönbohm „eine Wiederbelebung des Christentums im Osten Deutschlands.“ Und weiter ist zu lesen: „Nach 40 Jahren Indoktrination in der DDR müsse intensiv darüber gesprochen werden, wie Verwahrlosung und Entbürgerlichung verhindert werden könnten, erklärte der 71-Jährige.“ Ja, 40 Jahre DDR haben ihre Spuren hinterlassen, auch sind viele Christen von der Kirche abgefallen, eine Verwahrlosung und Entbürgerlichung fand aber nicht statt, eher das Gegenteil, ja, man könnte sogar von einer Verkleinbürgerlichung sprechen.
Frühere Äußerungen Schönbohms, wonach „Gewaltbereitschaft und Werteverlust im Osten … hauptsächlich auf Proletarisierung und Zwangskollektivierung … zurückzuführen“ sind, zeigen wessen Geistes Kind dieser Mensch ist. Hier werden Tatsachen auf den Kopf gestellt und dem politischen Interesse entsprechend Interpretiert. Denn um beim Letzteren zu bleiben, ist heute mehr Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft vorhanden als vor 20 Jahren. Aber nicht nur die Bereitschaft, wie an den kriegerischen Auseinandersetzungen gesehen werden kann, in welche dieses Land seit 1990 verwickelt ist! Aber auch die Zunahme von Gewallt in fast allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.
Werteverluste im Sinne Schönbohms hat es durchaus gegeben, es handelt sich dabei aber weniger um den Verlust hier christlich vereinnahmter Werte, sondern um den Verlust jener Werte, welche mit der ausgeprägten Egozentrik, dem notwendigen Egoismus, welcher mit dem jetzigen System verbunden ist. Schönbohm faselt mit Schaum vor dem Mund nicht nur über etwas von dem er nichts versteht, sondern über etwas, was er selbst aus eigenem Erleben nicht kennt. Das Leben in der DDR entzieht sich einfach seiner praktischen Erfahrungswelt, er war als Bundeswehrgeneral maximal Zaungast, mit der beruflichen Ambition in permanenter Feindschaft zu erstarren. Diese Starre hat er bis heute beibehalten und es ist durchaus wahrscheinlich das sich bei dem 71-Jährigen noch Altersstarsinn hinzugesellt. Davor kann ihn auch die Position eines Ministers nicht bewahren. Er kam in den Osten mit missionarischem Auftrag, welchen er bis heute nicht erfüllen konnte und so stellt er fest, um die „Verwahrlosung und Entbürgerlichung“ zu verhindern, „dazu gehörten auch Überlegungen, was gegen die >Entkirchlichung<> Ja, was könnte wohl gegen „die Entkrichlichung“ getan werden?
Nun, einmal von freiheitlicher Begriffsschöpfung abgesehen, so ist man doch geneigt Begriffe mit Inhalten zu füllen, nur für was ein Begriff steht und für was er stehen soll, muss nicht unbedingt übereinstimmen. Hier spricht der Exgeneral von „Entkirchlichung“ und meint eigentlich schwindenden religiösen Glauben. Was letztendlich nichts anderes bedeutet, als das das Vertrauen in diverse Religionen verloren gegangen ist und weiter verloren geht. Da gegen helfen auch keine Appelle, Beschwörungen und Beschimpfungen. Die Ursache dieses Glaubensverlustes ist nicht in der Existenz der DDR begründet, sondern hat ihren Ursprung in den gesellschaftlichen Verhältnissen selbst. Spätestens seit der Aufklärung ist der Einfluss der Kirchen am schwinden. Wo das frühe Bürgertum noch eine Reform der Kirche brauchte, welche mit dem Protestantismus daher kam, benötigte die französische Revolution diese schon nicht mehr, sie schaffte die Religion kurzerhand ab. Die Trennung zwischen Staat und Kirche wurde konsequent vollzogen. Erst Napoleon führte die Religion wieder ein, sie entwickelte sich auch für das Bürgertum zu einer Stütze der Macht.
Das unter Bedingungen wie sie in der DDR geherrscht haben, Religionsgemeinschaften stärkere Verluste hinnehmen mussten, war eigentlich auch dem Umstand geschuldet, dass Kirche und Staat konsequent getrennt waren und Religion Privatsache. Erst zum Ende der DDR änderte sich dieses, als die Kirchen sich den Kritikern der Verhältnisse in der DDR zur Verfügung stellten und es ihnen auch dadurch gelang diese für ihre Interessen zu vereinnahmen. Dieses war aber keines Wegs ein Flucht in religiösen Glauben, sonder eher der Tatsache geschuldet, dass das politische System in der DDR nicht Willens und in der Lage war, sich der Auseinandersetzungen direkt zu stellen und damit eigentlich auch selbst seinen Bankrott erklärte.
Dass nun die Linke Schönbohms Vorstoß ablehnt, ist erst einmal zu begrüßen, dass dann aber der Kirche in den Allerwertesten gekrochen wird, verwundert doch ein bisschen. Denn nichts anderes bedeutete wenn man „aber auch“ sagte, „dass die DDR-Fehler im Umgang mit der Religion gemacht habe. Junge Leute sollen sich stärker an Werten orientieren. >Die Werte, die Kirche vermittelt, sollten dabei sogar noch stärker als bisher im Mittelpunkt stehen<“. Und einmal davon abgesehen, das in der DDR durchaus Fehler im Umgang mit der Religion gemacht wurden, hatten junge Leute in der DDR ein zum Teil anderes Wertegefüge als es den heutigen Vorstellungen entspricht und liefen alles andere als Orientierungslos (Perspektivlos) umher. Das aber der Kirche eine dominierende Rolle bei der Wertevermittlung eingeräumt wird, setzt dem Ganzen eigentlich die Krone auf und das nicht nur weil der Kirche damit ein Wertemonopol zugesprochen wird, welchem sie in keiner geschichtlichen Epoche gerecht wurde, sonder weil diese Tatsache eigentlich ins Mittelalter zurückwirft, als an Aufklärung vielleicht noch nicht einmal gedacht wurde. (Nebenbei bemerkt gibt es keine absoluten, immer geltenden Werte, denn auch diese haben sehr objektive Ursachen und entsprechen den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen. Wenn nun ein Mangel an Werten festgestellt wird, lässt dieses nicht darauf schlissen das sich nicht an Werten orientiert wird, nur sind es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die Werte, an welchen sich die Menschen orientieren sollen. Auch Werte werden Interessenspezifisch gebraucht und missbraucht!
Ich weiß nicht wessen Aussage erschreckender ist, die eines greisen Politikers, welcher sich immer noch im kaltem Krieg befindet, vielleicht auch weil er für die gegenwärtigen heißen Kriege einfach zu alt ist, oder die Aussage des Politikers der Linkspartei, welcher alle Errungenschaften der Aufklärung negiert, in dem er der Kirche ein Wertemonopol zuerkennt. Hier wird nicht „Entkirchlicht“, hier wird der gesunde Menschenverstand am Kruzifix aufgehängt.
Es verdreht nicht nur der greise Minister die Tatsachen, sondern es wird dem religiösen Glauben ein humanistisches Primat zu erkannt, welches die Ursachen gegenwärtiger Probleme, ihre Basis, ihren Ursprung nach negiert. Es wird der Kirche wieder eine erlösende Rolle zugesprochen, es wird die Illusion geweckt, mit Hilfe der Kirche und des Glaubens könnten gegenwärtige Probleme gelöst werden. Die Menschen brauchten nur den rechten Glauben, die Menschen müsste nur die richtigen Werte verinnerlichen und schon würden sich ihre Probleme in Gottvertrauen auflösen.
Aber reicht eigentlich nicht ein Blick in die Gegenwart, wie auch in die Vergangenheit, um die Aussagen des Einen wie des Anderen zu entkräften, ja zu widerlegen?
Um auf den Politgreis, welchem es scheinbar entgangen ist, dass den 40 Jahren DDR schon 20 Jahre deutsche Einheit gefolgt sind, noch einmal zurück zu kommen, sollte schon in der Gegenwart angesetzt werden, um der „Verwahrlosung und Entbürgerlichung“ entgegen zu wirken. Ist es nicht die Unsicherheit und Perspektivlosigkeit von welcher immer mehr Menschen betroffen werden, welche zu solchen Konsequenzen führt? Ist es nicht offizielle Politik, welche Gewalt Salonfähig gemacht hat, und das nicht nur durch die geführten Kriege, sondern auch mit Hilfe von Gesetzen und der Agenda 2010?
War ein Ergebnis des zweiten Weltkrieges nicht, dass von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgehen sollte? Und ging nicht gerade auch dieses Vermächtnis mit der DDR unter? Ist es nicht auch der blinde Glaube, welcher solches geschehen lässt?
In der imperialen Welt, in welcher wir leben, spitzen sich die Widersprüche immer weiter und schneller zu, dass System des Imperialismus verschärft bestehende Probleme um ein Vielfaches und überzieht die Welt mit Kriegen. Frieden ist ein Fremdwort, wenn es um Macht und Profit geht, gekämpft wird an allen Fronten und in erster Linie auch gegen das eigene Volk. Der Überwachungsstadt wird ausgebaut, soziale Sicherheiten abgebaut, die Menschen werden gezwungen für immer geringere und oft nicht einmal Existenz-sichernde Einkommen zu arbeiten. Die Massenmedien überschütten die Menschen mit Unmengen von Informationsmüll, um von den eigentlichen Problemen abzulenken und da kommen die Verkünder rettender Werte, welche die Lösung der Probleme ins Nirwana verschieben, gerade recht.
Die DDR muss verteufelt werden, sie ist die Ursachen allen Übels und wenn man den Menschen immer schlechter verkaufen kann, dass sie für die gegenwärtigen, wirtschaftlichen Problem verantwortlich ist, wird sich schon mal in den ideellen Bereich und den Bereich für Verhaltensnormen begeben. Es muss alles dafür getan werden, dass kein Mensch auch nur auf die Idee kommt, nach Alternativen zum System des Imperialismus zu suchen. Wenn schon Flucht aus dem System, dann doch bitte in das Reich Gottes, wenn nicht gar ins Reich der Phantasie! Die Quintessenz, wenn wir den richtigen Werten folgen, anständig, fleißig und duldsam sind und auch fleißig und inbrünstig an unsere Erlösung glauben, dann, ja dann …!
Aber wie heißt es so treffend in der zweiten Strophe der Internationale:
- Es rettet uns kein höh'res Wesen,
- kein Gott, kein Kaiser noch Tribun
- Uns aus dem Elend zu erlösen
- können wir nur selber tun!
- Leeres Wort: des Armen Rechte,
- Leeres Wort: des Reichen Pflicht!
- Unmündig nennt man uns und Knechte,
- duldet die Schmach nun länger nicht!
- Internationale
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