In der Mailingliste der Freidenker fand sich eine interessante
Diskussion, welche zwischenzeitlich den Gegenstand wechselte und in der es auch
um Form und Umgang miteinander ging. Verschiedene Ansichten trafen
aufeinander, was für Diskussionen durchaus förderlich ist. Dass in solchen
Zusammenhängen gelegentlich unterschiedliche Meinungen aufeinander treffen,
verwundert nicht und so kommt es auch vor, dass Gegenstände der Betrachtung nicht
dem Grund nach in ihrer Bedeutung geklärt, sondern nur oberflächlich,
allgemein verbreitetem Verständnis folgend, gegenübergestellt werden. So
geschehen mit dem Begriff Arbeiterklasse. Wie im Tischtennis kann so auf der
Plattenoberfläche der Ball hin und her
geschlagen werden, dieses veranlasste mich folgende Gedanken als Kommentar zu
hinterlassen:
Ping, Pong, Ping, Pong, Ping, Pong, ….
Wie notwendig
sind solche Diskussionen, ich finde es interessant, belebend und bezeichnend
für die Notwendigkeit bestimmte Begrifflichkeiten zu klären. Im
Freidenker
4-12 Extra wird sich ja einiger Begriffe angenommen, wie Notwendig so etwas
ist, ist gut an dieser Diskussion zu sehen. Ohne jetzt auf Einzelheiten in der
Diskussion einzugehen, möchte ich nur einen Aspekt herausgreifen, nämlich die
Arbeiterklasse. Einerseits wird sie herausgestellt, andererseits ihre Abnahme
postuliert. Aber nicht einer macht sich die Mühe zu erklären, was die
Arbeiterklasse eigentlich ist? Oder sollte ich es überlesen haben? Die Klasse,
welche also im Schwinden begriffen ist, bis hin zum verschwinden in der
Bedeutungslosigkeit? Was unterscheidet diese Klasse von anderen Klassen, wie den
Bauern, welche
heute in der Regel als
Landwirte daherkommen, oder das Bürgertum, welches seit der französischen
Revolution allgemein verklärt und verschleiert wird? Und was ist mit der
historischen Mission der Arbeiterklasse, von der zumindest in der DDR noch die
Rede war? Und warum gerade hat die Arbeiterklasse diese historische Mission,
wurde sie ihr zugesprochen, oder entsprach und entspring sie einfach nur der
Rolle der Arbeiterklasse in der Gesellschaft? Ist Kapitalismus ohne
Arbeiterklasse überhaupt möglich und das unabhängig davon, ob sich die
Angehörigen dieser Klasse ihres Seins als Proletarier und der Zugehörigkeit zur
Klasse bewusst oder nicht bewusst sind?
Doch eigentlich
nicht, die Arbeiterklasse ist der zwingende Gegenpol der Kapital besitzenden
Klasse, der Bourgeoisie, sie hat sie hervorgebracht und benötigt die Arbeiterklasse
wie der Mensch die Luft zum atmen. Auf dem Weg zur Friede, Freude und
Eierkuchen für alle Gesellschaft, in der wir uns oft dargestellter weise
befinden, wurde die Arbeiterklasse abgeschafft, oder verschwand zumindest in
der Marginalität. Was ist nun aber aus ihrem Widersacher geworden? Ist der auch
nicht mehr existent?
Als ich in der
DDR groß geworden bin und zum Proleten heranreifte, welcher ich heute noch bin, wurde mir etwas von einer
wissenschaftlichen Weltanschauung erzählt. Und obwohl ich den Erzählungen
glaubte, fing ich an zu zweifeln, an der Wissenschaftlichkeit dieser
Weltanschauung, wurde diese doch all zu oft mehr gepredigt, als gelehrt! Im
laufe der Zeit musste ich aber erkennen, das die Propheten zwar viele waren,
die Weltanschauung trotzdem wissenschaftlich. Das ist auch so geblieben, bis heute eigentlich, nur die meisten der Propheten sind
vom Glauben an diese wissenschaftliche Weltanschauung abgefallen, haben diese
aber nicht von ihrem religiös verbrämten Teilen befreit, sondern sie ganz
verworfen. Und nicht wenige dieser Propheten sind losgezogen und begannen den
neuen Göttern zu huldigen, welche eigentlich die alten waren.
Und wer möchte
schon Prolet sein? Angestellter, Vertreter, von was auch immer, Verkäufer,
Bauer, Ingenieur, Techniker, Künstler, selbst am Hungertuch nagend,
Bankangestellter, Berater, für was auch immer, Arzt, Krankenschwester oder
Pfleger, Verkäuferinnen, Friseuse, ins besondere aber und allgemein verklärt,
der Begriff des Bürgers usw. alles hört sich besser an, als Arbeiter. Dabei
wird eine Vorstellung vom Arbeiter gepflegt, welche der gegenwärtigen
Produktivkraftentwicklung nicht mehr entspricht und diesen Vorstellungen
entsprechend wird dann auch vermeint, die Arbeiter organisieren zu müssen. Dass
sich viele Arbeiter so nicht wieder erkennen, fördert nicht gerade das
Klassenbewusstsein.
Wie einfach war
es aus unserer Sicht doch noch zu Zeiten der Manufaktur, der Dampfmaschine,
welche Massen von Menschen benötigte, welche sich den technologischen Abläufen
unterzuordnen hatten und den auch nichts anderes übrig blieb, um nicht
verhungern zu müssen. Sie waren frei, sogar doppelt frei und konnten so ihre
Arbeitskraft verkaufen. Sie konnten nicht nur, sie mussten sogar! Doch die
Entwicklung ging weiter, die Fließbandproduktion revolutionierte die Fertigung
von Waren und neue Bereiche des Tätigseins wurden erschlossen, die Massen der
Arbeiter waren geeint, entsprechend der technologischen Entwicklungen. Wie sie
nebeneinander am Fließband standen, lernten sie ihre Interessen zu artikulieren
und zu vertreten. War die Sozialdemokratie im ausgehenden 19 Jahrhundert, mit
ihren Arbeiter-Bildungsvereinen, die Entsprechung der Produktivkraftentwicklung
dieser Zeit, so war die kommunistische Bewegung mit ihren Parteilehrjahren deren
Weiterentwicklung zur Zeit der Monopole der Fließbandproduktion. Die
Produktivkraftentwicklung ging weiter, neue Technologien hielten Einzug und
verdrängten die Menschen nach und nach von den Fließbändern, die intensive
Reproduktion verdrängte die extensive und schob immer mehr Menschen auf das
Abstellgleis kapitalistischen Wirtschaftens, einhergehend mit rückläufiger
Wertschöpfung, was nach Marx im tendenziellen Fall der Profitrate mündet. Nur
bei allen was sich verändert hat, bei aller Produktivkraftentwicklung, wie sie
sich vollzogen hat, ohne dem Arbeiter würde dieses System einfach nicht
funktionieren, der Arbeiter ist nach wie vor der doppelt freie Lohnarbeiter,
frei vom Besitz an Produktionsmittel und frei seine Arbeitskraft verkaufen zu
müssen!
Nächtliche Grüße
P.S. es ist
nicht der erste Anlauf meinerseits etwas zu diesem Thema zu schreiben, doch war
der Schlagabtausch heftig, wobei der ursprüngliche Gegenstand verloren gegangen
ist. Nichts desto trotz, oder trotz alle dem, brauchen wir meines Erachtens
solche Diskussionen.
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