Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Freitag, 1. März 2013

Ping, Pong, Ping, Pong, Ping, Pong, ... - Gedanken zur Arbeiterklasse


In der Mailingliste der Freidenker fand sich eine interessante Diskussion, welche zwischenzeitlich den Gegenstand wechselte und in der es auch um Form und Umgang miteinander ging. Verschiedene Ansichten trafen aufeinander, was für Diskussionen durchaus förderlich ist. Dass in solchen Zusammenhängen gelegentlich unterschiedliche Meinungen aufeinander treffen, verwundert nicht und so kommt es auch vor, dass Gegenstände der Betrachtung nicht dem Grund nach in ihrer Bedeutung geklärt, sondern nur oberflächlich, allgemein verbreitetem Verständnis folgend, gegenübergestellt werden. So geschehen mit dem Begriff Arbeiterklasse. Wie im Tischtennis kann so auf der Plattenoberfläche  der Ball hin und her geschlagen werden, dieses veranlasste mich folgende Gedanken als Kommentar zu hinterlassen:

Ping, Pong, Ping, Pong, Ping, Pong, ….
Wie notwendig sind solche Diskussionen, ich finde es interessant, belebend und bezeichnend für die Notwendigkeit bestimmte Begrifflichkeiten zu klären. Im Freidenker 4-12 Extra wird sich ja einiger Begriffe angenommen, wie Notwendig so etwas ist, ist gut an dieser Diskussion zu sehen. Ohne jetzt auf Einzelheiten in der Diskussion einzugehen, möchte ich nur einen Aspekt herausgreifen, nämlich die Arbeiterklasse. Einerseits wird sie herausgestellt, andererseits ihre Abnahme postuliert. Aber nicht einer macht sich die Mühe zu erklären, was die Arbeiterklasse eigentlich ist? Oder sollte ich es überlesen haben? Die Klasse, welche also im Schwinden begriffen ist, bis hin zum verschwinden in der Bedeutungslosigkeit? Was unterscheidet diese Klasse von anderen Klassen, wie den Bauern, welche heute in der Regel als Landwirte daherkommen, oder das Bürgertum, welches seit der französischen Revolution allgemein verklärt und verschleiert wird? Und was ist mit der historischen Mission der Arbeiterklasse, von der zumindest in der DDR noch die Rede war? Und warum gerade hat die Arbeiterklasse diese historische Mission, wurde sie ihr zugesprochen, oder entsprach und entspring sie einfach nur der Rolle der Arbeiterklasse in der Gesellschaft? Ist Kapitalismus ohne Arbeiterklasse überhaupt möglich und das unabhängig davon, ob sich die Angehörigen dieser Klasse ihres Seins als Proletarier und der Zugehörigkeit zur Klasse bewusst oder nicht bewusst sind?
Doch eigentlich nicht, die Arbeiterklasse ist der zwingende Gegenpol der Kapital besitzenden Klasse, der Bourgeoisie, sie hat sie hervorgebracht und benötigt die Arbeiterklasse wie der Mensch die Luft zum atmen. Auf dem Weg zur Friede, Freude und Eierkuchen für alle Gesellschaft, in der wir uns oft dargestellter weise befinden, wurde die Arbeiterklasse abgeschafft, oder verschwand zumindest in der Marginalität. Was ist nun aber aus ihrem Widersacher geworden? Ist der auch nicht mehr existent?
Als ich in der DDR groß geworden bin und zum Proleten heranreifte, welcher ich heute noch bin, wurde mir etwas von einer wissenschaftlichen Weltanschauung erzählt. Und obwohl ich den Erzählungen glaubte, fing ich an zu zweifeln, an der Wissenschaftlichkeit dieser Weltanschauung, wurde diese doch all zu oft mehr gepredigt, als gelehrt! Im laufe der Zeit musste ich aber erkennen, das die Propheten zwar viele waren, die Weltanschauung trotzdem wissenschaftlich. Das ist auch so geblieben, bis heute eigentlich, nur die meisten der Propheten sind vom Glauben an diese wissenschaftliche Weltanschauung abgefallen, haben diese aber nicht von ihrem religiös verbrämten Teilen befreit, sondern sie ganz verworfen. Und nicht wenige dieser Propheten sind losgezogen und begannen den neuen Göttern zu huldigen, welche eigentlich die alten waren.

Und wer möchte schon Prolet sein? Angestellter, Vertreter, von was auch immer, Verkäufer, Bauer, Ingenieur, Techniker, Künstler, selbst am Hungertuch nagend, Bankangestellter, Berater, für was auch immer, Arzt, Krankenschwester oder Pfleger, Verkäuferinnen, Friseuse, ins besondere aber und allgemein verklärt, der Begriff des Bürgers usw. alles hört sich besser an, als Arbeiter. Dabei wird eine Vorstellung vom Arbeiter gepflegt, welche der gegenwärtigen Produktivkraftentwicklung nicht mehr entspricht und diesen Vorstellungen entsprechend wird dann auch vermeint, die Arbeiter organisieren zu müssen. Dass sich viele Arbeiter so nicht wieder erkennen, fördert nicht gerade das Klassenbewusstsein.
Wie einfach war es aus unserer Sicht doch noch zu Zeiten der Manufaktur, der Dampfmaschine, welche Massen von Menschen benötigte, welche sich den technologischen Abläufen unterzuordnen hatten und den auch nichts anderes übrig blieb, um nicht verhungern zu müssen. Sie waren frei, sogar doppelt frei und konnten so ihre Arbeitskraft verkaufen. Sie konnten nicht nur, sie mussten sogar! Doch die Entwicklung ging weiter, die Fließbandproduktion revolutionierte die Fertigung von Waren und neue Bereiche des Tätigseins wurden erschlossen, die Massen der Arbeiter waren geeint, entsprechend der technologischen Entwicklungen. Wie sie nebeneinander am Fließband standen, lernten sie ihre Interessen zu artikulieren und zu vertreten. War die Sozialdemokratie im ausgehenden 19 Jahrhundert, mit ihren Arbeiter-Bildungsvereinen, die Entsprechung der Produktivkraftentwicklung dieser Zeit, so war die kommunistische Bewegung mit ihren Parteilehrjahren deren Weiterentwicklung zur Zeit der Monopole der Fließbandproduktion. Die Produktivkraftentwicklung ging weiter, neue Technologien hielten Einzug und verdrängten die Menschen nach und nach von den Fließbändern, die intensive Reproduktion verdrängte die extensive und schob immer mehr Menschen auf das Abstellgleis kapitalistischen Wirtschaftens, einhergehend mit rückläufiger Wertschöpfung, was nach Marx im tendenziellen Fall der Profitrate mündet. Nur bei allen was sich verändert hat, bei aller Produktivkraftentwicklung, wie sie sich vollzogen hat, ohne dem Arbeiter würde dieses System einfach nicht funktionieren, der Arbeiter ist nach wie vor der doppelt freie Lohnarbeiter, frei vom Besitz an Produktionsmittel und frei seine Arbeitskraft verkaufen zu müssen!
Nächtliche Grüße

P.S. es ist nicht der erste Anlauf meinerseits etwas zu diesem Thema zu schreiben, doch war der Schlagabtausch heftig, wobei der ursprüngliche Gegenstand verloren gegangen ist. Nichts desto trotz, oder trotz alle dem, brauchen wir meines Erachtens solche Diskussionen.

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