Unterschiede müssen kultiviert werden, ansonsten gehen sie verloren, so auch Unterschiede zwischen Ost und West, also dem Orient und dem Oxident, oder doch nur die Angleichung der Ostdeutschen, in Form des ehemaligen Volkes der DDR, an westdeutsche Maßstäbe? Und um eine solche Angleichung zu begleiten, zu verfolgen, oder gar zu lenken, gibt es einen Ostbeauftragten und dieser muss regelmäßig berichten, wie es um die viel bemühte deutsche Einheit bestellt ist. So wurde jüngst berichtet, auch in der MZ und es wurde gedichtet, vielleicht auch geschlichtet, es gibt Erscheinungen und Vorkommnisse und Unterschiede sind vorhanden, der wirtschaftliche Abstand wird bemüht, aber auch Worthülsen wie Demokratie und Rechtsstaat müssen herhalten. Was die wirtschaftliche Entwicklung anbelangt, sei zu berücksichtigen, dass im Osten defacto nach 1990 in einem Maße deindustrialisiert wurde, wie es beispiellos in der Geschichte, zumindest der deutschen. Allerdings wurden mit der weitestgehenden Vernichtung der DDR-Industrie auch die entsprechenden sozialen Strukturen vernichtet, eine Notwendigkeit um die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse, welche eigentlich die alten waren, erfolgreich installieren zu können. Trotzdem tickt der Osten heute noch anders als der Westen, auch wenn die politischen Verhältnisse längst angeglichen.
“Im Osten wohnt die Skepsis”, ist der MZ-Beitrag in der Druckausgabe vom 08.07.21, Seite 5 überschrieben, nur der Zweifel ist die Kraft, welche treibt, Erkenntnis soll es bringen und Veränderung generieren, somit ist Skepsis etwas Gutes, dem gesellschaftlichen Fortschritt förderlich. Ja die Ostdeutschen sind Zweifler, wenn auch nicht alle, so haben viele den Zweifel gelernt in der Schule, mehr als die Westdeutschen, welche schon 40 Jahre länger in der Herde gehalten und sich intellektuell mit Worthülsen haben füttern lassen, ihnen wurde das rationale Denken abgewöhnt, erzogen dazu emotional im Affekt zu reagieren. Das funktionierte im Westen ganz gut, solange der Osten noch DDR gewesen, welche westliche Politik zu Zugeständnissen der eigenen Herde gegenüber zwang, damit die Herde auch weiter Herde im Gatter des Individualismus bliebe. Nach 1990 schwappte die Welle auch in den Osten, wird allerdings bis heute durch in der DDR erworbenes Wissen und Fähigkeiten ausgebremst. Und so hatte das Lamm Gottes im Westen eine andere Bedeutung als im Osten, in der DDR war diese marginal und auf das private Sein der Menschen beschränkt, nicht staatlich subventioniert und befördert. Die Menschen in der DDR lernten Wissen und mit zunehmendem Wissen, schwand der Glaube. So sind die Ostdeutschen in der Regel heute noch kritischer als die Westdeutschen, glauben nicht alles was die Politik ihnen vorgibt zu glauben, stellen Fragen und hinterfragen, so liegt die Hoffnung des Westens auf der jungen Generation, welche das westliche Bildungssystem durchlaufen und sich emotional besser lenken lässt, in die Folgsamkeit der Herde.
*Im Beitrag ist zu lesen: “laut Einheitsbericht sind die Bürgerinnen und Bürger in den ostdeutschen Ländern der Politik gegenüber skeptischer, distanzierter und kritischer eingestellt.” Und das ist gut so, auch wenn im Beitrag diese Aussage mit negativen Vorzeichen gesehen. Allerdings wird nach Einheit geschaut, wo es unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen keine Einheit geben kann und das hat weniger mit Ost und West und über 40 Jahre unterschiedlicher Sozialisation zu tun, sondern mit den Widersprüchen im gesellschaftlichen System selbst. Die eigentlichen Bruchlinien verlaufen nicht zwischen Ost und West, sondern zwischen “oben” und “unten”, die gern beklagten Bruchlinien werden gebraucht, allein schon um von den eigentlichen Widersprüchen in der Gesellschaft abzulenken und die Menschen in ihrem Denken und Handeln auf eine falsche Fährte zu locken und in der Herde zu halten.* Und so wird von den Hirten weiter mit Worthülsen agiert und konstruiert, damit der Mensch Worthülsen als gut oder schlecht kapiert, ohne eigentliche Inhalte zu erkennen. Da kann dann auch fabuliert werden, vom "Hass auf die Demokratie", oder das ““Menschen … teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind.” Ein Teil der Bevölkerung habe “gefestigte nichtdemokratische Ansichten”.” Unter Umständen sind Menschen allerdings nur der Meinung, dass Demokratie sich nicht darauf beschränken sollte, alle Jahre wieder ein, oder mehrere Kreuze auf einen Wahlzettel zu machen und haben konkrete Vorstellungen von Demokratie, nicht nur als seligmachenden Begriff zur Verschleierung eines Herrschaftsverhältnis. Die Diktatur, welche viele Menschen heute zu erkennen glauben, ist nicht neu, sie war immer schon da, nur der Vorhang Demokratie hat Löcher erhalten, ist dünn geworden und so wird das hinter ihr verborgene einfach nur einfacher sichtbar. Und wurde in der DDR in den Schulen nicht schon gelehrt, was Demokratie ist, was Diktatur ist, wie gesellschaftliche Verhältnisse sich begründen, was ist die Basis, was der Überbau? Auch wenn viele Menschen der älteren Generationen sich nicht mehr direkt erinnern, im Unterbewusstsein spielt das einst gelernte eine Rolle, es bricht sich gelegentlich Bahn und motiviert Denken und Handeln.
Letztlich wird es eine verordnete Einheit nicht geben, die Einheit, mit welcher sich der Ostbeauftragte beschäftigt, ist eine Illusion, wenn wird es diese nur von unten geben, nicht von oben!
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