2.)
In der Blasiikirche in Quedlinburg findet sich eine
Ausstellung von
Josefh Delleg, sie ist Überschrieben mit „Unter Ordnung“! Die
Blasiikirche, eigentlich geprägt von schlichten norddeutschen Barock,
insbesondere durch das Kirchengestühl aus dem beginnenden 18 Jahrhundert, wird
nun auch noch geprägt von schlichtem neuzeitlichen und von Vorurteilen
geprägten, Kleesches bedienenden Denken!
Lautsprecher sollen Unterordnung
unter das gesprochene Wort symbolisieren, Zettel die Unterordnung unter das
geschriebene Wort und wortwörtlich wird die Gegenwart in diesem, unserem Land
ausgeklammert, ... nein sie findet sich zum Teil zwischen den Exponaten. Das eine Medium
findet sich maximal auf Augenhöhe, bei näherer Betrachtung im Bereich der Füße,
das andere Medium über den Häuptern der Besucher, sofern diese nicht die
Emporen erklimmen. Das Wort soll stehen für Unterordnung, nur wird der Mensch,
wenn er denn geordnet, wenn er untergeordnet wird, dem Worte untergeordnet?
Nein, das Wort ist Mittel zum Zweck, die Sprache ist Instrument zur
Verständigung, sie ist ein verbindendes Glied, welches dem Austausch dient.
Die Ausstellung wird diesem
allerdings nicht gerecht, die Vielschichtigkeit und Einsatzmöglichkeiten von
Sprache werden beschränkt auf das Unterordnen von Menschen unter Menschen.
Dabei hat sie zu jeder Zeit nicht nur unterordnende Bedeutung, sondern in
erster Linie ordnende Bedeutung. Die Sprache ein Instrument der Ordnung und
Verständigung! Um aber auch diesem Ansatz gerecht zu werden, bleibt zu fragen,
in wessen Interesse geordnet wird? Denn letztlich stehen hinter jeder Ordnung,
auch unterordnende Bestrebungen gehören dazu, praktische menschliche Interessen
und keine ideell motivierten, wie oft suggeriert. Es sind nicht irgendwelche
„Weltdeutungsmodelle“ -(diesen Begriff habe ich der Schrift „zur Eröffnung der Ausstellung“
entnommen)- welche animieren zur Tat, sondern es ist die Tat, menschlichem
Interesse geschuldet, welche sich „Weltdeutungsmodelle“ schafft um sich selbst
zu legitimieren. Gesellschaftliche Veränderungen werden nicht mittels
„Weltdeutungsmodellen“ gezeugt, sondern mittels der praktischen, die
Gesellschaft verändernden Tat, „Weltdeutungsmodelle“ taugen maximal dem Erhalt
bestehender Verhältnisse, sie sind dem Glauben näher, als dem Wissen und so
schwebt der in Schrift manifestierte Glaube in der Ausstellung über den Köpfen
der Menschen.
Sich nun „alte“
Kommunikationsmittel zu nehmen, diese in einen Raum zu platzieren, ist letztlich
nur der hilflose Versuch ein Thema zu greifen, welches selbst in seiner Einfachheit
wesentlich komplexer ist, als in der Ausstellung gegenübergestellt. Dabei ist
die Anordnung durchaus bezeichnend, sind die Lautsprecher doch konkret und in
Funktion auf Augenhöhe und in greifbarer Nähe des Menschen, findet sich die
Schrift in einem Abstand zu diesem, welcher es unmöglich macht sie zu lesen. So
hat der Künstler, unterstellter Weise unbewusst, für unterschiedliche
Lebensnähe gesorgt. Mit dem einen kann umgegangen, dass andere praktischerweise
aber nicht genutzt werden. Was ist Menschen wohl näher? Das eine, in der Ferne,
abgehoben, dem Zugriff des Menschen entrückt, den Blick auf das darüber
befindliche verschleiernd und so Illusionen nährend, dass andere allgegenwärtig
und greifbar! Zwischen diesen beiden Polen findet sich der Mensch des jetzt und
heute, die Vergangenheit entrückt, nicht greifbar, nicht lesbar, eine andere
Vergangenheit, greifbar, hörbar, der Modernität nicht entsprechend, verfremdet, entstellt, ursächlich aber in die
Zukunft weisend, weil dem Menschen nicht entrückt.
Unterordnung,
Manipulation, wie
sieht es heute damit aus? Und hatten diese alten Lautsprecher nicht schon in
der DDR ausgedient, so dienten sie nicht der Verkündigung, aber der Information,
der Nachrichtenverbreitung, wobei die Adressaten Lesen und Schreiben konnten,
ja ihnen sogar ein beispielhaftes Bildungssystem zur Verfügung stand! Und wie
verhält es sich mit der Schrift, mussten die Menschen nicht erst lesen können,
was eine bestimmte Bildung voraussetzte, um sich ihren Inhalt zu erschließen?
Wurde diese Schrift nicht gepredigt, von Menschen und warum und das lange
gegenüber Menschen, welche nicht selbst lesen und schreiben konnten?
Sprachrohre waren und sind unterschiedlich
in der Zeit, sie entsprechen aber immer der Produktivkraftentwicklung ihrer
Zeit, so war es lange der Mensch, welcher selbst und direkt vermittelt und so
ist es heute immer noch der Mensch, welcher vermittelt, nur oft nicht mehr
direkt, sondern mit Hilfe der ihm zur Verfügung stehenden Technik. Heute ist es
nicht mehr der Priester von der Kanzel, heute sind es nicht mehr die
Lautsprecher an Strom- und anderen Masten in den Städten und Dörfern, heute
sind es Zeitungen, Fernseher, Radios, welche dem selben Zweck zu dienen haben wie
einst die Predigt und das Beschallen ganzer Ortschaften. Nicht zu vergessen das
Internet, mit seinen vielschichtigen Nutzungsmöglichkeiten.
Ja Kunst und Ideologie, Kunst ist
Ideologie und so tritt sie in dieser Ausstellung auch den Menschen gegenüber.
Denn was sagt die Installation dem Besucher, die Beschreibung nicht negierend, hier
geht es um Manipulation, mit den Texten aus der Bibel wurden Menschen
manipuliert und auch die Lautsprecher aus längst vergangenen Tagen hatten in
der DDR ihren Zweck zu erfüllen, das böse Mittelalter, die böse DDR und die
schöne heile Welt des freiheitlichen, manipulationsfreien Leben der Menschen
hier und heute, denn jeder kann ja selbst entscheiden, ob er sich manipulieren
lässt oder nicht! Oder?
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