In
der Mailingliste der Freidenker findet sich eine Diskussion, überschrieben ist sie
zwar anders, allerdings spielte in den letzten Beiträge der Begriff
der Wahrheit eine Rolle, objektiv, relativ, absolut waren dabei
anzutreffende Attribute. Ein interessantes Thema, bedenkenswert und
es macht Sinn nachzulesen, Wissen wieder aufzufrischen und sich
seines weltanschaulich materialistischen Standpunktes zu erinnern.
Als Antwort formulierte ich folgenden Text, wobei zugegebenermaßen
das Meiste abgeschrieben ist:
Ja
..., der Klapperstorch bringt die Kinder … nicht und was soll das
Philosophenzeug?
Philosophie,
die Liebe zur Weisheit, ich hatte auch mal gelernt, das Philosophie
das Nachdenken über das Leben ist und diesem Nachdenken die
Wissenschaften geschuldet sind. Heute wird weiter nachgedacht über
das Leben und wir wären keine Menschen, wenn wir dieses nicht tun
würden. Woher kommen wir, wohin gehen wir, was sind wir, wer sind
wir, was ist Wahrheit, was Irrtum, was Lüge und viele andere Fragen
werden immer wieder gestellt und beantwortet. Das der jeweilige
Erkenntnisstand dabei ein Rolle spielt, wird heute wohl kaum jemand
bestreiten und so wird auch die Frage nach der Wahrheit gestellt. Ja
die Wahrheit, ein Recht auf Meinungsfreiheit ist im Grundgesetz
festgeschrieben, ein Recht auf Wahrheit gibt es nicht! Allerdings
gilt es in jedem Zusammenhang, die Zusammenhänge zu klären und um
Verständnis zu erlangen, um zu verstehen, macht es Sinn sich über
Begriffsinhalte zu verständigen.
Die
Frage, was Wahrheit sei und wie man sie überprüfen könne, bewegt
die Philosophen seit mehr als 2500 Jahren. Nur warum beschäftigen
sich Menschen mit dieser Frage und welche Bedeutung hat sie? Und so
würde es Sinn machen diese Bedeutung zu klären, sich mit den
Begriff der Wahrheit auseinanderzusetzen, Objektivität der Wahrheit
zu klären, allerdings spielt in diesem Zusammenhang auch
verschiedene Prädikate ein Rolle, der folgende, abgeschriebene Text
setzt sich mit drei Arten von Wahrheit auseinander:
Das
dialektische Verhältnis von relativer und absoluter Wahrheit1
Mitunter
wird gefragt, ob es richtig sei, dass die marxistische
Erkenntnistheorie drei Arten von Wahrheiten unterscheidet, die
objektive, die relative und die absolute Wahrheit. Diese Frage muss
kategorisch verneint werden. Wenn wir es mit einer Erkenntnis zu tun
haben, die mit dem von ihr abgebildeten Gegenstand wirklich
übereinstimmt, dann ist diese Erkenntnis zugleich objektiv, relativ
und absolut wahr. Es kann tatsächlich immer nur eine Wahrheit geben.
Die Prädikate >>objektiv<<, >>relativ<< und
>>absolut<< beziehen sich auf eine kategoriale
Unterscheidung, das heißt auf eine Differenzierung im Denken, die
aber notwendig ist, um den Erkenntnisprozess – vor allem in den
Wissenschaften – richtig erklären zu können. Wir haben es also
mit zwei Fragestellungen zu tun.
Erstens:
Sind wir zu einer wahren Abbildung der objektiven Realität mittels
des rationalen Denkens fähig, das heißt, gibt es eine objektive
Wahrheit?
Wird
diese Frage bejaht, dann ergibt sich eine zweite, davon abgeleitete
Frage: Können wir die materielle Welt >>auf einmal,
vollständig, unbedingt, absolut oder nur annähernd, relativ<<
erkennen? Das ist, wie Lenin schreibt, „die Frage nach dem
Verhältnis zwischen absoluter und relativer Wahrheit“.* In der
vormarxistischen Philosophie konnte diese Frage nicht befriedigend
beantwortet werden. Das gilt auch für die nichtmarxistische
Philosophie der Gegenwart. Wir können hier zwei Auffassungen
unterscheiden, die beide unrichtig sind, weil sie auf einem
metaphysischen Herangehen an dieses Problem beruhen.
Der
einen Auffassung zufolge können wir die objektive Realität sowohl
in ihrer Gesamtheit als auch in der Vielfalt ihrer Erscheinung
umfassend, vollständig erkennen. Alle richtigen Erkenntnisse
entsprechen ihrem Gegenstand nicht nur völlig, sie sind auch
unveränderlich und damit ewig. In der Kritik dieser Auffassung weist
Engels nach, dass das Erkennen ein gesellschaftlicher und
geschichtlicher Prozess ist, der das Moment der Relativität in sich
einschließt. Es sei folglich ein sinnloses und für die Wissenschaft
unfruchtbares Unterfangen, auf ewige Wahrheiten Jagd zu machen.
Wir
kennzeichnen ein solches Festhalten an Erkenntnissen, die zu einem
bestimmten Zeitpunkt bzw. in einem bestimmten objektiven Zusammenhang
einmal wahr gewesen sind, als Dogmatismus. „Mehr als einmal haben
Marx, Engels und Lenin betont, dass der von ihnen begründete
wissenschaftliche Sozialismus keine Sammlung von Dogmen, kein
Katechismus starrer Regeln, sondern die Anleitung zum Handeln ist. …
Die Größte, Lebenskraft und immerwährende Wirksamkeit des
Marxismus-Leninismus besteht darin, dass er die Fähigkeit besitzt
und die Forderung an eine wissenschaftliche Theorie erfüllt, auf die
neuen Probleme der gesellschaftlichen Entwicklung, auf die Fragen,
die das Leben stellt, Antworten zu geben“.
Innerhalb
der anderen metaphysischen Auffassung zur Wahrheit wird gerade jenes
Moment der Relativität unseres Wissens, dessen Ignorierung Engels
bei Dühring kritisiert hatte, verabsolutiert. Diese Auffassung trägt
deshalb den Namen Relativismus. Nach dieser Auffassung enthält
unsere Erkenntnis nichts Absolutes; alles Wissen sei nur relativ. Der
Relativismus wird seit der Jahrhundertwende in wachsendem Maße für
die bürgerliche Philosophie charakteristisch.
Bei
aller Gegensätzlichkeit ist beiden Auffassungen eines gemeinsam: das
völlige Unvermögen der Dialektik des Erkenntnisprozesses, die auch
im Verhältnis von Relativem und Absolutem in Erscheinung tritt. „Der
Unterschied zwischen Subjektivismus (Skeptizismus und Sophistik etc.)
und Dialektik besteht unter anderem darin, dass in der (objektiven)
Dialektik auch der Unterschied zwischen Relativem und Absolutem
relativ ist. Für die objektive Dialektik ist im Relativen Absolutes
enthalten. Für den Subjektivismus und die Sophisten ist das Relative
nur relativ und schließt das Absolute aus.“** Der Relativismus
führt in der Konsequenz zur Leugnung objektiver Wahrheit. Wenn in
der Erkenntnis alles relativ wäre, dann könnte sie auch keinen
objektiven Inhalt haben. Relativismus in der Wahrheitsfrage bedeutet
immer, in den Subjektivismus abzugleiten und damit die Möglichkeit
wahrer Erkenntnis überhaupt zu leugnen.
Das
Erkennen der objektiven Realität ist ein dialektischer Prozess, der
sowohl das Moment der Relativität wie auch das Moment der
Absolutheit in sich enthält. Unter relativer Wahrheit
ist eine Erkenntnis zu verstehen, die ein nicht endgültig
abgeschlossenes, nicht vollständiges, sondern ein historisch
bedingtes, annähernd richtiges Abbild ihres Gegenstandes darstellt.
Eine relative Wahrheit gilt also immer nur in bestimmten Grenzen; sie
zeichnet sich durch einen bestimmten Grad von Adäquatheit aus und
unterliegt der Veränderung. Zugleich enthält sie ein Moment
absoluter Wahrheit, insofern sie den Erkenntnisstand in einer
Hinsicht bzw. unter einem Aspekt objektiv richtig abbildet. Die
Relativität unserer Erkenntnisse schließt also keinesfalls ein
zuverlässiges Wissen von den abgebildeten Objekten aus.
Was
bildet nun der Begriff „absolute Wahrheit“
ab? Hier sind zwei verschiedene Aspekte zu unterscheiden. So
bezeichnen wir als absolute Wahrheit einmal das Moment, das in jeder
relativen Wahrheit enthalten ist und die Übereinstimmung der
jeweiligen Erkenntnis mit ihrem Gegenstand zum Ausdruck bringt, also
jenes Wissen, das im Prozess der Erkenntnisentwicklung sozusagen
unverändert bleibt. Zum anderen verstehen wir unter der absoluten
Wahrheit das vollständige, totale Wissen von der Wirklichkeit
insgesamt, das heißt von der ganzen Welt. Unter diesem Aspekt bildet
der Begriff „absolute Wahrheit“ nicht primär die Übereinstimmung
einer bestimmten konkreten Erkenntnis mit ihrem Objekt ab, sondern
vielmehr die Richtung, der das Erkennen in seiner historischen
Entwicklung folgt. Die absolute Wahrheit wird auf diese Weise im
Prozess der Erkenntnisentwicklung schrittweise realisiert; sie wird
aber auf der anderen Seite niemals erreicht werden, insofern der
menschliche Erkenntnisprozess keinen Abschluss findet. Wir haben es
hier mit einem dialektischen Widerspruch zu tun, den Lenin
folgendermaßen bestimmt: „Das menschliche Denken ist also seiner
Natur nach fähig, uns die absolute Wahrheit, die sich aus der Summe
der relativen Wahrheiten zusammensetzt, zu vermitteln, und es tut
dies auch. Jede Stufe in der Entwicklung der Wissenschaft fügt
dieser Summe der absoluten Wahrheit neue Körnchen hinzu; aber die
Grenzen der Wahrheit jedes wissenschaftlichen Satzes sind relativ und
können durch die weitere Entwicklung des Wissens entweder weiter
oder enger gezogen werden.“***
Was
ist die Ursache dafür, dass wir uns der vollständigen, umfassenden
und abgeschlossenen Erkenntnis der objektiven Realität nur ständig
annähern, diese aber niemals erreichen können? Hier müssen wir vor
allem zwei Gesichtspunkte berücksichtigen: einmal die Unendlichkeit,
Unerschöpflichkeit und Ewigkeit der Materie als objektiven
Gegenstand des Erkennens und zum anderen den historisch bedingten
Entwicklungsstand der gesellschaftlichen Praxis als der Grundlage des
Erkennens.
Das relative Wahrsein einer Erkenntnis darf
keinesfalls mit dem Irrtum gleichgesetzt werden. Eine solche
Identifizierung hieße, ein Moment des Subjektivismus in die
marxistisch-leninistische Erkenntnistheorie hineinzutragen. Ein
Irrtum liegt dann vor, wenn ein Urteil, das nicht wahr, sondern
falsch ist, für wahr gehalten wird. Das gilt auch umgekehrt, wenn
ein wahres Urteil für falsch gehalten wird. Irrtümer können immer
auftreten. Sie haben verschiedene Ursachen. Sie können das Ergebnis
von Sinnestäuschung, von logischen Fehlern, aber auch von
Vorurteilen, die häufig klassenbedingt sind, sein. Das bedeutet aber
nicht, dass Irrtümer bewussten Charakter tragen. Wird bewusst, also
wieder besseren Wissen, ein bestimmter Sachverhalt in einem falschen
Urteil abgebildet, dann handelt es sich nicht um einen Irrtum,
sondern um eine Lüge.
*Lenin:
Materialismus und Empiriokritizismus. Werke, Bd. 14, S. 121.
**Lenin:
Zur Frage der Dialektik. Werke, Bd. 38, S. 339.
***Lenin:
Materialismus und Empiriokritizismus. Werke, Bd. 14, S. 129.
1Der
Text wurde entnommen aus: Dialektischer und historischer
Materialismus, Lehrbuch für das marxistisch-leninistische
Grundlagenstudium, Dietz Verlag Berlin 1988, Seiten 194 -198
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