Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Samstag, 2. Oktober 2010

Mutierende Einheit in Spaltung, Gedanken zum 3. Oktober!

Mutierende Einheit in Spaltung!
Zwanzig Jahre ist es her, als die staatliche Einheit in diesem Land wieder hergestellt wurde. Die oft zitierte Einheit gibt es nur im Überbau, speziell staatlicher Organisiertheit. Dabei wird offensichtlich, dass sich die Ebenen der Spaltung verschoben haben und mehrere Risse die Gesellschaft prägen.
Nun ja, besonders an Jubeltagen wird frohlockt und die Hofberichterstattung frohlock besonders intensiv, so lässt die MZ 10 junge Menschen hochspringen, welche vor zwanzig Jahren geboren wurden. Dabei verwundert nicht einmal, dass nur ein Junge dabei ist, sondern auch dass die Auswahl insgesamt alles andere als repräsentativ ist. Es handelt sich um Studentinnen  und einen Auszubildenden zum Medientechniker, welcher anscheinend der Ehrenrettung wegen hinzugezogen wurde. Ob es für diese jungen Menschen ein Glücksfall ist, wie den Worten des Chefredakteurs zu entnehmen, kann zwar als rhetorischer Winkelzug, um ostdeutscher Vergangenheit einen negativen Anstrich zu geben, gesehen werden, ändert aber nichts an der Tatsache, dass diesen jungen Menschen das Leben in der DDR genauso fremd ist, wie ansonsten für westdeutsche üblich.
Historisch betrachtet gingen der bejubelten Einheit in neuer Spaltung, die verschiedensten Spaltungen voraus. Dabei seien historische Spaltungen vor 1945 einmal außer acht gelassen, um sich somit auf Spaltungen innerhalb der europäischen Nachkriegsordnung zu beschränken.
Im Ergebnis des zweiten Weltkrieges, welcher vom deutschen Boden ausgegangen ist, wurde das Land in verschiedene Besatzungszonen unter den Siegermächten aufgeteilt. Dieses geschah unter dem Gesichtspunkt, dem deutschen Faschismus und Militarismus ein wieder erstarken zu verwehren. Die östlichste Besatzungszone wurde der Sowjetunion, welche die Hauptlast des Krieges zu tragen hatte und auf deren Seite die meisten Toten zu beklagen waren, zugesprochen. Eine Spaltung war nicht vorgesehen, das Land sollte als politische und wirtschaftliche Einheit fortbestehen. Diese Entscheidungen waren schon vor Kriegsende von den späteren Siegermächten getroffen worden. Als der Krieg zu Ende war und die Siegermächte ihre Zonen besetzt hatten, erfolgte der nahtlose Übergang in die Zeit des kalten Kriegs. Die Nachkriegsordnung in Europa begann Gestalt anzunehmen. Dabei wurde die Spaltung Deutschlandes wirtschaftlich 1948 mit der separaten Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen begründet und politisch durch die Gründung des westdeutschen Separatstaates 1949 vollendet. Spätere Angebote von Seiten der Sowjetunion gegenüber der BRD und den Westmächten, die deutsche Einheit wieder herzustellen, wurden abgelehnt. So entwickelten sich zwei, von einander verschiedene, mit unterschiedlicher politischer und gesellschaftlicher Ausrichtung angelegte, deutsche Staaten. Die Grenzen zwischen diesen Staaten schied nicht nur DDR von BRD, sondern auch das sozialistische Lager, vom kapitalistischen Lager im Zentrum Europas. Die Entwicklung in beiden deutschen Staaten wurden entscheidend vom kalten Krieg geprägt, dabei wurden die Auseinandersetzungen mit allen Mitteln des Kampfes, außer einem heißen Krieg, ausgetragen. Nicht nur auf ökonomischem Gebiet wurde dieser besonders konsequent, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, geführt. Dieses wird heute oft vergessen, dabei spielten Embargos gegenüber den sozialistischen Staaten eine genauso wichtige Rolle, wie die materiellen Folgen aufgezwungenen Wettrüstens. Dass in diesem Zusammenhang der Kampf auf politischen und ideologischen Gebiet mit derselben Härte geführt wurde, muss nicht sonderlich erwähnt werden. Die Errichtung der „Mauer“ war ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung, aber auch logische Konsequenz.
Letztlich sind  die Ursachen vielschichtig, welche zum Untergang der DDR führten und da die Sieger die Geschichte schreiben, werden die eigentlichen Ursachen im dunkel bleiben und solche konstruiert, welche dem eigenem Ansinnen am ehesten gerecht werden. Nur bei aller Betrachtung, hinter allen Vorwürfen, steckt ein Vorwurf und das in all seiner Verklärtheit, welcher der DDR gemacht wird, die Macht des Kapitals erheblich eingeschränkt zu haben! In der DDR waren über 17 Millionen Menschen dem direkten Einfluss des Kapitals entzogen, aber nicht nur dieses, die Wirkung war wesentlich umfassender, und beeinflusste selbst die Politik in der BRD. In der Auseinandersetzung, im Klassenkampf auf staatlicher Ebene, war das Kapital gezwungen Zugeständnisse zu machen, um zumindest einen humanen Anschein zu waren und nicht ihre eigenen Argumentation gegen den Sozialismus absurd erscheinen zu lassen. Wie treffend diese Einschätzung ist, zeigen die Ereignisse der letzten Jahre, wo immer kräftiger Umverteilt wird, Einkommen rückläufig sind, demokratische Rechte beschnitten werden und eine wachsende Zahl von Menschen in Armut getrieben. Die Hartz-Gesetze und deren Folgen, aber auch die jüngsten Ereignisse um Stuttgard 21, sind die besten Beispiele dafür.
So gehen die Spaltungen weiter und das nicht nur zwischen Ost und West, sondern vor allen zwischen oben und unten, Reich und Arm, zwischen Interessen des Volkes und Kapitalinteressen, letztlich zwischen Arbeiterklassen und Bourgeoisie. Das letzteres heute durch die bürgerliche Ideologie noch erfolgreich verschleiert wird, ist genauso eine Tatsache, wie die weit verbreiteten Illusionen über Demokratie und Politik. Nur wird letztere selbst für Aufklärung durch ihre Taten sorgen, selbst wenn es nicht in ihrem Interesse ist, sie wird nicht umhinkommen, in einer Zeit sich zuspitzender Widersprüche. Die allgemeine Krise des Kapitals verschärft sich, auch wenn andere Krisen durch konjunkturelle Phasen (deren Ursachen benannt werden sollten) unterbrochen werden, dass in diesem Zusammenhang der Grundwiderspruch des Kapitalismus immer offener in Erscheinung tritt ist eine Tatsache, welche mit entsprechenden Konsequenzen verbunden ist.
Es stimmt nicht, wenn der Chefredakteur der MZ allgemein schreibt, „die deutsche Einheit ist heute Realität“, sie ist zwischen Ost und West nicht Realität, aber auch nicht in weiteren Bereichen gesellschaftlichen Lebens. Dabei ist das System des Kapitals an einer wirklichen Einheit nicht einmal interessiert, ganz im Gegenteil, es erhält, schafft und beschleunigt Spaltungen auf den verschiedensten Gebieten. Es ist der Unterschied, selbst wenn er konstruiert werden muss, welcher die Möglichkeit bietet Menschen gegeneinander auszuspielen. Einheit, wie im Falle der deutschen Einheit, wird als ritueller Akt verkündet, ohne wirklichen Inhalt, nur in seinem politischen Wesen. Somit wurde auch ihr der eigentlich Inhalt genommen, wie so vielen anderen Begriffen, welche Inhaltslos und allgemein daher kommen, um einen Schleier über konkrete Verhältnisse zu legen.
Die eigentlichen Verhältnisse, die eigentlichen Zustände offenbaren sich aber, wenn der Blick in die Realität, auf das praktische Leben der Menschen, nicht gescheut wird. Dabei wäre zu beachten, dass Millionen von Menschen nach der Wend vom Gebiet der ehemaligen DDR vertrieben wurden, weil sie ihre Existenz dort nicht mehr sichern konnten, noch mal soviel wurden zu Almosenempfänger degradiert, welche mittels prekärer Beschäftigungsverhältnisse gezwungen werden, dass allgemeine Einkommensniveau weiter senken zu helfen.
Nein, von Einheit kann keine Rede sein, ganz im Gegenteil, der Prozess der Spaltung geht weiter und zwar quer durch die Gesellschaft, dabei nähern sich Ost und West im Elend an und viele Machenschaften des Kapitals wurden nach der Wende erst im Osten ausprobiert, um sie dann auf den Westen zu übertragen. Des weiteren taugt ein konstatierter Ost – Westunterschied immer noch dazu, erhebliche gesellschaftliche Mittel umzuverteilen. So wurden/werden, nach dem das Volksvermögen der DDR verschleudert war, nicht unerhebliche Mittel in den Osten gepumpt, um letztlich in den Taschen westlicher Unternehmen zu landen.
Wenn es eine Einheit in diesem Lande gibt, dann eine Einheit des Elends, welches immer weitere Verbreitung findet. Wenn es eine Einheit in diesem Land gibt, dann eine Einheit der Spaltung, welche immer weiter ausgebaut wird, um Menschen von ihren eigentlichen Interessen abzulenken. Wenn es eine Einheit in diesem Lande gibt, dann eine Einheit des Kapitals, zur Beschleunigung der Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums, und der beschleunigten Ausbeutung immer breiterer Bevölkerungsschichten. Wenn es eine Einheit gibt, dann eine Einheit der Verblendung, Verzerrung, Entstellung der eigentlichen gesellschaftlichen Verhältnisse.  
20 Jahre deutsche Einheit bedeutet, zwanzig Jahre einheitlicher deutscher Staat, als Machtinstrument in den Händen des Kapitals! 20 Jahre deutsche Einheit bedeutet, zwanzig Jahre Imperialismus, auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. 20 Jahre deutsche Einheit bedeutet, Wachstum und erneute Blüte deutscher, imperialer Interessen. 20 Jahre deutsche Einheit bedeutet, das Ende einer Epoche des Friedens in Europa und wieder die Führung von Kriegen in der Welt. 20 Jahre deutsche Einheit bedeutet, der beschleunigte Abbau sozialer und demokratischer Rechte. 20 Jahre deutsche Einheit bedeutet, die Verarmung immer breiterer Schichten der Bevölkerung. Nun könnte diese Reihe fortgesetzt werden, letztlich wird es immer auf eine Einheit in Spaltung hinauslaufen!
Morgen ist der 3.10. der Tag, an welchem vor 20 Jahren die deutsche Einheit festgeschrieben wurde, in staatlicher Einheit, mehr nicht, aber auch nicht weniger. Die Sieger schreiben die Geschichte, was aber nicht bedeuten darf, dass man sich die Geschichte vorschreiben lassen sollte. Somit sind zwanzig Jahre staatliche deutsche Einheit auch Anlas um Nachzudenken, über das für und wieder, aber besonders auch über die Ursachen. Sie kamen nicht von irgendwoher, sie hatte ihre Vorgeschichte, welche ergründet werden muss, gerade auch um Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen. Es gab viele Widersprüche in der DDR und letztlich ist sie von den Menschen selbst aufgegeben worden. Sie mögen sich der Konsequenzen nicht bewusst gewesen sein, warum das so war, verdient ergründet zu werden.
  

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