„Die Zwecke der Handlungen
sind gewollt, aber die Resultate, die wirklich aus den Handlungen
folgen, sind nicht gewollt, oder soweit sie dem gewollten Zweck zunächst
doch zu entsprechen scheinen, haben sie schließlich ganz andere als die
gewollten Folgen. Die geschichtlichen Ereignisse erscheinen so im
ganzen und großen ebenfalls als von der Zufälligkeit beherrscht.
Wo
aber auf der Oberfläche der Zufall sein Spiel treibt, da wird er stets
durch innre verborgene Gesetze beherrscht, und es kommt nur darauf an,
diese Gesetze zu entdecken.
Die Menschen machen ihre
Geschichte, wie diese auch immer ausfalle, indem jeder seine eignen,
bewusst gewollten Zwecke verfolgt, und die Resultate dieser vielen in
verschiedene Richtungen agierenden Willen und ihrer mannigfachen
Einwirkung auf die Außenwelt ist eben die Geschichte. Es kommt also
darauf an, was die vielen einzelnen wollen. Der Wille wird bestimmt
durch Leidenschaft oder Überlegung. Aber die Hebel, die wieder die
Leidenschaft oder die Überlegung unmittelbar bestimmen, sind sehr
verschiedener Art.
…
Wenn
es doch darauf ankommt, die treibenden Mächte zu erforschen, die –
bewusst oder unbewusst, und zwar sehr häufig unbewusst – hinter den
Beweggründen der geschichtlich handelnden Menschen stehn und die
eigentlichen letzten Triebkräfte der Geschichte ausmachen, so kann es
sich nicht so sehr um die Beweggründe bei einzelnen, wenn auch noch so
hervorragenden Menschen handeln, als um diejenigen, welche große Massen,
ganze Völker und in jedem Volk wieder ganze Volksklassen in Bewegung
setzen; und auch dies nicht momentan zu einem vorübergehenden
Aufschnellen und rasch verlodernden Strohfeuer, sondern zu dauernder, in
einer großen geschichtlichen Veränderung auslaufender Aktion. Die
treibenden Ursachen zu ergründen, die sich hier in den Köpfen der
handelnden Massen und ihrer Führer – der sogenannten großen Männer – als
bewusste Beweggründe klar oder unklar, unmittelbar oder in
ideologischer, selbst in verhimmelter Form widerspiegeln – das ist der
einzige Weg, der uns auf die Spur der die Geschichte im ganzen und
großen wie in den einzelnen Perioden und Ländern beherrschenden Gesetze
führen kann.
Alles, was die Menschen in Bewegung setzt, muss
durch ihren Kopf hindurch; aber welche Gestalt es in diesem Kopf
annimmt, hängt sehr von den Umständen ab.“
Aus „Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie“ von Friedrich Engels.
MEW Band 21 Seite 297 – 298, Dietz Verlag Berlin 1984 oder auch hier und hier geht es direkt zum Kapitel!
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