Nationalismus:
bürgerliche Ideologie und Politik im Bereich der nationalen und
internationalen Beziehungen, welche die nationalen Klasseninteressen der
Bourgeoisie, vor allem ihr Streben nach einem nationalen Markt, nach
einem eigenen Nationalstaat und nach Unterdrückung und Ausbeutung der
eigenen und anderer Nationen ausdrückt. Der Nationalismus gibt die
beschränkten nationalen Interessen der Bourgeoisie als allgemeines
Interesse der Nation aus, sie werden als höchster Wert proklamiert. Der
Nationalismus ist immer mit der Überschätzung und Überbewertung der
eigenen Nation, mit der Geringschätzung und Missachtung anderer Nationen
verbunden und sät Misstrauen und Feindschaft zwischen den Nationen. Die
soziale Funktion des Nationalismus besteht darin, die Klasseninteressen
der Bourgeoisie mit den Interessen der ganzen Nation zu identifizieren,
die Arbeiterklasse und alle Werktätigen mittels der nationalistischen
Ideologie und Psychologie den Klasseninteresse der Bourgeoisie zu
unterwerfen und sie zur Durchsetzung bürgerlicher Ziele im Namen der
Nation zu mobilisieren. Der Nationalismus soll die internationale
Solidarität der Arbeiterklasse untergraben und ihren internationalen
Zusammenschluss zum Kampf gegen das Kapital verhindern. Nationalismus
entsteht im Zusammenhang mit der Herausbildung der kapitalistischen
Nationen.
Solange
der bürgerliche Nationalismus in der Aufstiegsperiode der
kapitalistischen Gesellschaft noch mit demokratischen Ideen und Zielen
verbunden war und teilweise einen revolutionär-demokratischen Inhalt
besaß, vermochte er im Kampf gegen den Feudalismus, für die
Konsolidierung der Nation eine progressive Rolle zu spielen, obwohl er
von Anfang an reaktionäre Auffassungen enthielt, da er die
Gleichberechtigung der Nationen ignorierte und die eigene Nation über
alle anderen stellte. Der Nationalismus der aufsteigenden Bourgeoisie
war dann progressiv, wenn er für den gesellschaftlichen Fortschritt
gegen die überlebte Feudalherrschaft wirkte. Nach der Periode der
bürgerlich-demokratischen Revolutionen verwandelte sich der
Nationalismus mehr und mehr in eine Reaktionäre Ideologie. Mit dem
Übergang vom Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Imperialismus wurde
der Nationalismus zu einem ideologischen Instrument der
imperialistischen Expansions- und Kolonialpolitik, zur Rechtfertigung
der Unterdrückung und Ausplünderung anderer Nationen und Völker. Im
Imperialismus nimmt der Nationalismus oft die aggressive Form des
Chauvinismus an. Zugleich ist er eng mit dem Kosmopolitismus verbunden,
der die Tendenz zur Internationalisierung des Kapitals widerspiegelt.
„Bürgerlicher
Nationalismus und proletarischer Internationalismus – das sind zwei
unversöhnliche feindliche Losungen, die den beiden großen Klassenlagern
der ganzen kapitalistischen Welt entsprechen und zwei Arten von Politik
(mehr noch: zwei Weltanschauungen) in der nationalen Frage zum Ausdruck
bringen.“ (Lenin, Bd. 20, S.11)
In der Epoche des
Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus im Weltmaßstab entsteht mit
den nationalen Befreiungsbewegungen ein Nationalismus, der sich
wesentlich vom reaktionären Nationalismus der imperialistischen
Großbourgeoisie unterscheidet. Als Ausdruck des Strebens der vom
Imperialismus unterdrückten Länder nach Freiheit und Unabhängigkeit
besitzt er einen antiimperialistischen Inhalt und ist (in
unterschiedlichem Grade) mit demokratischen Ideen und Zielen verbunden,
obwohl er auch (mehr oder weniger stark ausgeprägt) reaktionäre Inhalte
hat, wie z. B. antikommunistische Züge, rassistische Anschauungen u. a.
Viele Beispiele beweisen, dass ein solcher Nationalismus alle
fortschrittlichen Züge verliert, wenn er auf die Seite des Imperialismus
übergeht.
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