Vorgedanke:
- Mit der Macht des Geldes gehen allgemeine kulturelle
Errungenschaften mehr und mehr dem Bach runter, wird Vielfalt der
Einfalt geopfert und die Einfältigkeit der Lakaien in ihrer
Pflichttreue scheint grenzen- aber auch phantasielos. -
In
der Not frisst der Teufel Fliegen, trennen sich Kommunen von ihrem
Eigentum und begeben sich immer mehr in von sie nicht zu
beeinflussende Abhängigkeiten, geben somit ihre Autonomie mehr und
mehr auf und damit auch entscheidende Gestaltungsmöglichkeiten der
Bürger. Sie werden zu Bittstellern, wenn vermeint wird, dass das
Trennen von eigener wirtschaftlicher Substanz sie von ihrem
finanziellen Elend erlösen könnte. Aber wie auch in anderen Fällen,
Geld ist Maß der Werte und Maßstab der Preise, Zirkulationsmittel,
Zahlungsmittel, Akkumulationsmittel oder Mittel zur Schatzbildung und
in der kapitalistischen Warenproduktion vermittelt das Geld die
grundlegenden gesellschaftlichen Beziehungen. Es verwandelt sich in
Kapital und wird zum Ausdruck des kapitalistischen Reichtums.
Letzteres bedeute auch für Kommunen nichts anderes, als das der
Reichtum der Gesellschaft mittels Akkumulation des in Kapital
verwandelten Geldes erzeugt wird. Wenn Kommunen sich von kommunalen
Eigentum trennen, so ist dieses auch immer ein Akt der Umverteilung
gesellschaftlichen Reichtums zu Ungunsten der Gesellschaft. Das
solche Vorgänge die verschiedensten Formen annehmen können, ist
auch in Quedlinburg zu sehen, die Folgen für die Menschen dieser
Stadt rücken dabei in den Hintergrund, dafür werden Ängste, meist
auf rein spekulativer Basis und auf niedrigen Niveau in den
Vordergrund gestellt. Es ist die Angst, welche das Handel der
Menschen bestimmen soll und nicht die Vernunft.
Gegenwärtig
steht die Fusion des Nordharzer Städtebundtheater mit der
Landesbühne Eisleben auf dem Plan. Der Kulturausschuss des
Quedlinburger Stadtrats hat jüngst beraten und die MZ
darüber berichtet.
Es
ist schon eine Not mit der Jammerei über die Not, ohne Not
verbreiteter Illusionen folgend und die übliche Alternativlosigkeit
verkündend. Dem Stadtrat soll „das
Papier“ zur
Fusion am 13. Dezember vorgelegt werden und es bleibt abzuwarten wie
dieser entscheiden wird. Das auch in diesem Zusammenhang der
Oberbürgermeister eine „absolute
Katastrophe“
orakelt, im Falle der Beibehaltung des „Status
Quo“,
verwundert wenig, malte er in anderen Zusammenhängen doch schon so
manchen Teufel an die Wand. Zum Untermauern der prekären Situation
der Stadt wird vom Oberbürgermeister die „Pro-Kopf-Verschuldung
… in Quedlinburg“
bemüht, welche bei 743 Euro anzusetzen sei. Dem nicht genug, ist
„„das … ein
überkritischer Bereich“ sagte Brecht und wies darauf hin, dass
weitere finanzielle Unterstützung des Landes „davon abhängt, wie
konsolidierungsbereit wir sind““.
Einmal davon abgesehen, dass auch in anderen Fällen das Land, der
Kreis und andere aufsichtführende Behörden bemüht werden, sei hier
an eine Aussage des Bürgermeisters vor einigen Jahren, im
Zusammenhang mit der vorgesehenen Privatisierung der Stadtwerke
erinnert. Damals war in der MZ
zu lesen: „die
freiwilligen Aufgaben der Stadt entsprächen nicht ihrer
Wirtschaftstraft; Quedlinburg ist mit rund 30 Millionen Euro
verschuldet. Pro Kopf sind das etwa 1 400 Euro - Quedlinburg sei
damit Spitzenreiter.“ Nun war
Quedlinburg damit alles andere als Spitzenreiter und vielleicht war
diese Summe damals vom Bürgermeister zum Zwecke der Veräußerung
kommunalen Eigentums „optimistisch“ übertrieben, in jedem Fall
sind 1400,-€ mehr als 743,-€. Was ist also los in dieser Stadt,
die Verschuldung, einmal vorausgesetzt die Aussagen des
Ober/Bürgermeisters entsprechen/entsprachen den Tatsachen, ist sogar
geringer als vor vier Jahren und das trotz Kurzentrum, trotz
Krematorium und trotz Theaters in der jetzigen Form, trotz Sanierung
und Umgestaltung des Marktplatzes und einigem mehr.
Hier stimmt doch etwas nicht!
Die
meisten Menschen wissen aus persönlicher Erfahrung, dass sie ihr
Geld mit Arbeit verdienen müssen, wenn es ihnen nicht gelingt ihre
Arbeitskraft erfolgreich zu verkaufen und sie auf „Almosen“
angewiesen sind, dieses in der Regel mit entsprechenden Repressionen
verbunden ist. Dem Stadtrat hingegen scheinen solche Erkenntnisse
fremd, alles was mit Arbeit im Interesse der Stadt zu tun hat, wird
versucht auszugliedern oder gar zu privatisieren, freiwillig ein
Zustand repressiver Bevormundung gewählt, meist in der Hoffnung das
Investoren kommen, investieren und zu Steuerzahlern in dieser Stadt
werden, oder entsprechende Landeszuschüsse fließen, bei
entsprechend hörigem Verhalten.
Sicher
gibt es auch in dieser Stadt Menschen welche ihr Geld mittels der
Arbeit anderer Verdienen, in jedem Fall aber ist Arbeit erforderlich.
Ohne Arbeit kein gesellschaftlicher Reichtum, um dessen gerechte oder
ungerechte Verteilung es hier allerdings nur indirekt geht. Kommunen,
Städte wie Quedlinburg, vermeinen, dass dieses anders sein könnte.
So wird nicht nur Versucht sich von eigener wert-schöpfender
Substanz zu trennen, sondern sich auch anderer Einflussnahmen
beraubt, wie es im Falle des Theaters sein würde. Wo sich aber auf
der einen Seite von eigener wirtschaftlicher Substanz getrennt wird,
Einflussnahme abgebaut und Abhängigkeiten von Zuschüssen zunehmen,
wird auf der anderen Seite über neue Gewebe- oder Industriegebiete
fabuliert, welchen ohne konkrete Notwendigkeit hervorragende
landwirtschaftliche Nutzflächen geopfert werden soll. Nicht nur das
dadurch erst einmal wirtschaftliche Substanz vernichtet wird, auch
werden Investitionen notwendig, welche die finanzielle Situation der
Stadt nicht gerade verbessern. Das es andere ungenutzte
Gewerbegebiete in der Stadt schon gibt, spielt eine untergeordnete
Rolle und deren Nichtnutzung wird mit schlechterer Verkehrsanbindung
begründet. Die eigentlich nutzlose Südumgehung Quedlinburgs, wurde
zwar mit der direkteren Anbindung von Gernrode und Quarmbeck an die
B6n begründet, wird geflissentlich aber unterschlagen.
Leider
gelingt es dem Oberbürgermeister oft eine Mehrheit des Stadtrates
für weitere Enteignungsmaßnahmen zu mobilisieren, obwohl die
Verhinderung des Verkaufes der Stadtwerke vor Jahren seine
Argumentationen nicht nur ins leere laufen ließen, sondern sogar
widerlegten. So widerlegt allein schon die vom Oberbürgermeister
obengenannten Zahl seine ehemals gemachten Aussagen, das es der Stadt
sehr schlecht ergehen wird, wenn sie sich nicht von ihrem Eigentum
trennt. Nun sind die Stadtwerke wie eine Geldpresse für die Stadt,
dabei sei dahingestellt ob das Geld im Interesse der Bürger
ausgegeben wird und somit war es für viele plausibel diese nicht zu
verkaufen. Anders verhält es sich mit dem Krematorium, in diesem
Fall werden keine Gewinne erwirtschaftet und so wird der Verkauf auch
damit begründet, dass die Stadt mit einem Krematorium keine Gewinne
erwirtschaften darf. Nur bedeutet das doch noch lange nicht, dass sie
nun mit dem Betrieb Verluste machen muss! In jedem Fall beraubt sich
die Stadt wirtschaftlicher Autonomie und mit dieser auch konkreter
wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten im Interesse ihrer Bürger.
Das in diesem Zusammenhang die Freiheit des Marktes bemüht und der
Wettbewerb es schon richten wird, entspricht der weitestgehend
neoliberalen Denkweise des Oberbürgermeisters und eines Großteils
der Stadträte, deren Prinzip es ist, dem allgemeinen neoliberalen
Glauben zu folgen und sich der Illusion der Segnungen von Markt und
Wettbewerb (eigentlich gnadenlose Konkurrenz) zu ergeben. Ähnlich
verhält es sich mit dem Kurzentrum in Bad Suderode, auch dieses soll
veräußert werden, um die Stadt zu retten. Nun erfordert der Betrieb
dieses Kurzentrum jährliche Zuschüsse, das Land Sachsen-Anhalt hat
sich aus der Verantwortung herausgenommen, die Stadt Quedlinburg ist
mit dieser Aufgabe finanziell überfordert und so wird der Schluss
gezogen das Kurzentrum zu verkaufen. Naiv betrachtet durchaus nicht
verkehrt, vor allem wenn das Kurzentrum losgelöst und nicht in einem
gesamtwirtschaftlichen Kontext betrachtet wird. Wird sich aber ein
Blick über den Tellerrang gegönnt, ist zu erkennen, dass das
Kurzentrum in Bad Suderode, bei all seinen heute bekundeten Mängeln,
seiner ursprünglichen wirtschaftlichen Aufgabe, als Instrument
regionaler Wirtschaftsförderung gerecht geworden ist.
Gesamtwirtschaftlich handelt es sich um ein Erfolgsmodel, welches
auch der sogenannten öffentlichen Hand mehr Einnahmen beschert, als
es Kosten verursacht. Aber nicht nur die öffentliche Hand
profitiert, sondern viele klein und mittelständische Unternehmen,
welche im Umfeld des Kurzentrums ihre Existenz gefunden haben. Die
durchaus positive Bilanz wurde aus politischen Gründen entfremdet,
in dem das Land Sachsen-Anhalt sich aus seiner Verantwortung zurückzog und der Stadt
Quedlinburg im Zuge der Gebietsreform den schwarzen Peter zuschob.
Letztlich wäre es notwendig die Verluste des Kurzentrums auf jene zu
verteilen, welche von diesem profitieren, so entsprechend der
Verteilung der mittels Kurzetrum generierten Steuern auf Bund, Land, Kommune und auf privatwirtschaftliche Unternehmen, welche vom
Kurzentrum direkt wie indirekt profitieren. Letzteres nicht nur in ihrem eigenen
Interesse. Unterm Strich und in
gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen betrachtet, ist das
Weiterbetreiben des Kurzentrums als eigenes Unternehmen für die
Stadt die billigste Variante. Privatisierung öffentlichen Eigentums geht
letztendlich immer nur auf Kosten der Kommunen und ihrer Bürger und
wenn verschiedene Beispiele betrachtet werden, kann erkannt werden,
dass Städte in Folge von Privatisierungen ihre Schulden dauerhaft
nicht senken konnten, ganz im Gegenteil, die Schuldenberge wuchsen
nach kurzer Erholung wieder an und weiter.
Egal
welches Beispiel des Umgangs mit kommunalem Eigentum gewählt wird,
wenn es um Privatisierung desselben geht werden von den Privatisierungsbefürwortern in erster Linie
Ängste geschürt und die Alternativlosigkeit einer Trennung
beschworen. Nun sind Stadträte auch nur Menschen und nicht wenige
naiven ökonomischen Glaubens, das einfache Lösungsschemen helfen
gesellschaftliche Probleme zu lösen. Als zentraler Dreh- und
Angelpunkt spielt Geld eine entscheidende Rolle, in erster Linie das
Geld, über welches man nicht verfügt, jedoch ohne danach zu Fragen,
warum es so ist, wird es keine verträgliche Lösungen geben. Es ist
so, dass Menschen, welche sich von ihren Ängsten leiten lassen, oft
den Blick für die Realität und damit für die eigentlichen
Zusammenhänge gesellschaftlichen/wirtschaftlichen Seins verlieren?
So wird oft die Flucht in den Glauben an die Segnungen des Marktes,
in der gegenwärtig noch oft verkündeten Religion des
Neoliberalismus und in die Hoffnung das es nicht so schlimm wird,
angetreten. Es wird suggeriert, dass das Interesse der Wirtschaft,
das Interesse der Menschen sei, und somit die Menschen der Wirtschaft
und deren Interessen zu dienen hätten und nicht umgekehrt. Im
Bereich der Wirtschaft setzt sich der Mensch aber mit der Natur
auseinander und gestaltet die materiellen Grundlagen seines Lebens,
die Basis für die Entwicklung aller anderen Lebensbereiche. Und
gerade von diesem entscheidenden Faktor gesellschaftlichen Seins
trennen sich die Städte und überlassen privatwirtschaftlich
agierenden Unternehmen das Feld, dabei mehr und mehr überregional
agierenden. Das diese Unternehmen nicht im Interesse der Gemeinschaft
agieren liegt auf der Hand, ist gesetzmäßig bedingt und letztlich
ist es der Besitzer der den Sinn seines wirtschaftlichen Streben bestimmt. Den
Kommunen bleibt nur übrig, auf entsprechende Steuereinnahmen zu
hoffen und ihren Kulturbetrieb z. B. mittels Spenden am Leben zu
erhalten.
Werden
die obengenannten Zahlen zur Verschuldung betrachtet, so ist gut zu
erkennen, dass nicht die Privatisierung kommunalen Eigentums
Entspannung in den Haushalt der Stadt bringt, sondern der Erhalt
kommunalen Eigentums und der damit verbundenen Handlungsfähigkeit.
Das in diesem Zusammenhang auch übergeordnete Verwaltungen Druck auf
Kommunen ausüben, sich von ihrem Eigentum zu trennen, ist dem
Umstand geschuldet, das neoliberale Denkmuster nicht nur
Kommunalpolitik, sonder insbesondere auch Landes- und Bundespolitik
bestimmen.
Nun
soll das Nordharzer Städtebundtheater mit dem Theater in Eisleben
fusionieren, wobei; „die Zuschüsse deutlich
abzusenken, könne man derzeit nicht gerecht werden, "aber durch
eine Fusion mit Eisleben ist es zumindest möglich, die anstehenden
Aufwüchse bei den Kosten zu begrenzen". Mit Zahlen belegen kann
Brecht das nicht; die Geschäftsführung des Theaters sehe sich
derzeit nicht in der Lage, die Kostenauswirkungen zu benennen.“
Was nichts anders bedeutet, als das keiner absehen kann, welche
positiven Folgen eine solche Fusion hat, ganz im Gegenteil,
„der Zusammenschluss der beiden Theater werde Nachteile bringen -
von "weniger Aufführungen im gesamten Einzugsbereich" war
die Rede.“ Und das soll eine akzeptable
Alternative für eine Stadt wie Quedlinburg sein, welche sich
besonders viel auf ihr kulturelles Erbe einbildet, dieses sogar ein
entscheidender Wirtschaftsfaktor ist. Dem Oberbürgermeister fällt
hingegen nichts besseres ein, als sich in Hoffnungen zu ergeben,
immerhin, „Formal sei das Schauspiel in
Eisleben angesiedelt, aber Proben gebe es "natürlich auch in
Quedlinburg",“ so das Schauspieler
weiterhin in Quedlinburg sein werden. Damit versucht er die Angst vor
dem Wegzug von Schauspielern zu relativieren und „er
sei fest davon überzeugt, dass auch die Eisleber Ensemblemitglieder
nach mehreren Auftritten dem Publikum in der Welterbestadt bekannt
sein werden.“ Das wird sicher auch so sein,
genauso bekannt wie Schauspieler aus Film und Fernsehen, negiert wird
aber durch eine solche Ansicht, dass sich viele der hier ansässigen
Theaterschaffenden auch sonst am kulturellem Leben in Quedlinburg
beteiligen. Letztlich zweifelt der Oberbürgermeister aber selbst am
Aufgehen seiner Hoffnungen und außer den „Konsolidierungsgedanken“
zu bemühen, ist wenig konkretes zu erfahren, auch nicht wo und woran
beim Theater noch gespart werden könnte.
Nun
ist es einmal so, das in der Wirtschaft weiter konzentriert und
zentralisiert wird, genügend Beispiele finden sich auch in
Quedlinburg, dabei stehen effektivere Strukturen im Mittelpunkt, mit
weniger Aufwand mehr Gewinn erwirtschaften, ist das allgemein Ziel,
fraglich nur zu welchem Preis dieses Ziel zu erreichen ist. Und was
für Produktionsbetriebe durchaus von Vorteil sein kann, muss es noch
lange nicht für den Kulturbetrieb einer Stadt sein. Von Nachteil
hingegen sind solche Maßnahmen immer für die betroffenen
Mitarbeiter, sie müssen mit mehr „Flexibilität“ aufwarten, sei
es die Einkommen betreffend oder des Aufwandes, welcher betrieben
werden muss um die Tätigkeit auszuüben. Oft sind solche
Maßnahmen mit Einkommensverlusten verbunden, aber auch weitere Wege
zur Arbeit sind nicht zu unterschätzen. Letztlich stellt sich
die Frage, ob nicht die Ersparnis auf der einen Seite, auf Grund
allgemein verbreiteter Kurzsichtigkeit, Mehrkosten auf der anderen
Seite bedingen. Erinnert sei an dieser Stelle an die
verschiedensten Verwaltungsreformen der letzten Jahre, wo gerade für
die Kreisgebietsreform mit erheblichen Synergieeffekten und
Kostenersparnissen geworben wurde und im Ergebnis die Kosten
gestiegen sind, was nicht nur an der Erhöhung der Kreisumlage zu
sehen ist. Das die neuen Verwaltungsstrukturen zudem noch
Bürger-unfreundlicher sind, ist wohl politisch gewollt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen