Nun hatte ich eine
relativ
kurze Antwort geschrieben, einen Aufruf betreffend und meine Meinung zu
diesen Aufruf mittels
Gedicht kundgetan. Das eine jede solche
Situation einen erfreuen kann, passiert doch wenigstens was, ist
durchaus verständlich, besonders wenn populäre Persönlichkeiten
diese gezeichnet haben und ihn gar mit entsprechenden ergänzenden
Schreiben konkretisieren und hofieren. Und so erhielt ich folgende
Antwort:
Hallo Thomas,
sei doch froh, dass
sich einige Leute regen und – wenn auch sehr allgemein – den
Schleier ein Stück weit lüften. Dass ich mir größere Klarheit
gewünscht hätte, habe ich angedeutet. Diese Klarheit betreffend
habe ich viele Texte geschrieben, doch sie werden von linken Medien
blockiert.
Schade aber, dass Du
Dich anscheinend überhaupt nicht mit dem Aufruf identifizierst,
nicht mal mit Mikis Theodorakis und Jean Ziegler. Da hast Du
sicherlich zu kurz gedacht. Soll das proletarisch sein? Sei doch
froh, wenn Intellektuelle und Künstler wenigstens ein Stück weiter
denken.
Mit freundlichen
Grüßen
...
Daraufhin
formulierte ich diese Antwort:
Hallo
...,
vielleicht
hast Du ja Recht, aber sich mit einem Aufruf zu identifizieren, unter
welchen „große“ Namen stehen, ist mir dann doch etwas zu wenig.
Letztlich habe ich mir die Geschichte durchgelesen und allein weil
etwas gemacht wird, bin ich lange noch nicht froh, da meines
Erachtens hier kein Schleier gelüftet wird, sondern eher auf eine
falsche Fährte gelockt. Das Problem ist nicht die Globalisierung,
sondern der Zweck, welchen die praktizierte Globalisierung zu dienen
hat, also ihre Ursachen. Diese spielen keine Rolle, eher geht es
darum die Spitze des Eisberges etwas zu stutzen, den
„Turbokapitalismus“ etwas abzubremsen. Interessant auch die
Biographie der Initiatoren und speziell ihre Funktionen, welche sie
einmal ausübten. Und dann noch die Überschrift, ist mir erst beim
zweiten Lesen aufgefallen. „Gemeinsamer
Appell für die Rettung der Völker Europas“,
und was ist mit den anderen Völkern, denen in Afrika, Asien,
Lateinamerika usw.? In diesem Zusammenhang ist es vielleicht sogar
ganz gut, dass ich es nie weiter gebracht habe als zum Proleten und
meinen Gehirnwindungen all zu kompliziertes Denken fremd ist. (Was
allerdings relativ zu betrachten ist und sehr davon abhängig,
welcher Maßstab angelegt wird.) Da ich nun Prolet bin, braucht sich
auch keiner zu wundern, dass ich wie ein Prolet denke! Nein, was da appelliert wird, ist so nicht in meinem Interesse!
Aber
gehen wir ans Eingemachte, so ist zu lesen: „Die
Politik der Regierungen und Banken ist gescheitert.“
Ist sie das? Oder haben Regierungen und Banken nicht nur ihre
Hausaufgaben gemacht? Welcher Illusion wird da Zucker gegeben? Können
Regierungen und Banken überhaupt anders, unter den bestehenden
gesellschaftlichen Verhältnissen? Aber was soll es, sie sind
gescheiter und „das
hat die Finanzkrise verursacht.“
Logisch, hätten ja auch gegen die Interessen des Kapitals
entscheiden können, sind doch frei und stehen über den Dingen! So
ist die Lösung einfach, lasst uns die Regierungen austauschen und
die Banken demokratisieren und die Welt wird in Ordnung sein! Da dem
aber nicht so ist, geht es weiter und „die
Kürzungspolitik treibt viele Menschen in die Armut.“
Was sicher stimmt und “eine
ökonomische Alternative ist unerlässlich“,
es wird Zucker gestreut und die Illusion geweckt, dass diese darin
bestehen kann, das kapitalistische System zu reformieren und den
Hebel von Neoliberalismus z. B. auf die Lehren eines Johann Silvio
Gesell umzulegen. Ob damit „die
Existenz der Bürger zu schützen“
ist, … nun ja, fraglich, hat doch selbst die Theorie von Gesell
ihre Untauglichkeit zur Lösung der Probleme des kapitalistischen
Systems praktischer Weise schon bewiesen.
Wie
nun die Feststellungen, so auch das verlangen an die Regierungen,
welche:
“1.
der Kürzungspolitik und Privatisierung Einhalt gebieten;“
was sich an sich ja nicht schlecht anhört, nur wie steht es um die
Möglichkeiten, dass die Regierungen, welche bis jetzt gekürzt und
privatisiert haben, denn Hebel auf einmal umlegen? Die Frage ob
Regierungspolitiker dazu überhaupt in der Lage sind, möchte ich
erst gar nicht stellen. Aber es gibt noch weitere Forderungen an die
Regierungen, so „2.
Millionäre und Grosskonzerne besteuern;“
was in dieser allgemeinen Formulierung die Frage aufwirft, ob diese
gegenwärtig gar keine Steuern zahlen und die Art und Weise der
Besteuerung, genauso wie die Quellen ihres Reichtums, erst einmal
außer Acht lässt. Über reine Umverteilung gesellschaftlichen
Reichtums kommt dieser Ansatz nicht hinaus, die Verteilung des
selbigen spielt ohnehin keine Rolle. Da nun bekannter Weise Reichtum
Armut bedingt, ist es logisch, „3.
Einen Schuldenschnitt durch(zu)führen und die Banken unter
demokratische Kontrolle
(zu)stellen;“
Dabei wäre ein Schuldenschnitt durchaus realistisch, nur gegenwärtig
unwahrscheinlich, da es noch genügend gesellschaftliches Eigentum
umzuverteilen gibt und auch noch genügend fiktives Kapital darauf
wartet, mit Hilfe des Staates in reales verwandelt zu werden. Was
nichts anderes heißt, dass Staaten wie Griechenland erst der
Staatsbankrott genehmigt wird, wenn absolut nichts mehr zu hohlen ist
und die Schulden als Instrument zur Umverteilung europäischen
Volksvermögens nicht mehr taugen. Da wäre dann noch die
demokratische Kontrolle der Banken, welche sich an allgemeinen
demokratischen Maßstäben messen ließe und Banken somit maximal in
dem Maße kontrolliert werden könnten, wie heute Regierungen
kontrolliert werden können. Dabei sagt Kontrolle so nichts über
ihre Wirkung aus, eine Verstaatlichung der Banken wird nicht einmal
ins Auge gefasst, genauso wenig wie Verstaatlichung von Unternehmen
der Daseinsvorsorge, wie Energiekonzerne, Wasserwirtschaft, etc. Und
„4.
In Arbeitsplätze, Gemeinwesen und Ökologie investieren."
Was sicher nicht schlecht wäre, nur warum? Dem allgemeinen
Wachstumsfetisch folgend, wobei diese Forderung eher zur Beruhigung
der Volksseele taugt, als praktisch die Verringerung oder gar
Aufhebung des Raubbaus an Mensch und Natur zu fordern. Diese
Forderungen sind weit entfernt von den Ursachen gesellschaftlicher
Probleme, sie sollen maximal Linderung und einer Fraktion
des Kapitals wieder mehr Geltung verschaffen, deren Interessen in den
letzten Jahren, Jahrzehnten immer schlechter vertreten wurden.
Nun
ja, das hört sich zwar alles ganz gut an und die Reihe der
Unterschriften von Persönlichkeiten ist lang, trotzdem werden die
eigentlichen Ursachen gesellschaftlicher Verwerfungen nicht im
geringsten berücksichtigt. Es werden Schuldige genannt und die
Illusion genährt, dass sich etwas ändern könnte, wenn diese
ausgetauscht würden. Die Funktionsweise kapitalistischen
Wirtschaftens spielt keine Rolle, nur die Folgen sollen bekämpft
werden und das auch noch in dem Öl ins Feuer gegossen wird. Es wird
konstatiert, dass Staaten immer mehr verschulden, warum sie dieses
tun, spielt hingegen keine Rolle, es wird der Finanzkapitalismus als
destruktiv klassifiziert, ohne zu berücksichtigen das das
Finanzkapital den Kapitalismus heute gestaltet und das sehr
konstruktiv in seinem Interesse. Dabei ist zu vermuten, dass
Finanzkapital allgemein verbreiteter Ansicht folgend auf spekulierendes Bankkapital beschränkt und nicht
als das Produkt der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital
gesehen wird. Es wird auch nicht gefragt, warum immer mehr
spekulativer Profit generiert wird, dafür festgestellt, das „echte
wirtschaftliche Entwicklung“
erzeugt werden muss, „statt
spekulativer Profite.“
Dabei hört sich „echt“
schon mal gut an, nur was ist „echte
wirtschaftliche Entwicklung“?
Und ist die „echte
wirtschaftliche Entwicklung“
nicht das Problem? Wohin soll sie sich entwickeln, die Wirtschaft in
echt?
Vor
Jahren habe ich gelesen, dass die Menschheit auf einem
technologischen Niveau sich befindet, welches es ermöglicht, dass
ca. 650.000.000 Menschen die gesamte Menschheit mit allem Notwendigen
versorgen könnten. Was wird mit den anderen Milliarden? Dabei können
wir getrost davon ausgehen, dass Kapital durchaus geneigt ist real zu
akkumulieren und nicht nur fiktiv und wo es dieses kann, macht es
dieses auch. Aber warum, wenn es ohnehin weltweit enorme
Überkapazitäten gibt, beim Deutschen „liebstem Kind“, dem Auto,
gab es Mitte der 1990 Jahre schon 40% Überkapazitäten weltweit. In
anderen Industriezweigen ist es nicht viel anders. Mit Umverteilung,
demokratischer Überwachung von Banken, das Beschneiden der Spitze
des Eisberges, dem Wechsel der Spielart des Kapitals und ähnlichem,
ist dem nicht beizukommen.
Widerstand
ist nötig und Widerstand ist möglich, wobei die Verschärfung der
Widersprüche im System des Kapitals und die damit verbundenen Folgen
für die Menschen immer offensichtlicher zu Tage treten. Immer mehr
Menschen denken darüber nach, erkennen dass irgendetwas nicht
stimmt, suchen nach Ursachen, Erklärungen und Lösungen. Die
verschiedensten Meinungen und Ideen geistern durch den Raum,
spontaner Widerstand flammt hier und da mal auf, meistens erfolglos
auf Dauer, gelegentlich ein Achtungserfolg. Anlass für Machthabende
und Regierende etwas an ihrer Politik zu ändern aber lagen noch
nicht. Das liegt zum Teil auch daran, das „Strohfeuer“ in der
Regel nicht lange genug brennen, um eine entsprechende Wirkung zu
entfalten, aber auch an die erkannten Ursachen der Probleme. Eine
Vielzahl von Initiativen ist in den letzten Jahren entstanden und
wieder verschwunden, Gesprächskreise wurden gegründet, Erfahrungen
werden gesammelt und ausgewertet, da macht es schon Sinn Bewegungen
zu sammeln, zu Bündeln, gemeinsame Interessen herauszuarbeiten und
sich der Probleme gemeinsam anzunehmen. Dabei führt der Weg über
die Dörfer und auch Erfolge wollen organisiert werden. Dazu bedarf
es aber keiner spontanen Organisationen, sondern gut organisierter
und gebildeter Menschen. Das eine wachsende Zahl der Menschen in
diesem Land mit den Zuständen immer weniger zufrieden sind, ist den
Machthabenden und Regierenden durchaus bekannt, nur besteht von
diesen solange keine Gefahr, solange sie nicht konsequent gemeinsam
auftreten und ihre Interessen artikulieren und vertreten. Elend und
Armut mögen Hungerrevolten auslösen und mehr ist dieser Aufruf
nicht, das eigentliche Problem was besteht ist die Beherrschbarkeit
der Produktivkraftentwicklung im System des Kapitals. Immer mehr
Produktivkräfte werden in Destruktivkräfte verwandelt und das mit
all seinen Folgen und letztlich konnte der „New
Deal“
die Welt auch nicht vor dem zweiten Weltkrieg bewahren. Und auch
heute noch trifft zu, was Marx im Kapital vor weit über 100 Jahren
schon niedergeschrieben hat: „Das
Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr
kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem
Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es
überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv
waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze
unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das
es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und
Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren (anfeuern).“
Nächtliche
Grüße
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