Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Donnerstag, 18. April 2019

Politische Vernunft - Wer war eigentlich Heinrich Mann?


Was nicht so alles zu finden ist und so fand ich einen Text von Heinrich Mann auf Facebook, welcher durchaus interessant und von mir wie folgt kommentiert wurde:
Wer war eigentlich Heinrich Mann? Spielt er heute noch eine Rolle? Nein, vergessen soll er sein, wie viele andere, welche Wahrheit aussprachen, welche für Wahrheit einstanden, welche nach Wahrheit suchten!
Es sind die Apologeten der Mächtigen, welche heute den Ton angeben und wieder singen die verschiedensten Lieder, um die Mächtigen zu preisen, um sie zu erhöhen, ohne allerdings die Mächtigen, die Strippenzieher, die Zuhälter willfähriger Handlanger, zu erwähnen.
Der Beitrag selbst ist mit politische Vernunft überschrieben, aber was ist schon Vernunft und so ist es vernünftig den gegenständlichen Text hier zu spiegeln:
Politische Vernunft
„Die Demokratie ist voll Edelmut und Würde, solange die Wähler für den freien Wettbewerb der Kräfte stimmen. Immer einmal kommt der Augenblick, wo die Menschheit schwankt. Bald vielleicht wird sie nicht mehr den freien Wettbewerb – die Freiheit unter dem Besitz – vorziehen, sondern sich dem Sozialismus zuneigen. Noch ist nichts geschehen, aber schon der Verdacht genügt. Die Mächtigen – das ist eine geringe Minderheit, denen der freie Wettbewerb gut bekommen ist – ergreifen starke Maßnahmen gegen die Beinah-Gesamtheit, der er schlecht bekommt.
Sie stellen einen homme de main (Handlanger) an, er kann gar nicht Bandit genug sein, es handelt sich um scharfe Mittel, es geht um das Ganze. Der Bandit wird an die Macht erhoben, was nicht so leicht ist gegen eine mehr oder weniger eingesessene Demokratie. Die wenigen Reichen des einen Landes schaffen es nicht, aber ihre auswärtigen Freunde fühlen sich beteiligt an dem Experiment, sie tragen bei. Eine Unmenge Geld wird in den Banditen investiert.
Endlich ist er oben und beginnt zu wüten. Lügen durfte er schon vorher, die Demokratie erlaubte es ihm. Wenn der Lügner wüten kann, ist es Faschismus.
Seine Gewalttaten bringen ihn dermaßen in Sicht, daß er seine Hintermänner, die wirklich Mächtigen, überschattet. Ihnen ist es recht, sie wollen nicht gesehen werden. Haben sie doch dem Banditen hinaufgeholfen, damit er statt ihrer alle Greuel verantwortet, zuletzt den Krieg. Der Faschismus erhält sich nur durch Krieg, aber er endet unfehlbar in Niederlagen. An diesem Zeitpunkt, da der deutsche Faschismus soweit ist, klingt es gewöhnlich.
In Wirklichkeit ist es nicht begriffen, nicht zu Herzen genommen. Das Problem der Gewalt bleibt aufrecht. Hitler stürzt nicht, weil er stärkere Mächte angegriffen, sich an ihrem Eigentum vergriffen hat. Er stürzt im Gegenteil, weil er das deutsche Privateigentum, die stärkste Macht im Lande, gegen demokratisches Recht mit Gewalt verteidigt hat – übrigens bevor es bedroht war. Sein Schicksal ist die Gewalt, gleichviel, ob sie verbrochen wird an fremden Nationen, die er überfällt und entrechtet, oder an der deutschen: SIE überfiel und entrechtete er zuerst. Eins bedingt das andere, wird das unvermeidlich tun überall und immer. Wer Gewalt ißt, stirbt an ihr.
Das ist eine Erkenntnis, sie verlangt den vollen Ernst der Geschlechter, die sie jetzt erfahren müssen. Aber der Ernst fehlt. Die törichte Sensation ist ausschließlich Hitler, als wäre er kein gemieteter Knecht, sondern aus eigener Kraft der Veranstalter. Zu Hunderten von Millionen erscheint sein Name gesprochen und gedruckt. Maschinen schreien ihn über die Welt. Schlachten, „die größten in der Geschichte“ heißen sie, bespritzen die Lande, die Erdteile mit seinem roten Namenszug – wie der Besitzer eines Gartens Blumen sät, von weitem liest man sie als den Namen seines Lieblings.
Der einstige Liebling einer Welt war nie etwas anderes als ein Wicht und eine Niete. Darum heult er, nun alles verspielt ist. Tränenkrisen, wie seine neuesten Besucher sie zu sehen bekommen – ach! wer doch seine Auftraggeber und Vorgesetzten bei Weinkrämpfen ertappte! Das kommt nicht vor. Die halten schon ihren nächsten Banditen in Bereitschaft. Der darf aber wirklich kein Pech haben! Sie wissen noch immer nicht, daß kein Hitler ihr Unglück war: die von ihnen selbst verbrochene Gewalt war es.
Die Gewinner des freien Wettbewerbs – der Freiheit unter dem Besitz – sind dumm, das ist es. So unfähig zu lernen war nie vorher eine andere Gruppe von Mächtigen, ist auch heute keine.“
Heinrich Mann, Ein Zeitalter wird besichtigt

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