Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Sonntag, 6. Januar 2013

Und so erhielt ich folgende Antwort: ...

Nun hatte ich eine relativ kurze Antwort geschrieben, einen Aufruf betreffend und meine Meinung zu diesen Aufruf mittels Gedicht kundgetan. Das eine jede solche Situation einen erfreuen kann, passiert doch wenigstens was, ist durchaus verständlich, besonders wenn populäre Persönlichkeiten diese gezeichnet haben und ihn gar mit entsprechenden ergänzenden Schreiben konkretisieren und hofieren. Und so erhielt ich folgende Antwort:

Hallo Thomas,

sei doch froh, dass sich einige Leute regen und – wenn auch sehr allgemein – den Schleier ein Stück weit lüften. Dass ich mir größere Klarheit gewünscht hätte, habe ich angedeutet. Diese Klarheit betreffend habe ich viele Texte geschrieben, doch sie werden von linken Medien blockiert.

Schade aber, dass Du Dich anscheinend überhaupt nicht mit dem Aufruf identifizierst, nicht mal mit Mikis Theodorakis und Jean Ziegler. Da hast Du sicherlich zu kurz gedacht. Soll das proletarisch sein? Sei doch froh, wenn Intellektuelle und Künstler wenigstens ein Stück weiter denken.

Mit freundlichen Grüßen
...

Daraufhin formulierte ich diese Antwort:
Hallo ...,
vielleicht hast Du ja Recht, aber sich mit einem Aufruf zu identifizieren, unter welchen „große“ Namen stehen, ist mir dann doch etwas zu wenig. Letztlich habe ich mir die Geschichte durchgelesen und allein weil etwas gemacht wird, bin ich lange noch nicht froh, da meines Erachtens hier kein Schleier gelüftet wird, sondern eher auf eine falsche Fährte gelockt. Das Problem ist nicht die Globalisierung, sondern der Zweck, welchen die praktizierte Globalisierung zu dienen hat, also ihre Ursachen. Diese spielen keine Rolle, eher geht es darum die Spitze des Eisberges etwas zu stutzen, den „Turbokapitalismus“ etwas abzubremsen. Interessant auch die Biographie der Initiatoren und speziell ihre Funktionen, welche sie einmal ausübten. Und dann noch die Überschrift, ist mir erst beim zweiten Lesen aufgefallen. „Gemeinsamer Appell für die Rettung der Völker Europas“, und was ist mit den anderen Völkern, denen in Afrika, Asien, Lateinamerika usw.? In diesem Zusammenhang ist es vielleicht sogar ganz gut, dass ich es nie weiter gebracht habe als zum Proleten und meinen Gehirnwindungen all zu kompliziertes Denken fremd ist. (Was allerdings relativ zu betrachten ist und sehr davon abhängig, welcher Maßstab angelegt wird.) Da ich nun Prolet bin, braucht sich auch keiner zu wundern, dass ich wie ein Prolet denke! Nein, was da appelliert wird, ist so nicht in meinem Interesse!
Aber gehen wir ans Eingemachte, so ist zu lesen: „Die Politik der Regierungen und Banken ist gescheitert.“ Ist sie das? Oder haben Regierungen und Banken nicht nur ihre Hausaufgaben gemacht? Welcher Illusion wird da Zucker gegeben? Können Regierungen und Banken überhaupt anders, unter den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen? Aber was soll es, sie sind gescheiter und „das hat die Finanzkrise verursacht.“ Logisch, hätten ja auch gegen die Interessen des Kapitals entscheiden können, sind doch frei und stehen über den Dingen! So ist die Lösung einfach, lasst uns die Regierungen austauschen und die Banken demokratisieren und die Welt wird in Ordnung sein! Da dem aber nicht so ist, geht es weiter und „die Kürzungspolitik treibt viele Menschen in die Armut.“ Was sicher stimmt und “eine ökonomische Alternative ist unerlässlich“, es wird Zucker gestreut und die Illusion geweckt, dass diese darin bestehen kann, das kapitalistische System zu reformieren und den Hebel von Neoliberalismus z. B. auf die Lehren eines Johann Silvio Gesell umzulegen. Ob damit „die Existenz der Bürger zu schützen“ ist, … nun ja, fraglich, hat doch selbst die Theorie von Gesell ihre Untauglichkeit zur Lösung der Probleme des kapitalistischen Systems praktischer Weise schon bewiesen.
Wie nun die Feststellungen, so auch das verlangen an die Regierungen, welche:
1. der Kürzungspolitik und Privatisierung Einhalt gebieten;“ was sich an sich ja nicht schlecht anhört, nur wie steht es um die Möglichkeiten, dass die Regierungen, welche bis jetzt gekürzt und privatisiert haben, denn Hebel auf einmal umlegen? Die Frage ob Regierungspolitiker dazu überhaupt in der Lage sind, möchte ich erst gar nicht stellen. Aber es gibt noch weitere Forderungen an die Regierungen, so „2. Millionäre und Grosskonzerne besteuern;“ was in dieser allgemeinen Formulierung die Frage aufwirft, ob diese gegenwärtig gar keine Steuern zahlen und die Art und Weise der Besteuerung, genauso wie die Quellen ihres Reichtums, erst einmal außer Acht lässt. Über reine Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums kommt dieser Ansatz nicht hinaus, die Verteilung des selbigen spielt ohnehin keine Rolle. Da nun bekannter Weise Reichtum Armut bedingt, ist es logisch, „3. Einen Schuldenschnitt durch(zu)führen und die Banken unter demokratische Kontrolle (zu)stellen;“ Dabei wäre ein Schuldenschnitt durchaus realistisch, nur gegenwärtig unwahrscheinlich, da es noch genügend gesellschaftliches Eigentum umzuverteilen gibt und auch noch genügend fiktives Kapital darauf wartet, mit Hilfe des Staates in reales verwandelt zu werden. Was nichts anderes heißt, dass Staaten wie Griechenland erst der Staatsbankrott genehmigt wird, wenn absolut nichts mehr zu hohlen ist und die Schulden als Instrument zur Umverteilung europäischen Volksvermögens nicht mehr taugen. Da wäre dann noch die demokratische Kontrolle der Banken, welche sich an allgemeinen demokratischen Maßstäben messen ließe und Banken somit maximal in dem Maße kontrolliert werden könnten, wie heute Regierungen kontrolliert werden können. Dabei sagt Kontrolle so nichts über ihre Wirkung aus, eine Verstaatlichung der Banken wird nicht einmal ins Auge gefasst, genauso wenig wie Verstaatlichung von Unternehmen der Daseinsvorsorge, wie Energiekonzerne, Wasserwirtschaft, etc. Und „4. In Arbeitsplätze, Gemeinwesen und Ökologie investieren." Was sicher nicht schlecht wäre, nur warum? Dem allgemeinen Wachstumsfetisch folgend, wobei diese Forderung eher zur Beruhigung der Volksseele taugt, als praktisch die Verringerung oder gar Aufhebung des Raubbaus an Mensch und Natur zu fordern. Diese Forderungen sind weit entfernt von den Ursachen gesellschaftlicher Probleme, sie sollen maximal Linderung und einer Fraktion des Kapitals wieder mehr Geltung verschaffen, deren Interessen in den letzten Jahren, Jahrzehnten immer schlechter vertreten wurden.

Nun ja, das hört sich zwar alles ganz gut an und die Reihe der Unterschriften von Persönlichkeiten ist lang, trotzdem werden die eigentlichen Ursachen gesellschaftlicher Verwerfungen nicht im geringsten berücksichtigt. Es werden Schuldige genannt und die Illusion genährt, dass sich etwas ändern könnte, wenn diese ausgetauscht würden. Die Funktionsweise kapitalistischen Wirtschaftens spielt keine Rolle, nur die Folgen sollen bekämpft werden und das auch noch in dem Öl ins Feuer gegossen wird. Es wird konstatiert, dass Staaten immer mehr verschulden, warum sie dieses tun, spielt hingegen keine Rolle, es wird der Finanzkapitalismus als destruktiv klassifiziert, ohne zu berücksichtigen das das Finanzkapital den Kapitalismus heute gestaltet und das sehr konstruktiv in seinem Interesse. Dabei ist zu vermuten, dass Finanzkapital allgemein verbreiteter Ansicht folgend auf spekulierendes Bankkapital beschränkt und nicht als das Produkt der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital gesehen wird. Es wird auch nicht gefragt, warum immer mehr spekulativer Profit generiert wird, dafür festgestellt, das „echte wirtschaftliche Entwicklung“ erzeugt werden muss, „statt spekulativer Profite.“ Dabei hört sich „echt“ schon mal gut an, nur was ist „echte wirtschaftliche Entwicklung“? Und ist die „echte wirtschaftliche Entwicklung“ nicht das Problem? Wohin soll sie sich entwickeln, die Wirtschaft in echt?
Vor Jahren habe ich gelesen, dass die Menschheit auf einem technologischen Niveau sich befindet, welches es ermöglicht, dass ca. 650.000.000 Menschen die gesamte Menschheit mit allem Notwendigen versorgen könnten. Was wird mit den anderen Milliarden? Dabei können wir getrost davon ausgehen, dass Kapital durchaus geneigt ist real zu akkumulieren und nicht nur fiktiv und wo es dieses kann, macht es dieses auch. Aber warum, wenn es ohnehin weltweit enorme Überkapazitäten gibt, beim Deutschen „liebstem Kind“, dem Auto, gab es Mitte der 1990 Jahre schon 40% Überkapazitäten weltweit. In anderen Industriezweigen ist es nicht viel anders. Mit Umverteilung, demokratischer Überwachung von Banken, das Beschneiden der Spitze des Eisberges, dem Wechsel der Spielart des Kapitals und ähnlichem, ist dem nicht beizukommen.
Widerstand ist nötig und Widerstand ist möglich, wobei die Verschärfung der Widersprüche im System des Kapitals und die damit verbundenen Folgen für die Menschen immer offensichtlicher zu Tage treten. Immer mehr Menschen denken darüber nach, erkennen dass irgendetwas nicht stimmt, suchen nach Ursachen, Erklärungen und Lösungen. Die verschiedensten Meinungen und Ideen geistern durch den Raum, spontaner Widerstand flammt hier und da mal auf, meistens erfolglos auf Dauer, gelegentlich ein Achtungserfolg. Anlass für Machthabende und Regierende etwas an ihrer Politik zu ändern aber lagen noch nicht. Das liegt zum Teil auch daran, das „Strohfeuer“ in der Regel nicht lange genug brennen, um eine entsprechende Wirkung zu entfalten, aber auch an die erkannten Ursachen der Probleme. Eine Vielzahl von Initiativen ist in den letzten Jahren entstanden und wieder verschwunden, Gesprächskreise wurden gegründet, Erfahrungen werden gesammelt und ausgewertet, da macht es schon Sinn Bewegungen zu sammeln, zu Bündeln, gemeinsame Interessen herauszuarbeiten und sich der Probleme gemeinsam anzunehmen. Dabei führt der Weg über die Dörfer und auch Erfolge wollen organisiert werden. Dazu bedarf es aber keiner spontanen Organisationen, sondern gut organisierter und gebildeter Menschen. Das eine wachsende Zahl der Menschen in diesem Land mit den Zuständen immer weniger zufrieden sind, ist den Machthabenden und Regierenden durchaus bekannt, nur besteht von diesen solange keine Gefahr, solange sie nicht konsequent gemeinsam auftreten und ihre Interessen artikulieren und vertreten. Elend und Armut mögen Hungerrevolten auslösen und mehr ist dieser Aufruf nicht, das eigentliche Problem was besteht ist die Beherrschbarkeit der Produktivkraftentwicklung im System des Kapitals. Immer mehr Produktivkräfte werden in Destruktivkräfte verwandelt und das mit all seinen Folgen und letztlich konnte der „New Deal“ die Welt auch nicht vor dem zweiten Weltkrieg bewahren. Und auch heute noch trifft zu, was Marx im Kapital vor weit über 100 Jahren schon niedergeschrieben hat: „Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren (anfeuern).“
Nächtliche Grüße

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