Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Sonntag, 11. November 2012

Theater um Theaterfusion, Umstrukturierung, Privatisierung und andere Formen kommunaler Enteignungen in Quedlinburg!

Vorgedanke: - Mit der Macht des Geldes gehen allgemeine kulturelle Errungenschaften mehr und mehr dem Bach runter, wird Vielfalt der Einfalt geopfert und die Einfältigkeit der Lakaien in ihrer Pflichttreue scheint grenzen- aber auch phantasielos. -
In der Not frisst der Teufel Fliegen, trennen sich Kommunen von ihrem Eigentum und begeben sich immer mehr in von sie nicht zu beeinflussende Abhängigkeiten, geben somit ihre Autonomie mehr und mehr auf und damit auch entscheidende Gestaltungsmöglichkeiten der Bürger. Sie werden zu Bittstellern, wenn vermeint wird, dass das Trennen von eigener wirtschaftlicher Substanz sie von ihrem finanziellen Elend erlösen könnte. Aber wie auch in anderen Fällen, Geld ist Maß der Werte und Maßstab der Preise, Zirkulationsmittel, Zahlungsmittel, Akkumulationsmittel oder Mittel zur Schatzbildung und in der kapitalistischen Warenproduktion vermittelt das Geld die grundlegenden gesellschaftlichen Beziehungen. Es verwandelt sich in Kapital und wird zum Ausdruck des kapitalistischen Reichtums. Letzteres bedeute auch für Kommunen nichts anderes, als das der Reichtum der Gesellschaft mittels Akkumulation des in Kapital verwandelten Geldes erzeugt wird. Wenn Kommunen sich von kommunalen Eigentum trennen, so ist dieses auch immer ein Akt der Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums zu Ungunsten der Gesellschaft. Das solche Vorgänge die verschiedensten Formen annehmen können, ist auch in Quedlinburg zu sehen, die Folgen für die Menschen dieser Stadt rücken dabei in den Hintergrund, dafür werden Ängste, meist auf rein spekulativer Basis und auf niedrigen Niveau in den Vordergrund gestellt. Es ist die Angst, welche das Handel der Menschen bestimmen soll und nicht die Vernunft.
Gegenwärtig steht die Fusion des Nordharzer Städtebundtheater mit der Landesbühne Eisleben auf dem Plan. Der Kulturausschuss des Quedlinburger Stadtrats hat jüngst beraten und die MZ darüber berichtet.
Es ist schon eine Not mit der Jammerei über die Not, ohne Not verbreiteter Illusionen folgend und die übliche Alternativlosigkeit verkündend. Dem Stadtrat soll „das Papier“ zur Fusion am 13. Dezember vorgelegt werden und es bleibt abzuwarten wie dieser entscheiden wird. Das auch in diesem Zusammenhang der Oberbürgermeister eine „absolute Katastrophe“ orakelt, im Falle der Beibehaltung des „Status Quo“, verwundert wenig, malte er in anderen Zusammenhängen doch schon so manchen Teufel an die Wand. Zum Untermauern der prekären Situation der Stadt wird vom Oberbürgermeister die „Pro-Kopf-Verschuldung … in Quedlinburg“ bemüht, welche bei 743 Euro anzusetzen sei. Dem nicht genug, ist „„das … ein überkritischer Bereich“ sagte Brecht und wies darauf hin, dass weitere finanzielle Unterstützung des Landes „davon abhängt, wie konsolidierungsbereit wir sind““. Einmal davon abgesehen, dass auch in anderen Fällen das Land, der Kreis und andere aufsichtführende Behörden bemüht werden, sei hier an eine Aussage des Bürgermeisters vor einigen Jahren, im Zusammenhang mit der vorgesehenen Privatisierung der Stadtwerke erinnert. Damals war in der MZ zu lesen: die freiwilligen Aufgaben der Stadt entsprächen nicht ihrer Wirtschaftstraft; Quedlinburg ist mit rund 30 Millionen Euro verschuldet. Pro Kopf sind das etwa 1 400 Euro - Quedlinburg sei damit Spitzenreiter.“ Nun war Quedlinburg damit alles andere als Spitzenreiter und vielleicht war diese Summe damals vom Bürgermeister zum Zwecke der Veräußerung kommunalen Eigentums „optimistisch“ übertrieben, in jedem Fall sind 1400,-€ mehr als 743,-€. Was ist also los in dieser Stadt, die Verschuldung, einmal vorausgesetzt die Aussagen des Ober/Bürgermeisters entsprechen/entsprachen den Tatsachen, ist sogar geringer als vor vier Jahren und das trotz Kurzentrum, trotz Krematorium und trotz Theaters in der jetzigen Form, trotz Sanierung und Umgestaltung des Marktplatzes und einigem mehr. Hier stimmt doch etwas nicht!

Die meisten Menschen wissen aus persönlicher Erfahrung, dass sie ihr Geld mit Arbeit verdienen müssen, wenn es ihnen nicht gelingt ihre Arbeitskraft erfolgreich zu verkaufen und sie auf „Almosen“ angewiesen sind, dieses in der Regel mit entsprechenden Repressionen verbunden ist. Dem Stadtrat hingegen scheinen solche Erkenntnisse fremd, alles was mit Arbeit im Interesse der Stadt zu tun hat, wird versucht auszugliedern oder gar zu privatisieren, freiwillig ein Zustand repressiver Bevormundung gewählt, meist in der Hoffnung das Investoren kommen, investieren und zu Steuerzahlern in dieser Stadt werden, oder entsprechende Landeszuschüsse fließen, bei entsprechend hörigem Verhalten.
Sicher gibt es auch in dieser Stadt Menschen welche ihr Geld mittels der Arbeit anderer Verdienen, in jedem Fall aber ist Arbeit erforderlich. Ohne Arbeit kein gesellschaftlicher Reichtum, um dessen gerechte oder ungerechte Verteilung es hier allerdings nur indirekt geht. Kommunen, Städte wie Quedlinburg, vermeinen, dass dieses anders sein könnte. So wird nicht nur Versucht sich von eigener wert-schöpfender Substanz zu trennen, sondern sich auch anderer Einflussnahmen beraubt, wie es im Falle des Theaters sein würde. Wo sich aber auf der einen Seite von eigener wirtschaftlicher Substanz getrennt wird, Einflussnahme abgebaut und Abhängigkeiten von Zuschüssen zunehmen, wird auf der anderen Seite über neue Gewebe- oder Industriegebiete fabuliert, welchen ohne konkrete Notwendigkeit hervorragende landwirtschaftliche Nutzflächen geopfert werden soll. Nicht nur das dadurch erst einmal wirtschaftliche Substanz vernichtet wird, auch werden Investitionen notwendig, welche die finanzielle Situation der Stadt nicht gerade verbessern. Das es andere ungenutzte Gewerbegebiete in der Stadt schon gibt, spielt eine untergeordnete Rolle und deren Nichtnutzung wird mit schlechterer Verkehrsanbindung begründet. Die eigentlich nutzlose Südumgehung Quedlinburgs, wurde zwar mit der direkteren Anbindung von Gernrode und Quarmbeck an die B6n begründet, wird geflissentlich aber unterschlagen.
Leider gelingt es dem Oberbürgermeister oft eine Mehrheit des Stadtrates für weitere Enteignungsmaßnahmen zu mobilisieren, obwohl die Verhinderung des Verkaufes der Stadtwerke vor Jahren seine Argumentationen nicht nur ins leere laufen ließen, sondern sogar widerlegten. So widerlegt allein schon die vom Oberbürgermeister obengenannten Zahl seine ehemals gemachten Aussagen, das es der Stadt sehr schlecht ergehen wird, wenn sie sich nicht von ihrem Eigentum trennt. Nun sind die Stadtwerke wie eine Geldpresse für die Stadt, dabei sei dahingestellt ob das Geld im Interesse der Bürger ausgegeben wird und somit war es für viele plausibel diese nicht zu verkaufen. Anders verhält es sich mit dem Krematorium, in diesem Fall werden keine Gewinne erwirtschaftet und so wird der Verkauf auch damit begründet, dass die Stadt mit einem Krematorium keine Gewinne erwirtschaften darf. Nur bedeutet das doch noch lange nicht, dass sie nun mit dem Betrieb Verluste machen muss! In jedem Fall beraubt sich die Stadt wirtschaftlicher Autonomie und mit dieser auch konkreter wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten im Interesse ihrer Bürger. Das in diesem Zusammenhang die Freiheit des Marktes bemüht und der Wettbewerb es schon richten wird, entspricht der weitestgehend neoliberalen Denkweise des Oberbürgermeisters und eines Großteils der Stadträte, deren Prinzip es ist, dem allgemeinen neoliberalen Glauben zu folgen und sich der Illusion der Segnungen von Markt und Wettbewerb (eigentlich gnadenlose Konkurrenz) zu ergeben. Ähnlich verhält es sich mit dem Kurzentrum in Bad Suderode, auch dieses soll veräußert werden, um die Stadt zu retten. Nun erfordert der Betrieb dieses Kurzentrum jährliche Zuschüsse, das Land Sachsen-Anhalt hat sich aus der Verantwortung herausgenommen, die Stadt Quedlinburg ist mit dieser Aufgabe finanziell überfordert und so wird der Schluss gezogen das Kurzentrum zu verkaufen. Naiv betrachtet durchaus nicht verkehrt, vor allem wenn das Kurzentrum losgelöst und nicht in einem gesamtwirtschaftlichen Kontext betrachtet wird. Wird sich aber ein Blick über den Tellerrang gegönnt, ist zu erkennen, dass das Kurzentrum in Bad Suderode, bei all seinen heute bekundeten Mängeln, seiner ursprünglichen wirtschaftlichen Aufgabe, als Instrument regionaler Wirtschaftsförderung gerecht geworden ist. Gesamtwirtschaftlich handelt es sich um ein Erfolgsmodel, welches auch der sogenannten öffentlichen Hand mehr Einnahmen beschert, als es Kosten verursacht. Aber nicht nur die öffentliche Hand profitiert, sondern viele klein und mittelständische Unternehmen, welche im Umfeld des Kurzentrums ihre Existenz gefunden haben. Die durchaus positive Bilanz wurde aus politischen Gründen entfremdet, in dem das Land Sachsen-Anhalt sich aus seiner Verantwortung zurückzog und der Stadt Quedlinburg im Zuge der Gebietsreform den schwarzen Peter zuschob. Letztlich wäre es notwendig die Verluste des Kurzentrums auf jene zu verteilen, welche von diesem profitieren, so entsprechend der Verteilung der mittels Kurzetrum generierten Steuern auf Bund, Land, Kommune und auf privatwirtschaftliche Unternehmen, welche vom Kurzentrum direkt wie indirekt profitieren. Letzteres nicht nur in ihrem eigenen Interesse. Unterm Strich und in gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen betrachtet, ist das Weiterbetreiben des Kurzentrums als eigenes Unternehmen für die Stadt die billigste Variante. Privatisierung öffentlichen Eigentums geht letztendlich immer nur auf Kosten der Kommunen und ihrer Bürger und wenn verschiedene Beispiele betrachtet werden, kann erkannt werden, dass Städte in Folge von Privatisierungen ihre Schulden dauerhaft nicht senken konnten, ganz im Gegenteil, die Schuldenberge wuchsen nach kurzer Erholung wieder an und weiter.
Egal welches Beispiel des Umgangs mit kommunalem Eigentum gewählt wird, wenn es um Privatisierung desselben geht werden von den Privatisierungsbefürwortern in erster Linie Ängste geschürt und die Alternativlosigkeit einer Trennung beschworen. Nun sind Stadträte auch nur Menschen und nicht wenige naiven ökonomischen Glaubens, das einfache Lösungsschemen helfen gesellschaftliche Probleme zu lösen. Als zentraler Dreh- und Angelpunkt spielt Geld eine entscheidende Rolle, in erster Linie das Geld, über welches man nicht verfügt, jedoch ohne danach zu Fragen, warum es so ist, wird es keine verträgliche Lösungen geben. Es ist so, dass Menschen, welche sich von ihren Ängsten leiten lassen, oft den Blick für die Realität und damit für die eigentlichen Zusammenhänge gesellschaftlichen/wirtschaftlichen Seins verlieren? So wird oft die Flucht in den Glauben an die Segnungen des Marktes, in der gegenwärtig noch oft verkündeten Religion des Neoliberalismus und in die Hoffnung das es nicht so schlimm wird, angetreten. Es wird suggeriert, dass das Interesse der Wirtschaft, das Interesse der Menschen sei, und somit die Menschen der Wirtschaft und deren Interessen zu dienen hätten und nicht umgekehrt. Im Bereich der Wirtschaft setzt sich der Mensch aber mit der Natur auseinander und gestaltet die materiellen Grundlagen seines Lebens, die Basis für die Entwicklung aller anderen Lebensbereiche. Und gerade von diesem entscheidenden Faktor gesellschaftlichen Seins trennen sich die Städte und überlassen privatwirtschaftlich agierenden Unternehmen das Feld, dabei mehr und mehr überregional agierenden. Das diese Unternehmen nicht im Interesse der Gemeinschaft agieren liegt auf der Hand, ist gesetzmäßig bedingt und letztlich ist es der Besitzer der den Sinn seines wirtschaftlichen Streben bestimmt. Den Kommunen bleibt nur übrig, auf entsprechende Steuereinnahmen zu hoffen und ihren Kulturbetrieb z. B. mittels Spenden am Leben zu erhalten.
Werden die obengenannten Zahlen zur Verschuldung betrachtet, so ist gut zu erkennen, dass nicht die Privatisierung kommunalen Eigentums Entspannung in den Haushalt der Stadt bringt, sondern der Erhalt kommunalen Eigentums und der damit verbundenen Handlungsfähigkeit. Das in diesem Zusammenhang auch übergeordnete Verwaltungen Druck auf Kommunen ausüben, sich von ihrem Eigentum zu trennen, ist dem Umstand geschuldet, das neoliberale Denkmuster nicht nur Kommunalpolitik, sonder insbesondere auch Landes- und Bundespolitik bestimmen.
Nun soll das Nordharzer Städtebundtheater mit dem Theater in Eisleben fusionieren, wobei; „die Zuschüsse deutlich abzusenken, könne man derzeit nicht gerecht werden, "aber durch eine Fusion mit Eisleben ist es zumindest möglich, die anstehenden Aufwüchse bei den Kosten zu begrenzen". Mit Zahlen belegen kann Brecht das nicht; die Geschäftsführung des Theaters sehe sich derzeit nicht in der Lage, die Kostenauswirkungen zu benennen.“ Was nichts anders bedeutet, als das keiner absehen kann, welche positiven Folgen eine solche Fusion hat, ganz im Gegenteil, „der Zusammenschluss der beiden Theater werde Nachteile bringen - von "weniger Aufführungen im gesamten Einzugsbereich" war die Rede.“ Und das soll eine akzeptable Alternative für eine Stadt wie Quedlinburg sein, welche sich besonders viel auf ihr kulturelles Erbe einbildet, dieses sogar ein entscheidender Wirtschaftsfaktor ist. Dem Oberbürgermeister fällt hingegen nichts besseres ein, als sich in Hoffnungen zu ergeben, immerhin, „Formal sei das Schauspiel in Eisleben angesiedelt, aber Proben gebe es "natürlich auch in Quedlinburg",“ so das Schauspieler weiterhin in Quedlinburg sein werden. Damit versucht er die Angst vor dem Wegzug von Schauspielern zu relativieren und „er sei fest davon überzeugt, dass auch die Eisleber Ensemblemitglieder nach mehreren Auftritten dem Publikum in der Welterbestadt bekannt sein werden.“ Das wird sicher auch so sein, genauso bekannt wie Schauspieler aus Film und Fernsehen, negiert wird aber durch eine solche Ansicht, dass sich viele der hier ansässigen Theaterschaffenden auch sonst am kulturellem Leben in Quedlinburg beteiligen. Letztlich zweifelt der Oberbürgermeister aber selbst am Aufgehen seiner Hoffnungen und außer den „Konsolidierungsgedanken“ zu bemühen, ist wenig konkretes zu erfahren, auch nicht wo und woran beim Theater noch gespart werden könnte.
Nun ist es einmal so, das in der Wirtschaft weiter konzentriert und zentralisiert wird, genügend Beispiele finden sich auch in Quedlinburg, dabei stehen effektivere Strukturen im Mittelpunkt, mit weniger Aufwand mehr Gewinn erwirtschaften, ist das allgemein Ziel, fraglich nur zu welchem Preis dieses Ziel zu erreichen ist. Und was für Produktionsbetriebe durchaus von Vorteil sein kann, muss es noch lange nicht für den Kulturbetrieb einer Stadt sein. Von Nachteil hingegen sind solche Maßnahmen immer für die betroffenen Mitarbeiter, sie müssen mit mehr „Flexibilität“ aufwarten, sei es die Einkommen betreffend oder des Aufwandes, welcher betrieben werden muss um die Tätigkeit auszuüben. Oft sind solche Maßnahmen mit Einkommensverlusten verbunden, aber auch weitere Wege zur Arbeit sind nicht zu unterschätzen. Letztlich stellt sich die Frage, ob nicht die Ersparnis auf der einen Seite, auf Grund allgemein verbreiteter Kurzsichtigkeit, Mehrkosten auf der anderen Seite bedingen. Erinnert sei an dieser Stelle an die verschiedensten Verwaltungsreformen der letzten Jahre, wo gerade für die Kreisgebietsreform mit erheblichen Synergieeffekten und Kostenersparnissen geworben wurde und im Ergebnis die Kosten gestiegen sind, was nicht nur an der Erhöhung der Kreisumlage zu sehen ist. Das die neuen Verwaltungsstrukturen zudem noch Bürger-unfreundlicher sind, ist wohl politisch gewollt.

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