Volksmassen: Begriff des historischen Materialismus, der mit dem Begriff
Persönlichkeit in enger Wechselbeziehung steht. Er umfasst die progressiven werktätigen
Klassen
und sozialen Schichten einer gegebenen Gesellschaft, die durch ihre
Stellung in der Produktion des materiellen Lebens sowie durch ihre
politischen Aktionen die gesellschaftliche Entwicklung vorantreiben. Mit
der Entwicklung der Produktionsweise und der politischen
Machtverhältnisse verändert sich die soziale Zusammensetzung der
Volksmassen. Den bestimmenden Kern bilden jedoch stets die Produzenten
materieller Güter, vor allem jene Klasse, die mit den
fortgeschrittensten Produktivkräften verbunden ist. Unter bestimmten
historischen Bedingungen gehören auch nichtwerktätige Klassen oder
soziale Schichten zu den Volksmassen (z. B. die nationale Bourgeoisie
oder Zeile der Bourgeoisie, sofern sie an der progressiven Bewegung der
Gesellschaft teilnehmen).
D. h., zu den
Volksmassen gehört die Mehrheit der Bevölkerung eines Landes. In der
antagonistischen Klassengesellschaft steht diese im Gegensatz zur
herrschenden Ausbeuterklasse oder dem reaktionären Teil der
Ausbeuterklasse. Die Volksmassen sind Schöpfer und Hauptkraft der
Geschichte, weil durch ihre Produktionstätigkeit die Gesellschaft mit
allen notwendigen Existenzmitteln versorgt wird und damit zugleich die
materiellen Bedingungen für die Entwicklung der Gesellschaft erzeugt
werden. Die Volksmassen sind durch ihre schöpferisch-produktive und
revolutionäre Tätigkeit die entscheidenden Akteure des
gesellschaftlichen Fortschritts. Ohne ihren
Klassenkampf ist die Entwicklung der Gesellschaft, sind vor allem soziale
Revolutionen
undenkbar. Die aktive und schöpferische Rolle der Volksmassen tritt
besonders in revolutionären Perioden, in denen der Konflikt zwischen
Produktivkräften und Produktionsverhältnissen eine revolutionäre
Veränderung der Gesellschaftsordnung verlangt, in der sozialen und
nationalen Befreiungsbewegung hervor. Die große Bedeutung der
Volksmassen, die Kraft ihrer geschichtlichen Aktion nimmt zu. Indem sie
höherentwickelte Produktivkräfte schaffen und anwenden, entwickeln sie
sich selbst, entfalten sie in jeder neuen Gesellschaftsformation neue
Qualitäten.
Unschätzbar ist ihr Beitrag zur Entwicklung der
Kultur;
sie schaffen die Grundlagen für die gesamte geistige Kultur bzw. die
Bedingungen für den kulturellen Fortschritt. Die Volksmassen wirken
durch ihre schöpferische Tätigkeit inspirierend auf Schriftsteller und
Künstler. Zahlreiche Talente und Begabungen zur Entwicklung der Kunst
und Wissenschaft kommen aus dem Volk. In der antagonistischen
Klassengesellschaft können die Volksmassen ihre Fähigkeiten nur bedingt,
begrenzt, innerhalb der Ausbeutungsverhältnisse entfalten. Die
Volksmassen werden hier von jeder maßgeblichen Beteiligung an der
Politik, von der Mitbestimmung in der Wirtschaft ferngehalten, so in der
kapitalistischen Gesellschaft und besonders in den Ländern des
staatsmonopolistischen Kapitalismus. Mit der fortschreitenden
Entwicklung der Gesellschaft, im Verlaufe des Klassenkampfes, treten die
Volksmassen jedoch immer mehr als bewusste Schöpfer allen
gesellschaftlichen Lebens in Erscheinung. Je differenzierter und
komplizierter die Aufgaben sind, vor denen die Gesellschaft steht, je
tiefgreifender und grundlegender die gesellschaftlichen Veränderungen
sind, die die Lösung dieser Aufgaben erfordert, um so größere Massen von
Menschen treten als bewusste Schöpfer in der Geschichte auf.
>>Mit der Gründlichkeit der geschichtlichen Aktion wird … der
Umfang der Massen zunehmen, deren Aktion sie ist. <<
(MEW, Bd. 2, S. 86)
In der sozialistischen
Revolution sowie im Prozess der Errichtung des Sozialismus erreicht die
gesellschaftliche Aktivität der Volksmassen eine neue Qualität. Es gibt
keine den Volksmassen gegenüberstehenden Ausbeuter mehr. Auf der
Grundlage der sozialistischen Eigentumsverhältnisse und damit
gemeinsamer Grundinteressen gehören alle Bürger eines sozialistischen
Staates zu den Volksmassen. Unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer
marxistisch-leninistischen Partei werden in allen Klassen und Schichten
zunehmend Bewusstheit und Schöpfertum herausgebildet. Die Partei trägt
hierbei eine besondere Verantwortung. Auf der Grundlage der
marxistisch-leninistischen Weltanschauung organisiert und leitet sie den
Prozess der raschen >>Vorwärtsbewegung der Massen auf allen
Gebieten des öffentlichen Lebens, zunächst unter Teilnahme der Mehrheit …
und später der gesamten Bevölkerung<<. (Lenin, Bd. 25, S. 486)
Beim Aufbau des
Sozialismus erhält die Rolle der Volksmassen in der Geschichte einen
immer vielseitigeren und tieferen, mit zahlreichen neuen Zügen
ausgestatteten Inhalt und Umfang. 1. bedeutet die Übergang zum
Sozialismus, dass zehn-, ja hundertmal mehr Massen als früher selber
darangehen, den Staat und ein neues Wirtschaftssystem aufzubauen; 2.
wird die Tätigkeit der Volksmassen in einen bisher nicht gekannten
Ausmaß bewusst und organisierte Tätigkeit; 3. erstreckt sich die
schöpferische Tätigkeit de Volksmassen im Sozialismus auf alle Bereiche
des gesellschaftlichen Lebens, während sie in den vorsozialistischen
Gesellschaftsformationen hauptsächlich die Schöpfer materieller Werte
sind; 4. nehmen in der sozialistischen Gesellschaft die Volksmassen auf
der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln
unmittelbar und in verschiedenen Formen an der Lenkung und Leitung der
materiellen Produktion teil, d. h., sie nehmen ihre Geschicke selbst in
die Hand; 5. führt die Aufhebung des Gegensatzes zwischen körperlicher
und geistiger Arbeit im Sozialismus zur vielseitigen Entfaltung der
geistigen Fähigkeiten der Volksmassen, so dass sie auch immer mehr an
der Schaffung und Entwicklung der geistigen Werte der Gesellschaft
teilnehmen können.
Angelehnt an: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986, Seiten 1025 – 1027
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