Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Samstag, 7. März 2009

Produktivkräfte

Gesamtheit der subjektiven und gegenständlichen Faktoren des Produktionsprozesses sowie deren Zusammenwirken bei der Produktion materieller Güter. Zu den Produktivkräften gehören die Menschen, die über bestimmte Produktionserfahrungen, Arbeitsfertigkeiten und Bildung verfügen, als Hauptproduktivkraft und die Produktionsmittel, weiterhin die Leitung der Produktion, die Technologie, die Organisation der Produktion sowie die zur Produktivkraft gewordene Wissenschaft. Die Produktivkräfte bringen das Verhältnis der Gesellschaft zur Natur zum Ausdruck und die Entwicklung der Produktivkräfte die Veränderung dieses Verhältnisses. Die Produktivkräfte existieren in untrennbarer Einheit mit den jeweiligen Produktionsverhältnissen, mit denen sie die historisch bestimmte Produktionsweise bilden. Mit den Arbeitsmitteln wirkt der Mensch auf die Natur. „Das Arbeitsmittel ist ein Ding oder ein Komplex von Dingen, die der Arbeiter zwischen sich und den Arbeitsgegenstand schiebt und die ihm als Leiter seiner Tätigkeit auf diesen Gegenstand dienen. Er benutzt die mechanischen, physikalischen, chemischen Eigenschaften der Dinge, um sie als Machtmittel auf andere Dinge, seinem Zweck gemäß, wirken zu lassen.“ Marx, MEW, Bd. 23, S. 194) Die Produktionsinstrumente sind die Gradmesser für das Niveau der Produktivkräfte und somit der Herrschaft des Menschen über die Natur.
„Nicht was gemacht wird, sondern wie, mit welchen Arbeitsmitteln gemacht wird, unterscheidet die ökonomischen Epochen.“ (Marx, Bd. 23, S. 194/195) Die wichtigste, die erste Produktivkraft ist der Arbeiter, der Werktätige mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen (Lenin, Bd. 29, S. 352). Ohne ihn kann kein Produktionsprozess – auch kein automatischer – vor sich gehen. Das Funktionieren der Arbeitsmittel hängt vom Können des Menschen ab, davon, in welchem Maße er die Möglichkeiten der Technik auszunutzen versteht. Gleichzeitig aber hängen die Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten des Menschen von den vorhandenen Arbeitsmitteln, vom Stand der von den vorangegangenen Generationen vorgefundenen Produktivkräfte ab. Die Entwicklung der Produktivkräfte ist vor allem die Entwicklung der Arbeitsmittel und die entsprechende Entwicklung des Menschen selbst. Gradmesser für das Entwicklungsniveau der Produktivkräfte ist die Arbeitsproduktivität. Wichtigster Faktor für das Wachstum der Arbeitsproduktivität ist die Weiterentwicklung aller Elemente des Systems der Produktivkräfte, vor allem die Arbeitsmittel, oder, mit anderen Worten, der wissenschaftlich-technische Fortschritt.
Die Produktivkräfte sind das bestimmende, revolutionierende Element der Produktion. Da die Produktion nur als gesellschaftliche Produktion existiert, erfordern die Produktivkräfte Produktionsverhältnisse, die ihrem Charakter und ihren Entwicklungsbedürfnissen entsprechen (Gesetz der Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der der Produktivkräfte). Aus der Natur des Produktionsprozesses folgt die ständige Bewegung und Veränderung der Produktivkräfte, die zunächst innerhalb der bestehenden Produktionsverhältnisse vonstatten geht, schließlich jedoch mit diesen in Konflikt gerät. Dieser Konflikt zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen tritt in Klassenkämpfen und Krisen in Erscheinung und erreicht seinen Höhepunkt in der sozialen Revolution, in deren Verlauf die überlebten Produktionsverhältnisse beseitigt werden. In den kapitalistischen Ländern hat die Entwicklung der Produktivkräfte einen Stand erreicht, der den Übergang zum Sozialismus nicht nur ermöglicht, sondern zu einer historischen Notwendigkeit macht. Der Sozialismus ist die erste Gesellschaft in der Geschichte, die eine planmäßige und ungehemmte Entwicklung der Produktivkräfte garantierten kann und damit dem gesellschaftlichen Fortschritt sowie der Entfaltung der Persönlichkeit große Möglichkeiten eröffnet.
Bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft vollziehen sich tiefgreifende Wandlungen in Umfang und Qualität der Produktivkräfte. Im Zuge der weiteren Ausgestaltung der materiell-technischen Basis des Sozialismus, die auf dem Wege der Intensivierung als dem Hauptweg der erweiterten Reproduktion und der Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts erfolgt, nehmen die Produktivkräfte nicht nur an Umfang zu, sondern erreichen auch ein bedeutend höheres Niveau. Vor allem die Vereinigung der Vorzüge des Sozialismus mit den Errungenschaften der wissenschaftlich-technischen Revolution wird die Arbeitsproduktivität kontinuierlich wachsen und den noch vorhandenen Vorsprung der entwickelten Länder weiter verringern. Im Sozialismus werden die Produktionsverhältnisse ständig vervollkommnet und Widersprüche zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen durch die bewusste Tätigkeit der Werktätigen unter Führung ihrer marxistisch-leninistischen Partei gelöst. Die Menschen üben die entscheidende Funktion bei der Entwicklung der Produktivkräfte und der Produktion aus, weil nur durch ihre zweckmäßige und schöpferische Tätigkeit die materiellen Güter geschaffen, die kulturelle Entwicklung  und der gesellschaftliche Fortschritt gewährleistet werden. Die Rolle des Menschen im Produktionsprozess wächst. Er erhält dank der ständigen Vervollkommnung der Produktivkräfte und der sozialistischen Produktionsverhältnisse immer mehr die Möglichkeit, seine Hauptkräfte auf die Entwicklung der Wissenschaft, auf die wissenschaftlich fundierte Leitung des Produktionsprozesses und auf die wirksame Nutzung der Produktionsfonds zu richten. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt führt zu grundlegenden Weiterentwicklungen der Arbeitsmittel. Die Mechanisierung und Automatisierung der Produktionsprozesse stellen neue Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit der Arbeitsmittel.
Charakteristisch für die wissenschaftlich-technische Revolution ist, dass die Wissenschaft und ihre technologische und ökonomische Anwendbarkeit immer mehr zur unmittelbaren Produktivkraft werden. Auch die Rolle der Arbeitsgegenstände verändert sich. Sie spielen im Produktionsprozess keine passive Rolle. Die Entwicklung und der Einsatz neuer Arbeitsgegenstände beeinflusst die Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit stark. Die Erfolge z. B. der Chemie bei der Entwicklung neuer Arbeitsgegenstände führen zur Herausbildung neuer Industriezweige. Der Aufschwung der Elektronik und anderer Bereiche wäre ohne Anwendung neuer, synthetischer Stoffe undenkbar. Zu den Produktivkräften zählen folglich viele Faktoren, die zusammen und in gegenseitiger Abhängigkeit existieren und notwendige Bedingungen jedes Produktionsprozesses sind. Die Leitung der Produktion ist eine notwendige und selbstständige Funktion. Sie ist im Sozialismus sowohl Produktionsbedingung (Produktivkraft) als auch Produktionsverhältnis und Überbauelement.

Aus: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986, Seiten 762/64.
Anmerkung: Ich hatte überlegt den Text so zu übernehmen, oder ihn entsprechend abzuändern, im konkreten Fall hätte ich einiges weggelassen. Spezielle die Aussagen zur entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Andererseits sind die Aussagen nicht verkehrt, auch wenn es das sozialistische Lager nicht mehr gibt. So kann das nachlesen der betreffenden Stellen durchaus auch Aufschluss über verschiedene Ursachen des Unterganges des sozialistischen Lagers geben. Dabei sind Texte in Wörterbücher Theorie, wie es mit der Praxis in diesem Zusammenhang z. B. in der DDR aussah, verdient untersucht zu werden.   

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