Einen Hinweis habe ich
erhalten, es wird eine Demo geben, das Thema nicht uninteressant,
aber den eigentlichen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht
Rechnung tragend. Letztlich wird der Bauer in
unserer Gesellschaft auf dem selben Altar geopfert werden, wie der
Kleinbürger, welcher im Laufe der Zeit durch den Mittelstand ersetzt
wurde. Gelegentlich ist er noch anzutreffen, allerdings hat er in der
Regel seine Eigenständigkeit verloren. Und so ist das Thema: „Wir
haben Agrarindustrie satt!“ eher ein verzweifelter Hilfeschrei, als
eine realistische Suche nach einer Lösung der aufgezeigten Probleme.
„Was uns verbindet: wir
fordern den Stopp der industriellen Landwirtschaft &
Lebensmittelproduktion und eine Förderung bäuerlicher Betriebe!“
Wir haben es satt!
Wirklich, haben wir die Agrarindustrie satt? Oder was haben wir
eigentlich satt, oder sollten zumindest satt haben?
Zwei Ansätze des
Nachdenkens zum Thema:
1.) Nettes Demothema,
wir haben es satt, weil wir satt sind und uns leisten können, es
satt zu haben!? Die Forderungen sind schlicht naiv zu nennen wenn
nicht* … und wer eine moderne Landwirtschaft haben möchte, welche
am Interesse des Menschen orientiert, der kommt grundsätzlich um
*fundamentale Kapitalismuskritik nicht herum! Dabei ist es
verständlich, dass der Bauer Agrarindustrie satt hat, bedeutet die
Agrarindustrie doch die Abschaffung des Bauern als gesellschaftliches
Subjekt.
Aber steht deswegen
die Landwirtschaft am Scheideweg? Oder wandelt diese nicht schon
lange auf kapitalistischen Pfaden? Kann sie überhaupt auf anderen
Pfaden wandeln, heute und hier, im System des Kapitals? Auf den
Pfaden kleinbäuerlichen Wirtschaftens etwa? Zurück zu feudalen
Verhältnissen also, mit Fron und Leibeigenschaft?
Für die Bauern bietet
sich allerdings eine Möglichkeit, wirtschaftlich den Agrarkonzernen
entgegen zu treten, die Gründung von Genossenschaften. Diese
allerdings werden von der Agrarindustrie, aber auch von so manchem
Einzelbauern bekämpft, was nach 1990 im Osten Deutschlands gut zu
sehen war. Vorgeblich wurden Wiedereinrichter gefördert und so
motiviert löste manch Bauer sein Eigentum aus der LPG heraus und
machte sich selbstständig. Manch Bauer ließ sich auszahlen und
wunderte sich anschließend das sein Arbeitsplatz mit der Auszahlung
ebenfalls futsch war. Aus Sicht der Agrarindustrie gab es aber keine
andere Möglichkeit, eine Genossenschaft konnte mit Hilfe der
Treuhand nicht so einfach abgeschafft werden, wie zum Beispiel ein
volkseigenes Gut, oder andere Betriebe im Volkseigentum. Der Weg
führte also erst einmal zurück, um letztlich entsprechend
kapitalistischen Wirtschaftens, die nun kleine und zersplitterte
Konkurrenz auszuschalten. In einer Nische, ökologischer Landbau z.
B., konnte der eine und andere Betrieb überstehen, bis die
Agrarindustrie diesen Markt für sich entdeckte. Die Kleinproduzenten
haben die Voraussetzungen geschaffen, aus einer Randerscheinung wurde
ein Trend, welcher sich immer besser vermarkten lässt. Dabei kommen
sogenannte Ökoprodukte heute aus aller Welt und werden immer
umfassender nicht nur in Supermärkten angeboten.
„Wir
fordern einen anderen Weg! Wir wollen ökologisch hochwertige und
gesunde Lebensmittel von Bauernhöfen mit fairen Preisen und
Marktbedingungen weltweit!“ Historisch betrachtet, gehört
der Einzelbauernhof der Vergangenheit an und viele dieser Höfe
werden heute im Nebenerwerb betrieben. Problematisch ist auch die
Aussage, „mit fairen Preisen
und Marktbedingungen weltweit“, also kapitalistische
Strukturen, verbunden mit feudaler Produktionsweise? Und was ist ein
fairer Preis? Einheitlich wird es keinen geben, da die
Lebensbedingungen in den Ländern sehr unterschiedlich sind, dabei
ist wichtig, dass die Produzenten von ihrer Arbeit leben können.
Auch spielen wesentlich mehr Faktoren eine Rolle, als nur der Preis
für die Ware, insbesondere auch der Ware Arbeitskraft, in der
Agrarindustrie.
Letztendlich dürfte es den Bauern auch weniger
um das Weltweit gehen, sondern um Regionalität! Aber sind
landwirtschaftliche Strukturen unter kapitalistischen Bedingungen
möglich, welche ihr Hauptaugenmerk auf die Versorgungssicherheit in
ihrer Region legen? Erinnern wir uns, in der DDR war es möglich,
regionale Selbstversorgung eine Prämisse, in jeder größeren Stadt
gab es einen Schlachthof, gab es eine Molkerei und andere
weiterverarbeitende Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft. Heute
gehört dieses der Geschichte an, weiterverarbeitende Betriebe werden
größer, zentraler, spezialisierter. Die Transportwege sind länger
und um die Produkte lange haltbar zu halten, werden diese
entsprechend manipuliert. Dazu kommt weiterhin die Vernichtung von
Unmengen „Kampfstoffe“ auf den Feldern, unter der Prämisse
Erträge zu erhöhen, Arbeitsabläufe zu vereinfachen und mit den
Folgen, welche nicht unbekannt, oft das Gegenteil von dem
hervorbringen, was von der liefernden Industrie versprochen.
Ja, es gibt viele
Probleme, allerdings sind diese nicht zu lösen, in dem die
Agrarindustrie verteufelt wird und Illusionen von einer
Landwirtschaft geweckt werden, welche im System des Kapitalismus
keine Perspektive hat! Nun ist es in der Vergangenheit gelungen,
bestimmten Entwicklungen in der Landwirtschaft zu begegnen, so wurde
z. B. die Käfighaltung von Hühnern abgeschafft, Eier gibt es nun
aus Boden- und Freilandhaltung, allein die meisten Betriebe werden
industriell bewirtschaftet.
Und noch eins, „Agrar-
und Ernährungspolitik müssen sich an den Interessen der Menschen,
Tiere und Umwelt, nicht der Konzerne orientieren.“ und so
richtig diese Aussage auch ist, so illusorisch kommt sie im System
des Kapital daher. Wie in anderen Fällen auch, wird sich erweisen,
dass das Kapital, die Kapitalkumulation im Zentrum politischen
Treibens stehen! Auch bleibt zu fragen, warum Mensch Tiere hält? Im
Interesse der Tiere, wenn diesen überhaupt ein Interesse unterstellt
werden kann? Letzteres wirft die Frage auf, welches Interesse haben
Tiere?
„Was
uns verbindet: wir fordern den Stopp der industriellen Landwirtschaft
& Lebensmittelproduktion und eine Förderung bäuerlicher
Betriebe!“
2.) Warum nicht, wir haben die Industrie
satt, zurück zum kleinen Handwerksbetrieb? Keine Traktoren mehr auf
den Feldern, lasst uns die Kühe wieder vor den Radpflug spannen! Weg
mit der Steuer, wir wollen unseren Frondienst wieder haben und die
Leibeigenschaft sichert den Bauern seine Existenz! Die Menschen,
welche das Land nicht ernährt, können ja in die Städte abwandern
und ihre Arbeitskraft dort verkaufen, … wen möglich, wenn nicht,
dann können sie auswandern, in die neue Welt zum Beispiel …, oder
sich in Kriegen verheizen lassen, dem Gegner Aug im Aug gegenüber!
Hatten wir schon mal, ist Geschichte und die neue Welt ist zu einer
alten Welt geworden, von Orient bis Okzident! Aber warum dort stehen
bleiben, lasst uns in die Wälder ziehen und uns die Früchte in den
Mund wachsen, das Wildschaf erlegen und sein Gehirn löffeln,
ökologischer geht es nicht!
Schöne alte Welt,
alles Ritter, keiner Knecht, oder gehen wir jagen und sammeln, oder
naturgegebenen Müßiggang nach und wer auch nur daran denkt, einen
Faustkeil zu erfinden, wird mit auf der Erde liegenden Stöcken
gesteinigt! Gesellschaftlicher Fortschritt bleibt uns erspart, wenn
wir uns die menschliche Gesellschaft sparen, die Barbarei wird im
Rückwärtsgang übersprungen und die Wildheit menschlichen Seins
negiert, auf die Bäume ihr Affen, der Wald wird nicht gefegt, den
das Fegen ist ein menschliches Ding!
„Die
Landwirtschaft steht am Scheideweg“, zurück in die
Zukunft, oder Zurück in die Vergangenheit, das ist nicht die Frage,
sondern wie könnte unser zukünftiges Sein sein? „Die
Landwirtschaft steht am Scheideweg“, und andere
Wirtschaft nicht? Die Wirtschaft als Grundlage unseres
gesellschaftlichen Seins, lässt zumindest vermuten, dass unser
gesellschaftliches Sein selbst am Scheideweg steht!
So möge in der
Landwirtschaft vieles nicht in Ordnung sein, die Ursachen sind aber
nicht in der industriellen Landwirtschaft zu finden, sie entspricht
schlicht und einfach der Produktivkraftentwicklung unserer Zeit,
sondern in den gesellschaftlichen Verhältnissen, welche entscheidend
durch die ökonomischen Verhältnisse geprägt werden, diese wiederum
erhalten ihre Richtung mittels der Eigentumsverhältnisse!
Eine Demo, oder eine
moderne Form der Maschinenstürmerei?
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