Demokratie,
was immer sie auch ist, nur was ist sie? Gepriesen wird sie, Menschen
haben eine Wahl, wird behauptet und wenn sie wählen, können sie
entscheiden, so die Illusion, wer sie die nächsten Jahre regieren
wird! Nur welche Macht
haben die Gewählten, können sie überhaupt regieren, die Gewählten
der Wähler? Können sie Politik machen? Entscheidungen fällen und
diese auch durchsetzen? Nein! Das ist alles nur graue Theorie und
nicht einmal das, es ist eine weitverbreitete Illusion, welche um so
intensiver verkündet und gepflegt wird, je weniger sie dem
praktischem Leben der Menschen entspricht. Und so müsste sich
eigentlich niemand wundern, dass die Schar der Nichtwähler mit der
Zeit die größte Fraktion darstellt.
Wie
es wirklich in der Politik
(auch diesen Begriff gelte es zu klären) zugeht und wo
Entscheidungen getroffen werden, zeigt der Beitrag in der MZ: „Stadt
muss den Rotstift spitzen“.
Dabei trifft die Überschrift genau ins schwarze, denn die Stadt
möchte
nicht den Rotstift spitzen, oder will
den Rotstift spitzen, sondern sie muss!
Nicht eigene Einsicht aus Notwendigkeit heraus ist entscheidend,
sondern äußerer Zwang! Und warum muss sie, weil sie selbst nicht
entscheiden darf, sondern sich den Vorgaben diverser
Aufsichtsbehörden beugen muss! Einmal davon abgesehen, dass Behörden
alles andere als demokratisch legitimiert sind, sind sie die
eigentlichen Vertreter der Macht. Sie bestimmen wie eine Stadt zu
entscheiden hat, sie geben Strukturen vor, ob diese für eine Stadt
gut sind oder nicht, sie erarbeiten Beschlüsse, an welche
Abgeordnete dann noch kosmetische Veränderungen vornehmen können.
Wenn Abgeordnete eine solche Vorlage ablehnen, wird zu
Disziplinierungsmitteln gegriffen und ihnen gezeigt wer das Sagen
hat. Behörden, Verwaltungen bestimmen über die finanzielle
Ausstattung der Kommunen, sie belohnen, bestrafen, lenken Geldflüsse
und üben Druck aus, mit welchen so manche Kommune an den Rand ihres
finanziellen Seins gebracht wird. Behörden verpflichten Kommunen
sich zu verschulden und sich von ihrem Eigentum zu trennen, was
letztlich immer tiefer in die aufgestellte Schuldenfalle führt.
Und
so bekommt die Stadt Quedlinburg die Auflage zu sparen und obwohl
sich die Stadt in den letzten Jahren viel Mühe gegeben und trotz
aller Widrigkeiten ihren Haushalt in den Griff bekommen hatte, sind
die Schuldenberge nach der Gemeindereform wieder enorm
angewachsen. Immerhin mussten die Schulden der hinzukommenden
Gemeinden übernommen werden, mit dem besonderen „Problem“ des
Kurzentrums in Bad Suderode. Dabei ist weniger das Kurzentrum das
Problem, sondern vielmehr der Rückzug des Landes Sachsen-Anhalt aus
der Finanzierung des Selbigen im Zuge der Gebietsreform. Hier
beschleicht einen der Gedanke, dass dieses in der Absicht geschehen
ist, die Stadt Quedlinburg in die Knie zu zwingen, deren Bürger sich
z. B. erfolgreich gegen eine Privatisierung der Stadtwerke gewehrt
hatten. Emanzipation wird im demokratischem System der Bundesrepublik
nicht gern gesehen und wo kämen wir hin, wenn Bürger Möglichkeiten
demokratischer Beteiligung über das übliche Ritual von Wahlen
hinaus für sich in Anspruch nehmen?
Und
so kommt der nächste Hammer, der Landkreis schreibt Sparen bei den
sogenannten freiwilligen Leistungen vor, also bei Leistungen, welche
gerade für die Lebensqualität in dieser Stadt eine besondere
Bedeutung haben. Zu den freiwilligen Leistungen gehören vor allen
auch Ausgaben, welche entscheidend für Kultur-, Sozial-,
Jugendarbeit sowie der touristischen Infrastruktur der Stadt sind.
Also nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität in
dieser Stadt haben.
Das
der Rat der Stadt, also die gewählte Vertreterschaft, nicht viel zu
sagen hat, ist folgender Aussage sehr gut zu entnehmen:
„Doch der Landkreis hält von den Sparanstrengungen nicht viel und
wirft der Stadt vor, mit ihren Bemühungen nichts zu erreichen. “Der
Landkreis hat deshalb eine härtere Gangart eingeschlagen. Sollte
sich Quedlinburg weigern, wird der Landkreis selbst Einsparmaßnahmen
festlegen”, sagte die Kämmerin. Da stehen zum Beispiel 800 000
Euro Zuschuss für den defizitär arbeitenden Kureigenbetrieb in Bad
Suderode zur Debatte, die die Stadt nun zu schultern hat. Vorläufig,
denn laut einem Gutachten kann nur eine Privatisierung das Kurzentrum
retten.“
Diese Aussage steht aber nicht nur für das Gängelband, an welchen
die Stadt im Kreis herumgeführt wird, sondern auch für den leider
üblichen Irrationalismus,
mit welchen den Menschen, ohne die eigentlichen Ursachen der
Problematik zu berücksichtigen, vermeidlich passende Lösungen
suggeriert werden.
Nur
wie oben schon geschrieben, das Problem mit dem Kurzentrum hat
Quedlinburg aufs Auge gedrückt bekommen und bei aller Kritik, welche
die Politik in dieser Stadt durchaus verdient, ist das ein Problem
was die Stadt allein nicht lösen kann. Ursächlich ist wie oben
bemerkt in erster Linie nicht die Gebietsreform, sondern der Rückzug
des Landes im Vorfeld dieser aus der Finanzierung des Kurzentrums, da
das Kurzentrum von Vornherein als Verlustobjekt errichtet wurde, mit
der Aufgabe regionale Wirtschaft zu fördern. In diesem Zusammenhang
sollten aber auch die vom Kurzentrum profitierenden Unternehmen
darüber nachdenken, was die Privatisierung des Selben für sie für
Folgen haben könnte. Gesamtwirtschaftlich betrachtet kann übrigens
vom Kurzentrum als Verlustbringer nicht gesprochen werden, es
generiert nicht unerhebliche Steuereinnahmen. Genau betrachtet ist
das Kulturzentrum also kein Problem der Stadt Quedlinburg, sondern
ein Problem des Landes Sachsen-Anhalt, welches es mittels
behördlicher Willkür und einseitiger Betrachtung zu einen Problem
der Stadt Quedlinburg gemacht hat. Die konkrete Einbindung im
wirtschaftlichen Gesamtprozess des Landes und der Region wurde dabei
bewusst negiert. Zur Privatisierungslösung hatte ich mich an anderer Stelle schon geäußert, sie wäre die denkbar schlechteste
Variante und in ihren negativen Folgen für die Stadt, die
Gewerbetreiben im Umfeld des Kurzentrums und auch fürs Land
Sachsen-Anhalt nur noch von einer Schließung zu übertreffen.
Realistisch betrachtet dürfte das Problem Kurzentrum nicht
ausschlaggebend sein, da es durch die Stadt Quedlinburg nicht
verursacht, sondern ihr aufgezwungen wurde.
Interessant
aber auch folgende Aussage: „Tiefer
in die Tasche greifen muss die Stadt bei der Kreisumlage, die mit
einem neuen Bescheid von Anfang Juni nochmals um 900 000 auf 8,53
Millionen Euro gestiegen ist - um mehr als zehn Prozent.“
Also nicht unerheblich die Summe, welche die Stadt an eine
Verwaltungsstruktur zahlen muss, welche diese Mittel nutzt der Stadt
das Leben schwer zu machen. Allein die Einsparung dieser Umlage würde
so manches Problem der Stadt lösen helfen und mal ehrlich, wer
bracht eigentlich diese Verwaltungsstruktur? Nicht die Stadt sollte
sparen, sondern die Verwaltungsstruktur Landkreis sollte gespart
werden! Und wurde in der Vergangenheit nicht vorgegeben, dass mit der
Kreisgebietsreform Geld gespart werden sollte und ist nicht das
Gegenteil der Fall, was auch an Erhöhungen der Kreisanlage zu sehen
ist?
Letztlich
können die Probleme der Stadt durch Sparmaßnahmen nicht gelöst
werden, im Gegenteil, wenn in den benannten Bereichen gespart wird,
so wird das nicht nur mit Verlusten an Lebensqualität verbunden
sein, sondern mit erheblichen Mehrkosten und Einnahmeverlusten.
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