Gedanke zu einem Interview, oder Kampf den
Symptomen?
In der Mailingliste der Freidenker wurde mit der
einleitenden Aussage zu einem Interview, „...
Jeder dritte Hartz-IV-Empfänger ist psychisch krank und die
Mitarbeiter im Jobcenter sind damit überfordert. Das zu ändern ist
der Job von Ralf Armin Jarosch. Im FOCUS-Online-Interview
spricht er über Gesprächstaktiken, Depressionen, fatale
Missverständnisse und den “Flow“ der Seele.“
konfrontiert, welche besagtem Interview entnommen. Folgende
Gedanken zum Interview meinerseits:
Das Interview steht für gesellschaftliche
Kurpfuscherei und wie Wirkungen bekämpft werden, in dem falsche
Ursachen unterstellt!
Ursache und Wirkung, das Sein bestimmt das
Bewusstsein, wie auch das gesellschaftliche Sein das
gesellschaftliche Bewusstsein. Letztlich die Grundfrage der
Philosophie, die Frage nach dem Verhältnis von Sein und Bewusstsein.
Die zweite Seite dieser Grundfrage, die Frage nach der Erkennbarkeit
der Welt sei hier erwähnt, weil sie nicht nur in diesem Zusammenhang
eine entscheidende Rolle spielt.
Im gegenständlichen
Beitrag
wird der Mensch zwar als physisch-psychische Einheit betrachtet, eine
Seele etwas losgelöst, aber nicht als soziales Wesen, also als
psychisch-soziale Einheit.
Wenn zu lesen ist: „Ich habe in den Seminaren
erlebt, dass die meisten (Jobcenter-Mitarbeiter)
vom Bauchgefühl her relativ richtig lagen,
dass sie aber nicht wussten, ob sie sich richtig verhalten.“
So bedeutet es nichts anderes, als das der Mensch als soziales Wesen
reagiert, im ursächlichem, gesellschaftlichem Sinne, die praktische
Reaktion aber den Vorgaben geschuldet sein muss, er sich nicht von
humanistischen Beweggründen leiten lassen kann, sondern den
politisch, monetär motivierten Vorgaben zur Verwertbarkeit der
Arbeitskraft folgen muss. So ist die Frage nach dem Verhalten
dahingehend zu stellen, ob es richtig ist, im Interesse des
Betroffenen zu handeln, oder der Vorgaben, welche diese Tätigkeit
mit sich bringt, zu folgen. Ergriffene Maßnahmen entpuppen sich so
als reine Schutzmaßnahmen zum Erhalt des praktizierten Systems der
Arbeitskraftverwertung. Auch die Betroffenen als Krank abzustempeln
dient diesem Zweck, da mit Krankheit eine partielle Ausgliederung aus
dem Repressionssystem zu rechtfertigen ist, da es über diesen Weg
selbst nicht infrage gestellt werden muss. Letztlich bringt der
geforderte Spagat die Jobcenter-Mitarbeiter selbst in eine missliche
Lage und führt, um nicht an diesem Widerspruch zu zerbrechen, zum
Abstumpfen gegenüber den Bedürfnissen der Betroffenen, sie werden
selbst zu Betroffene. Die ergriffenen Maßnahmen in den Jobcentern,
wie Wachpersonal, Reaktionstraining für Mitarbeiter und ähnliches,
sind Reaktionen auf verschiedene Ereignisse in der Vergangenheit, den
eigentlichen Ursachen der Probleme wird man damit allerdings nicht
gerecht. Ganz im Gegenteil, sie werden bei den betroffenen Menschen
selbst gesehen, gern als Krankheit bezeichnet, die eigentlichen
gesellschaftlichen Ursachen, welche in den gesellschaftlichen
Verhältnissen zu finden sind, negierend! Der Individualismus als
Herdentrieb wird propagiert, das ursächliche soziale Sein der
Menschen ignoriert!
Im Folgenden ein aus der Liste auf
Nachfrage übernommener Text, welcher sich mit dem Thema Krankheit im
Zusammenhang mit dem Interview auseinandersetzt:
Guten
Morgen ... und allerseits,
bei
der Gelegenheit sollte man auch mal grundsätzlich nach dem
Verständnis von Krankheit fragen. Gegenwärtig wird Gesundheit immer
mit Leistungsfähigkeit = Arbeitsfähigkeit gleichgesetzt. Eine
stinknormale körperliche und emotionale Erschöpfungsreaktion auf
Überforderung und sozialem Stress, also eigentlich ein Versuch des
Organismus, Ausgleich zu schaffen und seine Gesundheit
wiederherzustellen, wird als krankhaft bezeichnet. Das ist eine
totale Verdrehung von Ursache und Wirkung. Soll man doch sagen, was
es ist, eben eine Erschöpfungsreaktion, Stressreaktion etc. Das
darf aber nicht sein, weil man damit eingestanden hätte, dass die
Ursache im System und nicht im Menschen liegt, und es gäbe keine
Rechtfertigung für Sanktionen. Darum muss man dem Volk weismachen,
dass die Ursache für die "Maläse" der Betroffenen immer
in diesen selbst liege. Möglicherweise könnten sie sogar ihre
Umwelt gefährden, darum dient der Krankheitsbegriff seit jeher auch
als Rechtfertigung, die ganze Gruppe der Betroffenen zu isolieren und
speziell diejenigen, die sich wehren.
Der
Ausdruck "Krankheit" ist total undifferenziert, abwertend
und wird immer weniger verwendet. Dann müsste man das Verständnis
von dem was eigentlich als "psychische Krankheit" gilt,
sowieso erst mal von dem abgrenzen, was heute so inflationär nach
ICD-Tabellen oder sonst was zugeordnet wird. Leider wird der
Krankheitsbegriff für etwas absolutes (weil wissenschaftlich)
gehalten, darum wird alles geglaubt, was damit belegt wird. Aber
eigentlich ist es abhängig von den Erkenntnissen in einem Bereich
und der gesellschaftlichen Konvention, was gerade als Krankheit
angesagt ist.
Ich
wage mal einen Vergleich: Wer längere Zeit hungert, bekommt
Hungerödeme und einen dicken Bauch. Kein vernünftiger Mensch würde
raten, diese mit Wassertabletten oder einer Diät zu behandeln. Das
würde den Hungernden vermutlich den Rest geben. Sondern jeder sieht
ein, dass nur genug Essen Abhilfe schafft und die Symptome dann von
selbst verschwinden. So ähnlich verhält es sich mit den angeblichen
psychischen Krankheiten infolge der Armutsverwaltung.
Gruß
Claudia
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