Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Sonntag, 22. Juli 2012

Die Alternativlosigkeit des alternativlosen Kurzentrumsverkaufs ist alternativlos?

Als ich mit dem Schreiben des folgenden Beitrage begonnen habe, war eine Ausschreibung des Kurzentrumsverkaufs in den Ausschüssen beraten, zwischenzeitlich ist die Ausschreibung durch den Rat der Stadt Quedlinburg beschlossen. An der Betrachtung und meiner Position zu solchen Privatisierungsvorhaben, sowie deren verkündeter allgemeiner Alternativlosigkeit hat sich dadurch allerdings nichts geändert.
Die Alternativlosigkeit der Alternativlosigkeit scheint heute alternativlos zu sein! Jedenfalls wird es oft so dargestellt, obwohl es immer mindestens eine Alternative gibt, meistens sogar mehrere. Letztlich kann aber nicht sein, was nicht sein darf, besonders wenn es darum geht Gemeineigentum in Form von kommunalen Eigentum zu privatisieren. Die vorgeschlagenen Möglichkeiten werden als unabdingbar hingestellt, egal was es am Ende kostet! All zu einfach wird der Argumentation gefolgt, dass Kostenfaktoren abgebaut werden müssen um die finanzielle Situation einer Kommune zu entspannen. Dabei werden Ursachen genauso wie gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge außer acht gelassen und nur die vermeidlichen Verluste in den Vordergrund gestellt. Plausibilität spielt keine Rolle, die geschmissenen Nebelbomben namens Alternativlosigkeit² lassen den Entscheidungsträgern die Hand vor dem Gesicht verschwinden. Bei klarer Sicht stellt sich dann oft heraus, welchen Preis Alternativlosigkeit hat, letztlich nicht von den Schulden befreit, sondern eher das Gegenteil bewirkt.
So wurde über den bedingungslosen Verkauf des Kurzentrums in Bad Suderode beraten und nach dem von einem Projektentwickler die Alternativlosigkeit des Verkaufs herausgestrichen wurde, wurde der alternativlosen Alternative zugestimmt. Die MZ berichtete darüber vor einigen Tagen, im Netz ist der Beitrag leider nicht zu finden. Dem Beitrag ist einiges zum Projekt zu entnehmen, nur was hat dieser Projektentwickler zu verkünden, was vorher keiner wusste?
Aber es wäre der Projektentwickler kein Projektentwickler wenn er kein Projekt entwickeln würde und so wurde ein Projekt entwickelt, welches für den zukünftigen Investor bestimmt ist. Immerhin sollte sich das Projekt rechnen, jedenfalls für den Investor, damit er auch investiert! Von 12 Millionen ist die Rede, welche in erster Linie in den Bau von 90 Hotelzimmer gesteckt werden sollen. Wie schon geschrieben, dass Objekt wird dazu allein betrachtet, das Umfeld, seine ursprüngliche Aufgabe, die Förderung der Wirtschaft vor Ort, werden nicht berücksichtigt, so auch nicht die Übernachtungskapazitäten, welche seit Bau des Kurzentrums im Ort geschaffen wurden. Und so möge ein Investor unter Umständen Geld mitbringen, um dieses zu Investieren, wenn ihm das Objekt gewinnträchtig genug erscheint, aber wohl kaum zusätzliche Gäste. Da das Kurzentrum auch noch bedingungslos verkauft werden soll, kann es auch einfach nur erworben, die Solle z. B. abgefüllt und verkauft, der Rest abgerissen. Auch eine Alternative der Privatisierung. Defizite, welche während Planung und Bau des Kurzentrum in den 1990iger Jahren geschaffen wurden, werden dadurch allerdings nicht beseitigt. Dabei muss ein bedingungsloser Verkauf nicht unbedingt bedingungslos von statten gehen, es bedeutet nur, dass die Stadt keine Bedingungen stellt, für einen potenziellen Investor muss es hingegen nicht gelten. So kann sicher einem Investor der Kauf noch angenehmer gestaltet werden und hatte nicht vor einiger Zeit der jetzige Ministerpräsident verkündet, dass das Land, welches sich im Vorfeld der Gemeindegebietsreform aus der Verantwortung für das Kurzentrum verabschiedet hat, eine Privatisierung unterstützt? So wäre es durchaus denkbar, dass das Land bis zu 50% der Investition fördert, also ca. 6 Millionen, wenn die Stadt, sich ähnlich wie Thale im Fall der dortigen Terme, auch noch verpflichtet jedes Jahr zwischen ca. 250.000€ und 500.000€ „Kostenbeteiligung“ zu übernehmen, wird sich sicher ein Investor finden. Den Bürgern der Stadt Quedlinburg könnte ein solches Vorgehen damit verkauft werden, dass selbst 500.000€ weniger sind als die derzeit aufzuwendenden über 800.000€ im Jahr.
So oder so ähnlich läuft in der Regel Privatisierung öffentlichen Eigentums ab. Wichtig ist dabei, dass eine Privatisierung als alternativlos angesehen wird, dann kann den Bürgern so ziemlich alles verkauft werden. Leider gibt es viele Bürger welche in der Hoffnung von einer Last befreit zu werden gerne kaufen und oft nicht danach fragend, was es letztlich kostet.
Dem Rat der Stadt wurde es zumindest schon verkauft, war jüngst in der MZ zu lesen, wobei es 6 Gegenstimmen gegeben hat. Also haben zumindest 6 Abgeordnet über den Tellerrand geschaut und sich nicht von einfachen, oberflächlichen, Zweck-bezogenen Rechenübungen blenden lassen.
Allgemein ist es durchaus unüblich wirtschaftliches Treiben im volkswirtschaftlichen Gesamtzusammenhang zu sehen, was ein guter Nährboden für einseitige Betrachtungsweisen ist. Die Menschen geben lieber ihren Hoffnungen nach und folgen den Illusionen welche vermittelt werden. Und wurde nicht jüngst erst berichtet, dass in den meisten Ländern sich wachsende Unzufriedenheit mit dem System des Kapitals breitmacht, die Bundesrepublik als Ausnahme diese Regel bestätigt? Was letztlich nicht verwundert, wenn den Menschen permanent vermittelt wird, dass es alternativlos ist, das System des Kapital und alles was so passiert, oder besser ausgedrückt, passieren lässt. Aber wie schon geschrieben, es gibt immer mindestens eine Alternative!
Im Falle des Kurzentrum in Bad Suderode ist zu Fragen, wo der Aufschrei derer bleibt, welche bis jetzt von diesem profitierten? Gemeint sind die Inhaber von Pensionen, Ferienwohnungen, Hotels, sowie der Gastronomie und andere Gewerbetreibenden. Einzig acht Mitarbeiter des Kurzentrums haben ihren Protest angemeldet und die Vereinbarung ihrer Übernahme angemahnt. Wo waren die anderen Mitarbeiter? Und so traurig wie es sich anhören mag, wenn sich die Betroffen selbst nicht einmal regen, harren der Dinge die da kommen mögen und Hoffen das es nicht so schlimm werden wird, ist ihnen auch nicht zu Helfen. In einem solchem Fall wäre die billigste und effizienteste Lösung für die Stadt die Schließung des Kurzentrums, sie würde nicht soviel kosten wie eine bedingungslose Privatisierung, in deren Verlauf weitere öffentliche Gelder fließen werden. Irgendwo hatte ich gelesen, dass vom Kurzentrum ca. 700 Arbeitsplätze in der Region abhängig sind und durch den Betrieb dieses Zentrums mehrere Millionen an Steuereinnahmen pro Jahr erzielt werden. Da in diesem Fall die verschiedensten Steuerformen mit berücksichtigt wurden, kann auch davon ausgegangen werden, dass selbst diese zurück gehen werden. Aber wie schon geschrieben, gesamtwirtschaftlich betrachtet ist das Kurzentrum durchaus als ein Erfolgsmodel zu betrachten, wobei die Stadt Quedlinburg nicht in der Lage ist, Wirtschaftsunternehmen in Bad Suderode weiter zu Subventionieren! Privatisierung ist aber auch nicht die Lösung! Eine Lösung wäre zum Beispiel das Land wieder in die Verantwortung zu nehmen, aber auch die vor Ort vom Kurzentrum profitierenden Wirtschaftsunternehmen, oder auch die vorgeschlagene Investition selbst zu tätigen, die Defizite beseitigen und mit Gewinn weiter zu betreiben!

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